Die Macht der Provokation – eine andere Perspektive auf den Salafismus

aladin_koelnSalafismus. Das ist Wahnsinn. Das ist das Böse unserer Zeit. Das ist der Untergang des Abendlandes. Diese erste, intuitive Regung ist nachvollziehbar: In einem zweiten Schritt sollte man versuchen zu verstehen und sich selbstkritisch fragen: Wie kann es sein, dass eine Ideologie, die es seit Ewigkeiten gibt, gerade heute bei den Jugendlichen Westeuropas einen Aufschwung erlebt? Warum sehnen junge Männer und Frauen mit und ohne „Migrationshintergrund“ das Frühe Mittelalter herbei und bilden damit eine der dynamischsten gegenwärtigen Jugendbewegungen? Diesen Fragen kommt man näher, ohne theologische Diskurse zu führen. Man muss das Ganze vielmehr mit den Augen der Jugendlichen sehen. Unser Gastautor Aladin El-Mafaalani ist Professor für  Politikwissenschaft, Politische Soziologie, und Sozialpolitik an der FH Münster.

Jugendliche neigen dazu, sich von Vorgängergenerationen abzugrenzen. Dabei können extreme Gegenpositionen zutage kommen. Ein veränderter Lebensstil ist hierfür typisch. Kleidung, Frisuren, Drogen und Musik waren häufig sinnlich wahrnehmbarer Ausdruck von Abgrenzung und Provokation. So war es bei Studentenbewegungen, den Punks, der Hip Hop Kultur. Und heute? Jugendliche haben kiffende Lehrer und Eltern mit Piercing und gefärbtem Haar. Adelige Bundesminister gehen auf Heavy Metal Konzerte, First Ladies sind tätowiert. Sex, Drugs and Rock n Roll – dieser in die Jahre gekommene Spirit lässt sich heute bestenfalls noch auf Ü 40 Partys finden. Alle Kombinationen von Sex, Rauschmitteln und Musik hat es schon gegeben.

Worin steckt heute das größte Provokationspotenzial? Die alltagspraktische Funktion eines Kopftuchs (oder gar einer Burka) weist – bei allen Unterschieden – unglaublich viele Ähnlichkeiten mit dem punkigen Irokesen in den 1970ern auf: Man wird unmittelbar erkannt, erntet skeptische Blicke, offene Ablehnung, tiefe Verachtung und erzeugt Angst. Alle Zutaten für gelungene Rebellion. Sehr schlimm, wenn es unter Zwang geschieht, überaus funktional, wenn man die Öffentlichkeit und die eigenen Eltern provozieren möchte. Emanzipation und selbstbestimmte Abgrenzung, können das Motive sein? Es kommt auf den Kontext an: Im Iran oder in Saudi-Arabien ist eine kopftuchtragende Frau eine anonyme Ameise im Ameisenhaufen; in Deutschland ist sie das auffällige schwarze Schaf. Daher sind die Motive für oder gegen religiöse Radikalisierung je nach Gesellschaft und Zeitgeist ganz unterschiedlich. In der salafistischen Szene gelten strenge Regeln für Mann und Frau – in traditionellen, kaum religiösen Familien häufig nur für das weibliche Geschlecht. Nicht ohne Grund erleben viele junge Frauen in dieser Jugendbewegung ein höheres Maß an Gleichstellung als in ihren zum Teil resignierten Herkunftsmilieus.

Dass dies kaum jemand wahrhaben möchte, ist ein Beleg dafür, dass wir uns für diese jungen Menschen nicht interessiert haben. Nun ist es eine aufgekeimte internationale Jugendbewegung. Das sind junge Menschen, die – ohne sich zu kennen – Ähnliches tun. Das bedeutet, sie haben gleiche Erfahrungen, Problemstellungen und Bedürfnisse. Viele werden es nicht hören wollen: Diskriminierungs- und Ausgrenzungserfahrungen auf der persönlichen Ebene, aber auch nationale und internationale Entwicklungen spielen zusammen. Muslime sind Feindbilder geworden. Sich über sie auszulassen, ist selbstverständlich. Das zwingt viele Muslime in eine defensive Haltung, in der sie klarstellen und zurechtrücken müssen – ein mühsames Geschäft, das einem niemand dankt und bei dieser Gemengelage vielleicht sogar zum Scheitern verurteilt ist. Die anderen, häufig kaum religiösen, aber als solche optisch wahrgenommenen „Fremden“ treibt es in die Offensive. „Wenn schon, denn schon“ oder „Jetzt erst recht!“

Vor dem Hintergrund dieser persönlichen Erlebnisse werden dann nationale und globale Ereignisse wahrgenommen. Muslime sind die Bösen, solange sie kein Buch gegen den Islam schreiben oder wichtige Geschäftspartner sind. In Syrien und dem Irak wird der „Westen“ erst richtig aktiv, als Nicht-Muslime bedroht oder ermordet werden. Das kann man je nach Betrachtungsweise interessengeleitete Politik oder strategielosen Aktionismus nennen, aber man darf sich nicht wundern, wenn das als unmoralisch und unglaubwürdig wahrgenommen wird. Die Welt(politik) steckt in einer Sackgasse.

