Das Ruhrgebiet hat eine öffentliche Diskussion zur Kulturpolitik bitter nötig. Eine Einladung auch an Michael Townsend
Lieber Michael Townsend,
dann versuche ich also mal, mit Ihnen – wie empfohlen – ‚glaubwürdig zu kommunizieren‘ ;-))
Sie schreiben in Ihrem letzten Kommentar zu meinem Ruhrbarone-Beitrag „Casino-Kapital frisst Kinderwürde und Kultur – 2011 droht nicht nur die freie Szene in NRW finanziell abzustürzen“:
„Zur Zeit schöpfen sicher alle nicht aus dem Vollen; weder die Freie Szene noch die kommunalen Institutionen im Kultur-, Sozial- und Sportbereich. Entscheidend ist für mich, dass das finanzielle ‚Kürzertreten‘ so erfolgt, dass die vorhandenen Strukturen erhalten bleiben. Ein ‚bisschen ausatmen‘ ist hier sicher zumutbar. Für alle. Natürlich gehen nicht mehr alle Projekte, die man sich vornimmt.“
Ich entgegne darauf:
Jetzt tappen Sie aber doch in die berüchtigte „Teile-und-herrsche-Falle“ oder stellen sie gar selbst auf?
Mir jedenfalls geht’s auf keinen Fall darum, Soziales gegen Kultur oder die Misere der kommunalen Einrichtungen gegen eine der freien Szene auszuspielen. Und Sie sollten das auch nicht tun.
Oper gegen Übungsraum für Rockmusiker, Bibliothek gegen Literaturhaus, Konzerthaus gegen Kindergärten usw.: Das ist Schnee von gestern. Auf diese Sackgassen-Diskussion will ich mich einfach nicht mehr einlassen.
Ich fordere schlicht das Beste für alle – und zwar überall da, wo es darum geht, menschenwürdige Rahmenbedingungen für das Wachstum von Menschen zu schaffen. Und wenn‘s dann nur das Gute und nicht das Beste wird, haben wir eben noch Spielraum nach oben. Wer keine Visionen hat, der sollte zum Arzt gehen (frei nach Helmut Schmidt).
Sich abfinden mit dem Abgefundenwerden?
Nur um eines geht es mit Sicherheit heute nicht mehr – wie Sie schreiben -, nämlich um:
Kürzertreten, ein bisschen ausatmen, nicht mehr aus dem Vollen schöpfen, nicht mehr so viele Projekte vornehmen. Diese Rhetorik, diese Haltung eines Sich-Abfindens mit dem Abgespeistwerden etikettieren Sie verniedlichend als ‚Zumutbarkeit‘.
Gegen Zumutungen sich etwas zumuten
Gerade wir, die wir kulturpolitisch agieren, sollten uns endlich etwas zumuten, also den Mut zu oder für etwas haben und nicht den Mangel auf immer niedrigerem Niveau immer einfallsloser verwalten. Sich etwas zumuten: Das also ist nicht der kleinmütige Mut eines Beifalls für das überall verordnete, verharmlosend so benannte ‚Sparen‘. Auch hinter diesem Euphemismus verbergen sich tatsächlich Umverteilung, Kürzung, Kapitulation vor den vermeintlich unveränderbaren ökonomischen Gegebenheiten.
Es geht also schon lange überhaupt nicht mehr um ein Kavaliersdeliktchen von ‚halt mal ein bisserl weniger Kultur, bis die Zeiten wieder besser sind‘.
Gewinne vergesellschaften
Wo auch immer ich im Moment die Wirtschaftsseiten lese (sogar in der WAZ), da hagelt’s Rekordgewinne. Wer kassiert und besitzt aber diesen immensen gesellschaftlichen Reichtum?
Es scheint zu bleiben, wie es immer war: Die Gewinne werden privatisiert, die Verluste aber einer bereits zuvor schon einmal abkassierten Gesellschaft aufgebürdet (wie jetzt auch durch die Atomindustrie in Japan).
Für das 2010lab.tv schrieb ich vor 10 Monaten unter
www.2010lab.tv/…/kultur-alltagsmythen-1-tanze-ums-goldene-kalb-–-bete-den-sponsor – :
„Welchen Banken gehört eigentlich Deutschland?
Ein geldsüchtiger Markt berauscht sich ungebrochen an immer größeren Ertragssteigerungen, global wie lokal sind die Folgen verheerend: So schrieb die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) bereits am 13.3.09: ‚Kindersterben durch Finanzkrise. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) befürchtet, dass bis 2015 bis zu 2,8 Millionen Kinder wegen der Auswirkungen der Finanzkrise sterben werden. Die Krise verursache dramatische Engpässe in den Gesundheitssystemen armer Länder (…).‘
Und lokal? Kulturelle Einrichtungen (die früher einmal auch aus Unternehmenssteuern gezahlt wurden) werden abgewickelt oder darben chronisch unterfinanziert, oft sind die Arbeitsbedingungen demütigend. Trotzdem halluzinieren viele Politiker immer noch, zu einer vermeintlich effektiven Wirtschaftsförderung gehöre sozusagen als Bonus auch eine Neuordnung der Kunst- und Kulturlandschaft im Sinne der Wirtschaft und ihrer leidenden Angestellten.“
Therapie ohne Diagnose?
Wenn wir weiterhin kulturpolitisch auf Recherchen, nüchterne Analyse und das Herstellen von (wirtschafts-) politischen Zusammenhängen verzichten und sozusagen nur noch theoriefrei einen Worthülsen-Pragmatismus „starker Vorwärtsgewandtheit“ (Was ist das?) propagieren, sind wir verloren und können früher oder später als Kulturförderer sowieso unseren Hut nehmen.
Kulturelles Leben stimulieren oder simulieren?
Sie schreiben zum Schluss Ihres Kommentars:
„Aber dieses Tief ist nicht das erste und nicht das letzte, aus dem wir uns herausarbeiten müssen und werden. Das geht mit Tatkraft, großer Überzeugung, das Richtige und das Wichtige zu tun, und starker Vorwärtsgewandtheit.“
Ich antworte:
Große Worte, lieber Herr Townsend,
aber trotz besch… Arbeitsbedingungen kenne ich kaum ‚rückwärtsgewandte‘ Akteure der freien Szene. Im Gegenteil, die meisten sind engagierte Leute, Liebhaber der Kunst, sozial hoch engagiert, beherzt, wach.
Ich selbst halte es zu meiner eigenen Ermutigung immer mit einem Satz Horkheimers, der einmal von sich gesagt hat, er sei im Theoretischen Pessimist und im Praktischen Optimist. Meine von Bourdieu, Negt und vielen anderen inspirierten Analysen betonen sehr stark die Kritik an den bestehenden Verhältnissen einer Kultur- vor allem als Wirtschaftspolitik. Hier bei den Ruhrbaronen schreibt auch Laurin über das Dortmunder U, Ecce und andere teure Vorzeigeprojekte wie das 2010lab.tv (liebe Güte, ist da dann doch – Abrakadabra – viel Geld vorhanden).
Durchdachte Kritik ist der Beginn von Veränderung
Kritik, das kommt aus dem Griechischen und meint: unterscheiden können.
Eine einfältige Argumentations-Figur (in der Kulturhauptstadt-Diskussion leider oft bemüht) lautet dagegen:
Kritiker an Kulturabbau oder Kultur- als Kampagnenpolitik sind bloß Nörgler, Besserwisser, Jammerer, Ewiggestrige, Pöstchenbewahrer. Mit dieser Abwertungs-Figur versuchte man sich selbst als ‚innovativ‘ (pah!), ‚open-minded‘ (puh!), ‚zukunftsorientiert‘ (bäh!) und ‚Macher‘ (ächz!) ‚erfolgs- und zielorientiert‘ (o nein!) zu ‚positionieren‘ (würg!).
