1990: Eine WM, die alles veränderte

Dietrich Schulze-Marmeling, den Ruhrbarone-Lesern seit Jahren bestens bekannt durch meinungsstarke Interviews und lesenswerte Sportbücher, hat einmal wieder zugeschlagen. Mit ‚1990: Eine WM, die alles veränderte‘ hat der preisgekrönte Autor rechtzeitig vor der umstrittenen Fußball-Weltmeisterschaft in Katar ein neues Buch im Verlag ‚Die Werkstatt‘ herausgebracht, das einen näheren Blick lohnt.

Der ausgewiesene Fußballfachmann widmet sich auf den vorgelegten gut 200 Seiten den Entwicklungen, die seiner meiner Meinung nach aus dem Weltturnier des Jahres 1990 in Italien hervorgegangen sind. Das ist unterhaltsam, aber stimmt den Leser auch sehr nachdenklich.

Für mich persönlich ist die WM von damals einer der wenigen Höhepunkte in meinem bisher 51-jährigen Leben, an die ich mich unter Beteiligung der DFB-Auswahl erinnern kann. Ich bin grundsätzlich kein großer Anhänger von Nationalmannschaften, doch der Glanz des Turniers von 1990, als Franz Beckenbauer ‚die Deutschen‘ zum Titel führte, ist mir noch bis heute gut in Erinnerung. Für mich ist das Turnier in Italien bis heute auch deutlich bedeutender, als der Titelgewinn unter Coach Jogi Löw in Brasilien 34 Jahre später. Aber das mag eine rein subjektive Einschätzung sein, war ich beim Turnier 1974 doch noch zu jung und 2014 zu ernüchtert vom selbst Miterlebten.

Schulze-Marmeling zeigt in seinem neuesten Werk, dass es längst nicht nur Grund zu Stolz und Freude gibt, wenn man sich an die WM 1990 erinnert. Zumindest nicht dann, wenn man fußballromantisch veranlagt nennt. So heißt es in der Beschreibung des Buches, die der Verlag herausgegeben hat: „Die Fußballweltmeisterschaft in Italien 1990 war der Aufbruch in eine neue Zukunft des Fußballs: Das Spiel und dessen Wahrnehmung veränderten sich grundlegend. Der Fußball wurde kommerzieller, er wurde medientauglicher, er wurde, in Maßen, weiblicher und er wurde vor allem wichtiger. Der Aufbruch des Fußballs „in die Mitte der Gesellschaft“ begann im Sommer 1990.“

Der Autor macht deutlich, dass diese Weltmeisterschaft einen Ball ins Rollen brachte, der in Deutschland und in Großbritannien, aber auch in ganz Europa sehr viel in Gang gesetzt hat. Schulze-Marmeling ist der Überzeugung, dass der Fußball, wie wir ihn heute kennen, mit all seiner Überhöhung und seiner allgegenwärtigen Präsenz, seine Impulse aus einem Wettbewerb erhielt, der sportlich gar nicht sonderlich innovativ oder aufsehenerregend war.

Als jemand, der die WM 1990 bisher als schöne Erinnerung in seinem Gedächtnis gespeichert hatte, fällt es einem schwer seine Analysen und Einstufungen in dieser Klarheit zur Kenntnis zu nehmen, und auch zu akzeptieren. Seine Schlussfolgerung lautet: „Eine WM in Katar hätte es ohne die Entwicklungen, die rund um das Turnier 1990 ihren Ausgang nahmen, nicht gegeben.“

Wie immer, wenn Schulze-Marmeling schreibt, fällt es schwer ihm zu widersprechen. Mein Blick auf die WM 1990 hat sich daher in den vergangenen Tagen verändert. Und das ist sicherlich eines der schönsten Komplimente, die man einem Buch machen kann. Der einzige Wehrmutstropfen ist aus meiner Sicht der etwas ‚billig‘ wirkende Paperback-Einband.

Schaut euch das Buch einmal an!

 

Herausgeber ‏ : ‎ Die Werkstatt

Broschiert ‏ : ‎ 208 Seiten

ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3730706275

Preis : 22 Euro

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thomas weigle
thomas weigle
2 Jahre zuvor

Schöne Besprechung,ist schon bestellt

Ich habe die WM etwas anders als du in der Erinnerung.. Die Spielen gegen Jugoslawien in der Vorrunde und Holland im Achtelfinals.waren ganzr großes Kino. Aber dann: 1.0 gegen die damalige CSSR. Ein Elfmetertor und eine erbärmliche Leistung. Beckenbauer soll in der Kanine getobt haben,so der damalige Pressesprecher Niersbach Jahre später. Niersbach war sichtlich amüsiert,weil Beckenbauer für die Pressekonferenz seine Geschimpfe unterbrechen musste. Zurück bei der Mannschaft gings weiter.
Das Halbfinale war bestenfalls guter Durchschnitt und das Endspiel nur grauslig-immerhin mit gutem Ende. Die Spieler bekamen 130000DM. Die Frauen,die ein Jahr zuvor in einem tollen Endspiel erstmals Europameisterinnen wurden ein Kaffeeservice.

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