Der Gegenentwurf der Salafisten ist denkbar einfach: In der Vergangenheit liegt der Generalschlüssel – eine neue Zukunftsidee gibt es nicht. Allerdings gibt es eine solche nirgendwo. Unsere Visionen sind bestenfalls technologischer Art. Soziale haben auch wir nicht mehr. Nicht einmal zukunftsweisende Jugend- oder Protestbewegungen lassen sich derzeit erkennen. Wir sind aufgeklärte Verwalter von Klimawandel, Wirtschaftskrisen, Konsumterror. Wer diesen Pragmatismus nicht annehmen kann oder will, muss nostalgisch werden. Neo-Puritanismus, Naturreligionen, Esoterik, Bio-Nahrung oder Yoga – alles Ich-bezogene Formen der Sinnsuche. Der Salafismus hat da für Orientierungsuchende eine kollektive Strategie aus einem Guss: Zurück in die Zeit, in der alles vermeintlich gut war, zurück zu den Wurzeln: Klare Regeln, eindeutige Zugehörigkeiten, unhinterfragbare Wahrheiten und gar der sichere Weg zum Paradies. Das sind Dinge, für die es sich – aus der Perspektive vieler Jugendlicher – einzusetzen lohnt. Das gibt eine starke Orientierung und kanalisiert den jugendtypischen Handlungsdrang in eine Richtung: Missionieren, ein göttlicher Auftrag. Wer heute mitmacht, der gehört zur Avantgarde eines sich selbst als progressiv verstehenden globalen Projekts.

Diese fundamentalistische Bewegung hat für die meisten Jugendlichen einen gewissen Bezug zur eigenen Herkunft. Gleichzeitig wird die Religion deutlich strenger praktiziert, als es die eigenen Eltern tun. Und: Die Salafisten sprechen deutsch, viele als einzige Muttersprache! Schön war die Zeit, als wir uns noch einreden konnten, diese Ausländer sollen deutsch sprechen lernen und alle Probleme wären gelöst. Wie so häufig sind Konvertiten besonders engagiert, genießen aber auch einen besonderen Stellenwert. In ihnen steckt das größte Provokationspotenzial, wodurch sie für die Öffentlichkeitsarbeit unverzichtbar werden. Zugleich prallt der schräge Integrationsdiskurs an ihnen gänzlich ab. Diese Breitseite ist hausgemacht!

Strenge Kleiderordnung, reglementierte Sexualität und Konsumverzicht – in unserer Vorstellung muss das reines Gift für eine Jugendbewegung sein. Aber Askese und Nostalgie gepaart mit einem selbstbewussten kollektiven Auftreten bedeuten heute Rebellion. Mit einer eigenen Ästhetik und großer Technologieaffinität ist es dann doch keine vollständige Reproduktion des Gewesenen. Es gibt Alltagsrituale und große Events. Auch Islamseminare mit jugendspezifischen Inhalten werden angeboten. Es geht um Orientierung und Anerkennung, nicht um theoretische und theologische Diskurse. Dagegen sehen die großen Islamverbände blass aus: Sie sind Institutionen der Erwachsenen – konventionell, defensiv und langweilig.

Die historisch seltene Konstellation, als junger Mensch mit radikaler Askese und Nostalgie provozieren zu können, bietet einen Resonanzboden für ausgegrenzte Jugendliche, indem nämlich aus der Not eine Tugend wird. Wer nicht teilhaben kann oder sich ausgegrenzt fühlt, gibt nicht viel auf, wenn er sich einer radikalen Gruppe anschließt. Im Gegenteil: Aus dem Gefühl der Ohnmacht wird Selbstbestimmtheit und Stärke. Entsprechend lässt sich vermuten, dass ungleiche Teilhabechancen auf der einen und Islamfeindlichkeit auf der anderen Seite das Provokationspotenzial steigern und dadurch zu einer anhaltenden Attraktivität beitragen werden. Vor diesem Hintergrund spielen sich Salafisten, HoGeSa und PEGIDA die Bälle gegenseitig zu.

Wie Jugend und Provokation auf Dauer zu einer ultrakonservativen Strömung passen, bleibt zu beobachten. Abspaltungen sind wahrscheinlich. Diese kennen wir aus vielen Bewegungen. Wenige werden Terroristen, einige sympathisieren gewaltlos, die meisten bleiben ungefährlich.

Die Muslime innerhalb Europas zu isolieren, war ein zentrales Ziel der internationalen Terrorgruppen. Diese Strategie war bemerkenswert erfolgreich. Den Nährboden für Radikalisierungsprozesse auszutrocknen, ist eine große Herausforderung. Die Menschen und ihre Religion als Fremdkörper zu betrachten, war eine – wenn auch nicht die einzige – Ursache. Daher müssen zwei Erkenntnisse, die sich bereits in manchen Aussagen hochrangiger Politiker ausdrücken, handlungsleitend sein: „Das sind unsere Kinder“ und „Der Islam gehört zu Deutschland“ – in guten wie in schlechten Zeiten.

Ein weitere Aufsatz zum Thema Salafismus von  Aladin El-Mafaalani findet sich in dem Buch:

sala_transcript
Salafismus in Deutschland

Ursprünge und Gefahren einer islamisch-fundamentalistischen Bewegung

„Nicht alle Salafisten sind Terroristen, aber alle uns bekannten islamistischen Terrorverdächtigen haben einen salafistischen Hintergrund.“
So beschreiben deutsche Innenpolitiker ein wachsendes Problem: Junge Menschen brechen auf, um in den Krieg nach Syrien oder in den Irak zu ziehen. Manche verüben dort Gräueltaten und rühmen sich damit im Internet. Die meisten bleiben in Deutschland, lehnen Gewalt ab und folgen strengsten Glaubensregeln.
Wer sind die Salafisten, was wollen sie, wen bedrohen sie? Dieser Band gibt umfassend Antworten. Renommierte Experten ordnen den Salafismus in die islamische Geschichte sowie in den deutschen Gesellschaftskontext ein und schlagen Strategien für den Umgang mit dem Phänomen vor. Zudem berichten Betroffene über ihre Erfahrungen mit Salafisten.

Das Buch ist im Transcript-Verlag erschienen

Dir gefällt vielleicht auch:

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
16 Comments
Oldest
Newest
Inline Feedbacks
View all comments
keineEigenverantwortung
keineEigenverantwortung
10 Jahre zuvor

Ja, nein, ja….