Qualifizierte Kritik aber zielt immer darauf, das Bessere möglich zu machen
Und Kritik stellt Zusammenhänge her. Zwischen global und lokal, zwischen Geld und Gewissen, zwischen Tun und Unterlassen.
Gegen die Globalisierung im Sinne des großen Geldes z.B. muss eine Globalisierung des Umwelt- und Arbeitnehmerschutzes gesetzt werden. Gegen die Globalisierung der Zerstörung von Menschenwürde muss eine Globalisierung der Praxis von (sozialen) Menschenrechten verwirklicht werden. Gegen die Privatisierung von Unternehmensgewinnen (bei gleichzeitigem Abwälzen aller Verluste auf die Bürger), ja …, da könnte man doch einfach mal die Vergesellschaftung der Gewinne setzen, jedenfalls ein bisserl.
„Ein ‚bisschen ausatmen‘ ist hier sicher zumutbar“, empfehlen Sie der freien Szene; empfehlen Sie’s doch mal der Deutschen Bank, den Energieriesen oder den Brüdern Albrecht. Und siehe: Plötzlich wäre Geld genug für Soziales, Bildung und Kultur da.
Und wenn die dann auch mal – wie von Ihnen allen empfohlen – „finanziell kürzer treten“ und gesellschaftliche Verantwortung wirklich übernehmen, dann diskutiere ich auch gerne mit Ihnen darüber, ob einige Kulturarbeiter nicht zu viel Fett angesetzt haben und den Gürtel enger …, wer sich wann wo wandeln müsste, ob Sozialausgaben besser gesteuert gehören, wo mehr Eigeninitiative fehlt.
Pathos? Ja, gerne
Bisschen viel Pathos? Naja. Pathos kommt aus dem Griechischen (schon wieder! verflixt!) und heißt neben Leiden auch: Leidenschaft. Und mir tun – um mit Lichtenberg zu sprechen – viele Sachen weh, die andern nur leidtun.
Vielleicht schaffen wir es, die Diskussion fortzusetzen und öffentlich stärker zu entfachen.
Dass Sie sich für Kultur ins Zeug legen, ehrt Sie allemal.
Aber Sie dürften’s ruhig auch für mehr und bessere Kultur tun – das würde dann allerdings mit einer Dekonstruktion der sogenannten Spar- und Sachzwänge beim Kulturabbau als freiwillige Leistung beginnen müssen.
Lieber Gerd Herholz,
in Ihrem sicher weder polemik- noch pathosfreien Statement unterstellen Sie mir hier und da Positionen und Absichten, die mich nie umgetrieben haben.
So stelle ich explizit nicht die Falle des Sich-gegenseitig-Ausspielens zwischen Kultur-, Sozial- und Sportbereich auf (auch andere könnten hier genannt werden), sondern nenne bewußt alle in einem Atemzug, um mich nicht von vorneherein dem Vorwurf auszusetzen, hier nur für die Kultur zu sprechen. Auch einen Widerspruch zwischen der kommunalen institutionellen Kultur und der Freien Szene vermeide ich bewußt, da beide Bereiche unter den Konsolidierungserfordernissen enorm „geblutet“ haben.
„Oper gegen Übungsraum für Rockmusiker, Bibliothek gegen Literaturhaus, Konzerthaus gegen Kindergärten usw.: Das ist Schnee von gestern.“: D’accord!
Wenn Sie versuchen, mit einer Formulierung wie „ob einige Kulturarbeiter nicht zu viel Fett angesetzt haben“ einen Hauch von „Klassenkampf“ zwischen den Kulturakteuren provozieren wollen, schlagen Sie damit die Schlachten der Vergangenheit. Verdient der Beleuchter eines Stadttheaters zu viel? Finden Sie die Gagen der Schauspielensembles zu hoch? Die NV-Bühne-Verträge zu komfortabel? Sollte ein hochqualifizierter Orchestermusiker nicht ordentlich verdienen? Oder geht es mal wieder gegen die Kulturfunktionäre? Gegen das Kulturmanagement?
Sorry, aber in allen diesen Bereichen wachsen keine Bäume in den Himmel!
Wenn ich dafür plädiere, nicht die Realitäten der Kommunalfinanzen zu negieren und auf die gängige Empörungskultur gegenüber den kommunalen Kulturverantwortlichen in Verwaltung und Politik zu verzichten, dann mache ich das, weil ich aus meiner täglichen Praxis weiß, dass hier mit die entschiedensten Kulturlobyisten sitzen, die intensivsten Auseinandersetzungen um „die Kohle“ stattfinden, hier kreativst (sorry für den nicht existierenden Superlativ) Wege gesucht werden, existenzbedrohende Finanzengpässe zu beseitigen und an diesen Schnittstellen die Türen geöffnet werden für Sponsoring und Mäzenatentum.
Auch wir müssen z. B. bei aller Berechtigung unserer Forderung nach spürbaren Mitteln z. B. für einen NRW-Theaterpakt gegenüber dem Land akzeptieren, dass auch dort kein Goldesel im Keller sein Werk verrichtet.
Ohne einer fatalistischen Grundhaltung das Wort zu reden: „Das Leben ist so, wie’s halt ist.“
Und bei allem Verständnis für Ihre Kritik an den Folgen des globalen Spekulanten- und Finanzzockertums: Neo-marxistische „Gut-gemeint-Kritik“ hilft uns nicht weiter. Weil wir’s eben lokal nicht steuern können und jede noch so absurde Gordon-Gekko-Karikatur an der Wall-Street sich einen Dreck um ein Protest-Transparent in Rüttenscheid schert.
Lassen Sie uns gemeinsam pragmatische (pfui!) Lösungen suchen, mit denen wir in der Finanzkrise der öffentlichen Kassen „überwintern“ können. Denn ob Sie’s glauben oder nicht: Wir ziehen nicht nur an demselben Strang, sondern sogar in dieselbe Richtung!
Zitat Townsend:
„Ohne einer fatalistischen Grundhaltung das Wort zu reden: “Das Leben ist so, wie’s halt ist.”
Das, Herr Townsend, nenne ich eine fatalistische Grundhaltung.
Herr Herholz,
ich hätte nicht geglaubt, daß Sie mich einmal begeistern könnten. So richtig.
Heute haben Sie es geschafft. Da spring ich mal vom Stuhl und werfe meinen Hut vor Freude in die Luft und Blumen auf die Bühne!
Ein Kaktus für Herrn Townsend fällt ja sicher vom Balkon…
Lieber Michael Townsend,
Dank für die prompte Antwort und den – vice versa – polemischen Ton. Das macht gar nichts, weil Polemik eben ‚Streitkunst‘ meint – und ich selbst pointiere ja auch gern.
Sie schreiben:
„Lassen Sie uns gemeinsam pragmatische (pfui!) Lösungen suchen, mit denen wir in der Finanzkrise der öffentlichen Kassen ‚überwintern‘ können.“
Gemeinsam pragmatische Lösungen? Gerne. Mache ich jeden Tag im Alltag der Literaturförderung. Dies sollte einen aber nicht davon abhalten, theoretisch weiter über den Tag und Pleiten, Pech und Pannen hinaus zu reflektieren. „Überwintern“ ist das eine; aber woher soll denn der Kultur-Frühling (anders als der Natur-Frühling) kommen, wenn wir ihn nicht vorbereiten?
