Klink kneift in Hagen – Absage an Diskussion. Zuviele Opponenten

Heinz-Dieter Klink ist Direktor des Regionalverbandes Ruhr (RVR). Und er spricht nicht mit jedem. Vor allem mit Kritikern setzt sich der SPD-Politiker ungern auseinander. Das mussten jetzt Vertreter der Stadt Hagen und der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer (SIHK) lernen. Ursprünglich hatte Klink zugesagt, noch vor dem Wochenende auf einem so genannten IHK-Brennpunkt seinen Verband vor 500 bis 600 Leuten zu verteidigen. Dann sagte er aber kurzfristig seine Teilnahme an der Diskussion ab. Und ließ damit die Veranstaltung platzen. Seiner Meinung nach waren die Gäste „zu einseitig“ ausgesucht. Sprich, Klink kniff sowohl vor dem stellvertretenden Vorsitzenden der austrittswilligen CDU-Fraktion im Weseler Kreistag, Josef Devers, als auch vor dem Münsteraner Professor Janbernd Oebbecke, der ein RVR-kritisches Gutachten verfasst hat. Der RVR-Direktor hatte wohl Bange gegen die Leute schlecht auszusehen.

Klink beim Reden Bild: metropole ruhr

Als Hintergrund der peinlichen Absage steht die Hagener Debatte um den Austritt aus dem RVR, die ähnlich wie in Wesel kontrovers geführt wird. Die Stadt zahlt jedes Jahr 1,6 Mio Euro in den RVR-Topf. Und die örtlichen Bürger fragen sich wofür eigentlich? Doch statt hunderte Menschen in einer offenen Debatte zu überzeugen, entschloss sich Klink für die kleine Variante. Er kam vor dem Wochenende zu einer klitzekleinen Runde in Begleitung zweier RVR-Bediensteter nach Hagen.

Und zwar sekundierten Klink vor der Presse in Hagen der Chef der RVR-Wirtschaftsförderung Hanns-Ludwig Brauser und der RVR-Wirtschaftsvorstand Dieter Funke. (alle SPD) Gemeinsam erklärten die Männer, dass die aktuelle Diskussion in Hagen „kleinkariert” sei, weil sie allein am Geld orientiert wäre.

Zudem kritisierte Klink ein wenig linkisch, er fände es schlimm, dass „die Debatte an einigen Stellen in Hagen nur über, aber wenig mit dem RVR geführt” werde. Alles klar? Klink sagt die Debatte mit seinen Kritikern ab, weil die zuviel kritisieren, und bemängelt dann, dass die Kritiker nicht mit ihm reden. Nur zur Erinnerung: Klink hat die Diskussion in der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer platzen lassen – nicht umgekehrt.

Wie sich Klink, Brauser und Funke dann noch bemühten, über die Westfälische Rundschau zu werben, erscheint aus der Sicht von außen nur noch daneben. So habe der RVR allein 50 Mio. Euro EU-Fördermitteln rangeschafft. Das Geld ging in die Region: nach Essen, Dortmund, Wanne-Eickel, was weiß ich. Die Leute in Hagen sagen, bei Ihnen sei jedenfalls nichts angekommen.

Dann lobt Klink, dass der RVR viel für den Sport in Hagen übrig habe. Vor Ort keimt Hoffnung auf. Großsporthalle? Mehr Kunstrasenplätze? Doch Klink klärt auf: „Wir haben letztes Jahr die Ruhrolympiade hier gemacht, das war doch etwas.”

Kann sich einer dran erinnern? An die Ruhrolympiade? – Eben. In Hagen auch nicht.

Weitere Beispiele gefällig? Das Projekt „Wisnet” könne in die Region getragen werden und von dort quasi in die Welt, sagt Wirtschaftsförderer Brauser. Das bekäme Hagen allein nie hin. Was ist Wisnet? Das ist ein in Hagen gegründetes "Kompetenznetzwerk", aus dem sich bereits die ersten Gründungsmitglieder wegen Nutzlosigkeit verabschiedet haben. Kompetenznetzwerke, damit kennt sich Brauser aus seiner Zeit als Geschäftsführer der Projekt Ruhr GmbH aus.