Ja, ich gehe davon aus, dass mit dem Wechsel der Religion insbesondere , wenn dies mit extremen Regeln verbunden ist, ein Aufstieg verbunden sein kann. Personen, die nicht beachtet wurden, sind im Gespräch.
Es gibt auch viele Künstler, die nach langer Pause ihre Religion medienwirkam entdecken.
Wenn eine ehemals christliche Frau die Burka und den Islam toll findet, kann dies ein Karriereschritt sein. Sie hat Offentlichkeit, wenn sie es will.

Das Kopftuch mit dem langen MANTEL IST IM Ruhrgebiet Alltag. Hier sehe ich keine Provokation der Jugend.
Die Art der Kleidung unterscheidet sich auch erheblich von der weiblichen Mittel- und Oberschicht im Nahen Osten,.

Es ist eine komplexe Gemengelage. Wir sollten daran denken, dass vielbe heute selbstverständliche Rechte noch sehr jung sind. Das bedeutet auch, dass wir darauf achten mussen, dass sie erhalten bleiben (Frau darf selber den Arbeitsplatz wählen, Wahlrecht, …)

Eine Flucht in die Familie und das Heim bedeutet auch unabhängig von der Religion, dass Frau sich nicht mit der Arbeitswelt auseinandersetzen muss. Diese Option wir auch von vielen Frauen mit einer frühen SchWangerschaft gezogen.

Warum soll der Westen in souveränen Staaten aktiv sein. Wir wollen doCh keine Kolonien.

Das Gewalttäter für Frauen attraktiv sein können, ist bekannt.
„Zu Hause ist er ganz anders.“

Es fehlen Visionen, äußere Feinde etc, die die Gesellschaft mit Zielen versorgen. Ein gemeinsamer Feind hilft oft, deshalb streben wohl auch so viele wieder Konflikte an.

Thorsten Stumm
10 Jahre zuvor

So sehr ich die hier gelieferte Erklärung nachvollziehen kann, so sehr bleibe ich denoch ratlos wie es gelingen kann aus dieser Kette der sich selbsterfüllenden Prophezeiungen auszusteigen. Denn in der Tat spielen Salafisten und Hogesa sich im wieder die Bälle zu. Und leider wird damit auch in grossen Maße Politik gemacht. Herr Erdogan setzt ganz bewusst in seiner Rethorik auf diesen jugendlichen, rebellischen Ansatz der den Aufbruch in eine neue bessere Zukunft verspricht die auf scheinbar gelebten Werten und Traditionen gründet. Die natürlichen den Werten des bösen Westen widersprechen müssen….dies ist ein sehr gefährliche Mischung, die Brandstifter auf allen Seiten perfekt benutzen können….wie man gerade an Pegida sehen kann….

Arnold Voss
Arnold Voss
10 Jahre zuvor

Ich glaube nicht, dass die Anzahl der jugendlichen Salafisten in Deutschland es erlaubt, von einer Jugend b e w e g u n g im bislang bekannten Sinne zu sprechen. Auch weltweit ist die die Anzahl junger Salafisten im Verhältnis zur restlichen Jugend dieser Welt so verschwindend klein, das eine solche soziokulturelle Kategoriesierung mir sehr gewagt erscheint. Man sollte die Anzahl dieser Menschen nicht mit ihrer medialen Wirkung verwechseln.

WALTER Stach
WALTER Stach
10 Jahre zuvor

Ohne sozialwisssenschaftlichen Hintergrund, nur gestützt auf das eigene (Er-)Leben als Jugendlicher.

Aufgrund der sozialen Situation meiner Eltern und meiner dadurch geprägten Sozialisierung, aber auch aufgrund persönlicher Kontakte zu besonders selbstbewußten, streitbaren älteren Menschen, die sich meistens gegen die „herrschende Meinung“ positionierten -verbal, nonverbal-, und zwar aus ganz unterschiedlichen Schichten der Bevölkerung (kath..Priester, ehemalige KZ-Insassen, aber auch aus den engsten Familienkreis -Gewerkschafter, Sozialdemokraten, Kommunisten) war ich als junger Mann „im Prinzip und zunächst einmal“ gegen Alles, was die große Mehrheit für richtig und geboten hielt. Das habe ich dann verbal und nonverbal unmißverständlich geäußert, manchmal so, daß ich mich heute frage, wie “ verrückt“ idh damals war oder zumindest für wie verrückt mich Andere gehalten haben müssen.

Erfreulich für mich, für meine Umgebung, daß diese Zeit, dieser Zustand ohne nennenswerten Schaden für mich, für Dritte überstanden wurde.
Wenn jugendliche Muslime sich heute in Deutschland ähnlich verhalten, kann ich also das, was dazu der Gastautor erklärend anmerkt, aus eigenem (Er-)Leben nachvollziehen. Das geht einher mit der Hoffnung, daß das Denken und Fühlen der jungen Salafisten sich alsbald mit dem Älterwerden so ändern wird wie sich seinereit „alsbald“ mein Denken, Fühlen und Verhalten geändert hat und sie dann so wie ich feststellen können, daß sie keinen nennenswerten Schaden sich selbst und Dritten gegenüber angerichtet haben. Die Gesellschaft kann versuchen, auf die jungen Menschen, hier auf jungen Salafisten einzuwirken, um sie von ihrem radikalen und für sich, für ihre Religion, für die Gesellschaft problematischen, ja gefählikchen Weg abzubringen.Ene Garantie , das das gelingt, gibt es nicht.

Norbert
Norbert
10 Jahre zuvor

Danke für den Artikel!