Sie schreiben:
„Denn ob Sie’s glauben oder nicht: Wir ziehen nicht nur an demselben Strang, sondern sogar in dieselbe Richtung!“
„Wir“ (wer ‚wir‘?) ziehen alle am gleichen Strang??? Vielleicht, aber wessen Kopf liegt in der Schlinge?
Um es nur einmal an einem Beispiel festzumachen:
Sie schreiben:
„(…)weil ich aus meiner täglichen Praxis weiß, dass hier mit die entschiedensten Kulturlobbyisten sitzen, die intensivsten Auseinandersetzungen um “die Kohle” stattfinden, hier kreativst (sorry für den nicht existierenden Superlativ) Wege gesucht werden, existenzbedrohende Finanzengpässe zu beseitigen und an diesen Schnittstellen die Türen geöffnet werden für Sponsoring und Mäzenatentum“.
Ja, richtig, bravo, gehört auch zu meinem Tagesgeschäft!
(Wie gesagt: Ich bin im Theoretischen ein Pessimist, im Praktischen ein Optimist. Übrigens sollten Sie mich nicht in die „neo-marxistische“ oder „Gut-gemeint-Kritik“ einordnen. Ein blasses Etikett ersetzt kein Argument.)
„(…) und an diesen Schnittstellen die Türen geöffnet werden für Sponsoring und Mäzenatentum“
Aber schauen wir uns dieses „Sponsoring“ einmal genauer an. Dass ich da aus der Perspektive eines Literaturförderes blicke, mögen Sie mir verzeihen, ich kenn mich da halt am besten aus.
Tatsächlich, da stimme ich Ihnen zu, ist es so, dass smarte Creative-Economy-Kulturmanager den Autoren und Literaturförderern immer öfter zynisch anraten: Sucht euch Sponsoren, lasst euch ein auf Public-Private-Partnership!
Doch es ist eine Illusion zu glauben, die Wirtschaft gäbe im Bereich der Kunstförderung, speziell der Literaturförderung, auch nur ansatzweise etwas von dem wieder aus, was sie nicht nur in den letzten Jahren an Steuermilliarden der Gesellschaft vorenthalten oder als Gewinn&Subvention eingenommen hat. Da hilft es nicht einmal, dass Sponsorengelder von den Unternehmen erneut genutzt werden könnten, um sie z. B. als Spende von der Steuer abzusetzen.
Das alles weiß die Wirtschaft selbst viel besser als die Politik, gibt es allerdings ungern öffentlich zu. Deshalb zitiere ich gerne Prof. Dr. Dietger Pforte von der Stiftung Kulturfonds, der schon Anfang 2001 in einem Börsenblatt-Interview meinte:
„Literatur ist offenbar für private Geldgeber ein gefährlicher Bereich. Wir beobachten bundesweit ein enormes Sichzurückziehen und nur ein sehr sprödes Sponsoring oder Mäzenatentum im Bereich der Belletristik. In Berlin befürchten potenzielle Sponsoren nach unseren Erfahrungen sehr häufig, dass Inhalte und Intentionen geförderter literarischer Texte nicht mit Unternehmenszielen in Einklang zu bringen seien und negative Wirkungen entstehen könnten. Bei der bildenden Kunst oder Musik tragen sich Sponsoren selten mit solchen Sorgen.“
Wirtschaft wird der Literatur, der Literaturförderung also nur in Ausnahmen wirklich aushelfen und damit die Regel der sukzessiven Abschaffung der Literaturförderung z.B. bestätigen.
Warum also sollte sich Literaturförderung der Wirtschaft(sförderung) überhaupt erst unterordnen? Es ist nicht die Aufgabe der Autoren, der Literatur und Literaturförderung, die Schmiermittel für Wirtschaftsförderung und Politikrepräsentation zu liefern.
Kennen Sie das nicht auch?
„Nein, schlaft nicht, während die Ordner der Welt geschäftigt sind!
Seid mißtrauisch gegen die Macht, die sie vorgeben für euch erwerben zu müssen! Wacht darüber, daß eure Herzen nicht leer sind, wenn mit der Leere eurer Herzen gerechnet wird! Tut das Unnütze, singt die Lieder, die man aus eurem Mund nicht erwartet! Seid unbequem, seid Sand, nicht das Öl im Getriebe der Welt!“
Günter Eich: Träume (1950), in: Günter Eich, Fünfzehn Hörspiele, Frankfurt 1981, S. 88
Marketing-Kompatibilität und daraus notwendig folgende Political Correctness waren noch nie Gütekriterien für Literatur, ganz im Gegenteil. Marketing will immer gelungenen Image-Transfer. Unternehmen wollen in der Außendarstellung etwa familiär, sauber, adrett, dynamisch, zukunftsweisend und jung sein. Literatur ist dies alles bestenfalls mit ironischem Gestus. Literatur spricht eher übers Scheitern, über Abgründe und Krisenverlierer. Mit Literatur ist kein Staat zu machen, erst recht keine sofort lösliche Wirtschaftsförderung. Schriftsteller sind eben keine Content Provider für CEO-Biotope.
Eben deshalb muss vor allem der Staat die Literatur weiter und wieder besser fördern: weil mit der Literatur nicht vordergründig Staat zu machen ist. Literatur nützt dem Staat nicht unmittelbar, aber es nützt der Gesellschaft, wenn sie eine ästhetisch wie politisch komplexe Literatur hat, eine Art kritisches Selbstbewusstsein. Das zu fördern, setzt allerdings auch ein mäzenatisches Verständnis für Kultur voraus, einen souveränen Staat, souveräne Politiker, die zu fördern bereit wären, was uns ästhetisch, intellektuell und nicht zuletzt politisch fordert.
Sehr klar argumentiert hier übrigens der Auch-nicht-Neo-Marxist Ingo Schulze (Berlin), einer der weltweit renommiertesten deutschsprachigen Autoren.
Vielleicht glauben Sie ihm als Künstler/Literat, was Sie bei mir als Literaturbürokraten für unpragmatischen Utopismus halten.
Mehr finden Sie unter:
http://www.freitag.de/pdf-archiv/Freitag-2008-10.pdf . Sein Artikel da auf S. 19 der Ausgabe 10(2008 heißt:
„(K)ein nobler Dienst an der Gesellschaft. Sponsorenkäfig“. Endlich mal ein Autor, der versucht sich im Sponsorenzirkus und seinen Käfigen nicht zum Affen machen zu lassen.
Ich denke, wir sind in der Diskussion. Aren’t we?
Mit denkvergnügten Grüßen
Ihr
G.H.
Die Beiträge von Herrn Gerd Herholz haben mich sprachlich und inhaltlich mehr überzeugen können sowie im eigenen Tun bestärkt.
Ich würde mich sehr freuen, wenn mein Freund Frank-Peter Gebbers (Pensionierter Bochumer VHSDirektor) und der EX-Kulturderzenent Küppers sich an der Diskussion beteiligen würden.
Sparen ist das Gebot der Stunde.
Sparen bitte jedoch nicht bei den Ärmsten, Schwächsten,Wehrlosesten, den Kultur-/Arbeitloseninitiativen, sondern beim verwenderischem Energieverbrauch.
Keine Angst vor der atomaren Versorgungslücke!! Gut, das auch dieses wichtige Thema u.a. vom Münchener Umweltinstitut nicht aus den Augen verloren wird. Am Ende könnten wir ansonsten bei neuen Kohlekraftwerken und mithin wirtschaftsfreundlichen EON/RWE etc. und einer CO2 Reduktion torpedierenden Politik unsere ökologische Bauchlandung erleben.