Zum Schluss warfen Klink-Brauser noch den Metropole-Ruhr-Stand auf der Expo-Real in München ins Rennen. Da würden jede Menge Kontakte zu Investoren geknüpft. Wow.

Die Westfälische Rundschau bleibt auch hier kleinkariert und stellt nüchtern fest: In Hagen sind die Investoren aber nicht angekommen.

Mein Fazit: Große Leute gewinnen Diskussionen auf dem gegnerischen Terrain, in fremden Arenen. Kleine Leute sind nur am Küchentisch großspurig.

Was denkt die Belegschaft im RVR über diesen Auftritt ihres Chefs und die Absage zur Debatte in Hagen? Fühlt sie sich gut nach außen vertreten? Wir freuen uns auf Ihre Kommentare.

Nur um das hier klarzustellen: Ich bin, wie die anderen Ruhrbarone, für einen starken Verband und ein starkes Ruhrgebiet.

Wesel bleibt im RVR – das steht fast fest

Im Kreistag Wesel hat gestern der Kreisausschusses getagt. In der Sitzung zeichnete sich ab, dass zur entscheidenden Sitzung über den Austritt des Kreises aus dem Regionalverband Ruhr in der kommenden Woche keine 2/3-Mehrheit zustande kommt, wie ein Teilnehmer berichtet. Die SPD habe sich durch den Parteitagsbeschluss am Wochenende zu eindeutig gebunden. Damit wird vermutlich kein einziger Kreis und keine einzige Stadt aus dem RVR ausscheren.

Und der Wolfram Siebeck …

Heute wird Wolfram Siebeck 80. Das Zeit-Magazin hat ihrem berühmtesten Kolumnisten eine ganze Ausgabe gewidmet. In einem bemerkenswerten, leider nur gedruckt vorliegenden Interview spricht Deutschlands Kulinator ausführlich über seine Zeit in Ruhrgebiet. In Duisburg geboren, in Essen-Borbeck, Bochum-Langendreer aufgewachsen, bei der WAZ hat er als Zeichner angefangen. Zur Feier seines Geburtstages hat Siebeck auch eine Deutschlandkarte gemalt. Fur das Ruhrgebiet wichtig: Er mag Essener Milch, isst im Schloss Hugenpoet und trinkt Bochumer Bier; was ich gut verstehe.

Ich finde das ja klasse, das einer aus dem Pott, mit einem verkrachten Nazi-Vater, der den Familienbesitz (u.a. einen Zeitungsverlag) verjubelte, dass so einer zum Feinstschmecker wurde, zum Geschmacksträger Deutschlands. Dass sich Siebeck gerne "Kaviarlinker" nennt, dass er aus dem Mief des Fünfziger-Jahre-Reviers ausbrach (Siebeck: "Wir bewegten uns in der Journalistenszene im Ruhrgebiet. Das waren ja Zustände damals, die hockten immer in diesen Kneipen herum, die man nicht mit Kaffeehäusern verwechseln sollte, und spielten Skat. Diese Trinkhallen, ich mochte das nicht." Zeit: "Sie waren schon damals ein bisschen elitär." Siebeck: "Aber ja. Mit dem ersten Geld bin ich mit meiner Freundin Erika nach Paris gefahren, das muss so 1952 gewesen sein."). Und leider wegging – Ammersee, Schondorf, eine Burg bei Freiburg, Südfrankreich.

Sonst würde es bis auf die paar Luxusküchen, Milch und Bier mehr gutes Essen, vor allem, mehr gute Lebensmittel aus und in der Region geben. Was etwa Ruhrgebietsbäcker hierzulande ihren Kunden anbieten, gibt es schon im Rheinland nicht mehr im Back-Discounter. Übrigens auch so eine sehr zweifelhafte Erfindung dieser Gastrosteppe namens Ruhrgebiet. Was der Wolfram Siebeck wohl dazu sagt?

Kim Jong Il: Der fürsorgliche und hingebungsvolle Anwalt des Volkes ist wieder da

Da werden sich die Nordkoreaner aber freuen: Es gibt ein Lebenszeichen ihre Führers Kim Jong Il.

