Offene Fragen an den Uhlenberg-Untersuchungsausschuss

Foto: Umweltministerium / Uhlenberg steht links

Spitzenbeamte des Umweltministerium NRW sahen die Belastungszeugin im Fall Harald F. „teilweise als eine Art agent provocateur“. Trotzdem wurden drei Anzeigen gestellt. Wer hatte dafür die politische Verantwortung?

Wenn am Montag die Anhörungen im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum möglichen Machtmissbrauch von NRW-Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) beginnen, werden die Abgeordneten versuchen, Licht eine düstere Affäre zu bringen. Sie werden sich mit dem Strafverfahren gegen den ehemaligen Abteilungsleiter des Umweltministeriums Harald F. befassen, sie werden von einer dubiosen Zeugin hören und von einem großen Lauschangriff.

Früh kam der Verdacht auf, die Verfolgung von Harald F. basiere auf politischem Druck. Der Beschuldigte gilt als einer der wichtigsten Kritiker von Minister Uhlenberg im PFT-Skandal, zudem ist er als grünes Parteimitglied ein Vertrauter von Ex-Ministerin Bärbel Höhn (Grüne). Im Mai 2008 wurde das Haus von Harald F. durchsucht, er selbst wurde als angeblicher Kopf einer kriminellen Bande für mehrere Wochen eingesperrt. Mittlerweile wurden alle Vorwürfe aus dem Haftbefehl fallen gelassen. Lediglich in zwei Randaspekten wird derzeit noch ermittelt. Aber auch hier steht eine Einstellung der Verfahren nach Informationen aus dem NRW-Justizministerium bevor.

Tatsächlich gibt es genügend Gründe, nach einer politischen Motivation zu fragen. Selbst in Reihen des Umweltministeriums wurde die Rolle der Hauptbelastungszeugin Dorothea Delpino nicht unkritisch gesehen. Schon Wochen bevor überhaupt Anzeigen beim Landeskriminalamt (LKA) gestellt wurden, beschäftigten sich Spitzenbeamte von Minister Uhlenberg mit der Motivation der Zeugin. In einem internen Bericht an Umweltstaatssekretär Alexander Schink (CDU) wird detailliert ausgeführt, wie Delpino Akten im ganzen Haus zusammenträg, Spittzelberichte schreibt und den damaligen Abteilungsleiter beschuldigt. Gleichzeitig wird notiert, dass Delpino eine Beförderung im Ministerium verweigert worden sei, die Zeugin aber wegen des anstehenden Angriffs auf den Abteilungsleiter auf eine Klage gegen das Uhlenberg-Haus verzichte. Als Motivation für ihre Beschuldigungen gab Delpino an, sie wolle was gegen Mobbing durch den Abteilungsleiter tun. „Sie könne das nicht mehr mit ihrem Gewissen vereinbaren.“ Zudem heißt es, es müsse damit gerechnet werden, dass die Aussagen von Delpino angegriffen würden, weil diese „persönliche Motive für die Diskreditierung“ des Beschuldigten habe. Und weiter: „Bei Durchsicht der Unterlagen der Zeugin zeigt sich, dass die Zeugin teilweise als eine Art agent provocateur handelte.“

Trotz dieser Erkenntnisse erstatte Umweltstaatssekretär Schink vor allem auf Basis der Beschuldigungen von Delpino im Juli 2006 gleich drei Anzeigen gegen Harald F. wegen des Verdachts auf Korruption und Geheimnisverrat, wie Unterlagen des LKA belegen. Hat Schink das auf eigene Rechnung getan? Oder in Abstimmung mit seinem Minister Uhlenberg? Eine Antwort wird der Untersuchungsausschuss finden müssen.

Auch im Landeskriminalamt gab es früh Zweifel, ob die Zeugin Delpino ausreicht, ein großes Verfahren anzustrengen. Vor allem die Recherchen des Leiters der Ermittlungskommission (EK) „Stuhl“ Eckhard Lech auf Basis der Zeugin wurden hinterfragt. Ihm selbst war früh die politische Dimension des Verfahrens bewusst. In einem internen Vermerk vom 5. März 2007 gibt Lech zu, dass bei seinen Recherchen „aufgrund der Fachlichkeit eine Abhängigkeit vom MUNLV besteht“. Gleichzeitig merkte Lech an, dass im Ministerium während eines arbeitsrechtlichen Verfahrens gegen Harald F. „alles zusammengesucht wurde, um Herrn Dr. F. arbeits- und strafrechtlich zu belasten.“ Dies könne dazu führen, dass die Aussagen von Mitarbeitern des Ministeriums öffentlich angezweifelt würden. Es „muss zumindest bedacht werden, dass ggf. versucht wird, die Ermittlungen politisch zu instrumentalisieren.“