Der Club of Rome hatte bereits 1975 die Grenzen des Wachstums vorher berechnet und als Umkehrjahr postuliert. .
Abschied von der Selbstzerstörung (Peter Schellenbaum), Homo Faber (Max
Frisch) oder Die ökologische Chance (Carl Amery) hatten bereits vor
mehreren Jahrzehnten begründete Zweifel an den vermeintlich rational
zementierten Weltbildern. Kant mit der Erkenntnis des nur vernunftfähigen Menschen hatte frühe Zweifel und unter Profitinteressen wird gar die zarte Pflanze der Halbweisheiten noch unter den Profitteppich gekehrt.
Nein, danke!!
Abschalten! Umdenken! Nur nicht weiter so, weder in der Kultur- und erst recht nicht mit einer menschen-/demokratie verachtenden, totbringenden Wirtschaftspoltik.
Mit freundlichem Gruß
Kurt-Dieter Jünger
Jetzt muss ich doch mal fragen: Karl Marx kenn ich ja. Aber wer war Neo Marx?
Der Bruder von Groucho?
Neo kommt nicht vom Neon, ist aber jedesmal für Wessis relativ neu. Eine geschichtlich derartige Lichtgestalt wie eben beschriebener M. ,bedarf zwar keiner wissenschaftlichen Erneuerung, aber im anderem, rotem, sprachlichen Licht wirkt er noch attraktiver.
Hoffe, dir geht es gut. Habe lange nichts mehr gehört, erinnere mich aber an unsere Berlinreise mit dem EX_GROTTI.
Gruß aus Obergrausen dem Dorf der sportlich/wirtschaftlichen Absteiger
Haben Sie Humor, Herr Townsend ? Das hätte ich nun nicht erwartet…
Herr Jünger, diese Reise wird mir unvergesslich bleiben – vom Pianoplayer bis zu „Thekengesprächen“. Liebe Grüße zurück aus Hamburg. Und Danke: Bestens.
Alle Achtung Herholz. Sehr engagiert.
Den Townsend wirst du aber damit nicht überzeugen.
Wer solche Aussagen von sich gibt: “Das Leben ist so, wie’s halt ist.” Der ist kein Gestalter, geschweige denn ein Kämpfer. Der lässt es gemütlich angehen.
Noch ein letzter Kurzkommentar von mir: Ein Gestalter ist nicht zwangsläufig ein „Mit-demKopf-gegen-die-Beton-Wand-Renner!“.
Und über die Definition von „Gemütlichkeit“ können wir uns gerne mal unterhalten!
Zur Sache: Natürlich habe ich nie der Illusion nachgehangen, dass Sponsoring die Lösung aller Probleme ist. Ich weiß aus meinen Erfahrungen aus der Sponsorenakquisition sehr genau, welche Projekte sich dafür eignen und welche nicht. So viele Sponsoren, die den Ausfall aller öffentlichen Mittel ersetzen könnten, gibt es nicht. Und erst recht nicht solche, die eher sperriges Kulturgut für ihren Imagetransfer nutzen (können).
Und in bezug auf die Reaktionen auf meine sicher provozierende Aussage: „Das Leben ist so, wie’s halt ist.” kann ich nur noch mal nachlegen, dass ich mich in manchen Disputen an Shakespeare erinnert fühle:
„Though thou speak’st truth, methinks thou speak’st not well!“
#1 Lieber Michael Townsend,
warum schon jetzt ein „letzter Kurzkommentar“? Jetzt, wo der Austausch von Argumenten richtig beginnen könnte. Oder meinen Sie das nur für heute? Dann geht’s ja.
Sie schreiben oben in 1):
„Wenn ich dafür plädiere, nicht die Realitäten der Kommunalfinanzen zu negieren und auf die gängige Empörungskultur gegenüber den kommunalen Kulturverantwortlichen in Verwaltung und Politik zu verzichten…“
Die „Realitäten der Kommunalfinanzen“ negiere ich als manipulierte, also hergestellte Realität nie.
Solche gemachten „Realitäten“ sind aber auch wieder veränderbar, indem man sie nicht nur anerkennt, sondern eben auch erkennt, begreift in ihrer Gewordenheit. Die Pleite der Kommunen ist über Steuerentlastungen von (Groß-)unternehmen besonders seit Anfang der 2000er Jahre systematisch herbeigeführt worden. Auch in NRW. Dazu hat dann der Bund den Kommunen immer mehr (soziale) Aufgaben aufgebürdet. Plus andere Faktoren.
Aber diese „normative Kraft des Faktischen“ kann man doch unterlaufen, indem man die Fakten verändert, die als Kraft normativ wirken. Deshalb meine Analysen von Zusammenhängen.
„Empörungskultur“? Gegen Empörung ist überhaupt nichts zu sagen, wenn die Verhältnisse zur Empörung Anlass und Empörung nicht zur kalkulierten Routine wird (Westerwelle). Zur oder besser vor der Empörung sollte aber Recherche, Analyse, Nachdenken stattfinden, das versuche ich beharrlich zu vermitteln.
„Empörungskultur gegen die kommunalen Kulturverantwortlichen…“? Eigentlich selten. Und glauben Sie mir: Ich würde mich viel lieber ‚mit‘ den „kommunalen Verantwortlichen“ empören (das Nachdenken immer vorausgesetzt) als ‚gegen‘ sie (was ich persönlich sowieso äußerst selten mache). Das Problem scheint mir eher bei vielen „Verantwortlichen selbst zu liegen, die die dekretierten Spar- und Sachzwänge nur noch vollstrecken, statt ihre Absurdität argumentativ bloßzustellen.
Ansonsten kann ich zur „Empörungskultur“ nur wiederholen, was ich hier bei den Ruhrbaronen in einer Buchbesprechung am 26. März u.a. zu „Empört Euch“ von Stéphane Hessel geschrieben habe:
„In den letzten Tage habe auch ich Stéphane Hessels liebenswürdig-langweiligen Appell „Empört euch“ und “Der kommende Aufstand” des Unsichtbaren Komitees gelesen. Kein Wunder, dass einem davon schwindelig wird.
In “Empört euch” erzählt Hessel als integrer roter Urgroßvater aus seiner Résistance-Zeit ff. und fordert die Jugend der Welt auf, angesichts globaler Missstände humane Werte und eine Mentalität der Empörung wiederzubeleben. Alles nicht so falsch. Mehr linkisch als links wirkt allerdings, wie Hessel Empörungskultur als neualten Konsens beschwört, zumindest in dieser Schrift aber das öffentliche Nachdenken über die Objekte möglicher Empörung lieber auf später verschiebt. Ob so viel Empörungseuphorie je eine Welle zivilen Ungehorsams auslösen kann, die mehr ist als über den Tag hinausreichende Wutbürgerei, darf stark bezweifelt werden.“
Also, im Sinne einer sich weiter aufklärenden Aufklärung: Sapere aude!
Und dafür werde auch ich heute langsam zu müde.
Gute Nacht
Liebe Mimi Müller,
schön von Dir nach Jahren zu hören – und aus Hamburg wie ich den Kommentaren entnehme? Ich hoffe, Du hast Deinen scharfen Verstand und die hellsichtige Kodderschnauze behalten. Scheint so, jedenfalls.
Danke für Blumen. Auch Michael Townsend gebührt zumindest ein blühender Kaktus. Immerhin diskutiert er öffentlich kontrovers und nicht nur bei Insider-Podien mit der immergleichen Besetzung. So etwas ist selten hierzulande und verdient Respekt.