Nansy
Nansy
10 Jahre zuvor

Ja – alles hängt mit allem zusammen und beeinflusst sich gegenseitig! Und irgendwie hilft mir dieser Beitrag bei der Erklärung dieser Ideologie auch nicht weiter. Simplifizierungen sind wohl kaum hilfreich – ein Problem zu zerreden aber auch nicht…

TTrytofitin
TTrytofitin
9 Jahre zuvor

Einerseits ist die These es würde sich beim Salafismus um eine Art von Jugendkultur handeln, nicht sonderlich orginell und erreicht schon fast die Relativierungsversuche extrem rechter Biographien und zweitens hier und an anderer Stelle von Herrn Al-Mafaalani von seiner Kollegin, der Ethnologin, Susanne Schröter (u.a. in der Frankfurter Rundschau nachzulesen – googlen hätte da genügt) geklaut, die jenes schon zum Kolloquiums-Thema am Frankfurter Institut für Post-Colonial Studies verniedlicht hat. Diese Art von akademischen Zirkeltraining, auch wenn hier schon Punk nur noch auf Provokation heruntergebrochen wurde, halte ich für eine sehr unprofessionelle Haltung und auch noch einer populistischen Natur.

Zu anderen, ist die These schon durch einen einfach Umkehrschluss problematisierbar, wenn Jugendliche durch die spezifische Lebensphase deliquent werden, scheinen sich einige zumindestens ein wenig Rest-Vernunft zu wahren, in dem sie bestenfalls sich selbst hässlich machen und nicht versuchen die Gesellschaft in ein möglichst hässlichestes zu verkehren.

Hier deutet Herr Al-Mafaalani es nur an, anderer Stellen (im Interview mit der Süddeutschen), so ist die Gleichsetzung von Punk oder anderen provokanten Jugendkulturen prekär – ansonsten reden wir bald wieder über Ultras als IS / Taliban der Stadion (wogegen die Ruhrbarone netterweise ja bereits polemisierten), die frankfurter Gruppe Morgenthau, war zum Glück dazu imstande schönere Worte zu finden:

„Auf die absurde Idee, potentielle Massenmörder mit Leuten zu vergleichen, die alleine deswegen mit islamischem Tugendterror wenig zu schaffen haben, weil sie rotzige Musik hören und am liebsten besoffen sind, und die in der Regel niemandem außer vielleicht der eigenen Gesundheit und den Nerven ihrer Eltern einen Schaden zufügen, kann man nur im bereits fortgeschrittenen Stadium professioneller Verblödung kommen.“

Auch dass Islamismus nur eine Jugenderscheinung darstellt wird von diesen humoristisch aufs Korn genommen z.B. hätte Pierre Vogel (als Salafist) jetzt das Aufnahme-Alter der JuSos bereits weit überschritten, auch wenn diese Jugend mit 35 liberal handhaben. So ist es selbst wenn man Punk wieder eine gesellschaftliche Bedeutung, die der Veränderung, herbeisehnen / wünschen möchte doch spätestens der Vergleich ab dem Punkt zum unsinn verbandt, als dass der Grundsatz von Punk-Rock auf ein lapidares „mach dein Ding“ heruntergebrochen werden kann vielleicht noch mit einem großen „SAUFEN“ und nicht auf ein „zerre Ungläubige in Propagandha Videos und geile dich an deren Todesangst auf“ – der augenscheinliche Imperativ von IS-SympathisantInnen. Wenn man nicht mehr an Wesensunterscheidungen festhalten möchte, dann kann man den Iro auch zur Burka machen, man trifft den Punkt halt nur nicht und bleibt blind in seiner wissenschaftlichen Erkenntnis

„Man muss kein Schwarzseher sein, um zu der Erkenntnis zu gelangen, dass Islamisten gleich welchen Alters keine verlorenen Sensibelchen sind, die aus Langeweile oder Anerkennungsmangel auf Subkultursuche gegangen sind und nur aus purem Zufall in der lokalen Bartträgerbande gelandet sind. Es handelt sich um narzisstisch deformierte Sadisten, deren Destruktivität eine Gefahr für alle darstellt, die als “Ungläubige” identifiziert werden. Wer sich in jungen Jahren nicht von Ryan Gosling oder Scarlett Johansson, sondern von Denis Cuspert aka Abu Talha al-Almani angeilen lässt und beim Anblick von Menschen, die in Todesangst ins Hinrichtungsvideo gezerrt wurden, keinen heftigen Widerwillen verspürt, sondern auf die Idee kommt, den Mördern nachzueifern, ist kein Fall für die Kumpelpädagogik.“

gruppemorgenthau.com/punk-ist-keine-religion/
twitter.com/ttrytofitin

Seyrdengelen
Seyrdengelen
9 Jahre zuvor

Als alles nicht einheit werden stort schon die tierwelt und das ist auch nicht religion diener geworden von darvinozim

Konrad Proll
Konrad Proll
9 Jahre zuvor

Wirklich originell ist die These von der Abgrenzung mittels provozierenden Verhaltens oder Kleidens nicht. Die Provokation ist dort ein bewährtes Mittel, wo die Bereitschaft zu einer tatsächlichen Diskussion überhaupt nicht vorhanden ist und der Provokateur stattdessen durch Verunsicherung oder Schockierung versucht sein Gegenüber zu einer unüberlegten grenzüberschreitenden Handlung oder Äußerung zu bringen. Dazu wird ein Verhalten oder eine Äußerung als unumstößlich gegebene Tatsache hingestellt, die keinerlei Begründung bedarf und daher aus Sicht des Provokateurs universelle Gültigkeit hat.

Diese Erscheinung ist keineswegs nur auf Jugendliche beschränkt. Eine Frau mittleren Alters äußerte sich unvermittelt und ohne jeden Gesprächszusammenhang aber sehr bestimmt: „Über Allah lasse ich nichts kommen“.

