Schach ist nicht überall auf der Welt ein beliebter und intellektuell reizvoller Zeitvertreib. Der Großmufti von Saudi-Arabien will zum Beispiel Schach verbieten lassen. Fromme Muslime könnten durch das Spiel von ihren Gebeten abgelenkt werden, was sicher ein hohes Risiko ist. Auf der Vollversammlung der Uni Hannover tauchte vor ein paar Tagen ein Antrag auf: Zwei Studenten wollten das Schachspielen an der Uni verbieten lassen. Ein ironischer Scherz oder dumme Wirklichkeit?
Antrag an die studentische Vollversammlung am 16.11.2016 Antragssteller*: Markus Erhardt (Pflanzenbiotechnologie) und Oliver Till (Master Lehramt Ma/Ch) Die studentische Vollversammlung möge beschließen:
Das Schachspiel ist auf dem gesamten Gelände der Leibniz Universität Hannover ausnahmslos verboten. Alle Studierenden* sind dazu aufgefordert dafür zu sorgen, dass Zuwiderhandelnde* weinend das Gelände verlassen. Begründung:
1. Cultural Appropriation (kulturelle Aneignung) Bei dem Schachspiel handelt es sich um ein Produkt kultureller Aneignung aus dem persischen Kulturraum. Das Spiel wird dadurch aus seinem sozio-kulturellen Zusammenhang gerissen und völlig verfremdet.
2. Rassismus Im Schach existieren nur zwei, jeweils in sich homogene, Gruppen von Spielfigur*innen, die sich lediglich durch ihre Färbung unterscheiden. Die Vernichtung der jeweils anderen Gruppe* als einzige Siegmöglickeit ist eine starke Parallele zu rassistischen und anderen menschenfeindlichen Ideologien.
3. Sexismus und patriarchale Strukturen Die Figur/innenkonstellation*, bzw. FigurInnenkonstellation* ist im Schach nicht quotiert. Es existiert lediglich eine weibliche* Figur, die den König beschützen muss und im Gegensatz zu diesem geschlagen werden kann. Insofern ist weder ein zahlenmäßiges noch ein rechtliches Gleichgewicht zwischen den angeblich einzigen beiden existierenden Geschlechtern gegeben.
4. Gewaltverherrlichung / Förderung der gewaltbasierten Konfliktlösung Schach ist ein gewaltbasiertes Spiel, in dem zur Eliminierung gegnerischer Figur_Innen* keine Alternative besteht und das nicht auf eine harmlose Art spielbar ist.
5. Kriegsverharmlosung Beim Schach erleben die SpielerInnen* den Krieg in einer abstrahierten und konsumierbaren Form. Dadurch entsteht ein positiv verzerrtes Bild, welches eine kritische Haltung langfristig erschwert.
6. Förderung des Klassendenkens Die Bauern werden im Schach immer zuerst vorgeschickt und geopfert. Die einzige Möglichkeit zum Aufstieg besteht im Erreichen des gegnerischen Spielfeldrandes. Hierdurch wird der Eindruck vermittelt, dass ein persönlicher und gesellschaftlicher Aufstieg nur durch bedingungslose Aufopferung für das System erreicht werden kann.
7. Stärkung monarchistisch-militaristischer Denkstrukturen Das gesamte Weltbild innerhalb des Schachspiels ist auf eine einzige Person* und deren militärische Erfolge ausgerichtet und nicht auf das höchstmögliche Gemeinwohl. Belange von Benachteiligten oder Minderheiten* sind nicht von Interesse.
8. Förderung eines beschränkten Weltbildes Das Schachspiel findet in einem leicht überschaubaren Rahmen in vorgegebenen Mustern statt. Die Fähigkeit, neue Sachverhalte in das eigene Weltbild zu integrieren und altbekannte Muster zu durchbrechen, wird durch das Schachspiel konsequent abtrainiert.
10. Bipolares Weltbild Das Schachspiel führt zu einem Verlust der Differenzierungsfähigkeit durch Schwarz-Weiß-Denken durch die konsequente Einübung und Anwendung eines bipolaren Weltbildes. Da weiß* immer anfangen darf, wird dem Spieler*in auch noch das letzte bisschen Entscheidungsfreiheit abgenommen.
11. Diskriminierung Das Schachfeld ähnelt vom Muster her dem gefliesten Boden eines Küchenbereichs. Nur in diesem Bereich ist es der Dame* gestattet, sich frei zu bewegen. Dieser Umstand stellt eine feste Positionierung der Frau* in eben diese Bereiche des gemeinsamen Zusammenlebens dar. Daher ist ein emanzipiertes Weltbild in der Welt des Schachs weitgehend eingeschränkt.