Schöne Grüße
G.
#11 Herholz
„Das Problem scheint mir eher bei vielen “Verantwortlichen selbst zu liegen, die die dekretierten Spar- und Sachzwänge nur noch vollstrecken, statt ihre Absurdität argumentativ bloßzustellen.“
Das ist des Pudels Kern. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Townsend nichts durchsetzen kann, was nicht dem Zeitgeist entspricht. Es ist nicht allein sein Problem, sondern das einer Generation von Kulturverantwortlichen, die sich in ihr reaktives Verwalterdasein unbewußt gefügt haben. Erschwerend kommt hinzu, dass es eine Menge Intuition und Kenntnis erfordert, die Übersicht im kulturellen Wirrwar zu erlangen. Wer möchte schon gerne scheyttern? Dann macht man lieber Dienst nach Vorschrift. Und wenn man geschickt den Zeitgeist bemüht – und das gelingt Townsend – reicht es aus, um Karriere zu machen. Im Ruhrgebiet allemal.
Herr Townsend,
nicht nur, dass Sie im Deutschen schon einen Sprachstil pflegen, der einen Großteil der Menschen von der Teilhabe an Ihrem „Gedankengut“ ausschließt – nun kommen Sie auch noch mit Shakespeare „in Orginalfassung“ daher ?
Und Sie, Herr Herholz, werfen mir mal flott das Sträusschen wieder zurück – Sie können sich ja auch nicht des Lateinischen enthalten.
Ich darf den Herren nocheinmal versichern, daß ich diese intellektuelle Besserpisserei und die damit einhergehende, von Ihnen mit Hingabe gepflegte, anhaltende sprachliche Ausgrenzung einer überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung , einmal mehr zum Kotzen finde.
Sind Sie nicht willens oder sind Sie nicht fähig, sich einer einfachen, klaren Ausdrucksweise zu bedienen?
Sagen Sie mir das bitte mal, – davon wird ganz entscheidend abhängig sein, welchen Umgang ich zukünftig mit Ihnen pflege.
@Mimi Müller: Ich kann Ihre Sprachkritik nicht nachvollziehen. Die Texte und Kommentare sind gut lesbar und mit Humor und Augenzwinkern geschrieben. Blogs, auch die Ruhrbarone, sind Nischenangebote, in denen es auch möglich sein muss, Themen aufzugreifen und Diskussionen zu führen, die nur für kleine Gruppen interessant sind. Ich kann nicht sehen, was an den Texten unverständlich sein soll. Und „Besserpisserei“ erkenne ich schon gar nicht.
Herr Laurin,
dann ist das offenbar für mich das völlig flasche Forum. Ich danke für den Hinweis.
Liebe Frau Mimi Müller,
auauau, Sie werden doch jetzt nicht zur Domina der deutschen Sprache, gar zur Sprachpolizei? Die Rolle der Anwältin des „Kleinen Mannes“ oder der „Kleinen Frau“ ist auch nur eine Pose.
„Sapere aude“ („Habe Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen“) ist Basiswissen zur Aufklärungsepoche. Ihre Kritik an Jargons ist uralt (und manchmal durchaus berechtigt), aber komplexe (darf ich ‚komplex‘ sagen?) Sachverhalte erfordern eben oft auch differenzierte Sprache (und die kann durchaus verständlich bleiben, wenn sich auch der Leser/die Leserin bemüht).
Sich immer auf den „kleinen Mann“ zu berufen (oder die „kleine Frau“), die andere angeblich ausgrenzen, ist sehr gefährlich und steht in der Tradition einer deutschen Intellektuellenfeindlichkeit, die immer wieder gefährliche Auswüchse gezeigt hat.
Ich gehe davon aus, dass es leider viele dumme Menschen gibt, an deren Sprachniveau von Bildzeitung und Nachmittagstalk ich mich auf keinen Fall anpassen will. Allerdings weiß ich auch, dass viele dumme Menschen eben dumm gehaltene Menschen sind, die ihre Dummheit nicht selbst verschuldet haben, weil sie kaum eine Chance hatten, klüger zu werden.
Nun gibt es zwei Möglichkeiten sich mit dieser sprachliche Dummheit auseinanderzusetzen:
Man verzichtet selbst auf differenzierte Sprache und quatscht den üblichen Quark mit. Oder man arbeitet mit an der Verbesserung von Bildung, damit die Dummgehaltenen klüger werden können – und ihre Sprache entfalten.
Ich ziehe letzteren Weg vor.
Habe ich mich Ihnen verständlich machen können, Frau Müller: „Sagen Sie mir das bitte mal, – davon wird ganz entscheidend abhängig sein, welchen Umgang ich zukünftig mit Ihnen pflege.“
So, carpe diem. Ich habe einen langen Arbeitstag vor mir und kann bestenfalls spät abends antworten.
…und es war so eine interessante Diskussion und dann: kam Mimi…
Ohne Ihre Einlassungen aufmerksamer studiert zu haben, Herr Herholz, möchte ich eines unverzüglich feststellen:
Gleich im ersten! Satz gleiten Sie in ein sexuelles Bild ab. Ein Verhalten, das ich bei Männern nun schon seit Jahrzehnten studieren konnte, und das ich – nach wie vor – einigermaßen verachte. Allein diese unverschämte Einleitung enthöbe mich schon einer Antwort. Denn wenn Sie, mit all Ihrer Lebenserfahrung und bei allem intellektuellen Vermögen – sich einer solchen Einleitung nicht enthalten können, dann bringt das wohl gar nichts, wenn ich Ihnen nun auch noch näher zu bringen suche, was nach Jahrzehnten des Feminismus offensichtlich auf fruchtlosen Boden gefallen ist.
Ob ich Ihnen dennoch antworten möchte, bezweifle ich, denke aber drüber nach. Warten Sie nicht nicht, es könnte vergeblich sein.
Herr Laurin,
ich war eben stinksauer, sorry, mir geht immer an der gleichen Stelle der Hut hoch. Sehen Sie es mir bitte nach. Ich kann allerdings nicht einmal Besserung geloben, ich möchte meine Temperamente behalten.
Ich will aber dennoch versuchen, Ihnen zu erklären, irgendwie, (das ist nicht einfach)was ich kritisiere.
Zunächst ein paar Beispiele, kunterbunt,zusammengestellt:
Die “Realitäten der Kommunalfinanzen” negiere ich als manipulierte, also hergestellte Realität nie.
Solche gemachten “Realitäten” sind aber auch wieder veränderbar, indem man sie nicht nur anerkennt, sondern eben auch erkennt, begreift in ihrer Gewordenheit.
Aber diese “normative Kraft des Faktischen” kann man doch unterlaufen, indem man die Fakten verändert, die als Kraft normativ wirken.
Das Problem scheint mir eher bei vielen “Verantwortlichen selbst zu liegen, die die dekretierten Spar- und Sachzwänge nur noch vollstrecken, statt ihre Absurdität argumentativ bloßzustellen.
Schriftsteller sind eben keine Content Provider für CEO-Biotope.
Literatur nützt dem Staat nicht unmittelbar, aber es nützt der Gesellschaft, wenn sie eine ästhetisch wie politisch komplexe Literatur hat, eine Art kritisches Selbstbewusstsein. Das zu fördern, setzt allerdings auch ein mäzenatisches Verständnis für Kultur voraus, einen souveränen Staat, souveräne Politiker, die zu fördern bereit wären, was uns ästhetisch, intellektuell und nicht zuletzt politisch fordert.