Warum wurden diese Bedenken nicht gehört? Gab es politischen Druck? Fakt ist: Trotz der unsicheren Basis trieb das LKA die Verfolgung des Ex-Abteilungsleiter energisch voran. In einem großen Lauschangriff wurden nicht nur politische Gespräche des Landtagsabgeordneten Johannes Remmel (Grüne) abgehört, sondern nahezu wahllos jedes Telefonat, das auf einen betroffenen Anschluss auflief. Dabei wurden keine Terroristen belauscht, sondern die Anschlüsse von Professoren, Firmeninhabern und Institutsleitern. Mir liegen Unterlagen über ein mitgeschnittenes Gespräch zwischen der Frau des Beschuldigten D. mit ihrem Priester in Dortmund vor. Die Frau des Beschuldigten B. wurde bei einem Gespräch mit ihrem Arzt belauscht. Und das Telefon des erwachsenen Sohnes eines weiteren Beschuldigten wurde abgehört, weil das LKA damit rechnete, der Vater könne den Anschluss nutzen.

Gegen nahezu alle Beschuldigten wurden bereits die Verfahren eingestellt, weil keine Schuld nachweisbar war. Die aufgezeichneten Gespräche, so heißt es, seien vernichtet.

Der Untersuchungsausschuss wird klären müssen, wer die politische Verantwortung für die offenen Fragen übernehmen muss.

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Juergen Dressler
Juergen Dressler
15 Jahre zuvor

Zu dem hier in Rede stehenden Sachverhalt kann ich keinen Kommentar abgeben. Aber wer den Anschein hat, die politischen und fachlichen Fähigkeiten von Harald F.
seien unstrittig, sollte sich mit seinem unrühmlichen Abgang als Umweltdezernent des Main-Kinzig-Kreises beschäftigen. Dort waren die Ungereimtheiten seines Tuns so eklatant auffällig, daß sogar seine eigenen Parteimitglieder an ihm zweifelten. Ich war zu dieser Zeit Stadtrat in Hanau, einer Gemeinede des besagten Kreises, und sehr oft über die besonderen „fachlichen Auffälligkeiten“ des Umweltdezernenten F. verwundert.

Matthias Schulte-Huermann
15 Jahre zuvor

Interessant daran ist zudem , dass die Art und Weise des Dr Harald F. zu einer Spaltung des grünen Kreisverbandes HSK geführt hat. 2 von 4 der damaligen grünen Kreistagsabgeordneten fanden es unerträglich wie er versuchte die grüne Kreistagsfraktion davon abzubringen nach den Ursachen im PFT- skandal zu suchen. Mag sein, das wir nur Opfer seiner *übergeordneten Ziele* wurden und eine den *Interessen der großen Gemeinschaft* (Zitat aus dem Kopf von HF) nicht förderliche Rolle spielten. Mag aber auch sein das unser Gespür richtig war, was uns veranlasste uns von der durch ihn dominierten Politik zu verabschieden.
We will see!

Matthias Schulte- Huermann

Matthias Schulte-Huermann
15 Jahre zuvor

Hallo David Schraven,

Ich hab da kein Problem damit das der Sachverhalt aufgeklärt wird und stimme vollkommen damit überein, das es auch nicht ansatzweise sein darf das ein Ministerium die Staatsanwaltschaft instrumentalisiert um einen Kritiker mundtot zu machen. Ich wundere mich bisher warum in der ganzen Sache noch nicht lauthals der Rücktritt Uhlernbergs gefordert wurde. Das hätte spätestens bei der Abhörung von Remmel und der Inhaftierung von HF kommen müssen.
Allerdings bleibe ich auch dabei, das ich aus meinen Erfahrungen die *wissenschaftliche* Rolle von Dr. HF nicht so unumstritten teile wie sie das machen. Er war zuständig im Höhnministerium für die Giftströme in NRW. Es gabe schon damals Untersuchengen über PFT und seine Auswirkungen. Es bleibt für mich dabei die Frage warum er die kleine grüne Kreistagsfraktion im HSK dafür benutzen wollte einen Angriff gegen das Umweltministerium zu fahren und keine Diskussion über die Ursachen der PFT vergiftung zulassen wollte.

