Zum ersten Mal gingen in Wuppertal gestern Salafisten und Pegida zeitgleich auf die Straße. Was im Chaos hätte enden können, wurde zu einer Niederlage der Feinde der offenen Gesellschaft auf beiden Seiten. Von Felix Huesmann, Stefan Laurin und Sebastian Weiermann.
Sie hatten sich vor die Alte Synagoge gestellt, um sie vor den Salafisten zu schützen, protestierten laut gegen Pegida und beschimpften die Salafisten als Mörderbande. Über 2000 Wuppertaler waren gestern auf der Straße, um gegen religiöse Fanatiker und Rechtsradikale zu demonstrieren. Wuppertal, das machten das breite Spektrum der Demonstranten gestern deutlich, ist ihre Stadt, nicht die von Pegida und Salafisten.
Und auch die Polizei machte das deutlich: Wer zu einer der beiden Hass-Kundgebungen wollte, musste sich in Zelten nach Waffen und anderen verbotenen Gegenständen filzen lassen. Die Polizei sicherte das Demonstrationsrecht von Pegida und Salafisten, aber es war klar, dass sie auf Seiten der Bürger stand. Durch einen massiven Polizeieinsatz sorgte sie zudem dafür, dass die befürchteten Ausschreitungen ausblieben. Ob Bürger oder Polizei –Wuppertal zeiget sich gestern von seiner besten Seite.
Pegida und Salfisten blamierten sich bis auf die Knochen: Statt der angekündigten 300 Fundamentalisten bekam Sven Lau gerade einmal 70 Anhänger für seine Kundgebung zusammen, darunter auffallend viele junge Konvertiten. Pegida wollte mit 2000 angemeldeten Teilnehmern gestern in Wuppertal ein Comeback starten. Nur 500 kamen und durften nach Ausschreitungen nicht einmal mehr demonstrieren. Auch der aus Dresden angereiste Hass-Ossi Lutz Bachmann konnte daran nichts ändern. Nach der Scharia-Polizei im Herbst und dem langen Pegida Winter hat Wuppertal gezeigt: Die Zivilgesellschaft hat sich die Straße zurück geholt.
Mehr zu dem Thema:
FAZ: Zwei lahme Haufen ziehen in die Schlacht
Ruhrbarone: Wut in Wuppertal: Unser Ticker zu Salafisten, Pegidas und Hools in Wuppertal
Spiegel: Spielplatz der Verirrten
Süddeutsche: Bis den Hooligans das Bier ausgeht
Tagesspiegel: Hunderte Extremisten in Wuppertal, Polizei stoppt Pegida-Kundgebung
Welt: Ausschreitungen beim Klassentreffen der Extremisten
zwei fragen:
1. woran erkennt man moslems im allgemeinen und konvertiten im speziellen?
2. was ist an der spontankundgebung dran über die die dortmunder nazis berichten? weder die polizeipresse noch irgendwer seriöses berichtet dazu.
@Peter: Die Spontankundgebung gab es. Moslems waren alle bei der gestrigen Kundgebung: Sie haben die ganze Zeit „Allah hu Akbar gerufen.“ Und wenn da blonde- und rothaarige Jünglinge bei sind, gehen wir mal davon aus, dass die nicht als Muslime geboren wurden. Die habe in Deutschland in der Regel türkischen und arabische vorfahren. Dabei können wir vielleicht mal daneben liegen, aber im Regelfall sicher nicht.
Die Wuppertaler Polizei hat ca. 800 Pegida Teilnehmer gezählt, was stimmt denn jetzt?!?
http://www.presseportal.de/polizeipresse/pm/11811/2972582/pol-w-150314-w-nach-grosseinsatz-wuppertaler-polizei-zieht-positives-fazit
[…] der aufgelösten linksradikalen Antiimperialistischen Zellen (AIZ) teil! Hier findet ihr einen Bericht mit ausführlicheren […]
@Erdy: Die Zahlen der Polizei in der Abschlusserklärung sind für mich nicht nachvollziehbar. Vor Ort schätzten die Beamten bei Pegida 500, bei den Salafisten zum Zeitpunkt der Kundgebung 70 Teilnehmer.
