Dem Journalisten Stefan Aigner ist untersagt worden, Zahlungen der katholischen Kirche an die Eltern eines durch einen Priester missbrauchten Jungen als „Schweigegeld“ zu bezeichnen.Das Netzwerk istlokal.de protestiert auf Schärfste gegen diese mit gesundem Menschenverstand nicht nachvollziehbare Entscheidung.
In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche Missbrauchsfälle bekannt. Duzende von Priestern hatten teils über Jahre hinweg hunderte von Ministranten und andere schutzbefohlene Kinder, überwiegend Jungen, sexuell missbraucht.
Anstatt diese Missbräuche an Leib und Seelen der Kinder konsequent aufzuklären, hat die katholische Kirche viele Fälle vertuscht, Priester versetzt, „Entschädigungszahlungen“ geleistet.
Nur auf großen Druck der Öffentlichkeit hat die katholische Kirche reagiert und immer nur das allernotwendigste getan, um „Aufklärung“ zu leisten.
Die Öffentlichkeit wurde und wird überwiegend durch mutige Journalisten wie Stefan Aigner über diese schon fast alltäglich zu nennende Missbrauchspraxis informiert.
Es ist nicht hinnehmbar, dass Journalisten, die über diese Missbrauchsfälle berichten, sich juristisch bedroht fühlen müssen.Nicht die Journalisten begehen einen Missbrauch, indem sie über Missbräuche berichten, sondern die katholische Kirche missbraucht das Justizsystem, indem sie als „Großkonzern“ gegen Journalisten vorgeht.
Der Regensburger Journalist Stefan Aigner hatte im Vorfeld versucht, sich mit der Diözese Regensburg auf eine andere Formulierung zu einigen. Daran hatte die Diözese kein Interesse. Man muss davon ausgehen, dass dem Journalisten – und mit diesem Fall auch anderen – eine „Lektion“ erteilt werden soll.
Dabei bedient sich die Kirche des so genannten „fliegenden Gerichtsstands“ – man sucht sich das Gericht aus, von dem man sich ein „erwünschtes Urteil“ verspricht.
Das Hamburger Landgericht ist bundesweit für pressefeindliche Urteile bekannt. Die Meinungsfreiheit nach Artikel 5 Grundgesetz gilt hier nicht besonders viel und wird bis an den Rand der Unerträglichkeit begrenzt.Die Prozesskosten für die erste Instanz schätzt Stefan Aigner auf rund 8.000 Euro. Ohne Unterstützung würden diese Kosten ihn in eine wirtschaftlich-existenzbedrohliche Lage bringen. Nach einem Spendenaufruf kamen rund 10.000 Euro zusammen – sonst hätte Stefan Aigner nicht vor Gericht gehen können, sondern sich sofort einer Unterlassungserklärung beugen müssen.
Aus Sicht des Netzwerks istlokal.de missbraucht die Kirche nun „Lücken“ im Rechtssystem, um sich missbräuchlich an der Presse- und Meinungsfreiheit zu vergehen. Anstatt die schändlichen Taten von Priestern lückenlos aufzuklären und öffentlich zu machen, soll Journalisten das berichten verboten werden. Man muss befürchten, dass Journalisten zukünftig nur noch mit der „Schere im Kopf“ über den Missbrauch von katholischen Priestern an Kindern berichten oder aus Angst vor Klagen ganz darauf verzichten.
Wir halten es für unerträglich und nicht hinnehmbar, dass eine Institution wie die katholische Kirche weder bereit ist, sich außergerichtlich zu einigen, sondern versucht, einen Journalisten wirtschaftlich zugrunde zu klagen.Das Netzwerk istlokal.de fordert hiermit die Diözese Regensburg auf, alle Kosten des Prozesses zu übernehmen und die Aufhebung des Urteils zu beantragen.
Weiter fordern wir die Diözese Regensburg auf, mit dem Journalisten Stefan Aigner in einen Dialog zu treten und eine für beide Seiten „akzeptable“ Formulierung für den betreffenden Bericht zu finden.Weiter fordern wir von der Diözese Regensburg eine Erklärung, dass sie die Presse- und Meinungsfreiheit nach Artikel 5 Grundgesetz achtet und Journalisten bei der der Aufklärung und Veröffentlichung von Missbrauchsfällen ohne Einschränkung unterstützt.
Prozess gegen Blogger Stefan Aigner: Protest gegen Maulkorb
Das Hamburger Landgericht hat heute einer Klage der Regensburger Diözese gegen den Journalisten und Blogger Stefan Aigner von Regensburg Digital „recht“ gegeben. Wir veröffentlichen eine Protestnote des Bloggernetzwerks istlokal, zu dem Stefans Blog gehört. Stefan geht in die nächste Instanz. Wir schließen uns der Erklärung an.
So weit eine gute Sache, aber während das Netzwerk die Kirche als „gegen den gesunden Menschenverstand“ handelnd bezeichnet ist das Netzwerk durch folgende Aussage:
„Das Netzwerk istlokal.de fordert hiermit die Diözese Regensburg auf, alle Kosten des Prozesses zu übernehmen und die Aufhebung des Urteils zu beantragen.“
als weltfremd zu bezeichnen.