Foto: Flickr/Dunechaser

Der fürsorglicher und hingebungsvolle Anwalt des Volkes gratulierte gestern Denzil Douglas, dem Premierminister von St. Kitts und Nevis zum 25 Jubiläum der Unabhängigkeit des Staates von der britischen Krone. So ist er eben, werden seine Anhänger nun sagen, selbst die Kleinsten hat er in sein Herz geschlossen. Denn  Kim, von Beruf Waise und Diktator, hat auch in Deutschland so manches Herz bewegt – zwar liegen ihm noch nicht die proletarischen Massen zu Füßen, aber immerhin die KPD und ihre drei Freundeskreise der Juche-Ideologie in der Kommunistischen Partei Deutschlands. Die  ist sich auch sicher, die Wahrheit über Kim und sein glückliches Volk zu kennen, denn Kim ist nicht etwa der  kleine, pummelige, menschenverachtende Dikator mit einer Vorliebe für guten Cognac, als der er in Deutschland immer dargestellt wird, sondern hat durchaus seine Verdienste: "...durch seine über 30jährige unermüdliche revolutionäre Tätigkeit stärkte und entwickelte er die PdAK zu einer bewährten und unbesiegbaren revolutionären Partei, der die absolute Unterstützung und das Vertrauen des gesamten Volkes zuteil werden. Unter seiner Führung wurde aus dem koreanischen Volk ein souveränes Volk." Das weiß zu schätzen, dass es in einem wohlhabenden Land lebt, wie eine Delegation des KPD-Jugendverbandes KJVD nach einer Reise zu berichten weiß: "Wir sind nicht mit der Erwartung in die KDVR gereist, um dort ein unterentwickeltes, notleidendes und hungerndes Land vorzufinden, wie es die bürgerlichen Medien in unserem Lande den Menschen immer wieder offenbaren. Aber was sich uns schon in den ersten Minuten der Fahrt vom Pyongyanger Flughafen in die Hauptstadt der KDVR zeigte, war ein Land, wo die Baukräne moderne Wohnviertel mit Geschäften, Schulen, Kindereinrichtungen und Kultur- und Sportstätten wachsen lassen, wo auf den Feldern die Bauern der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften ihre reiche Ernte einbrachten, wo auf den Straßen keine Bettler und Obdachlosen lungerten, wo die Menschen mit guter Laune und stolz, ohne Zwang, mit erhobenem Haupt zur Arbeit gingen."

Und aus lauter Freude haben die Nordkoreaner auch noch gleich die Zeitrechnung verändert. Das Geburtsjahr von Kim Jong Ils Vater Kim Il Sung, 1912, ist das Jahr 1 der neuen Zeitrechnung. Heute haben wir also das eigentlich Jahr 96.

Wer den Links in dem Artikel folgt taucht ein in eine Welt des kompletten Irrsinns und tiefer Menschenverachtung. Hier sei der Link auf Amnesty empfohlen. 

 

 

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Wird die WAZ kündigen?

Die WAZ kündigt nicht betriebsbedingt – darauf konnten sich die Mitarbeiter des profitablen Essener Medienkonzerns verlassen. In Zukunft gilt das nicht mehr.

Christian Nienhaus & Bodo Hombach. Foto: PR

Denn der neue WAZ-Geschäftsführer Christian Nienhaus schließt in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung künftig betriebsbedingte Kündigungen nicht aus, denn nach Nienhaus Aussage arbeiten nicht mehr alle Titel der WAZ profitabel. Wie aus WAZ-Kreisen zu erfahren war, soll der Mitarbeiterschnitt künftig von 1,4 auf 1 Mitarbeiter pro Seite gesenkt werden. Laut eine  Meldung des WDR könnte davon vor allem die Sportredaktionen betroffen sein, denn laut WDR soll künftig beispielsweise nur noch ein Mitarbeiter für alle Titel von Bundesligaspielen berichten – eine kartellrechtlich wohlmöglich zweifelhafte Entscheidung, denn bei der Genehmigung der Zukäufe der WAZ-Gruppe durch die Kartellbehörden war die Garantie unabhängiger Redaktionen  ein wichtiger Grund für die Zulassung der Fusionen.  Nienhaus, der vorher beim Springer Verlag gearbeitet hat, bekennt sich in dem Gespräch allerdings auch zur Zukunft der Tageszeitung. Er äussert sich skeptisch über seinen alten Verlag, der  eine Wochen-Ausgabe der Berliner Morgenpost gratis verteilt: Nienhaus: "Das scheint eine Leseprobe, eine Art ARD-Wochenspiegel zu sein, den ja kaum jemand anschaut. Springer braucht offenbar einen Träger für Beilagen in Berlin, denn dafür sind die Auflagen der Titel zu gering." Allerdings hat auch die  WAZ seit geraumer Zeit  einen solchen Wochenrückblick im Angebot. Der Wochenblick erscheint in elf Städten des Ruhrgebiets und besteht aus alten WAZ-Artikeln.

