Kennen Sie Kibiz? Wenn nicht, das ist Mumpitz!

Kibiz ist das wichtigste Bildungsprogramm der Landesregierung. Dabei geht es um Kindergartenplätze für Unterdreijährige, um Ganztagsbetreuung und andere Projekte, die extrem wichtig sind, um NRW Kinderfreundlicher zu machen – besonders im Ruhrgebiet, wo die Betreuungssituation an vielen Orten katastrophal ist. Im Ansatz also eine sinnvolle Sache, das "Kinderbildungsgesetz". Von August an haben die Eltern die Wahl, wie lange sie ihre Kinder in die Tagesstätte schicken. 25, 35 oder 45 Stunden in der Woche. Auch für Kinder unter 3.

Nur leider ist Kibiz völlig unterfinanziert. Jeder, der Kinder hat, kann das bestätigen. Kindergärten müssen Kleinkinderbetreuung anbieten, haben aber kein Geld für die Bettchen, wo die Kurzen ihren Mittagsschlaf machen könnten. Die Bereuungsstunden werden zusammengekürzt, wo und wie es passt.

Auch Minister Laschet bestätigt jetzt, dass Kibiz teurer wird als geplant. Weil Eltern oft längere Betreuungszeiten gewählt hätten und auch mehr Kinder als erwartet angemeldet hätten, würden in diesem Jahr rund 50 Millionen Euro zusätzlich gebraucht. Auf die Kommunen kämen Zusatzkosten in nochmal der gleichen Höhe zu. Die Gesamtausgaben des Landes für die Kindergärten könnten in diesem Jahr erstmals auf mehr als eine Milliarde Euro steigen.

Britta Altenkamp, die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, sagt deshalb zu recht, dass es an Dreistigkeit nicht zu überbieten sei, wenn der zuständige Minister Armin Laschet das Kibiz als Erfolg feiert, ohne dabei zu erläutern, wie er den Mangel ausgleichen will. Nach Ansicht von Altenkamp könne von einer besseren Umsetzung des Elternwillens überhaupt keine Rede sein, weil mit den Eltern überhaupt noch keine Betreuungsverträge abgeschlossen werden durften.

Wir haben auch Kinder. Und wir erleben gerade genau diese Hänge-Nummer.Wir wissen nicht, wie unser kleiner Junge ab Sommer betreut wird. Es heißt: Wird schon irgendwie. Und wir müssen uns darauf verlassen. Das macht mürbe.

Das Problem ist klar. Das Land und Minister Laschet haben sich total verschätzt. Vor allem für Kinder unter drei Jahren haben sie längere Betreuungszeiten gebucht als vorausgesagt. So hatte Laschet gehofft, dass nur 20 Prozent der Eltern einen Krippenplatz für 45 Stunden wollten. Tatsächlich haben aber 77 Prozent sich für diese Stufe gemeldet.

Auch bei den klassischen Kindergartenplätzen ist der Zeitbedarf höher als angenommen. Das Ministerium war davon ausgegangen, dass für 40 Prozent der Kinder eine Betreuungszeit von 25 Stunden in der Woche ausreicht. Aber nur 10 Prozent der Eltern haben sich für diese Stufe entschieden. Die längste Betreuungszeit von 45 Wochenstunden haben dagegen statt der erwarteten 20 Prozent rund 30 Prozent gewählt. Laschet versicherte nun, das alle Jugendämter das beantragte Geld bekämen. "Unser Versprechen, die Wünsche der Eltern zu berücksichtigen, lösen wir ein." Nur für eine Nachmeldung der Stadt Köln für 1500 Plätze gebe es kein Geld.

Die große Nachfrage der Eltern zeige, dass das neue Kinderbildungsgesetz ein voller Erfolg sei, meinte der Minister. Die Sprachförderung in den Tagesstätten habe wohl auch zum Anstieg der Anmeldezahlen um gut 20 000 auf 540 000 geführt. Auch die Anmeldung von behinderten Kindern für integrative Tagesstätten habe deutlich zugenommen. So kann man sich auch einen Reinfall schön reden.

Nach Ansicht von SPD-Politikerin Altenkamp sind die Aussagen des zuständigen Ministers zum Haushalt 2008 schlicht  falsch. Im Vergleich zu 2005 betrage die Erhöhung nur 29 Millionen Euro, weil in den Haushaltsjahren 2006 und 2007 kräftig gespart worden sei. Altenkamp: "Die Wahrheit über das KiBiz ist, dass der Ausbau an Plätzen auf Kosten der Qualität erfolgt." Die Folge seien fehlende Übergangsregelungen für die Einrichtungen, die ungeklärte Zukunft der Ergänzungskräfte, das Angebot atypischer Betreuungszeiten. "Für die Träger sind das wichtige Fragen, zu denen der Minister heute geschwiegen hat. Gleiches gilt für die unterschiedlichen Kita-Beiträge. Der Minister sagt nichts dazu, weil mit dem Kibiz die Schere zwischen Arm und Reich immer größer wird."

