Dortmund: Ullrich Sierau und das Peter Prinzip

Dortmunds Oberbürgermeister Ullrich Sierau war ein engagierter und guter Planungsdezernent. Als OB Kandidat war ein Hoffungsträger. Gut zwei Jahre nach seiner Wahl ist davon kaum etwas übrig geblieben.

Als Ullrich Sierau vor gut zwei Jahren zum Dortmunder Oberbürgermeister gewählt wurde, galt er nicht wenigen als Hoffnungsträger: Eloquent, intelligent, gebildet , kommunikativ. Eines der Gesichter einer neuen, modernen SPD und einer der Macher des „Neuen Dortmunds“, des damals hochgelobten Modells eines erfolgreichen Strukturwandels. Sogar das Wort „Ruhrgebiet“ konnte er in den Mund nehmen ohne sich vor Ekel zu schütteln. Bei seinem Vorgänger Gerhard Langemeyer war das noch ganz anders.

Davon ist heute nicht viel übrig geblieben. Nach zwei Jahren steht Sierau vor einem Scherbenhaufen und man wird das Gefühl nicht los, dass  für Sierau das Peter Prinzip gilt. Bei Wikipedia wird es treffend beschrieben:

„In einer Hierarchie neigt jeder Beschäftigte dazu, bis zu seiner Stufe der Unfähigkeit aufzusteigen.“

Sieraus Amtszeit  ist eine Abfolge von Katastrophen: Keine 24 Stunden nach der Wahl verkündete der damals noch amtierende OB Langemeyer ein Haushaltsloch von 100 Millionen. Sierau erklärte, davon nichts gewusst zu haben, obwohl er vor der Wahl Stadtdirektor war. Glaubt man Sierau, muss er ein verdammt mieser Stadtdirektor gewesen sein, denn 100 Millionen sind nicht einfach zu übersehen. Glaubt man ihm nicht, muss man von einer Lüge ausgehen. Immerhin: Sierau trat zurück und lies sich 2010 erneut wählen. Dazu gehörte Mumm und den hat er ohne Zweifel.

Doch danach wurde nichts besser. Im Rathaus, unter seinen Mitarbeitern, sind Sieraus Launen gefürchtet. Die Stimmung innerhalb des Verwaltungsvorstandes ist schlecht. Vor allem die beiden Dezernenten der Grünen, zugegebenermassen keine Zierde ihren Standes, sind isoliert und werden permanent von der SPD angefeindet. Auf Hilfe Sieraus können sie nicht zählen.

Und Dortmund kommt aus den Skandalen nicht heraus: Da ist Envio. Bei dem größten PCB-Skandal der vergangenen Jahre ist die Mitverantwortung der Stadt noch immer nicht vollkommen geklärt. Beim Vorgehen gegen Roma in der Nordstadt gelang es Sierau nicht, sich von den rechtspopulistischen Parolen aus der eigenen Partei zu distanzieren – obwohl man davon ausgehen kann, dass er für so etwas persönlich nicht die geringsten Sympathien hat.

Das Nazi-Problem, das auch Sierau nicht entschlossen bekämpft hat, prägt zusehends das Bild der Stadt in der bundesrepublikanischen Öffentlichkeit. Aus dem Strukturwandelwunderknaben Dortmund ist längst die Nazihochburg geworden.

Der U-Turm hat sich längst zu einem wirtschaftlichen Desaster entwickelt: Am Ende könnte der Prestigebau 100 Millionen Euro kosten – und 10 Millionen Euro Unterhalt im Jahr verschlingen. Wenn Sierau jetzt auch noch in den Sumpf des Kölbl-Kruse Spendenskandals gerät, wird es eng für ihn. Nicht nur Duisburgs OB Sauerlands Kandidatur wurde von den Immobilienentwicklern unterstützt, auch Sieraus Erfolg war ihnen Geld wert. Das Amtsgericht Wuppertal zu den Spenden:

  „Ihr Spendenverhalten und die Umstände, dass die Beschuldigten (Stephan Kölbl und Markus Kruse d. Red) in der Zeit der Spenden gerade in Duisburg, Dortmund und Essen Projekte betrieben, der Oberbürgermeister der Stadt Duisburg wie der damalige Baudezernent (Ullrich Sierau d. Red.) für diese bzw. nicht lange zuvor  abgeschlossene Projekte waren (…) begründen den bestimmten Verdacht, dass die Zuwendungen der Beschuldigten „Einflussspenden“ waren, also als Gegenleistung für die Unterstützung der Begünstigten bei abgeschlossenen, laufenden oder künftigen Projekten gedacht waren und geleistet wurden“.

Gegen Sauerland ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Korruptionsverdacht. Gegen Sierau  nicht.

Zu den Anschuldigungen nimmt Sierau über seinen Anwalt wie folgt Stellung: „Der Spendendeingang ist im SPD-Unterbezirk so organisiert, das Amtsträger, insbesondere unser Mandant, keine Kenntnis über die herkunft der jeweiligen Spenden erhielten und erhalten. Dies wurde auch in dieser Weise im Jahre 2009 so organisiert. Die jeweiligen Spender wurden zwar gebeten, auf den Überweisträger den Zweck der Spende anzugeben. Hierbei konnte auch als Spendenzweck die Wahlkampfunterstützung eines bestimmten Kandidaten angegeben werden. Alle Spenden gingen jedoch auf demslebn Spendenkonto des SPD-Unterbezirks Dortmund ein. Am 7. Juli 2009 überwiesen die Herrn Kölbl und Kruse jeweils eine Spende von 4.900 Euro mit dem Verwendungszweck „Spende Ullrich Sierau“ auf das betreffende Konto. Hiervon erhielt unser Mandant am 9.11.2011 Kenntnis. Die eingegangenen Spenden wurden am 27.7. und 11.8. 2009 im SPD Unterbezirk erörtert. An diesen Erörterungen nahm unser Mandant nicht Teil. Am 29. 1. 2010    prüfte die Kontrollkommssion der SPD-Dortmund die Spende. Auch an dieser Sitzung nahm unser Mandant nicht Teil.

Dieser Sachverhalt ist im Übgrigen glaubhaft gemacht durch eine eidesstattliche Versicherung der Frau Becker-Lettow und eine eidesstattliche Versicherung unseres Mandanten.

 

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der, der auszog
der, der auszog
13 Jahre zuvor

Ich glaube nicht, dass es, wie in dem Artikel beschrieben, für Sierau eng wird, immerhin hat er das für die derzeitige Landesregierung richtige Parteibuch.

Auffällig ist im Zusammenhang mit dem zwielichtigen finanziellen Engagement Kölbl und Kruses in diversen Ruhrgebietsstätten die unterschiedliche Bewertung des Falls sowohl von Seiten der Staatsanwaltschaft, als auch der Medien, stellvertretend nenne ich hier einmal den Westdeutschen Rundfunk als größte Fernsehanstalt des Landes. Über die Verstrickungen Sieraus mit den Immobilenentwicklern berichteten ausführlicher bislang lediglich die Ruhrbarone und der WAZ Rechercheblock. Anders sieht es im Fall Sauerland aus, den die Medien, allen voran der WDR, in den letzten Tagen in Bezug auf die Spendengelder bereits zum Thema gemacht haben, weil die Wuppertaler Staatsanwaltschaft in Duisburg aktiv geworden ist.

Die Zurückhaltung sowohl der Ermittlungsbehörden als auch der Medien in Bezug auf Sierau (und auch in Bezug auf Paß aus Essen) macht eigentlich keinen logischen Sinn, handelt es sich doch um dieselben Vorwürfe wie in Duisburg, ja sogar um dieselben Geldgeber. Sie lässt sich eigentlich nur durch die politische Ausrichtung der OBs erklären. Sierau ist Sozialdemokrat, da umschifft man das Thema solange dies möglich ist, Sauerland ist Christdemokrat, da wird gnadenlos gesägt.