Problematisch wird es dort, wo die unbegründete, weil rational nicht begründbare Äußerungen zur gezielten Ausgrenzung bestimmter Bevölkerungsgruppen führt. Gewiss wir Deutsch haben in dieser Hinsicht eine nicht ganz unproblematische Vergangenheit. Derartige Äußerungen würden sehr schnell zu einem Sturm der Entrüstung führen. Dies trifft allerdings nicht auf alle Bevölkerungs-gruppen zu, zumal die Gesellschaft ja (Wulf & co profitieren davon) stetig bunter wird.
So finden bestimmte Personen nichtdeutscher Abstammung großen Beifall, wenn sie (unglücklicherweise) in Deutschland geborenen Menschen, die aufgrund aktueller Ereignisse ihre Angst und Sorge kundtun, pauschal des Rassismus und Ausländerhasses bezichtigt ohne überhaupt zu einer Anhörung ihrer Aussagen bereit zu sein.

Leider lassen sich viele deutsche Politiker, provoziert durch radikale Verhaltensweisen bestimmter Zuwanderungsgruppen, nur zu leicht dazu bewegen jenen das Wort zu reden von denen sie, wenn sie nicht nach ihrem Munde reden, tatsächlich gewaltsame Exzesse erwarten müssten. Und das sind bestimmt nicht jene, die sich in Städten wie Dresden versammeln und Weihnachtslieder singen.

Aimée
Aimée
9 Jahre zuvor

So, nun gibt es das Erklärungsmuster „Salafismus“ als eine Jugendbewegung zu definieren. Schließt dies nun Dschihadisten u.ä. ein? Wie die IS, u.ä. nichts mit dem Islam gemeinsam hat, wird nun versucht „Salafismus“ als eine folkloristische Jugendbewegung darzustellen.
Der Autor setzt nun den „Salafismus“ mit Jugendbewegungen wie Punk, Hip- Hop, etc. gleich, sogar als dynamischste, besser wäre es gewesen auf die Neonaziszene hinzuweisen, die eben ähnliche Merkmale aufweist, z.B. starres Korsett aus Regeln, Tabus und Ängsten, eigenständiges Denken ist verboten, ihre Feindbilder sind identisch (Schwule, Juden, etc.), kurzgefasst: ein zweiteiliges Weltbild und Schwarz-Weiß-Denken!
„National befreiten Zonen“ sehen wir in Ostdeutschland, „islamische Zone“ in Neukölln, in Frankreich herrscht in den Banlieues eine Parallelwelt, die fernab westlicher Werte ist.
Ähnliche wie bei den Neonazis handelt es sich nicht, und da muss man dann wirklich einmal die „Augen“ der Jugendlichen benutzen, um einen „verklärten“ Blick auf das Frühe Mittelalter, ansonsten würden alle Techniken der Moderne verweigert werden, sondern vielmehr um, wie erwähnt ein reduziertes zweiteiliges Weltbild.
Die Mittel der Propaganda, der Kommunikation, etc. sind Zeichen der Moderne und werden benutzt wirksam eingesetzt.
Welchen „politischen, religiösen“ Anspruch hatten denn bisherige Jugendbewegungen, von wem wurden sie finanziert und wer waren ihre Vorbilder?

„Jugendliche neigen dazu, sich von Vorgängergenerationen abzugrenzen. Dabei können extreme Gegenpositionen zutage kommen….“ ,
wie erwähnt trifft dies auf Jugendbewegungen zu, allerdings allein schon die Tatsache „Vorgängergenerationen“ schließt sich aus, da man sich auf die Generation von Mohammed und danach beruft. Man grenzt sich ab, aber das Ziel ist es nicht dem Anderen diese Möglichkeit zu lassen, d.h. dem Anderen wird nicht seine Lebensweise zugestanden, sondern vielmehr wird dies sanktioniert bis hin zum Tod.
Es mag sein, dass sich Frauen aus traditionellen Familien, in denen nur strenge Regeln für diese gelten, sich einer „Bewegung“ (was sie zweifellos ist) anschließen, bei denen extreme Regeln für beide Geschlechter gelten. Allerdings auch hier sind die Regeln für die Frauen immer noch strenger als für Männer, und entsprechen dem Weltbild der Neonazis (Kinder, Küche, Kirche versus Kinder, Küche, Moschee!).
Mir ist es unbegreiflich wie man ein „Kopftuch“ und seine „alltagssprachliche Funktion“ mit einem Iro vergleichen kann, einen Iro (in unterschiedlicher Form) hatten Frauen und Männer, es war weder ein Zeichen „sexuell“ zu reizen, noch sollte dies. Es gab auch keine generellen Zwang überhaupt einen Iro zu haben, etc.pp.
Wenn es nun auf den Kontext ankommt, dann ergibt sich die Frage, warum Salafisten sich selbst permanent provoziert fühlen, angeblich wollen sie nach Aussage des Autors provozieren, also warum bekommen dann Juden mit Kippa ihren Hass zu spüren, „Weihnachtsfeiern“ in Schulen werden boykottiert, u.s.w.?
Die mittlerweile vorherrschende These „Diskriminierung, Ausgrenzung,…“ sind nichts als hilflose Erklärungsversuche, die widerlegt werden durch die „Diskriminierung, Ausgrenzung..“ von Juden, Sinti und Roma und dies u.a. seit tausend Jahren. Aus Täter werden Opfer gemacht bzw. verwenden sie diese Begriffe selbst als Legitimation für das eigene Handeln, wenn der Autor schreibt „Muslime sind die Bösen, solange sie kein Buch gegen den Islam schreiben oder wichtige Geschäftspartner sind….“ dann verkennt er die Tatsache, dass in der islamischen Welt und damit in der Gedankenwelt auch der Salafisten, die Böse immer die Juden sind und die Amerikaner.
Aber auch hier, „Die Welt(politik) steckt in einer Sackgasse“, wieso die Welt, warum macht sich nicht erst einmal die islamische Welt Gedanken um ihr(e) Problem(e), einerseits soll man islamische Geflogenheiten akzeptieren (Steinigung, Auspeitschung, u.s.w.) und Einmischung wird als „Imperialismus“ verstanden, anderseits ist es ein globales, weltpolitisches Problem. Veränderung kann nur stattfinden, gelingen wenn beide Seiten dies wollen und statt „provozierend“ Mißstände anzuprangern, fällt man in „Europa“ ins Frühe Mittelalter zurück.
Die These „Die Muslime innerhalb Europas zu isolieren, war ein zentrales Ziel der internationalen Terrorgruppen.“
Die internationalen Terrorgruppen bestanden und bestehen aus Muslimen (Salafisten) mit heimischen Bezug, d.h. es greift keine fremde Macht an und isoliert, sondern vielmehr findet es durch Mitglieder einer Gesellschaft statt, international sind die Sponsoren, die für die Moscheen, Prediger, Schriften, etc. zahlen. Dies ist dann auch der Unterschied zu den „üblichen“ Jugendbewegungen, die weder fremdgesteuert waren noch finanziell unterstützt wurden, es gab auch keine religiöse Begründung oder Sinnsuche mit Almachtphantasie, außer eben bei der Neonaziszene.