"Kibiz ist eben Mumpitz", urteilt Altenkamp.

 

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Claudia
16 Jahre zuvor

Aus eigener Erfahrung (Erste Tochter im KiGa bis Sommer, zweite Tochter ab Sommer, Freunde im gleichen Alter in verschiedenen Kindergärten/KiTas) ein paar Beispiele, warum das oben beschriebene absehbar war:

Flugblatt CDU: „Die Wahlfreiheit der Eltern wird durch
ein flexibles und bedarfsgerechtes Angebot von
25, 35 oder 45 Stunden gestärkt.“

Tatsächlich: Alle Kindergärten/Kitas im Ortsteil bieten überhaupt keine 25-Stunden-Plätze an. 35 Stunden kann man im nächstgelegenen Kindergarten nur buchen von 7 bis 14 Uhr, NICHT von 8:30 bis 15:30 Uhr. Da viele Mütter mit Halbtags-Arbeitsplatz mit der (bei uns strikt gehandhabten) 14 Uhr-Abhol-Regel Probleme bekommen, müssen sie versuchen, einen 16Uhr-Platz (=45 Stunden) zu bekommen – auch, wenn sie effektiv davon nur 35 Stunden nutzen.

Flugblatt CDU: „Das Betreuungsangebot für unter dreijährige Kinder wird massiv ausgebaut.“

Tatsächlich: Da der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz immer noch nur ab drei Jahren gilt, haben einige Kindergärten – so zum Beispiel unserer – gar keine Betriebserlaubnis für unter dreijährige bekommen. Und dabei stehen etliche Kinder unter drei auf der Warteliste! Und die Bundemittel für Aus-/Umbau der Tageseinrichtungen bekommen nur solche, die auch U3-Kinder haben. Ärgerlich. Das Geld ist da, der Bedarf ist da und der Kindergarten darf nicht.

Flugblatt CDU: ?Mit dem neuen Gesetz wird die Förderung und Erziehung individueller, bedarfs- und kindgerechter.?

Tatsächlich: Es gibt zwar Kindpauschalen für die Betreuung, aber kein Geld für einen Zuschuss zur Verpflegung. Deshalb KÖNNEN DIE KITAS DEN KINDERN MIT 35-STUNDEN-BUCHUNG AB SOMMER KEIN MITTAGESSEN MEHR ANBIETEN.
So zumindest ist es bei den KiTas/Kindergärten hier vor Ort. Viele Eltern haben aber erkannt, wie wichtig es für die Kinder ist, gesunde, abwechslungsreiche Speisen kennenzulernen und in Gemeinschaft zu Essen. Daher buchen sie das 45-Stunden-Angebot, damit ihre Kinder am Essen teilnehmen können ? auch, wenn sie sie danach um 14 Uhr abholen!

KiBiz ist absoluter Mumpitz!

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16 Jahre zuvor

KiBiz – Kinderbetreuung in besonders irrationalem Zustand…

Das KiBiz ist mal wieder Thema in NRW. Und endlich ist das Thema auch im politischen Blog angekommen – vielleicht auch nur, weil einer der Autoren jetzt auch ein Bald-Kindergarten-Kind hat. Ansonsten scheint das Thema die bekannten Ruhr- und NRW-Blogge…

Jens
Jens
16 Jahre zuvor

Das KiBiz ein Mumpitz ist, das ist ja (leider) nichts neues, nur zeigt es sich jetzt ganz besonders.

Ich frage mich auch, woher man solche Schätzungen wie „20% wollen das“ hat. Hat man da gewürfelt?

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16 Jahre zuvor

Pot(t)pourri (58)…

Potpourri, frz.: Allerlei, kunterbunte Mischung
Pot(t)pourri, dt.: Kurze vermischte Beiträge im Pottblog
***
Über die Ruhrbarone bin ich auf diesen Eintrag bei bo-alternativ.de aufmerksam geworden:
Demnach haben die Ruhr Nachrichten zwei lang…

David
16 Jahre zuvor

@ Jens
gewürfelt ist gut. Die haben eine Studie bezahlt. Und die haben gewürfelt. 🙂

@ Claudia.
Du hast recht. Das Thema kommt mit der Betroffenheit. Und ich finde, die von Kibiz Betroffenen sollten sich jetzt mehr äußern!! Ich will weiter dazu schreiben!!

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