Die Kette Schuhhaus Klauser feiert am 17. Juli 2011 mit einer großen Openair-Party im Wuppertaler Zoo-Stadion ihr 75jähriges Geschäftsjubiläum. Die Schuhkette Klauser, die kürzlich alle Salamander-Geschäfte übernommen hat, verfügt heute über 80 Filialen und 1900 MitarbeiterInnen und ist nach Deichmann, Leiser und Görtz einer der Größten der Branche. Crossposting von Arisierung in Wuppertal
Nach einem Pressebericht blickt das Schuhhaus Klauser „auf eine beeindruckende Firmengeschichte zurück.“ Diese Geschichte beginnt nach Firmenangaben im Jahre 1936. „Mit dem Kauf des Schuhgeschäftes Kamp legt Klara Klauser im Jahr 1936 den Grundstein.“ (Westdeutsche Zeitung 15. Januar 2009 u. 10. Mai 2011.) Das ist der einzige dürre Hinweis zum 75. Jubiläumsjahr, dass zur Zeit bundesweit mit Aktionswochen und Sonderrabatten „gefeiert“ wird.
“Mit Befremden stellen wir fest, dass das Wuppertaler Schuhhaus Klauser mit einer Großveranstaltung „ihr“ 75 jähriges Geschäftsjubiläum feiert,“ so der Wuppertaler Historiker Stephan Stracke. „Das Schuhhaus Klauser feiert damit die „Arisierung“ jüdischer Geschäfte! Noch erschreckender ist es, das Klauser kein Wort zum Schicksal der jüdischen Vorbesitzer verliert, die aus Deutschland flüchten mussten oder wie Emil und Pauline Rosendahl deportiert wurden und im KZ Theresienstadt den Tod fanden.“
(Ausgewählte Dokumente und Texte finden Sie unter: http://arisierung.blogsport.eu)
Nach unseren Recherchen basiert die „beeindruckende Firmengeschichte“ von Klauser auf mindestens drei „Arisierungen“ von jüdischen Schuhgeschäften in Wuppertal und Witten.
Die erste „Arisierung“ ist in einem Schreiben der IHK Wuppertal vom 9.Mai 1936 unter der Überschrift „Übernahme von jüdischen Geschäften durch arische Unternehmer“ dokumentiert. „Schuhhaus Walter Kamp, Schuhe (…) übernommen von Klara Klauser.“
Die anderen späteren „Arisierungen“ gelingen Klauser nach durch Boykottaktionen erzwungenen Geschäftsaufgaben noch preiswerter. Im März 1938 „übernimmt“ Klauser in Witten das ehemals größte Schuhwarengeschäft von Siegfried Rosenberg. Rosenberg musste nach Boykottaktionen schließen, ein Nachbargeschäft übernahm zunächst das Ladenlokal und das Inventar, drei Monate später tritt Klauser auf den Plan und übernimmt dass Ladenlokal und das Inventar. ( Quelle: Hans Ch. Dahlmann: ‚Arisierung‘ und Gesellschaft in Witten, Münster 2001, S. S. 127-131)
1938 arisiert Clara Klauser den seit 1889 bestehenden „Schuhpalast“ in Wuppertal-Barmen in der Berlinerstr. mitsamt Inventar und großem Warenlager. Die Gesellschafter waren Emil Rosendahl und Max Guggenheimer. Die Löschung im Handelsregister erfolgte am 27.10.1938. In der Pogromnacht hatten Nazis noch das Geschäft demoliert. Clara Klauser hatte bereits am 2.7.1938 die Genehmigung zur Übernahme der Verkaufsstelle vom Oberbürgermeister der Stadt Wuppertal erhalten und laut einem Dokument das Warenlager und das Inventar des Schuhgeschäftes in der Berlinerstr. 127 „erworben“ und dort auch das neue „arische Schuhgeschäft“ begründet. In einem weiteren Dokument steht der „Schuhpalast“ von Emil Rosendahl auf der städtischen Liste der „bis zum 10.9.1938 entjudete[n] Firmen.“ (Quelle Anlage 2) http://arisierung.blogsport.eu
Für den Regierungspräsidenten als Entschädigungsbehörde war die „Geschäftsübernahme“ vom „Schuhpalast“ in einem Bescheid vom 9.9.1959 übrigens eine „Entziehung im Sinne der Rückerstattungsbestimmungen“.