Das sind nur ein paar Zitate aus obigen Kommentaren, aufgeplüscht werden die jeweiligen Beiträge mit französischen, englischen, lateinischen Ausrufen und Sprüchen.
Ich denke über all das nach, was ich das lese. Vielleicht müssen Sie das ja nicht und haben ein „intuitives“ Verständnis für das, was der Schreiber sagen will, vielleicht sind Sie auch „so sehr im Thema“, waren auf so vielen „Podien“, daß Sie die jeweilige Argumentation schon kennen. Ich aber bin interessierte Laiin und möchte eine Diskussion verfolgen, um mich, ggf., daran zu beteiligen.
Und da stoße ich dann auf zuweilen durchaus komplexe Gedankengänge, aber in „Sprachwolken“ gehüllt, von denen ich zuweilen gar nicht mehr weiß, wo sie hinziehen oder wo sie herkommen. Auch ich glaube ein intuitives Verständnis für Vieles zu haben – allein darauf habe ich mich aber nie verlassen. Also lese ich auch, Wort für Wort, Satz für Satz.
Und versuche zu einem tieferen Verständnis zu kommen.
Doch wie die Hütchenspieler legen die Sprachführer das Wort unter die Nuss und los geht das Geschiebe…
Wenn ich fordere, sich einer einfachen, klaren Sprache zu bedienen, wenn man verstanden werden will, dann ist das nicht gleichbedeutend damit, daß ich „der Dummheit“ das Wort rede. Das sind andere, die das tun, in dem sie Einfachheit immer wieder auch mit Dummheit gleichsetzen. Bedauerlicherweise, die immer Gleichen.
Sprachliche Schönheit schließt für mich Klarheit und Verstehbarkeit nicht aus. Und sie ist auch nicht im Verwenden fremdsprachlicher Zitate begründet.
Mir ist heute zum ersten Mal der Gedanke gekommen, daß das vielleicht von Vielen als „sprachliche Ästhetik“ verstanden wird:
die Fähigkeit zu sprachlichen Hütchenspielereien.
Vielleicht merkt ja auch hier niemand, wenn der Kaiser mal wieder nakkich rumläuft…
# 19 doch mal zwischendurch
Mimi Müller schreibt:
„Ohne Ihre Einlassungen aufmerksamer studiert zu haben, Herr Herholz, möchte ich eines unverzüglich feststellen:…“
Schön, dass Sie’s zugeben.
Und zum Schluss schreiben Sie:
„Vielleicht merkt ja auch hier niemand, wenn der Kaiser mal wieder nakkich rumläuft…“
Ei, ei, ei, was für ein männerfeindliches, sexistisches Bild.
Um es mit Ihren Worten zu sagen:
„Zum Schluss gleiten Sie in ein sexuelles Bild ab. Ein Verhalten, das ich bei Frauen nun schon seit Jahrzehnten studieren konnte, und das ich – nach wie vor – einigermaßen verachte. Allein dieser unverschämte Schluss enthöbe mich schon einer Antwort.“
😉
Sollen wir’s nicht mit mehr Humor nehmen und wieder zur Diskussion um Kulturförderung zurückkehren? Wenn Ihnen von mir klare Worte fehlen, sagen Sie’s doch klarer. Mich würd’s freuen, ich lerne gern dazu und würde Ihnen dann ab sofort jede klarere Formulierung klauen.
Die Kritik von Mimi Müller kann ich in gewisser Weise nachvollziehen. Sprache kann Sachverhalte klären, kann sie aber auch verschleiern. Der manieristische Sprachumgang, der hier manchmal gepflegt wird, neigt zum zweiten. Er dient weniger der Sache. Vielmehr fungiert er als Selbstschutz der Diskutanten, als quasi emotionales Schild. Heraus kommt bei diesen Diskussionen oft nicht sehr viel, da alle immer auch ein wenig Recht haben und sich in der Bedrängnis wie ein Advokat auf das sichere Feld der sprachlichen Spitzfindigkeiten zurückziehen können. Damit kommt man in der Sache leider nicht weiter.
#14 und #19 # 21
Lieber Bürokratenfeind,
man soll sich nicht jeden Schuh anziehen, aber heute bin ich in Streitlaune und da darf`s sogar ein Stiefel sein. Und um den Metaphernsalat vollends zu verpfeffern: Mit einem Messer im Rücken geh ich noch lang nicht nach Hause.
Die Kritik vom Mimi Müller können Sie also in gewisser Weise nachvollziehen!?
Ach, du liebe Güte! So schnell sollten sie nicht der Feministinnen-Pose als Bluff und der aufgeregten Für-Verständlichkeit-auf-die-Barrikaden-Rhetorik erliegen.
Was vollziehen Sie denn nach bei einem Satz wie:
„Herr Laurin,
ich war eben stinksauer, sorry, mir geht immer an der gleichen Stelle der Hut hoch. Sehen Sie es mir bitte nach. Ich kann allerdings nicht einmal Besserung geloben, ich möchte meine Temperamente behalten“ ?
Und wird das Folgende jetzt wirklich der Sprach-Maßstab? Zitat M.M.:
„Ich darf den Herren nocheinmal versichern, daß ich diese intellektuelle Besserpisserei und die damit einhergehende, von Ihnen mit Hingabe gepflegte, anhaltende sprachliche Ausgrenzung einer überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung , einmal mehr zum Kotzen finde.“
Herr T. und ich sind also intellektuelle Besserp…., Dauer-Ausgrenzer und unseretwegen muss Frau M. kotzen. Vielen Dank auch. Und so einfach, klar und verständlich. Schön schlicht, könnte man sagen. Aber leider ohne jedes Argument.
Im 14er Kommentar beschreibt M.M. also die Diskussion von M.T. und mir lautstark als „intellektuelle Besserpisserei“:
Wörtlich oder bildlich genommen nun wirklich eine sexistische Formulierung, die aber sowas von voll unter die Gürtellinie zielt. Stellen Sie sich diesen mehr aufs Genitale/Urologische zielende, denn aus dem Genialen kommenden Satz mal auf Frauen gemünzt vor:
Ich höre förmlich die Aufschreie. Aber wenn’s Frau zu Mann sagt, macht’s ja nix. Männer, die kleinen Pisser, kann man ruhig mal ins präpotente (Mist! Fremdwort!) Pipi-Bild bringen, um ihnen eins auszuwischen.
Später im 19er-Kommentar (nach meiner Frage-Reaktion, ob sie jetzt die „Domina der deutschen Sprache“ gebe) ruft ausgerechnet Fau Müller dann verstörenderweise den globalen Sexisten-Großalarm aus und entlarvt mich wegen dieser Formulierung mit Riesen-Getöse als Chauvi. (Nebenbei: Das könnte man auch einfach als „Herrin der deutschen Sprache“ lesen. Muss man aber nicht. Müsste man ja Latein…)
Aber mal abgesehen davon:
Ich denke, dass ich in der sprachkritischen Kolumne „Mich mangeln die Wörter“ (nach einem Satz Jürgen Lodemanns) dann noch einmal auf Ihren Manierismus-Vorwurf eingehen werde. Die ersten beiden Kolumnen finden Sie hier in den letzten Wochen.