Salafismus als eine „Jugendbewegung“ zu sehen, ist wie die Anschläge auf CH mit „ hat nichts mit dem Islam zu tun“ , eine Ausrede, die sich weder ernsthaft mit den Ursachen beschäftigen will, noch kritisch nach den Hintergründen fragt.

hannes
hannes
9 Jahre zuvor

Salafismus heisst so zu leben wie die ersten Moslems.Salafismus scheint aber ein Problem zu sein.

Wäre es ein Problem wenn Menschen wie die ersten Christen leben würden?So mancher sagt doch da gäbe es keinen Unterschied…

Aimée
Aimée
9 Jahre zuvor

„In Syrien und dem Irak wird der „Westen“ erst richtig aktiv, als Nicht-Muslime bedroht oder ermordet werden. Das kann man je nach Betrachtungsweise interessengeleitete Politik oder strategielosen Aktionismus nennen, aber man darf sich nicht wundern, wenn das als unmoralisch und unglaubwürdig wahrgenommen wird. Die Welt(politik) steckt in einer Sackgasse.“

Unmoralisch bzw. unglaubwürdig, darin dürfte eine Wahrheit in vielerlei Hinsicht sein, besonders die unsere Sicherheitsorgane und der Politik, aber auch Vertreter der islamischen Verbände.
Syrien und Irak versus „Waziristan“, ist schon etwas in Vergessenheit geraten, aber aus Berlin brachen zwischen 2009 – 2010 ein dutzend Männer und mindestens vier junge Frauen dorthin auf, 2009 eine Gruppe aus Hamburg mit mindestens zwei Frauen und davor gab es schon eine Gruppe aus dem Raum Bonn mit mehreren jungen Frauen. Schon damals war die Propaganda für den Dschihad „ein Spaß für die ganze Familie“ ähnlich, wenn auch im Vergleich amateuerhafter als beim IS.
Wo liegen die Anfänge der jetzigen „Revival“Salafistische, -bewegung. 1999, das Islamische Informationszentrum Ulm, die Vorgängervision der „LIES“ Koranverteilung (Denk mal islamisch), den Hassprediger Yehia Yousif (zeitweise Informant des VS), die Verbindungen zur Al-Quds-Moschee in Hamburg, u.s.w. oder liegt es eher an bestimmten Imamen, die ungehindert in Moscheen gegen „Ungläubige“ predigen, die westliche Werte ablehnen, z.B. der Bigamie, Musik, Vollverschleierung, etc.? Die Liste dieser Imame ist lang, kontrolliert wird nichts, es gibt die von Ankara bezahlten DITIB Imame, die vom Verfassungsschutz 😀 überwachten Willi Görüs Imame, Imam ist kein „Titel“, der sich über einen Abschluss oder Studium definiert, d.h. jeder kann, wenn er will! Seit 2006 gibt es die Islamkonferenz, was ist bisher passiert?

„Die Muslime innerhalb Europas zu isolieren, war ein zentrales Ziel der internationalen Terrorgruppen. Diese Strategie war bemerkenswert erfolgreich. Den Nährboden für Radikalisierungsprozesse auszutrocknen, ist eine große Herausforderung.“
Behauptet nun der Autor, dass internationale Terrorgruppen die Muslime innerhalb Europas isolieren, dann wird übersehen, dass die „Gurus“ dieser „Jugendbewegung“ i.d.R. einen deutschen Pass haben (Yousif, Dabbagh, Seyam, etc.) oder deutsche Konvertiten (Vogel, Lau) sind. Das die Türkei durch diverse islamische Verbände Einfluss nimmt, Saudi-Arabien mit der König-Fahd-Akademie, das Internet und Satelittenfernsehen sind ebenfalls keine unerheblichen Faktoren.
Radikalen Muslime, die immer wieder für Gaza i.d.R. randalierend demonstrieren, definieren sich nicht einmal als Salafisten, allerdings die religiösen Bekundungen „Allah Huakbar“ fehlen nicht, wo ist die Grenze zu ziehen?

Es hilft nichts Salafismus als „Jugendbewegung“ zu definieren, radikale Muslime und ihre Anzahl runter zuspielen und dem Tenor der konservativen KRM „hat nichts mit dem Islam..“ zuzustimmen. So überlässt man das Terrain den Falschen und „Perugia“ wird nicht das Ende sein.