So schön die Berichterstattung ist, so naiv sind die Forderungen des Netzwerkes. Als nächstes fordern die noch das die Kirchenmitarbeiter den Missbrauch offen zugeben….
[…] dazu auch den Bericht bei regensburg-digital.de, dem Netzwerk istlokal.de, den Ruhrbaronen und bei […]
Wie freundschaftlich Justiz und Kirche auch strukturell verbunden sind, kann man auf der Homepage der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) nachlesen:
Ich zitiere aus http://www.giordano-bruno-stiftung.de :
“
Hinkende Trennung von Kirche und Justiz: gbs kritisiert religiöse Beeinflussung der Gerichte (2.2.2011)
Die deutschen Gerichte sollten größere Distanz zu Religionsgemeinschaften wahren. Dies geht aus einem „Offenen Brief“ hervor, den die Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) an die obersten Justizbehörden des Landes versandte. Anlass des Schreibens war ein im Januar 2011 erfolgtes „Fachgespräch“ zwischen Richtern des Bundesverfassungsgerichts und einer Delegation der Deutschen Bischofskonferenz. Leider werde der „Verfassungsgrundsatz der weltanschaulichen Neutralität des Staates“ chronisch missachtet, heißt es dazu im Schreiben der gbs. Als besonders bedenklich stuft die Stiftung in diesem Zusammenhang das 2007 gegründete „Karlsruher Foyer Kirche und Recht“ ein. Dieses von Vertretern der katholischen und evangelischen Kirche geleitete Gremium diene der „systematischen Kontaktpflege zu den obersten Justizbehörden in Deutschland“. Schon bei seiner Gründung habe es dreizehn Richterinnen und Richter der höchsten bundesdeutschen Gerichte zur Mitarbeit gewinnen können.
Mit dem Grundsatz der „Trennung von Staat und Kirche“ sei dies ebenso wenig zu vereinbaren wie mit der „richterlichen Unabhängigkeit“, argumentiert die Stiftung in ihrem Brief. Deshalb fordert sie die Verantwortlichen des Bundesverfassungsgerichts, des Bundesgerichtshofs und der Bundesanwaltschaft auf, für die Zeit, in der sie mit Aufgaben an den obersten Justizbehörden betraut sind, von einer Mitarbeit im „Foyer Kirche und Recht“ abzusehen und auch sonstigen kirchlichen Einladungen, etwa zu den jährlichen Empfängen, nicht nachzukommen.
Die Giordano-Bruno-Stiftung begründet ihre Forderungen damit, dass die Kirchen in der Vergangenheit des Öfteren als Parteien in Rechtsstreitverfahren aufgetreten sind und man davon ausgehen könne, dass dies auch in Zukunft der Fall sein werde. Das „hohe Gut der Unabhängigkeit eines Gerichts“ nehme unweigerlich Schaden, wenn einer Partei die Möglichkeit eingeräumt werde, die Position, die sie in einem Rechtsstreit vertritt, mit Angehörigen der Justizbehörden exklusiv zu erörtern.
Lesen Sie den Text des „Offenen Briefs“ unter:
https://www.giordano-bruno-stiftung.de/justiz.pdf
Nachtrag: In seinem Antwortschreiben erklärte der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Prof. Dr. Andreas Voßkuhle, er teile „voll und ganz“ das Anliegen des Offenen Briefs, „den Eindruck der Befangenheit des Gerichts in jeder Beziehung zu vermeiden“. Er versicherte jedoch, „dass die Richterinnen und Richter äußerst sensibel und umsichtig mit diesem Thema umgehen.“ Allerdings sei es nicht sinnvoll, „die Verfassungsgerichtbarkeit von gesellschaftlichen Einflüssen völlig abzuschirmen“. Das BVG wolle ein „zugewandtes Bürgergericht in einer offenen pluralen Gesellschaft sein und kein juristischer Eremit“. Die Giordano-Bruno-Stiftung regierte hierauf mit einem erneuten Schreiben, in dem sie ihr Anliegen nochmals verdeutlichte.
Antwortschreiben an den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts:
https://www.giordano-bruno-stiftung.de/bvg_av.pdf
„
Die Giordano-Bruno-Stiftung übersieht allerdings grosszügig, dass die genannte „Trennung von Staat und Kirche“ zwar ein Grundsatz der Stiftung, aber kein Grundsatz des deutschen Rechts ist. Die Bundesrepublik ist kein laizistischer Staat; sie ist „nur“ weltanschaulich neutral und schreibt niemandem eine Religion vor (was historisch betrachtet ein dicker Batzen ist). Das deutsche Verfassungsrecht erkennt mehrere Religionsgemeinschaften sogar als besondere gesellschaftliche Akteure an und räumt ihnen Privilegien ein.
Davon abgesehen treten auch politische Parteien und Verfassungsorgane häufig als „Parteien in Rechtsstreitverfahren“ auf, was sich ebenfalls auch kaum vermeiden lässt. Das Schreiben der gbs zeugt entweder von eifriger Öffentlichkeitsarbeit oder von Geringschätzung der Urteilskraft des BVerfG. Ich will mal ersteres annehmen.