Zurück zum Inhalt der kulturpolitischen Debatte:
Heute war ich als Gast beim Grünen-Kulturratschlag im Landtag NRWs. Alles was ich am 15. März hier im Beitrag „Casino-Kapital frisst Kinderwürde und Kultur – 2011 droht nicht nur die freie Szene in NRW finanziell abzustürzen“ schwarzgemalt habe – wie Herr Townsend meinte – scheint einzutreffen. Kein NRW-Haushalt vor dem 19. Mai, wahrscheinlich wegen Klage oder Neuwahl eher viel später. Freie Träger und Projekte dürften bis in den Herbst wegen der Landeszuschüsse als Bittsteller finanziell weiter in der Luft hängen. Vielleicht schaffe ich’s, am Wochenende zum Nachmittag heute im Landtag mehr zu schreiben.
@ Herberholz @ Bürokratiefeind
Jawoll, zurück zum Inhalt der kulturpolitischen Debatte. Und bitte kein Wort mehr zu Mimi – du besserpissen ich kotzen – Müller. Immer dieselbe alte Platte. Ich kann sie nicht mehr hören.
Grundsätzlich ist doch jeder, der diese Diskussion wegen des teilweise verwendeten elaborierten Codes nicht versteht, auch von weiten Bereichen der Geisteswissenschaft ausgegrenzt. Die Hürde zu denen ist ja meist sehr hoch und läßt sich nur mit viel Anstrengung überwinden.
Daran würde sich auch nichts ändern, wenn sich die angesprochenen Kommentatoren „volksnäher“ ausdrückten.
Wer in der Schule dazu angehalten wird, kurze Sätze zu bilden, weil das von mehr Leuten verstanden würde, wird von den Lehrern massiv in seiner Fähigkeit, sich selber ein umfassendes Bild dessen zu machen, was menschliche Kultur bedeutet, eingeschränkt. Ob eine solche Ausrichtung auf einen restringierten Sprachcode absichtlich geschieht, oder nur einem Zeitgeist folgt, ist erst mal unerheblich.
Aber wie falsch diese Entwicklung läuft, erkennt man doch daran, daß selbst gebildete Menschen, die sich längere Zeit auf dieses niedrige volkstümliche Sprachniveau einlassen, wegen ihrer mangelnden Übung, irgendwann Schwierigkeiten haben, solchen Diskussionen, wie hier zu folgen.
Wenn nun jemand verlangt, daß sich andere, im angedachten Sinne, volktümlicher ausdrücken möchten, nur damit ihn möglichst viele Leute verstehen, aber der macht das trotzdem nicht, dann bleibt doch nur die Frage offen, wer eigentlich das Problem hat.
@ Helmut Junge
Es gibt ein sehr einfaches Mittel Sprachprobleme als Vermittlungsprobleme anzugehen: Statt quengeln Fragen stellen. Was meinen sie damit? Wie soll ich diesen Begriff verstehen? Was heißt das auf Deutsch? Von wem stammt das? Können sie sich an diesem Punkt verständlicher ausdrücken? usw. usw. Das führt dann auch in der Sache weiter anstatt Stellvertreterdiskussion zur eigenen Positions- und Identitätsabsicherung zu führen.
Die, die das hier nicht verstehen und auch keinen Bock haben Fragen zu stellen melden sich hier nämlich sowieso nicht zu Wort. Wozu auch. Sie können nämlich gut ohne solche Diskussionen leben bzw. haben sie andere Orte an und andere Themen bei denen sie sich auf ihre Art zu Wort melden. Das Letzte was diese Menschen brauchen sind selbsternannte Fürsprecher. Also lasst uns wieder zur Sache selbst kommen.
Das Problem, vor dem man unausweichlich bei Diskussionen in Blogs steht, lautet: es lässt sich einfach nicht anmerken „Du sprichst zu schnell!“
#23 Arnold Voss
Ich glaube, wir kommen hier ganz gut ohne Blogwart zurecht.
#24 Helmut Junge
Sie sind ja ein Künstler; schaffen etwas, was aus ihnen hinaus in die Welt muss, ohne zu erwarten, dass ihr Tun und Werk von allen verstanden wird. Alle Achtung! Ich hätte sie mehr bei den Kreativen vermutet.
@Bürokratenfeind (28),
Was tun?
Sagt man da besser nichts, oder bedankt man sich artig?
Ok, die Erziehung siegt.
Also, Danke für die Blumen.
Doch, wer verbirgt sicht hinter „Bürokratenfeind“?
@ Bürokratiefeind
Nicht gleich übertreiben. Es war ein Moderationsversuch und er bezog sich nur auf eine einzige Person deren Mitwirken aber dazu geführt hat, dass eine spannende Diskussion praktisch abgewürgt worden ist. Mich nervt das, und ich erlaube mir das auch zu sagen. Eigentlich war es auch nur die Bitte zur Sache zurückzukomen.
Sie sagen hier auch offen was sie denken und ich würde nicht im Traum darauf kommen sie deswegen mit deutlichen Nazi-Begriffs-Anspielungen abzukanzeln. Ich lasse mich hier gerne kritisieren. Ich habe auch nichts dagegen wenn sie eine Moderation zurückweisen weil sie sich davon gegängelt fühlen. Ich wünsche mir jedoch dass sie das in Zukunft nicht mit solch unangemessenen Begriffen tun.
# 27 #30
Das mit den Wortspielen ist so eine Sache. mich hatte die Nähe von „Blogwart“ zu „Blockwart“ auch gestört. Wortspiele tendieren schnell ins Beliebige, wenn sie nicht mit Recherche, Hintergrund, gutem Bezug aufgeladen werden.
Und vom Beliebigen driftet man schnell auch ins Irrige.
„Blockwart“, das war meist ein übler Denunziant, der mit den Leben anderer gespielt hat, dem als Mitläufer jede eigene Haltung fehlte.
Arnold Voß ist nun das genaue Gegenteil davon: ein differenziert argumentierender Blogger, der dies öffentlich und unter seinem Namen tut. Immer als Versuch, in der Sache beharrlich zu bleiben und in humanistischer Tradition at it’s best.
Ich hatte 1988 einige Tage lang Erich Fried privat bei mir zu Gast in Duisburg-Duissern. Später habe ich dann mit der Schaupielerin Maria Neumann ein Bühnenprogramm zum Dichter Erich Fried erarbeitet.
Weil Fried das Wortspiel gern nutzte, war er auch Feind eines bloßen Wortgeklingels bei dem man also mit den Worten achtlos spielt, von Klang zu Klang assoziiert, aber nicht mehr auf den Inhalt achtet.
Er dagegen setzte auf das „ernsthafte Wortspiel“.
Hier ein kleiner Textauszug aus dem Bühnneprogramm:
„Schon in den späten vierziger Jahren begann Erich Fried die Arbeit an seinem Roman ‚Ein Soldat und ein Mädchen‘, der aber erst 1960 erschien. In diesem Roman unterschiebt Fried der Figur des schriftstellerisch gescheiterten Soldaten Schreibexperimente, an denen er sich selbst seit Mitte der vierziger Jahre versucht hatte:
Der Ich-Erzähler des Romans sagt über den Soldaten, S. 41:
‚In beiden Arbeiten (…) bedient er sich auch seines eigenartigsten Kunstmittels, des ‚ernsthaften Wortspiels’, wie er es nennt. Er hat das anscheinend aus der neueren Literatur seiner zweiten, seiner angelsächsischen Heimat übernommen, aber bis an die Grenzen des Möglichen weitergeführt. ‚Ich glaube, diese sogenannte Wortspielerei verschafft einem eine Art Gegengewicht, wenn alles rund um einen her einstürzt’.“
In Interviews, Briefen, Vor- und Nachworten ging Fried immer wieder auf das „ernsthafte Wortspiel“ ein, verteidigte es gegen seine Kritiker und erklärte seine Möglichkeiten.