Willi
Willi
9 Jahre zuvor

ich bin sozialarbeiter in einem sozialen brennpunkt meiner stadt. unter anderem deshalb wird mein kommentar, nicht vor wortwitz, fachbegriffen und rhetorischen feinheiten strotzen. ich verstehe den artikle wohl auch irgendwie anderst als die zahlreichen kritiker und die anderen.
mein verstehen des artikels (welcher eine BILD.hafte Sprache nutzt) ist eher praktischer statt theoretischer natur. der salafismus wird hier nicht als eine jugendbewegung beschrieben bzw. ich vermute nicht, das dies das ziel des autors ist: salafismus = jugendbewegung.
die aktuellen entwicklungen innerhalb einer relegiösen strömung, haben aber möglicherweise ähnlichkeiten mit den entwicklungen von jugendbewegungen (punks u.a) in einer gesellschaft. und können wir sie dann nicht mit hilfe von konzepten; methoden der jugendarbeit bzw. der sozialen arbeit untersuchen bzw. erkennen und bearbeiten.
ca. 80% der jugendlichen, mit welchen ich beruflich zu tun habe sind muslime. viele dieser jugendlichen lassen sich jetzt einen vollbart wachsen. warum wohl??? viele dieser jugendlichen beten häufiger und suchen auch regelmäßiger die moscheen auf. gerne bezeichnen sie sich selbst auch als schwarzköpfe.
ich vermute das es dem autor um diese entwicklungen geht. also um praktische sozialarbeiterische methoden bzw. eben die entwicklung entsprechender methoden auf lokaler ebene um diesen jugendlichen zu begegnen und nicht um ein global funktionierend theorieansatz mit der überschrift salafismus – eine moderne jugendbewegung; zu entwerfen.
die Idee (so meine vermutung) des autors ist, auf bekannte theorien/ansätze bzw. analysen/untersuchungen der entstehung/entwicklung einzelner jugendbewegungen zurückzugreifen. ich finde den bedanken hilfreich und zielführend. er ist ein neuer baustein in der erklärung/analyse aktueller Entwicklungen. warum sollen konzepte der sozialen Arbeit nur bei der analyse sozialer jugendbewegungen verwendet werden und nicht bei der Analyse radikaler gesellschaftlicher systeme.
genauso ist seine feststellung (nicht neu) das heutzutage „.. drogen so spießig sind wie ein Golf GTI.“ und das jugendliche heute damit niemanden mehr provozieren können -passt. bei uns im viertel haben jugendliche immer versteckt ihren joint geraucht und ihr bier getrunken. (damit es der große bruder nicht sieht, damit der ruf der familie nicht leidet, etc., ) jetzt wird direkt vor der haustür gesoffen und gekifft- keine provokation mehr/ keine abgrenzung zum normalen.
genauso wie es kaum eine provokation mehr in der sprache der jugendlichen gibt. beleidigungen/Respektlosigkeiten sind normal.
all diese dinge, welche besonderst in der muslimisch geprägten EinwandererGesellschaft als gesellschaftlich unerwünscht galten und zu abgrenzungen geführte haben sind verschwunden. sein vergleich von schleier und irokese – als eine rückwärts gerichtet provokation nach innen und außen ist häufig passend (hier-vorort)
wenn ich darüber nachdenke, wie mein kind mich am meisten provozieren/sich am meisten von mir abgrenzen könnte, fallen mir zwei dinge ein.
das Kind wird ein überzeugter nazi oder ein islamistischer nazi kurz gesagt IS.

naja ich werde die entwicklungen auf diesem themengebiet mit interesse weiter verfolgen und bin schon gespannt ob ich mir die welt so gemacht hab – wie sie mir gefällt oder ob den artikel richtig gelesen habe.

Sigrid Herrmann
9 Jahre zuvor

"eine andere Perspektive auf den Salafismus"

Nun ja. "Anders" ist vielleicht selbstempfunden aber die vorgestellten, vereinfachenden (und bequemen!) Thesen sind n.m.M: weder sonderlich weiterführend noch originell.
Diese Perspektive verharmlost und verniedlicht die Wucht des Totalitarismus und man muss sich fragen, ob der Autor mit den Objekten seiner Betrachtungen tatsächlich schon einmal mehr Kontakt hatte als über ein Bild in einem Uni-Seminar (und wenn ja, wie die Jugendlichen selektiert waren, die diese Eindrücke hinterliessen; die Sicht erscheint doch arg blauäugig). Verkannt wird auch die ideologische Unterstützung und Einbindung: Säkulare Eltern mag man damit erschrecken, aber schon in so mancher Moschee gelten die jungen Wilden eher als Personen, die nur ein wenig vom geraden Weg ab sind. Man frage sich nur eines: Als in den 80ern die Sekten junge Menschen abfingen, waren die Zeitungen voll mit Stimmen von Eltern, die offen ihre Kinder zurückwollten oder von der Politik mehr Handlungen. All dies machten sie oft mit Bild und unter zumindest teilweiser Namensnennung. Das sehe ich heute so nicht. Gut, die Ängste der Eltern, mit denen ich spreche, sind noch wesentlich elementarer als damals. Aber das offene Bekenntnis, ja, mein Kind ist betroffen, ja, gebt mir mein Kind zurück, ist doch der ganz spärliche Einzelfall. Die Gesellschaft hat sich verändert, sicher. Manches ist schon sprachlich vermint, man hat kaum Worte in manchen Milieus für das Phänomen.

Zumindest von vielen, mit denen ich offen und ehrlich auf der Straße spreche – anonym! – höre ich sehr oft: Das sind doch nur besonders fromme Brüder, die Salafis (jetzt erst mal nicht die Jihadisten betrachtet). Oft wird schon der Begriff abgelehnt (sprachlich/theologisch tw. zu Recht, aber das ist nun mal der gängige). Und auch die erste Hinwendung zum Glauben, das frömmer werden, wird oft erst einmal positiv gesehen: Der Junge nimmt keine Drogen mehr, betet viel, ist "brav" (in der ersten Zeit). Nein, das Modell Jugendkultur passt einfach nicht, auch wenn wir den Salafismus vor allem bei Jugendlichen sehen wegen äußerer Merkmale. Es gibt aber genügend Personen durchaus im Anzug, die inhaltlich dahinter stehen.

