In jeder Behörde gibt es Stellen, die für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig sind. So auch bei der Polizei. Die Pressestellen der Polizeibehörden informieren über Einbrüche, Unfälle, Schlägereien und Großeinsätze. Und das ist auch gut so. Die Pressearbeit der Polizei ist wichtig, um die Bevölkerung zu informieren. Das geschieht mittlerweile ganz direkt zum Beispiel über Facebook und Twitter. Dass die Polizei aber an Facebook zahlt, um ihren Beiträgen eine höhere Reichweite zu geben ist, ungewöhnlich. Wenn es sich bei dem „gesponserten“ Beitrag auch noch um polizeiliche Maßnahmen im Rahmen eines Fußballspiels handelt, dann sollte man genauer hinschauen.
Das Spiel zwischen dem BVB und PAOK Thessaloniki wurde im Vorfeld als Hochrisikospiel bewertet. Beim Hinspiel hatten BVB-Anhänger gezündelt, und es war zu Auseinandersetzungen mit der griechischen Polizei gekommen. In Dortmund bereitete man sich nun auf ein Rückspiel mit Krawallpotential vor. Die Polizei verbreitete seit Dienstag Meldungen über die Brisanz des Duells. Am Mittwochabend konnte man die erste „Erfolgsmeldung“ herausgeben, ein Bus mit griechischen Fans sei kontrolliert worden, unter anderem seien Pyrotechnik, ein Messer und Betäubungsmittel gefunden worden. Der Donnerstag verlief dann in weiten Teilen ziemlich unspektakulär. Die griechischen Fans feierten in der Nordstadt, ein paar Böller wurden gezündet, aber viel mehr ist bis zum Spielende auch nicht passiert. Gegenüber den Ruhrnachrichten erklärten PAOK-Fans, dass das Spiel gegen den BVB aus ihrer Sicht keine Brisanz habe, und dass man sich im Vorfeld entschieden habe, in Dortmund „ruhig“ zu bleiben. Dabei soll auch ein Dortmunder Fanclub von PAOK Thessaloniki eine gewichtige Rolle gespielt haben.
Nach dem Spiel, dass der BVB übrigens mit 0:1 verloren hatte, wurde dann doch noch ein Polizeieinsatz nötig. 250 Ultras des BVB sollen im Bereich der U-Bahnstation Westentor Polizeikräfte angegriffen haben. In einer Pressemitteilung der Polizei heißt es: „Die Ultras versuchten dort geschlossen in eine Bahn zu gelangen. Polizeibeamte, die zur Sicherung in der U-Bahn eingesetzt waren, wurden durch Schläge und Tritte aus der Bahn gedrängt.“ (Das BVB-Fanzine „Schwatzgelb“ schildert die Vorgänge anders als die Polizei) Im Anschluss soll es zu Auseinandersetzungen gekommen sein, die Polizei setzte über 200 Ultras fest und überprüfte ihre Personalien. Dabei fand sie Sturmhauben, einige Mundschutze, Fan-Utensilien des Gegners und, wie bei den griechischen Fans am Vorabend, Betäubungsmittel.
Nun sind Ultras nicht immer ganz freundliche Gesellen, und es ist vorstellbar, dass sich die Ereignisse so zugetragen haben, wie die Polizei sie schildert. Trotzdem bleibt die Frage, warum die Dortmunder Polizei Steuergelder dafür ausgibt, ihre Pressemitteilung mit dem Titel „Dortmunder Ultras greifen Polizisten an – mehr als 200 Personen festgesetzt und überprüft“ zu bewerben.
Facebook-Postings zu bewerben, verspricht eine höhere Reichweite. Dieser Artikel würde für einen Betrag von 28€ bis zu 20.000 Nutzer erreichen, für 100€ wären es bis zu 74.000 Menschen auf Facebook, die wir erreichen würden.
Dass die Polizei ausgerechnet einen Beitrag zu einem Fußballspiel, und dort zur Festsetzung von gewalttätigen Ultras, durch Zahlungen an Facebook größere Reichweite verschafft, kann in einem größeren Kontext gesehen werden. In NRW fühlen sich Fußballfans seit Langem als beliebtes Feindbild des Innenministers und der lokalen Polizeibehörden. Immer wieder gibt es Berichte von unverhältnismäßigen Einsätzen oder schikanösen Maßnahmen gegen Fußballfans. Auch am Donnerstag erlitt die Polizei Gelsenkirchen eine gerichtliche Niederlage, nachdem sie einen Schalke-Fan mit Meldeauflagen für ein Auswärtsspiel in Griechenland belegt hatte. Das Gericht erklärte die Meldeauflagen für nichtig. Es ist also gut möglich, dass die Polizei mit dem gesponserten Facebook-Posting aktiv in die Politik gegen Fußballfans in NRW eingreift. Der verhältnismäßig kleine Vorfall kann so nebenbei dazu dienen, einen Großeinsatz zu rechtfertigen.