Die jüdischen Vorbesitzer der „arisierten“ Geschäfte versuchten in der Regel schnell Deutschland zu verlassen. Walter Kamp, der insgesamt zwei Schuhgeschäfte durch „Arisierung“ in Wuppertal verlor, hat mit hoher Wahrscheinlichkeit 1936 noch einen Kaufpreis für seine „arisierten“ Geschäfte „erzielen“ können“. Er konnte 1936 mit seiner Frau und seinem 6 jährigen Sohn in die USA auswandern. Siegfried Rosenberg aus Witten wurde nach der „Arisierung“ noch in der Pogromnacht von Nazis angriffen, konnte aber noch rechtzeitig mit seiner Familie nach Südafrika flüchten. Max Guggenheimer, Gesellschafter des Schuhpalastes in der Berliner Strasse, gelang ebenfalls die Ausreise, sein Vermögen wurde aber zum größten Teil vom deutschen Fiskus (Reichsfluchtsteuer etc.) beschlagnahmt.
Nicht mehr weg kamen die schon hochbetagten Emil und Pauline Rosendahl. Sie verloren ihre Wohnung und mussten in das sog. Judenhaus in der Tannenbergstrasse umziehen. Am 20.Juli 1942 wurden sie nach Theresienstadt deportiert und starben dort nach kurzer Zeit. Die „arisierten“ Klauser-Geschäfte haben den Krieg gut überstanden und konnten im Wirtschaftswunder zum Teil an neuen Standorten wieder durchstarten. Eine Wuppertaler Klauser-Filiale ist sogar noch fast am alten Standort von Emil Rosendahls und Max Guggenheimers „Schuhpalast“ zu finden. Der „Schuhpalast“ wäre heute 122 Jahre alt geworden.
Literaturhinweis:
Stephan Stracke/ Frank Sparing: „… dass durch den Übergang ein musterhaft geführtes, deutsches Geschäft geschaffen wird.“ Die „Entjudung“ der Wuppertaler Wirtschaft 1933-1938, in: Michael Okroy/Ulrike Schrader (Hg.): Der 30. Januar 1933 – Ein Datum und seine Folgen. Aktuelle Forschungen zum Nationalsozialismus in Wuppertal, Wuppertal 2004, S. 60-73
[…] 1900 MitarbeiterInnen und ist nach Deichmann, Leiser und Görtz einer der Größten der Branche. Die Ruhrbarone berichten… Dieser Eintrag wurde veröffentlicht unter Antisemitismus Antizionismus, Deutschland Nazis, […]
Das ist dermaßen geschmacklos. Wie kann man denn einen solchen Anlass feiern?
Naja, wenn man einen Blick auf die Unternehmenswebsite wirft, hat 1965 noch ein Eigentümerwechsel stattgefunden. Das ist zwar reine Spekulation, aber ich kann mir gut vorstellen, dass diese Klara Klauser den neuen Eigentümern bei der Übernahme bestimmt nicht erzählt hat wie sie an das Schuhgeschäft gekommen ist – und die neuen Eigentümer werden sich vielleicht auch einfach nicht dafür interessiert haben.
Auf der Website der Firma Klauser beginnt die Firmengeschichte 1965:
https://www.klauser-schuhe.de/default2.aspx
Von Kopf bis Fuß auf Zukunft eingestellt:
die Klauser Firmengeschichte
1965 – 1969: Vom Aufbau zum Aufschwung
Die ersten Jahre der Firma Klauser sind durch konsequente Expansion gekennzeichnet. Dank des unternehmerischen Weitblicks von Maria und Gerd Prange, die Klauser im Jahr 1965 übernehmen, wird der dauerhafte Aufschwung des Schuhhauses gesichert. Im April 1969 wird die zentrale Verwaltung in der Barmer Wasserstraße eingerichtet – bis heute Stammsitz des Unternehmens.
1965
Die Eheleute Gerd und Maria Prange kaufen von Frau Klara Klauser das in der Berliner Str. 125 angesiedelte Schuheinzelhandelsunternehmen. Maria Prange tritt als Kommanditistin in die Firma ein. Ehemann Gerd Prange tritt als persönlich haftender geschäftsführender Gesellschafter ein.
Das Unternehmen besteht aus fünf Filialen in Wuppertal – Barmen, Witten und Recklinghausen.
u. s. w.