Mfg

Matthias Schulte- Huermann

Kassandra
Kassandra
15 Jahre zuvor

Herr Schraven hat Recht. Es kommt nicht darauf an, dass Herr Dr. F in seiner Zeit als Abteilungsleiter in der Abteilung IV Spielchen auf Kosten der Nerven vieler Mitarbeiter gemacht hat. Fakt ist, dass Herr Dr. F aufgrund von wahllos gesammelten Geruechten zweier hemmungloser karrieresuechtigen Mitarbeiterinnen von Herrn Minister Uhlenberg und seinem Adlatus Dr. Schink bewusst in den Knast geschickt geschickt worden ist. Als Mitarbeiterin des MUNLV ist es geradezu abstossend zu sehen, dass neben der politischen Hausspitze alle beteiligten Juristen der Personalabteilung in einer unheiligen Allianz dieses boesartige Spiel zu Lasten von Herrn Dr. F. in allen Stufen aktiv durchgezogen haben. Keine Remonstration erfolgte von den Kolleginnen und Kollegen der Personalabteilung, obwohl allen bewusst war, dass sie rechtswidrig handelten. Insbesondere der Justitiar hatte ja auch noch eine persoenliche Rechnung mit Herrn Dr. F. offen, da er, bevor er Justitiar geworden ist, in der Abteilung IV den Launen von Herrn Dr. F. ausgesetzt war. Und persoenliche Demuetigungen haben eine lange Halbwertszeit.

Ich moechte auch noch einmal daran erinnern, dass man Herrn Dr. F zu Recht (Anmerkung David Schraven, Herr F. bestreitet das, ausreichende Beweise wurden bis jetzt nicht vorgelegt. Das Verfahren wurde eingestellt. Ich wäre mit so einer Behauptung vorsichtig) vorgeworfen hat, dass er das Einstellungsverfahren von Frau Delpino manipuliert habe. Dies wurde auch von Frau Delpino als Beguenstigte des Einstellungsbetrugs in dem arbeitsgerichtlichen Verfahren bestaetigt. Aber was waren denn die Konsequenzen von Herrn Uhlenberg und Herrn Dr. Schink im Hinblick auf Frau Delpino ? Frau Delpino wurde von den beiden Herren befoerdert. Denn man brauchte sie als weitere inoffizielle Mitarbeiterin in einem politische motivierten Rachfeldzug gegen Herrn Dr. F.

Max Liebermann hat mal geschrieben, dass man gar nicht so viel fressen koenne, wie man k… koenne. Recht hat der Mann gehabt. Dieses Schmierenstueck sollte aber nicht ohne eine gewisse Reinigung beendet werden. Herrn Uhlenberg und Herr Dr. Schink muessen von ihren Aemtern zuruecktreten, und zwar sofort, um die politische Kultur in NRW nicht ganz verdorren zu lassen. Mal schauen, ob die beiden Herren dem Recht und Gesetz diese Bringschuld zu leisten im Stande sind. Dann haetten Sie wenigstens einmal richtig gehandelt.

Jens
Jens
15 Jahre zuvor

Schulte-Huermann:
Der Rücktritt von Pannen-Ulle wurde schon mehrfach gefordert. Nur heutzutage tritt man ja nicht mehr so schnell zurück. Früher reichte eine falsche pfiffige Idee, jetzt muss da anscheinend schon ein Kapitalverbrechen dazu kommen…

Matthias Schulte-Huermann
15 Jahre zuvor

Klaro da bin ich immer noch Ihrer Meinung, also der Rücktritt Uhlenbergs scheint überfällig. Nur in 2 Punkten möchte ich differenzieren:

a) Ich habe keinen persönlichen Feldzug gegen Dr. HF. Wir wollten nur unabhängig vor Ort unsere Arbeit machen.
b)Machtmißbrauch: Wodurch mißbrauche ich meine Macht?
Dazu würde ich schon ganz gerne eine klare Aussage haben wie sie das meinen.
Wenn Wissenschaft gepaart mit Macht einhergeht, was soll da ein kleiner grüner Kreistagsabgeordneter machen? Was glauben Sie denn wie eine Abstimmung innerhalb der grünen Kreistagsfraktion abläuft wenn plötzlich in den Hinterwald der ehemalige Alleswisser von Bärbel Höhn reinschneit und den Leuten verklickert was Sache ist.
Ich habe mich daraus sofort verabschiedet, als ich merkte was da läuft: Da sind doch die Grünen genauso Obrigkeitshörig wie alle anderen auch. Wenn nicht sogar (auf Grund der Machtkonstellation) noch mehr.