Sorgen hat der Verlag wohl auch, wie ebenfalls aus seinem  Umfeld zu hören ist, mit  Kathrin Lenzer , der Chefredakteurin des Westfälischen Rundschau.  Vor allem der Rauswurf des Sportchefs  Hermann Lamberty nach einem persönlichem Streit sorgt innerhalb der WR-Redaktion für Unmut. Als Sanierungschefredakteur ist wohl WAZ-Chef Ulrich Reitz im Gespräch. 

 

WestLB mal unauffällig

Die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers zieht weite Kreise: Neben der KfW sind auch die Landesbanken betroffen – wieder einmal.

Wir erinnern uns, unsere Landesbanken hatten kräftig auf dem Markt für amerikanische Immobilien-Ramschkredite mitgemischt. Etliche Milliarden gingen da verloren, die Sachsen LB ging sogar in die Knie. Nun zeigt sich, dass unsere staatlichen Banken auch den laufenden Zusammenbruch der US-Finanzbranche zu spüren bekommen. Das "Handelsblatt" beziffert die Belastungen alleine aus der Pleite der Traditionsbank Lehman Brothers auf über eine Milliarden Euro. Die Zeitung beruft sich dabei auf Sparkassenpräsident Heinrich Haasis.

Betroffen sein sollen dem Bericht zufolge die HSH Nordbank, die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) und die BayernLB. Ups, was ist da passiert? Mit der WestLB fehlt ein Institut in der Reihe, das sonst bei jeder sich bietenden Gelegenheit Bürgergeld verbrannt hat. Die WestLB sei "relativ unauffällig" in Sache bankrotter US-Banken, schreibt das "Handelsblatt". Offenbar haben die Reformen der vergangenen Jahre etwas bewirkt. Hoffe ich zumindest.

Auch Schermbeck für das Ruhrgebiet

Gestern hat der Rat der Gemeinde Schermbeck beschlossen, im RVR bleiben zu wollen.

Die Entscheidung fiel deutlich mit den Stimmen von CDU und SPD, Grüne und FDP waren für den Austritt aus dem Ruhrgebiet. Rechtlich bindend ist der Beschluss des Rates indes nicht: Der Kreistag in Wesel wird am   25. September über einen möglichen Austritt entscheiden. Besonders stark gegen einen Verbleib im Revier hatten sich im Vorfeld die Schermbecker Grünen engagiert, für die die Mitgliedschaft im RVR eine Subventionierung des Ruhrgebiets darstellte – auch Christel Winterberg, die Grüne Fraktionsvorsitzende war dieser Meinung. Winterberg ist Fraktionsmitglied der Grünen im Ruhrparlament.

Die Emails der Sarah Palin, VP-Pick of MacCain, sind befreit

Um den privaten Web-Email-Account von Sarah Palin ist ein Hackerkrieg entbrannt. Zunächst hatte eine Gruppe, die sich selbst "Anonymus" nannte, private Emails von Palin geknackt. Und zwar einen von zwei Yahoo-Accounts der amtierenden Alaska Gouverneurin. Dann veröffentlichten die Hacker die Emails in Auszügen auf der Seite: Wikileaks.org. Die gesamten Emails konnte man dort als zip-Datei runterladen. Doch dann hatten andere Hacker den Spieß umgedreht und die Seite Wikileaks.org gehackt und die Emails wieder gelöscht. Es hieß: "I CAN PLAY YOUR GAME TOO!!!"

Zur Erinnnerung: Sarah Palin soll Vizepräsidentin unter John McCain werden, wenn der Konservative den amerikanischen Wahlkampf gewinnt.