Wie zurückhaltend die Staatsanwaltschaft als auch der WDR gegenüber dem Dreck, den Sozialdemokraten am Stecken haben, konnte man bereits vor einem halben Jahr im Zusammenhang der Spenden durch Lothar Vauth beobachten. Damals stand bereits eine andere sozialdemokratische Person aus Duisburg im Focus, nämlich Innenminister Jäger. Auch damals haben sich schon die Staatsanwaltschaft mit ihren Ermittlungen und der WDR mit seiner Berichterstattung extrem zurückgehalten.

der, der auszog
der, der auszog
13 Jahre zuvor

@Stefan

WAZ Recherche = David Schraven, Welt = Stefan Laurin. und hier bei den Ruhrbaronen laufen die Fäden zusammen… irgendwie zumindest. Auf jeden Fall macht mal schön weiter so.

Torti
Torti
13 Jahre zuvor

@laurin
Schöner Beitrag, als jemand der Sierau gewählt hat und ihn schon mehrfach auch im kleinen Kreis politisch erleben durfte, finde ich triffst du den Punkt ganz gut.

Als „Macher“, müsste er in Dortmund in vielen Feldern für mehr Dynamik sorgen stattdessen verheddert sich die Stadtpolitik im klein-klein. Und das Schwiegen zu ein paar echten Ausfällen irritiert mich.

Wobei ich den U-Turm, egal wie teuer, für einen echten Gewinn für Dortmund halte…ich bin froh das Dortmund in hat, auch wenn Gorny drinsitzt….

Arnold Voss
13 Jahre zuvor

Für Ulrich Sierau wird es schon deswegen nicht eng, weil es keine Alternative zu ihm gibt. Im übrigen hat er als Nachfolger Langemeyers eine Suppe auszulöffeln die ihm andere eingebrockt haben. Er mag mit drin rumgerührt haben, aber er war nicht der Koch.

Arnold Voss
13 Jahre zuvor

Arrogant kann er sein, keine Frage, aber korrupt? Ich kann und will es mir nicht vorstellen.

Zofe
Zofe
13 Jahre zuvor

Komisch, dabei wurde er doch immer von Herrn Laurin hier so gelobt..

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[…] Ullrich Sierau und das Peter Prinzip (Ruhrbarone) – Dortmunds Oberbürgermeister Ullrich Sierau war ein engagierter und guter […]

rosina
rosina
12 Jahre zuvor

Ich finde es schon sehr lustig und beschämend, wenn nun so viele nichts mit der Wahl von Sierau zu tun haben wollen. Er ist ein überaus gradlieniger und kompetenter Oberbürgermeister. Haben die CDU Anhänger keine anderen Sorgen. Sie sollten oder wollen wohl von unserem Bundespräsidenten ablenken. Es ist schon grausam wie schnell Urteile gefällt werden. Die Menschen meinen immer richten zu müssen und haben selbst nichts Besseres vorzuweisen. Ich bin immer noch der Meinung es gibt keinen besseren Oberbürgermeister als Ullrich Sierau.

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[…] geht dabei um den Artikel Ullrich Sierau und das Peter-Prinzip, welcher nach dem Schreiben der Anwaltskanzlei erweitert wurde. Wie Stefan Laurin auf Nachfrage dem […]

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[…] der Veröffentlichung dieser Texte. Auch wir waren davon betroffen. Wir haben den betreffenden Text vor allem um Informationen ergänzt, nichts unterschrieben und nichts bezahlt. Die Ergänzungen […]

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[…] dies scheint jedoch ein Tippfehler zu sein [↩]hier handelt es sich wohl um den Artikel Ullrich Sierau und das Peter-Prinzip [↩]im Originaltext hieß es “Joers”, ein Tippfehler [↩]dort finden am […]

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