Grüße

Matthias Schulte- Huermann

Gabi
Gabi
15 Jahre zuvor

Ein in diesem Zusammenhang interessanter Rückblick auf das Geschehen während einer Landesdelegiertenkonferenz der NRW-Grünen im Frühjahr 2008:

„Grüne Landesdelegiertenkonferenz lehnt Antrag zum PFT-Untersuchungsausschuss ab

Zusammen mit Mitgliedern der Grünen aus anderen Kreisverbänden hatten 15 Mitglieder des Grünen Kreisverbandes Hochsauerland einen Antrag für die LDK in Hamm eingebracht. Darin sollte die Grüne Landtagsfraktion aufgefordert werden, im Landtag die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses zu fordern, der die Ursachen des PFT-Skandals und insbesondere auch dafür mitverantwortliche Pannen bei Landesbehörden aufklärt.

Während der LDK wurde jedoch von führenden Mitgliedern der letzten Grünen Landtagsfraktion ein ?Gegenantrag? eingebracht. Er enthält in den Abschnitten I. – III. völllig berechtigte Kritik an den Informationspannen des jetzigen Umweltministers Uhlenberg, die einen eigenen Antrag Wert sind; dagegen haben wir keine Bedenken.

Der Abschnitt IV. befaßt sich mit dem Thema Untersuchungsausschuß. Dessen Formulierungen bedürfen allerdings genauerer Betrachtung, denn darin sind zwei Schlüsselsätze enthalten:

?Die GRÜNEN haben bislang alle parlamentarischen Instrumente, die sie alleine, ohne weitere politische Unterstützung nutzen können, vielfältig eingesetzt.?
Damit wird indirekt zugegeben, daß die Grüne Landtagsfraktion keinen Untersuchungs-Ausschuß beantragt hat, denn für die Annahme des Antrags ist die Zustimmung einer weiteren Fraktion notwendig!

?Die LDK fordert die CDU, SPD und FDP im Landtag auf, falls die offenen Fragen nicht geklärt werden, den Weg für einen Untersuchungsausschuss freizumachen.?
Bevor die anderen Fraktionen ?den Weg freimachen? können, müßte erst mal eine Fraktion den Untersuchungsausschuß beantragen. Solange das nicht erfolgt, geht diese Forderung ins Leere ?

Es scheint also, daß in allen 4 Landtagsfraktionen Interesse daran besteht, den PFT-Untersuchungsausschuß zu verhindern. Denn 2 Fraktionen saßen bis 2005 in der Landesregierung, die anderen 2 ab 2005 ?

Über die beiden Anträge wurde alternativ abgestimmt; unser Antrag fand keine Mehrheit.“

Gabi
Gabi
15 Jahre zuvor

Es geht mir nicht im geringsten um ?interne Befindlichkeiten im Hochsauerland?. Das Thema ist schon lange gegessen.

Nein, mir geht es um die Frage, ob ein PFT-Untersuchungsausschuss Dinge ans Tageslicht bringen könnte, über die von vielen direkt oder indirekt am PFT-Debakel Beteiligten der Mantel des Schweigens gehüllt wird. Lediglich einen Harald-F.-Untersuchungsausschuss zu installieren, greift meiner Meinung nach zu kurz.

Kann sein, dass es für einige noch andere Gründe gab, mit H.F. so zu verfahren, wie mit ihm verfahren worden ist. Trotzdem glaube ich, ?PFT? ist das Schlüsselwort. Auf jeden Fall steht die Affäre H.F. im ZUSAMMENHANG mit PFT, so oder so. Darum muss meiner Meinung nach tiefer geschürft werden.

Misstrauisch macht mich, dass ein PFT-Untersuchungsausschuss von allen Landtagsfraktionen gemeinsam verhindert wurde? Lediglich der fraktionslose Abgeordnete Rüdiger Sagel sprach sich im Landtag für die Einsetzung des Ausschusses aus. Dafür wurde er an Ort und Stelle von allen Seiten niedergeprügelt. Da stellt man sich doch unweigerlich die Frage, warum die lückenlose Aufklärung eines großen Umweltskandals im Landtag bei CDU, SPD, FDP und Grünen so unerwünscht ist.

Wer hat Interesse daran, dass Gründe und Hintergründe nicht aufgedeckt werden?

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[…] Ich kann es gar nicht oft genug sagen. In dem großen Lauschangriff rund um Harald F. wurden ni… […]

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