Doch das war nicht das Ende der Schlacht. Kurze Zeit später hat Wikileaks den Einbruch des konservativen Hackers abgewehrt und die Emails zum Teil wieder hochgeladen. Zudem wurden die gesammelten Emails weitergereicht zur Piratenbucht: ThePirateBay. Dort sind Sie die Dateien seither als Torrent frei herunterladbar.

Warum das ganze? Die Hacker wollten beweisen, dass die Gouverneurin ihren privaten Mail-Account für Regierungsgeschäfte nutzt. Das ist nämlich verboten in den USA.

Allerdings sind die Photos in den Emails lustiger als die Geschäftskontakte. Zum Beispiel das hier:

Eine Zusammenfassung der Inhalt einiger Mails sowie Betreffzeilen und die E-Mail-Kontaktliste von Palin haben die Hacker bei Wikileaks.org gepostet. Geht da hin für den ganzen Stoff.

Ach ja, und das FBI ermittelt inzwischen auch schon. Ob es um das Regieren via Yahoo geht, oder um das knacken des Email-Accounts, who knows?

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Kreativitätsindex: Schlechte Noten für das Ruhrgebiet

Im Frühjahr veröffentlichte die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung die zehn Städte, die beim Roland Berger Kreativindex am besten abgeschnitten hatten. Es war bis auf Mülheim (Dank an Nobby) keine Ruhrgebietsstadt dabei. Damals stellte ich die Behauptung auf, wäre das ganze Ruhrgebiet betrachtet worden, wären wir in die Top-Ten gekommen. Ich habe mich geirrt. Die Wahrheit ist noch viel trostloser, als ich damals gedacht habe, denn mittlerweile liegen die Zahlen für die einzelnen Ruhrgebietsstädte vor und ich konnte mich mit Torsten Oltmanns von Roland Berger über den Kreativindex unterhalten.

Seit ein paar Jahren werden auch im Ruhrgebiet Lokalpolitiker und Wirtschaftförderer ganz wuschig, wenn das Wörtchen Florida fällt. Dabei denken sie nicht in erster Linie an die US-Halbinsel, in der Hemingway so viele Daikiris in sich hinein kippte, bis er sich den Schädel wegschoss, sondern an Richard Florida, einen amerikanischen Soziologen. Der prägte den Begriff von der Creativ Class als einem der wichtigsten Wachstumsfaktoren. Florida kam auf deren Bedeutung, als der Suchmaschinenbetreiber Lycos Pittsburg verlies und sich in Boston ansiedelte – obwohl Pittsburgh nach damaligen Maßstäben alles richtig gemacht hatte: Pittsburgh hatte in Kultur investiert, eine gute Uni und die auch im Ruhrgebiet beliebte Industriekultur. Und die Gewerbeflächen waren ebenso preiswert wie die Gewerbesteuer niedrig war. Warum also war Pittsburgh weiter auf der Verliererseite?
Florida stellte die These auf, dass es drei überragende Faktoren gibt, die diese attraktive Zielgruppe, die er als Creative Class bezeichnet, also als die, die Dingen erschafft, anziehen. Es sind die drei T: Talent, Technologie und Toleranz.

Talent
Die Creative Class trifft gerne ihresgleichen: Ingenieure, Softwarespezialisten, Unternehmensgründer, aber auch Künstler bilden einen Pool, in dem Ideen gedeihen. Wichtig ist eine anregende Atomsphäre. Laut Florida bevorzugt die äußerst vielschichtige Gruppe ständig neuer Anregungen. Da gilt die bunte Clubszene mehr als das Opernhaus, muss die Wohnung in einem angesagten Innenstadtquartier liegen und wird Wert auf eine Vielzahl von Sportaktivitäten gelegt, die man alleine unternimmt und nicht im Verein: Mountainbiking, Skaten und Wandern also eher als Fußballspielen und Gymnastik. Wichtig ist nach Florida allerdings, das eine Region für die unterschiedlichsten Lebensphasen Angebote macht: attraktive Immobilienlagen bietet, wenn die Familie gegründet ist und das Haus gebaut wird, es eine gute Kinderbetreuung gibt und gute Schulen. Hier gibt es im Ruhrgebiet erheblichen Nachholbedarf.