@Stefan
das mit den parolen macht sinn und leuchtet mir ein. die haarfarbe eher nicht, denn zum einem gibt es arabisch und vorallem auch türkischstämmige personen mit nicht schwarzen haaren. zum anderen gibt es möglicherweise auch konvertiten mit arabisch/türkischer herkunft, die werden dann einfach wegdefiniert.
auch wenn man davon ausgeht, dass erst die „gastarbeiter“ den Islam nach deutschland gebracht haben könnte es auch durchaus schon „autochthone“ deutsche moslems in zweiter generation geben.
[das ihr/du vermutlich trotzdem recht habt ist mir durchaus bewusst]
Die Polizei kommt bei euch ein bisschen zu gut weg…
Hier noch ein kurzer Kommentar zu der Pressemitteilung der Polizei und dem hellwachen Polizeieinsatz:
Warum fehlt in der Aufstellung der Polizei, aber auch in der hiesigen Medienberichterstattung, die Nazidemo mit 80 Teilnehmern in der Südstadt, die später in einer Einkesselung durch die Polizei am Robert Daum Platz endete?
Möglicherweise weil die Polizei die „Abreise“ der Nazis überhaupt nicht im Griff hatte?
An der Kluse fahren sie die neusten Wasserwerfer spazieren, nach der Auflösung der Pegida-Demo hat die Polizei überhaupt kein Sicherheitskonzept. Während die Antifaschist*innen durch Absperrungen gehindert werden, können die Nazis und Hooligans einfach aus der Schwebebahn aussteigen und durch die Elberfelder Innenstadt spazieren und die Dortmunder Nazis wurden sogar ungehindert aus dem Hauptbahnhof herausgelassen und konnten durch die Südstadt mit „Ausländer Raus“ Parolen demonstrieren. Das ist wahrlich ein brilliantes Einsatzkonzept!
@ Stefan Laurin, ich bin Muslima und Konvertitin. Habe gestern mich an der Demo gegen Sven Lau & Co beteiligt, wie viele andere Muslime auch.
Allerdings wurde ich aufgrund meines Koptuches beschimpft. Nicht zum ersten Mal auf einer Demo gegen geistige Brandstifter jeglicher Art.
Das zeigt mir, dass ich dort aufgrund der selben Vorurteile die Pegida pflegt nicht willkommen bin.
Aber Hauptsache man kann hinterher wieder rummosern, dass Muslime nicht auf die Straße gehen. Kann es ihnen langsam auch nicht mehr verübeln.
Und noch eins, die Frage von Peter war nicht unberechtigt. Es gibt auch in den arabischen Ländern Menschen mit blonden oder roten Haaren, wenn auch eher selten
Klar, wir können da natürlich auch daneben liegen, ich vermute allerdings gerade in dem Kontext der Wuppertaler Salafisten, dass wir es nicht tun. Eins von deren Hauptanliegen ist es ja gerade, möglichst viele junge Leute zu „bekehren“. Gestern ist z.B. auch jemand auf der Bühne zum Islam konvertiert.
Sehr richtig ist natürlich, dass nicht alle Konvertiten zwingend Deutsche sein, bzw. „so aussehen“ müssen. Die Salafisten fischen natürlich genauso auch in migrantischen Communities, bzw. versuchen auch liberale Muslime auf den „richtigen Weg“ zu holen.
@Nana: Das tut mir leid, dass Sie das erleben müssen! Ich freue mich über jeden Menschen, der gegen die Feinde der Freiheit (seien es Neonazis wie gestern bei der Pegida oder Salafisten) auf die Straße geht. Gerade dass dies auch Muslime tun ist wichtig und gut!
Man kann sich auch alles schönreden.
Fakt ist das die Polizeiführung, durchaus wegen Druck von unten, die Politik und Gewerkschaft für die Aufrufe zu den Gegendemonstrationen deutlich kritisiert hat. Von friedlich kann also keine Rede sein.
Ich bin ein Polzeibeamter der, im Gegensatz zu den meisten meiner Kollegen, eher etwas links von der Mitte steht.
Aber für das was z.B. bei der letzten Pegida-Demo in Ffm abging habe ich auch kein Verständnis mehr.
Dort wurde dann, als Reaktion, auch hart durchgegriffen. Wer angemeldete Demonstrationen, vor allem auf dieser Art und Weise stört, ist ein Feind von Demokratie und Meinungsfreiheit und darf sich dann auch nicht beschweren wenn es mal was auf die Mütze gibt und der Knüppel etwas lockerer sitzt.