Hat sich in der Firmendarstellung vor kurzem etwas geändert?
@Esseber: Schon merkwürdig, wie eine vor 46 Jahren gegründete Firma ihr 75jähriges Jubiläum feiern kann…
@Stefan: Ist es immer noch so, dass Firmen aus Wettbewerbsgründen nur zu bestimmten Jubiläen besondere Rabattaktionen durchführen dürfen, und jede noch so dämliche Rechtfertigung für ein Jubiläum deshalb heiss begehrt ist? In dem Fall kann man bestimmt schon mal damit rechnen, dass diese Firma vier Jahre nach ihrem 75jährigen dann ihr 50jähriges feiern wird… 😉
Ich protestiere aufs schärfste gegen solche Feierlichkeit .Es ist erschreckend, dass das Leid der Opfer der totalitaristischen Gewaltregime des 20. Jahrhunderts immer wieder verdrängt wird.
Mitglied der Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft
@Andi Dann aber auch den Namen ändern in Prange oder übergangsweise Klauser-Prange.
Diese Geschichte wird so enden:
Im Jahre 1965 übernahmen wir das Geschäft aber dennoch entschieden wir uns das Bestehen des ‚Schuhauses an sich‘, also das schon 75jährige, zu feiern. Dabei waren uns die schrecklichen historischen Ereignisse um das damalige Geschäft nicht bewusst. Diesen Fehler unsererseits bedauern wir zutiefst.
Ende.
Bedenklich. Nun kann man fragen: „Hätte man das wissen müssen?“ Natürlich hätte man. Hat man aber nicht. Und es bleibt einem nichts anderes als die Feststellung, dass Fehler geschehen. Speziell im Zusammenhang mit historischen Ereignissen entsteht in diesem Fall durch eine kleine Uninformiertheit eine große Tragweite. Viel entscheidender als die Frage nach der Uninformiertheit ist imho daher jetzt die Reaktion des Inhabers. Seinen Fehler der Uninformiertheit kann er nicht mehr rückgängig machen. Richtig darauf reagieren und sich im Andenken an die Opfer der Geschäftsübernahme vom Jubiläum distanzieren, das kann er aber schon. Es wäre das einzig Richtige.
@ #4 Essener
laut Internet Archive sah die Seite mit der Firmengeschichte mindestens im Mai 2009 genauso aus. Ich würde ine nachträgliche manipulation aufgrund dieses Artikels hier daher erstmal für unwahrscheinlich halten.
https://www.fr-online.de/wirtschaft/30-jahre-firmengeschichte-ausgeblendet/-/1472780/8687232/-/
@#7 wie kann es opfer der sogenannten „kommunistischen gewaltherrschaft“ geben, wenn in KEINEM!!!! staat der welt der kommunismus verwirklicht wurde? ist mal wieder schön, zu sehen, wie kapitalisten mit jedem mittel gegen den ach so bösen kommunismus hetzen.
@Prior: Wahrscheinlich weil schon die Versuche der kommunistischen Parteien Millionen Tote gekostet haben.
@4 ff.
Auf der webseite heisst es doch schon unter profil/geschichte/
1986
Großer Jubiläumsverkauf „50 Jahre Klauser-Schuhe“ in 28 Filialen
@Carmen #2 ist es nicht auch geschmacklos, dass die Bundesrepublik diese geschmacklosen Eigentümerwechsel einfach hat weiter gelten lassen?
@Kerstin #7: Ich protestiere aufs Schärfste gegen den Fortbestand aller unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft errichteten EIgentumsverhältnisse.
Mitglied im Verein für die bedingungslose Anerkennung der „DDR“ als Unrechtsstaat e.V.
Aus dem FR-Artikel:
„Gerd Prange, der das Unternehmen 1965 kaufte und bis heute als Senior-Chef fungiert, habe weder mit Klara Klauser noch mit den Arisierungen etwas zu tun gehabt. Schließlich sei er 1936 gerade drei Jahre alt gewesen. Und weil die eigentliche Erfolgsgeschichte erst in der Ära Prange begonnen habe, kämen die ersten drei Jahrzehnte in der Firmenchronik nicht vor. „Aus unserer Sicht ist das ehrlich“, heißt es in einer Stellungnahme des Unternehmens. “
Ist doch okay, Herrn Prange kann man da wirklich nicht an den Pranger stellen.