Zum gesponserten Facebook-Posting haben wir am Freitagnachmittag keine Antwort mehr von der Polizei Dortmund bekommen. Facebook sei Sache der Stelle für Öffentlichkeitsarbeit, hieß es in der Pressestelle der Polizei. Wir werden am Montag nachhaken, wenn dort wieder jemand zu erreichen ist.
Die Polizeibericht dazu ist einfach nur Hetze auf Bild Niveau. Zum heulen.
Die Aufklärungsquoten sind im Keller, die Kriminalitätsrate ist hoch.
Das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der Polizei sinkt.
Wenn nichts läuft, wird in der Wirtschaft Werbung geschaltet.
Für die Polizei wäre dies der falsche Weg. Damit würde Vertrauen geopfert, da die Glsubwürdigkeit leidet. Wenn angeblich Personal fehlt, sollte es nicht für die Info-Versorgung auf allen Social Media Kanälen verwendet werden. Ich sehe auch die Nutzung von privaten Plattformen kritisch. Das Geld für ein eigenes Portal sollte da sein.
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Die vielen Kommentare zu dem Einsatz, die ein friedliches Bild unter den Besuchern des Spiels gezeichnet haben, haben mich auch irritiert.
Was soll man glauben? Ich hoffe, dass wir erfahren werden, ob es Verurteilungen geben wird. Die Beweissicherung durch die Polizei , Kameras und Fans sollte vorhanden sein.
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Ich habe den Eindruck, dass trotz massiver Medienpräsenz von sehr gefährlichen Vorkommnissen im Bereich Fussball kaum Verurteilungen zu vermelden sind. Ist alles Übertreibung?
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Gab es im Ministerium nicht mal Ideen für eine neue Kommunikationsstrategie, über die auch vor 1-2 Jahren berichtet wurde????
Wenn man den Bericht
http://www.derwesten.de/staedte/dortmund/polizei-spricht-von-kriminellen-ultras-id11371995.html
Betrachtet, finde ich es erstaunlich, dass es bis jetzt "nur" 11 Anzeigen gegeben hat. Das passt nicht zur Schwere und Anzahl der geschilderten Vorfälle.
Was wird mit den Anzeigen passieren?
Was ist im Fussballumfeld wirklich los? Kommt man mit Sturmhaube etc ins Stadion? Wie sieht es mit den Kontrollen nach der Länderspielabsage aus (siehe auch letztes Frankfurt Spiel).
@ke: Na, logisch kommt man auch mit Sturmhauben ins Stadion. Die sind doch relativ leicht in die Tasche zu stecken. Einem Kumpel von mir hat man mal die Nasentropfen als potentielles Wurfgeschoss abgenommen. Aber neben uns stand dann ein Kerl, der seinen Kumpels acht große Dosen Bier ins Stadion geschmuggelt hat. Sind halt immer nur Stichproben….
@4
Ich bin davon ausgegangen, dass nach Hannover genauer komtrolliert wird.
Naja, Sicherheit ist relativ.
@#1 Arno: Die Schilderung aus den Reihen der Ultras auf schwatzgelb ist aber ebenso "prosaisch", übliches, polemisches Ballyhoo nach solchen Vorfällen halt.
Es ist seit langem zumindest Insidern bekannt, dass die Bereitschaft auch mal gern ihr "Antistress-Training" mit deftigen Prügeleinlagen im Rahmen von Fußballeinsätzen absolviert – dies allerdings zumindest mit Duldung ebensolcher "gestressten" Ultras und insb. Hools auf Basis von "Absprachen" im Vorfeld. Das PAOK-Spiel schien sich dazu anzubieten, da der Rahmen und die "Teilnehmerzahlen" überschaubar waren.
Ich würde im Gegensatz zum üblichen Verdächtigungsgeschwalle der Ultras dem keine aktuelle Bedeutung fürs Fanumfeld zumessen und Recherchen über Dortmunder Polizeiarbeit weiter auf deren "Umgang" mit Nazis und *diesem* Umfeld konzentrieren (auch wenn es da Überschneidungen gibt).
[…] Maßnahmen im Rahmen eines Fußballspiels handelt, dann sollte man genauer hinschauen…” Beitrag von Sebastian Weiermann bei den Ruhrbaronen vom 11. Dezember 2015 . Aus dem […]