Ich habe immer alle Leute unabhängig von Geschlecht, Alter, Rasse, sexueller oder politischer Einstellung gleich behandelt, aber so geht es nicht mehr.
Torsten
@torsten: Eine Polizeigewerkschaft hat die Aufrufe zu den Gegendemonstrationen kritisiert. PP Radermacher hat das auf der Pressekonferenz am Donnerstag ebenso wenig getan wie der Einsatzleiter.
Eine offene Gesellschaft besteht eigentlich darin, dass jeder mit jedem redet. Nicht darin, dass eine Landesregierung und ihre treuen Vasallen sich die Opposition zu „Feinden der offenen Gesellschaft“ zurechtkonstruieren und triumphieren, wenn deren Versammlungen polizeilich aufgelöst werden. Übrigens: aufgelöst aus welchen Gründen – das würde ein guter Journalist doch klarzustellen versuchen, oder? (Denn ursprünglich sollte die Begründung doch sein, dass die Polizei die Sicherheit der Pegidisten (scil. ihren Schutz vor der Antifa) nicht garantieren kann – gilt diese Begründung nun weiterhin oder nicht?)
@Rainer Möller: Lesen sie Popper 🙂
@Stefan #13
Bester Kommentar.
@ Rainer Möller # 12
Rainer, wenn jeder nur mit jedem reden würde, wäre das ok. Wenn allerdings jeder sich mit jedem prügeln will, dann muss die offene Gesellschaft erstmal durch den zu recht ungeliebten aber doch sehr wirksamen Polizeiknüppel wieder hergestellt werden. Auch in ihrem Interesse. Oder haben sie im Keller doch noch ein paar Baseballschläger gelagert, um ihren Argumenten im Ernstfall etwas nachhelfen zu können. 🙂
Die politische Bewertung jeder (!!) Demonstration und jeder (!!) Gegendemonstration – in ihrer Begründungen, in ihrem Ziel, in ihrem Ablauf ist jedermanns „freie Sache“. Dass dabei, je nach Anschauuung und Standpunkt des Einzelnen, auch Fakten unterschiedlich auf- bzw. wahrgenommen werden, gehört dazu. Insofern waren Demonstration/Gegendemonstration in Wuppertal nichs Besonderes. Das gilt auch für die anchließend geäußerten unterschiedlichen Wahrnehmungen der Faken und der anschließend unterschiedlichen Bewertung des Ganzen.
Die rechtliche Bewertung von Demonstrationen, Gegendemonstrationen -ihe Zulassung, ihre Abwicklung, ggfls. ihres Auflösung- steht auf einem anderen Blatt.
Das allgemeine Polizeirecht, das konkrete Versammlungsrecht enthalten für Veranstalter, für Teilnehmer, für die Polizei dazu verbindlcihe Regeln. Ob die Polizei die in diesen Normen enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe jeweils rechtskonform anwendet, ob die Polizei die in diesen Normen enthaltenen Ermessensbegriffe pflichtgemäß auslegt, ist oftmals strittig. Und letztendlich hat über soche rechtlich strittigen Fragen nicht der Einzelne zu befinden, haben nciht die Medien zu urteilen, sondern unabhängige Gerichte, hier das zuständige Verwaltungsgerricht oder im Falle angenommener Straftaten die zuständige Strafgerichtsbarkeit.
Mir ist nicht bekannt, daß die Ereignisse in Wuppertal Beteiligte/Betroffene veranlaßt haben, wegen einer rechtlich strittigen Angelegenheit die Gerichtsbarkeit zu bemühen.
Über die Drohung mit Gewalt oder über die Anwendung von Gewalt während einer Demonstration oder aus Anlaß einer Demonstration sollte allerdings keine politische Diskussion stattfinden, denn die Geawaltanwendung ist nicht diskutabel. Und erstrecht entziehen sich die Drohung mit Gewalt oder deren Anwendung während einer Demonstration oder aus Anlaß einer solchen der Frage, ob sie denn und wann sie denn rechtlich zulässig sein könnten. Die Feststellung, dass dieses in einem Rechtstaat für jede Demonstration gilt, egal wie sie politisch motiviert ist, muß nicht näher begründet werden.