Toleranz
Die Kreative Klasse bevorzugt tolerante Gesellschaften. Religiöser Fanatismus, Frauendiskriminierung, Schwulenfeindlichkeit schrecken sie ab. Individualisten benötigen eine Umgebung, in der sich Individuen ausleben können – die Kreative Klasse ist supranational. Engstirniger Nationalismus schreckt ab, ebenso wie künstliche Hürden. Deutschland hat das bei seiner GreenCard erlebt. Die erhofften „Computerinder“ gingen lieber in die USA oder nach Großbritannien. Neben der Sprache waren weniger restriktive Einwanderungsbestimmungen ein wichtiger Grund. Für Florida steht fest: Die USA haben ihre starke wirtschaftliche Stellung auch, weil sie seit Jahrhunderten die besten Köpfe anziehen. Florida glaubt, dass die USA durch die verschärften Einreisebestimmungen nach 9/11 diesen Vorteil aufs Spiel setzen.

Technologie
Auch Technologie ist ein wichtiger Faktor: In den High-Tech Industrien liegen viele der Arbeitsplätze der Kreativen Klasse. Auch gute Forschungseinrichtungen ziehen Talente an. Da in vielen High-Tech Bereichen Experten der unterschiedlichsten Bereiche eng zusammen arbeiten (Bei Computerspielen z.B. Programmierer, Designer und Autoren) ist es für jede Regionen wichtige eine möglichst breite High-Tech und Forschungsbasis zu haben.

Pittsburgh konnte nicht mit Boston mithalten.

Kreativindex
Keine Stadt aus dem Ruhrgebiet schaffte es unter die Top-Ten des Kreativindex von Roland Berger, der die drei Faktoren, Talent, Toleranz und Technologie abfragte – und, so Torsten Oltmanns von Roland Berger, auch als Einheit hätte es das Ruhrgebiet nicht auf einen der vorderen Plätze geschafft. Blöd,  weil seit ein paar Jahren alle Wirtschaftsförderer der Region, angeführt durch den ehemaligen VIVA-Chef Dieter Gorny, bei der Kulturhauptstadt Ruhr zuständig für den Bereich Kreativwirtschaft, die Bedeutung derselben predigen – allerdings häufig eine eher beschränkte Interpretation des Begriffes: Kreativ- wird dabei mit Kulturwirtschaft gleich gesetzt und um die Absurdität noch höher zu treiben, glaubt jede hochsubventionierte Balletttruppe nun, sie sei ein wichtiger Wirtschaftfaktor – was sie ja nur, dank mangelndem Profitstreben nur  sehr indirekt ist. Indirekt ist alles ebenso Wirtschaft wie Kultur und Kommunikation.
Und jetzt kommt eine Studie und wir liegen hinter Mannheim – alle, ohne Ausnahme.
Für Oltmann gibt es dafür gute Gründe – und sie liegen vor allem im Bildungsbereich: Nicht nur das die Zahl der hoch- und gutqualifizierten Personen im Ruhrgebiet unter dem Durchschnitt anderer Regionen liegt. Vor allem das niedrige Bildungsniveau der Migrantenkinder schlägt negativ zu Buche. Oltmann: „Hier gibt es für das Ruhrgebiet einen erheblichen Nachholbedarf. Andere Städte schaffen es deutlich besser, Migrantenkinder zu qualifizieren. Toleranz heißt nicht nur, sich in Ruhe zu lassen, sondern auch Benachteiligte zu unterstützen. Hier hat das Ruhrgebiet große Defizite.“
Die werden auch durch die dichte Theater- und Konzerthauslandschaft nicht wett gemacht – denn die meisten dieser Einrichtung verharren im Mittelmaß. Spezialisierung und Profilierung heißt nach Roland Berger das Erfolgsrezept. „Das Ruhrgebiet müsste sich darauf verständigen, wer was macht – dass dann aber richtig: Mehr Exzellenz und weniger Mittelmaß wäre ein gangbarer Weg.“ Die Dichte der Kulturlandschaft sei gut und auch für Leute wichtig, die nie ein Theater besuchen, aber erwarten dass in ihrer Stadt solche Einrichtungen vorgehalten werden: „Theater, Opern etc. gehören einfach dazu. Auch wer sie nie besucht, will haben dass es sie gibt. Man kann das mit einer guten Universitätsklinik vergleichen: Man will in einer Stadt leben, die so etwas vorhält, auch wenn man nicht krank ist.“