12. Pervertierung von Transsexualität Im Schachspiel kommt ein Wechsel des Geschlechts nur dann in Frage, wenn ein Bauer* das gegnerische Ende des Spielfeldes erreicht und zur Dame* wird. Die Umwandlung des Geschlechts dient ausschließlich der Erweiterung der Bewegungsmöglichkeiten der Figurx und damit der militärischen Stärkung des Spielerx. Dadurch wird assoziiert, dass sich die Wahl des Geschlechts dem Nutzen für die Gesellschaft* unterzuordnen habe. → Insgesamt erschafft das Schachspiel also einseitig denkende Mensch/innen mit geschlossenem Weltbild, starken Vorurteilen und einer völlig verzerrten Vorstellung davon, wie die Gesellschaft* funktioniert. Gerade eine Universität muss die Fähigkeiten, die für die Erhaltung und Weiterentwicklung einer liberalen und demokratischen Zivilgesellschaft so wichtig sind, wie z.B. Diskussionsbereitschaft und geistige Flexibilität aktiv fordern und fördern und verhindern, dass diese durch eine bipolare, menschenfeindlich-militaristische Weltvorstellung ersetzt werden. Schachverbot jetzt! – für eine gerechtere Welt!!!
Die Begründung ist so absurd und lächerlich, dass es einen nicht wundern würde, wenn der Antrag, der vom AStA nicht zur Abstimmung zugelassen wurde, weil der sich der Förderung des Hochschulsports verpflichtet sieht, ernst gemeint gewesen wäre: Das alles klingt wie erdacht in der trüben Atmosphäre poststrukturalistisch geprägter Studiengänger zur Ausbildung von Betroffenheitsberatern. Nicht ganz ins Bild passt, und das macht Hoffnung, dass es sich um einen klugen Scherz handelt, der am Beispiel Schach zeigt, wie absurd heute zum Teil argumentiert wird, dass die beiden Antragsteller auf einer Liste von Naturwissenschaftlern kandidierten, denen postrukturalistisches Denken in der Regel eher lächerlich vorkommt.
Ziemlich eindeutig Satire; direkt in der Einleitung erkennbar:
Alle Studierenden* sind dazu aufgefordert dafür zu sorgen, dass Zuwiderhandelnde* weinend das Gelände verlassen.
Leute. Wer das nicht als Satire erkennt, der lässt sich auch Altpapier als Pergament verkaufen.
"der Antrag, der vom AStA nicht zur Abstimmung zugelassen wurde"
"Vorhin zur TO wurde bereits gesagt, dass der AStA diesen Antrag geprüft hat. Der AStA hat den
Antrag nach Prüfung zugelassen. Wir werden diesen Antrag entgegen der Haltung des AStA nicht behandeln, da die Sitzungsleitung einstimmig zum Ergebnis gekommen ist, dass dieser Antrag gegen § 2 Abs. 2 Punkt g der Satzung der verfassten Studierendenschaft (SVS) verstößt. Im Punkt g ist die Förderung des freiwilligen Studierendensports verankert. Wir sehen ebenfalls einen Verstoß gegen § 2 Abs. 2 Punkt f SVS für möglich. Hier wird Unterstützung der musischen und kulturellen Interessen der Studierenden verankert. "
Journalismus much?
Wie kann man bloß diesen Antrag nicht als gut gemachte Satire erkennen?Kkopfkratz!!
"Ziemlich eindeutig Satire; direkt in der Einleitung erkennbar…"
…und dann noch die Schriftart.
Reddit-Leser wissen mehr:
"Das ganze war übrigens nen Protestvote, quasi das AStA äquivalent des Filibusters. Zumindest laut dem Bachelorstudenten den ich betreue. Der ist nämlich mit dem Antragsteller befreundet."
https://www.reddit.com/r/de/comments/5euehp/schachverbot_jetzt_f%C3%BCr_eine_gerechtere_welt/dag3yge/
ab 20 Uhr verfolge ich wieder live das 11 WM-Spiel Karjakin : Carlsen in New York mit Kommentar
(Allerdings im Spiegel, der zumindest darin sehr fit ist)
Fängt gleich an und ich freu mich schon drauf, auch wenn es keine "Bäuerinnen" gibt bei diesem Spiel.
Vor ein paar Jahrzehnten beschlossen die Jusos eine Reform der
Fussballregeln.
Die Schiedsrichter sollten durch das bewaffnete Spielervolk frei gewählt werden.
(Es handelte sich um eine gegen die damals nervigen K-Gruppen gerichtete Satire.
Ich fand den Text lange vor der Wende in einem offiziellen Band mit Beschlüssen der
Jungsozioalisten in der SPD.
Achim
Carlsen (Schwarz) hat den 19. Zug gemacht. Die Gewinnwahrscheinlichkeit für Weiß beträgt zur Zeit 52%, was gar nichts bedeutet. Karjakin denkt mittlerweile seit fast 25 Minuten nach.
Klasse! Es gibt noch Hoffnung!
Interessant wäre jetzt zu wissen, was sonst so in Hannover beschlossen wird. Irgendeinen Grund muss es ja für diesen hervorragenden Antrag geben.
Satire?