Nachtrag: Ich habe nicht auf das Veröffentlichungs-Datum geachtet (fb-link von Michael Kiefer gefolgt). Seither ist viel passiert. Vielleicht hat der Autor heute ja eine andere Sicht.

John Dean
John Dean
8 Jahre zuvor

Ich habe hier des Öfteren von Kommentatoren gelesen, dass die Thesen des Forschers "nicht originell" seien. Gemeint ist damit: Nur dann, wenn Thesen sehr originell sind, sind sie wahr und mitteilenswert. Und dass dieser Forscher tatsächlich geforscht hat, hier großen Aufwand getrieben hat, mit vielen salafistischen Jugendlichen nicht gesprochen hat:

All das spielt für diese Kommmentatoren keine Rolle. Einfach, weil seine Thesen ja "nicht originell" sind.

OK. Dieser Betrachtungsweise habe ich einiges abgewinnen können. Dann möchte ich diese Kommentatoren allerdings darum bitten, möglichst "originelle" Thesen zu formulieren – und sich selbst als Kommentatoren weniger abgeschmackt und larmoyant zu geben.

Das wäre dann schon einmal ein erster, guter Schritt.

Im Übigen habe ich den Eindruck, dass es viele Menschen mit eingefahrener Denkweise gibt, die gegenüber fremden Gedankengängen – die sie nicht kennen bzw. nicht teilen – eine geradezu beleidigte Reaktion typischerweise zeigen. Dann spüren sie sogleich die Tendenz, den ungeliebten Gedankengang abzuwerten, beispielsweise mit der Formulierung "nicht originell". Das haben sie, auch die AfD-Freunde unter ihnen zum Beispiel, übrigens sehr gemeinsam mit einem typischen Salafisten – die benutzen nur halt andere Worte, um das Ungewohnte, das so schwer ertragbare abzustreifen, z.B. "takfir".

So hat dann halt jeder seine speziellen Diskursmethoden (die im Kern Diskursverweigerungsmethoden sind) – und kann darum darauf verzichten, zu prüfen, ob das vorgebrachte Argument bzw. der daraus abgeleitete Gedankengang zutreffend sein könnte – und bis zu welchem Grad es zutreffend ist.

Mein persönlicher Eindruck im Umgang mit "streng muslimischen" oder auch salafistisch geprägten Jugendlichen ist: Füpr erhebliche Teile dieser Jugendlichen fühlt sich Salafismus und radikaler Islamismus tatsächlich wie Jugendprotest an. Da gibt es in dieser Szene (oft eben eine Jugendszene!) szenetypisches Verhalten – und je besser dieses beherrscht wird, um so eher gehört du dann als Jugendlicher zur "in Group", was konkret zum Beispiel ein Moscheekreis sein kann und die übrigen Kontakte, die du pflegst. Die besonders "Mutigen" (pardon – hier kann ich das nur in Anführungszeichen schreiben) in diesen Szenen werden bewundert – und zwar nicht zuletzt auch wegen ihrem provokativen Auftreten.

Natürlich ist, zum Vergleich, "Rock´n Roll" oder irgendeine andere Jugendbewegung nicht in allen wesentlichen Aspekten ähnlich mit den salafistischen Bewegungen und Sekten unserer Zeit. Und, pardon, ich finde der Begriff "Sekte" bzw. "Jugendsekte" sollte schon etwas stärker betont werden, z.B. wegen dem gezielten Ausschluss von Andersgläubigen (im Prinzip fast die vollständige Restgesellschaft).

Trotzdem finde ich – auch wenn das jetzt vielleicht nicht "sehr originell" wirken mag: Es gibt hier deutliche Züge von Jugendprotest und Jugendbewegung.

Und ja, das kann helfen überhaupt zu verstehen, womit wir es hier zu tun haben – und wie wir dagegen vorgehen können. Eine Antwort darauf ist: Bessere Integration, mehr gesellschaftliche Gerechtigkeit, Bildung, Bildung, Bildung – und mehr Geld für gute Sozialarbeit.

Aber gut: Das ist ja nicht sonderlich originell. Genauso wenig, wie eine weniger oberflächliche Auseinandersetzung mit Fachleuten und Forschern eben "originell" ist.

Aber vielleicht hilfreich.

Franz
Franz
8 Jahre zuvor

"Der Islam gehört zu Deutschland".

Der Satz ist ähnlich mit "Die Selbstverstümmelung gehört zu Deutschland".
Denn: historisch gehört der Islam so wenig zu Deutschland wie die Selbsverstümmelung.
Deutschland ist ein freies Land (Frei für Deutsche, und nicht "frei" im Sinne… Frei für Illegale Einwanderung).

Der in Deutschland rechtens lebende Bürger, geniesst Freiheit. Dies beinhält auch die Freiheit des Deutschen Bürgers "sich selbst zu verstümmeln", oder "dem Islam beizutreten".
Aber zu behaupten, dass "der Islam zu Deutschland gehöre", ist einfach ein Satz der nicht die richtige Balance hat.
Was stark zu Deutschland gehört ist (unter anderem!) die Christliche Tradition und nicht der Islam.

Ich schäme mich für Deutschland, wenn es den Bürgern in einer unverhältnismäßigen Weise verbreitet, dass der Islam zu Deutschland gehöre.
Nein, in der Weise… gehört er nicht zu Deutschland. Statt dessen ist es die Freiheit (der Bürger), die zu Deutschland gehört. Das ist das höhere Gut.
Es ist Blödheit, oder Unverantwortlichkeit, oder geziehlte Manipulation… wenn in einem selektiven Wahn von political correctness… nebensächliche Tatsachen hervorgehoben werden; und den Bürgern untergerieben werden.

Werbung