Oltmann riet dann noch im Gespräch, dass das Ruhrgebiet nicht blind andere Städte kopieren soll – und dass so etwas auch nichts bringt: „Das Ruhrgebiet sollte meiner Ansicht nach nicht viel Mühe darauf verwenden, Galerien, Dichter oder Modedesigner anzulocken. Dieser Teil der Kreativen Klasse hat genug Alternativen. Die Region sollte sich eher darauf konzentrieren für Ingenieure und Techniker attraktiv zu sein.“ Um das zu erreichen, sei vor allem ein Ausbau der Bildungseinrichtungen notwendig und damit auch die Förderung der eigenen Jugend (unabhängig der Herkunft!) – und eine tolerante Atmosphäre, denn ein immer größerer Teil der technischen Elite wird aus dem Ausland kommen. Dass das Ruhrgebiet keine internationale Schule hat ist unter diesem Aspekt schlimmer als der Mangel an Tanztheatern.  Auch sollte das Ruhrgebiet sich stärker bewusst werden, was es in Bereichen wie der Szenekultur zu bieten hat: Lebendige Kneipenviertel, eine Clublandschaft etc. sind ebenfalls wichtige Faktoren, die zum Wohlbefinden beitragen. Das Bewusstsein über die Bedeutung solcher Einrichtungen ist nur rudimentär vorhanden. Dortmund wird mit dem Bau eines Einkaufszentrums auf dem Thier-Gelände einen großen Teil seiner Clubkultur ausmerzen.
Das Ruhrgebiet braucht endlich eine Diskussion darüber, welche Lehren es aus Floridas Theorien ziehen möchte, wenn sich schon viele der Verantwortliche auf ihn berufen (Zumeist allerdings ohne ein einziges seiner Bücher gelesen zu haben und wenn man ehrlich ist, reicht die Lektüre von: The Rise of the Creative Class, in dem Florida auch ausführlich auf die sozialen Verwerfungen der Dienstleistungsgesellschaft eingeht). Eine solche Diskussion fand bislang auch in einer interessierten Öffentlichkeit kaum statt. Wir sollten sie beginnen.

Comeback-Kid Langemeyer gibt nicht auf

Im Streit um die Kündigungen von Mitarbeiterinnen in der Stadtkasse legt Dortmunds Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer nach. Zusätzlich zu den fristlosen Kündigungen wegen angeblicher Dienstvergehen jetzt die Stadt zwei neue Kündigungen hinterhergeschoben.  Diesmal geht es um außerordentliche Kündigungen aufgrund von sozialen Sondergründen. So eine Art Kündigung, weil die beiden Damen den Frieden im Haus stören.

Und wenn man so will stören die beiden den Frieden im Haus. Sie sind die Ursache für eine dramatische Demonstration in Dortmund, als 1500 Menschen vor dem Rathaus forderten, die beiden Angestellten wieder einzustellen. Doch offenbar ist Langemeyer nicht an einer Deeskalation gelegen. Er will seinen Kopf durch die Wand drücken.

Dafür spricht auch, dass nun die Angestellten der Stadtkasse Vorladungen kriegen, um als Beschuldigte angehört zu werden. Es heißt in den Briefen, sie seien ja wohl auch in unkorrekte Geschäft verwickelt gewesen und sollten nun Rede und Antwort stehen, ob es Anweisungen gab, unkorrekt zu handeln. Angeblich will die Stadtspitze so rausfinden, ob und wenn ja wer für die Sonderbehandlung des OB-Büros im Rathaus – und damit für den Skandal – verantwortlich war. Tatsächlich aber verstehen die Angestellten die EInladungen als Drohung. Nach dem Motto: "Halt die Klappe, sonst schmeißen wir auch Dich raus. Du warst ja wohl auch involviert."

Soweit wie ich gehört habe, wollen sich die Mitarbeiter wehren. Mal sehen wie.