Ja, aber eine als solche etikettierte Warnung!
Heute wird gelacht, und schon morgen werden einige der satirischen Beschreibungen sich der Realität angenähert haben, und übermorgen weit mehr. Das "Overton Fenster" lässt sich überall ausmachen.
Da gibt es einige kluge Köpfe, die erkannt haben, dass der Islamismus zum Islam gehört und fragen sich, wie man das eine vom anderen trennen kann. Einige hundert Talkshows später stellt man fest, dass es offenbar nicht möglich ist. Über die Auswüchse des Gernderismus hat man noch vor kurzer Zeit gelacht, heute begegnet man diesem Irrsinn auf Schritt und Tritt.
Die Karikatur ist lediglich eine Überspitzung der Realität, ohne die keiner auf die Idee käme, eine solche Satire zu verfassen.
[…] Rassisten, Antisemiten und Menschenfeinde aller Couleur können diese Awarenesskonzepte auch nutzen um menschenfeindliche Ideologien aus Diskursen zu verbannen. Wie über Rassismus sprechen, wenn schon das Wort ein Trigger (Auslöser mit negativen Effekten) sein kann? Spinnt man dieses Konzept weit genug, kann man ohne Schwierigkeiten dafür argumentieren, sämtliche Literatur oder Fallbeispiele aus den Lehrplänen zu streichen, die eine Form der Unterdrückung behandeln. An der Uni Hannover wurde bereits ein (vermutlich ironischer) Antrag bei der Studentischen Vollversammlung eingereicht, mit der Bitte, das Schachspiel aufgrund der Reproduktion von Rassismus und Sexismus auf dem Universitätsgelände zu verbieten (Ruhrbarone berichtete: https://www.ruhrbarone.de/schachverbot-an-der-uni-hannover/136109). […]
Der Antrag zum Schachverbot bei der studentischen Vollversammlung an der Leibniz Universität Hannover wurde von Vertretern meiner Fachschaft und anderen Fachschaften (alle aus dem naturwissenschaftlichen oder Ingenieur-Bereich) verfasst und vielleicht ist es ratsam, dazu kurz Stellung zu nehmen. Dieser Antrag war bei Weitem nicht ernst gemeint und Ziel war es, ihn so zu formulieren, dass dies jedem nach kurzer Zeit klar wird (ständige Änderung des Genderns, absurde Begründungen etc.).
Wir haben regelmäßig immer wieder bei den Vollversammlungen sinnlose Anträge gestellt, darunter war auch schon ein wundervoll diskutierter Antrag auf ein Bällebad für Studierende. Damit versuchen einige Leute ihrem Ärger über das Auftreten, Handeln und auch Unzuverlässigkeit des AStAs Luft zu machen.
Hintergrund ist, dass im AStA unserer Universität seit einiger Zeit sehr unzufriedenstellend die Interessen der Studierenden vertreten wird. Der AStA lässt sich jedes Jahr im Kollektiv aufstellen und wählen und es gibt nie Gegenvorschläge – d.h. die Wahl ist schon bereits vor Beginn entschieden. Der AStA besteht jedes Jahr nur aus Studierenden im JuSo-Bereich und ein Interesse von engagierten Studierenden aus anderen Fachbereichen wird dreist ignoriert – einige sprechen davon, dass sie in der AStA-Findungsphase "rausgemobbt" worden sind und dass gesagt wurde, dass jeder Nicht-JuSo-Studierende auch direkt unpolitisch sei und damit keine politisch fundierte Meinung haben könnte. Dies führte vor einigen Jahren dazu, dass sich ein zweites, studienfachlich-gemischtes Kollektiv zur Wahl aufstellen ließ. Bei der Vollversammlung wurde die Wahl dann bis 5 Uhr morgens am Folgetag künstlich in die Länge gezogen (auf FB dokumentiert) und letztlich wieder der JuSo-AStA gewählt, nachdem fast alle schlafen gegangen sind – wodurch auch hier meiner Meinung nach auf unpolitische Art und Weise ein wichtiges, politisches Verfahren umgangen wurde.
Der "Standard"-AStA ist chronisch nicht zu erreichen, nicht hilfreich, wenn es um studentische Angelegenheiten Gehtb braucht ewig und vielfache Nachfrage, bis finanzielle Leistungen ausgezahlt werden, die den Fachschaften zustehen. Gleichzeitig sind sie dann aber fleißig dabei merkwürdige links-radikale Beiträge zu schreiben – dabei sind viele Dinge, wie z.B. Gender-Inklusion und Emanzipation (um hier nur zwei Beispiele von Vielen zu nennen), meiner Meinung nach auch super wichtig! ABER: Dabei werden die Bedürfnisse des "Standard"-Studenten komplett vernachlässigt und das auf arrogante und völlig Kritik-unfähige Art und Weise. Da helfen nur Bällebad-Anträge und Schachverbot – dann kann man zumindest noch darüber etwas lachen.