Laut der Wayback Machine hat sich jedenfalls seit 2007 nix an der „offiziellen“ Histore geändert: https://web.archive.org/web/20070311062602/https://www.klauser-schuhe.de/geschichte.aspx
.. wenn nicht schon länger (was die älteren Einträge der Website – seit ca. 1999 – allerdings vermuten lassen).
cu, w0lf.
[…] Der PR-Unfall: u.a. Berichte in Frankfurter Rundschau, und bei den “Ruhrbaronen” […]
ein solches „jubiläum“ zu feiern ist selbstverständlich zynisch und würde einen boykottaufruf (sozusagen reziprok) als historisch gerechte antwort „verdienen“..
jedoch diese historischen (und weit mehr) verbrechen zu benutzen, die opfer des nationalsozialismus mit denen des stalinismus gleichzusetzen. das ist nicht nur verkürzt und „billig“, das ist leider AUCH zynisch..
[der begriff kommunismus ist leider so schwammig…und hat einen bart.. der noch viel länger ist als der von F. Engels..;) )
– oder wie Rosa Luxemburg sagte (sie war übrigens auch „kommunistin“..):
“ Ohne allgemeine Wahlen, ungehemmte Presse- und Meineungsfreiheit, freien Meinungskampf erstirbt das Leben in jeder öffentlichen Institutiion, wird zum Scheinleben, in der die Bürokratie das allein tätige element bleibt. Das öffentliche Leben schläft allmählich ein.
Einige Dutzend Parteiführer von unerschöpflicher Energie und grenzenlosem Idealismus dirigieren und regieren. Unter ihnen leidet die Wirklichkeit. Ein Dutzend hervorragender Köpfe und eine Elite der Arbeiterschaft wird von Zeit zu Zeit zu Versammlungen aufgeboten, um den Reden der Führer Beifall zu klatschen und vorgelegten Resolutionen einstimmig zuzustimmen. Im Grunde also eine Cliquenherrschaft – eine Diktatur allerdings, aber nicht die Diktatur des Proletariats, sondern die Diktatur einer Handvoll Politiker, das heißt Diktatur im rein bürgerlichen Sinne.“
(übereinstimmungen mit der politischen situation im aktuell vorherrschenden kapitalismus sind selbstverständlich rein zufälliger natur..)
Herr Laurin: abermillionen sind durch perverse entartungen, dem misbrauch der ideen von Marx/Engels u.a. umgekommen (.. um noch mal darauf zurückzukommen: ist es nicht wunderbar wofür „wir“ diesen begriff des „Kommunismus“ verwenden können, wo er doch so vielfältig anwendbar ist: „DDR“ war K., Jugoslawien war K. und China ist es auch.. ach so.. Kuba, Venezuela, Obama.. {komisch – hört sich alles verdächtig besitzstandgefährend an} usw…) und ich bin nicht hier, um dieses kranke system in irgendeiner form zu rechtfertigen, aber
„..wer vom Faschismus redet, darf vom Kapitalismus nicht schweigen“
und hier stellt sich die frage, ob irgend jemand die millionen opfer des kaptalismus, die momentan sekündlich auf diesem planeten mit gleicher gnadenlosigkeit als „ausschuss“ „einkalkuliert“ werden denn in dieser „totaliralismustheorie“ mit „eingerechnet“ hat
ja, so zynisch, solch ein denken 🙁
[…] Die Ruhrbarone weisen darauf hin, dass die Schuhkette Klausner momentan ihr 75. Firmenjubiläum feiert. Wer etwas genauer hinschaut, bemerkt sofort, dass dort eigentlich das 75. Jubiläum der Arisierung bereits bestehender jüdischer Geschäfte gefeiert werden soll. Während der systematischen Ausplünderung und Entrechtung jüdischer Bürger wurde auch in Wuppertal bestehende Geschäfte unter Wert an neue, arische Besitzer verkauft. Das ist wahrlich kein Grund zu einer großen Jubiläumsfeier. […]
Ich wette,
das der „Mitglied der Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft“ und der
„Mitglied im Verein für die bedingungslose Anerkennung der “DDR” als Unrechtsstaat e.V.“
ein und dieselbe Person sind……
Der Hass aus den Kommentaren ist der gleiche……..