In Düsseldorf fand am Montag Abend ein Neonaziaufmarsch statt. Alle Bekundungen, es handele sich bei „Dügida“ um den Protest von besorgten Bürgern gegen den Islam helfen nicht, darüber hinweg zu täuschen. Felix Huesmann, Stefan Laurin, Sebastian Weiermann.
Am Anfang war es ein armseliges Häuflein, das sich da am Düsseldorfer Hauptbahnhof versammelt hatte. Kugelschreibertätowierte aus dem Pro NRW-Umfeld, ein paar Fußballschläger und Nazi-Nachwuchs, der versuchte, die Presse zu provozieren. Das Bild des verlorenen Haufens änderte sich, als die Dortmunder Neonazis die Szene betraten. Endgültig war Dügida zu einer normalen Neonazi-Demonstration geworden, die mit den Wutbürgern in Dresden nicht mehr viel gemein hat.
Das liegt vor allem an Melanie Dittmer, der Anmelderin des Aufmarsches. Dittmer blickt auf eine lange Karriere im neonazistischen Milieu zurück und schämt sich dieser auch nicht. Heute ist Dittmer bei der rechtsextremen „Bürgerbewegung“ „Pro NRW“ aktiv. Und so wundert es auch nicht, dass zu Dittmers Aufmarsch vor allem Anhänger von „Pro NRW“ und aus neonazistischen Gruppierungen wie der Partei „Die Rechte“ gekommen sind. Bis zu 300 Mitstreiter konnte Dittmer in Düsseldorf um sich versammeln.
„Lügenpresse halt die Fresse“ rief das kleine Häuflein von rechts, nur um wenige Minuten später eine Schweigeminute für die Opfer des Anschlags auf das französische Satiremagazins „Charlie Hebdo“ durchzuführen. Am Rand des Aufmarsches wurden immer wieder Gegendemonstranten und Passanten als „Hurensöhne“ beschimpft. Insgesamt ein Naziaufmarsch wie aus dem Bilderbuch. Dittmer schwadronierte in ihrer Rede gegen das Freihandelsabkommen TTIP, für den Erhalt der bäuerlichen Landwirtschaft und gegen Zuwanderung – Nazi-Standards, so dumm wie beliebig. Einzig die schwarz-rot-goldenen Fahnen dürften einige aus dem nationalsozialistischen Kern gestört haben.
Der „Dügida“ Aufmarsch musste von mehr als 1000 Polizeibeamten geschützt werden. Rund um den Demonstrationszug hatten sich nämlich etwa 5000 Gegendemonstranten eingefunden. Größtenteils hatte die Polizei die Situation voll im Griff, lediglich an einer Absperrung warfen Gegendemonstranten mit Flaschen in Richtung des Aufmarsches. In dieser Situation wurde auch eine Polizeibeamtin verletzt.
Dügida schafft auch beim gestrigen Anlauf nicht, über das enge, offen rechtsradikale Spektrum hinaus zu wirken. Eine Parallele zu Pro NRW, denen auch niemand abkaufte, einen modernen, demokratischen Konservatismus zu verkörpern. Auf die bürgerliche Rechte wirkte die Dittmer-Truppe schlicht ekelerregend und abschreckend und daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Düsseldorf wird in den kommenden Wochen nicht der Schauplatz von Pegida-Kundgebungen sein, sondern von Neo-Nazis Demonstrationen.
Von unschönen Szenen am späten Montagabend, im Hauptbahnhof Düsseldorf, berichtet uns Daniel Düngel, Landtagsabgeordneter der Piratenpartei:
Zum Ende der #dügida-Versammlung befanden sich etwa 150 Gegendemonstranten im Düsseldorfer Hauptbahnhof. Vor dem Bahnhof noch etwa weitere 1000. Die ankommenden Rechten wurden sofort von der Polizei in den Bahnhof begleitet ohne die Situation im Bahnhof unter Kontrolle zu haben. Es gab Provokationen von beiden Seiten, nahe des Eingangs ist es auch zu einem Schlagabtausch gekommen. Die Polizei ging darauf von drei Seiten auf die Antifaschisten los und setzte Schlagstöcke und Pfefferspray ein. Zum Ausgang ziehende Menschen wurden zurück gedrängt, obwohl sie teilweise Pfefferspray abbekommen haben und einfach nur an die Luft wollten. Im Bahnhof wurde weiter massiv auf die Antifaschisten eingeprügelt, mehrere Demoteilnehmer wurden aus der Masse gezogen und in Gewahrsam genommen. Der Hbf blieb ca. zwanzig bis dreißig Minuten abgeriegelt. Nach ca. zwanzig Minuten durften die noch im Bahnhof befindlichen einzeln den Bahnhof verlassen… Persönliches Statement: Bedenklich, dass in Düsseldorf wenige Rechte marschieren durften, 5000 Antifaschisten aber an der Teilnahme an ihren Veranstaltungen behindert wurden. Bei der Abreise der Nazis hatte die Polizei die Situation dann gar nicht mehr im Griff und völlig überreagiert. Der wahllose Einsatz von Schlagstöcken und Pfefferspray im geschlossenen Raum ist absolut unverantwortlich.
Fotostrecke: Felix Huesmann
Bezüglich der Gewaltausbrüche; die gab es schon im Vorfeld, als einige der Rassisten sich durch fotografierende Demonstranten gestört fühlten und gezielte Faustschläge austeilten. Insgesamt herrschte eine sehr unfriedliche Stimmung.
Ich selbst war bei der Demo um gegen Dügida zu demosntrieren. Ich hatte weder physischen Kontakt mit Polizei, noch mit Dügida Anhängern. War von Anfang bis Ende vor Ort.
Ich denke, wer die physische Konfrontation sucht, dem kann es gelingen. Ich für meinen Teil halte viel vom friedlichen Protest und finde es schade, dass es zu solchen Ausschreitungen gekommen ist. Dafür pauschal der Polizei die Schuld zu geben ist zu einfach und zu einseitig.
In unserem Land hat jeder das Recht, zu demonstrieren, sofern es unter gewissen Bedingungen passiert. Und das ist auch gut so.