Das ernsthafte Wortspiel, so Fried, sei ein „Kunstmittel der Aussage durch Montage von Wortklangassoziationen“, es sei ein Stück „Spracherotik“ und stoße deshalb – wie alle wirkliche Erotik – auf einiges Unverständnis in Deutschland.
Man könnte über Fried hinaus auch argumentieren, dass das ernsthafte Wortspiel vor allem alle Möglichkeiten der „ecriture automatique“ eröffne, des automatischen Schreibens also, des zunächst(!!!) unzensierten sprachlichen Assoziierens, des Springens zu ähnlichen Wortklängen und ihren unterschiedlichen Bedeutungen, des Beim-Wort-Nehmens und des In-die-Sprache-Fallens.
Nicht nur, aber auch durch das ernsthafte Wortspielen gelang es Fried in seinen Texten immer wieder, das Politische mit dem Unbewussten, das Private mit dem Öffentlichen, die Sprache mit der Geschichte zu verschränken.“
Aber auch Fried achtete darauf: Wortspiele bis an die Grenzen erkunden: ja! Jede Wortspielerei veröffentlichen: Nein! Selbst der als Vielschreiber gescholtene Erich Fried hat oft Wortspiele als untauglich verworfen, wenn bis auf Klanggeklingel nichts dabei herauskam.
Leute: Bleibt doch mal’n bisschen locker!
Mich nervt die Bastian-Sick-Attitüde und die Philologen-Masche auch manchmal, aber warum sollen die Disputanten ausgerechnet hier das nicht sagen, was ihnen auf dem Herzen liegt! Soviel Political Incorrectness darf doch wohl sein, zumal wir hierzulande oft allzuschnell dazu neigen, mit dem Hammer der historisch belasteten Begriffe vieles an nachdenkenswürdiger Kritik niederzumachen!
Wer hier als Sprachpolizei auftritt, muss sich auch mal härter anfassen lassen. Andere müssen das auch!
Lieber Michael Townsend,
jetzt werfen Sie aber endgültig alles durcheinander.
„Bastian-Sick-Attitüde“, wo denn?
Sick mokiert sich über Sprachschwächen und bietet – sagen wir mal – grammatische- und Rechtschreib-Nachilfe mit ein paar lauen Gags an.
Das hat nun mit einer Sprachkritik als Analyse von (politischen) Bewusstseins- oder Bewusstlosigkeitszuständen, deren unerreichte Vorbilder eher Eckard Henscheid mit „Dummdeutsch“, Viktor Klemperer, Karl Kraus oder G.E. Lessing sind, überhaupt nichts zu tun.
Sie neigen da auch in dem von Ihnen abgebrochenen Argumentationaustausch zu Beginn dieser Diskussion oben zu einem sehr altväterlich-jovialen Ton des vermeintlich über den Dingen Stehenden.
Auch so kann man sich Argumente ersparen oder vom Leib halten. Als Kulturförderer wäre es schön, wenn nun gerade Sie Enthusiasmus für Sprache nicht als „Philologenmasche“ entwerteten und sich davon ge“nervt“ fühlten.
Ist Genauigkeit in Kunst und Sprache kein Kriterium mehr?
Achso. Ja, dann, anything goes, oder wie ein Slogan der Kulturhauptstadt bewusstlos plapperte: Wo das geht, geht alles. Aber so etwas fällt ja nicht mal mehr einem auf, schließlich hat man sich’s von teuren Werbeagenturen andrehen lassen und dann musses ja gut sein.
Und locker bleibe ich sowieso. Denken ist ein großes Vergnügen, sagt Brecht. Und öffentliches Nachdenken im Blog auch. Das macht Spaß. Und es gibt ja noch viel Leben neben dem Blog. So einfach schaffen Sie’s nicht, die „Leute“ (ach, wie putzig, die guten sprachpuzzelnden Leutchen) als philologische Spaßbremsen zu etikettieren.
Also kommen Sie runter vom selbstgezimmerten hohen Ross und bewerten Sie nicht nur, sondern gehen ins Sachdetail. Was meinen Sie denn zu Fried? Glauben Sie wirklich, dass, wenn man den Begriff „Blogwart“ kritisch beleuchtet, man dazu neigt, „mit dem Hammer der historisch belasteten Begriffe vieles an nachdenkenswürdiger Kritik niederzumachen“? Das z.B. war ja auch eine Argumentationsfigur in der Sarrazin-Debatte. Und wieso „niedermachen“? Ist Blogger Bürokratenfeind an Sprachkritik gestorben? Wissen Sie da mehr? Ich nehme an, Bürokratenfeind, Voß, Herholz und auch Townsend leben gut, haben heute spitze gegessen, getrunken und schauen gleich erstmal „Tatort“ mit der aparten Furtwängler,
Und morgen dürfen wir dann wahrscheinlich alle schon wieder im Rahmen der grassierenden „Political Incorrectness“ unbeanstandet weiter „Überfremdung“ sagen und neulich sah ich einen Softwareladen, der bot „PC-Endlösungen“ an. Da ist dann wirklich jede Erinnerung, jedes historische Gedächtnis endgültig verloren.
Vorsicht also, wenn Sie selbst den „Ach, was soll’s, wenn man man bewusstlos mit der Sprache des 3. Reich kokettiert, Hauptsache Diskussion macht Spaß“-Hammer rausholen?
Bin voller Freude locker gespannt auf Ihre entspannte Antwort.
Küsschen, fühlen Sie sich gedrückt, geherzt, ermutigt – und nix für ungut.
#30 Arnold Voss
Es war die hausmeisterliche Formulierung ihrer Moderation, die mich animierte, das Wort Blogwart zu gebrauchen. Ich hätte auch Platzwart einsetzen können. Aber wir sind hier nich auf’n Platz. Es tut mir leid, wenn ich ihre humoristische Moderation mit einer Blogblutgrätsche abrupt gestoppt habe.
@ Bürokratiefeind
Es gibt hier weder eine hausmeisterliche Formulierung von mir noch die eines Platzwartes, Bürokratiefeind. Ich habe i h r e Formulierung auch nicht als Blutgrätsche empfunden. Ich war als Fussballer über Jahrzehnte als Verteidiger „auf´m Platz“ und weiß nur zu gut wie sich das anfühlt.
Deswegen versuch ich es jetzt nochmal im Klartext was die politische Incorrectness betrifft, Bürokratiefeind: Nennen sie mich meinetwegen ein Arschloch, wenn sie meinen, dafür einen Grund zu haben, aber nennen sie mich nicht Blogwart. Können wir uns darauf einigen?
Und jetzt nochmal meine Bitte, auch an sie, doch wieder zum eigentlichen Thema zurückzukommen.
Kurz zu später Stunde: Ich habe heute hier bei den Ruhrbaronen die kulturpolitische Diskussion mit dem Beitrag fortgesetzt: „Fällt der Kulturherbst 2011 für freie Träger und Projekte in NRW aus?“ Darin auch ein paar kleine neuere Fakten, die Kulturschaffende aus allen Bereichen nicht gerade ermutigen dürften.
Aber Hoffnung naht.
Im Zen-Buddhismus gibt’s – den nicht existierenden Göttern sei Dank – den schönen Begriff vom „Anfängergeist“ (siehe Shunryu Suzuki). Der meint ungefähr auch, dass man sich immer wieder mal von allen begrifflichen Verengungen, schlechten Erfahrungen, Vorurteilen und Urteilen … befreien sollte, um so noch einmal offfen und neu auf Dinge & Menschen zuzugehen.
Ja, so machen wir’s.
Also: Mehr Om statt Omeprazol.
@ Michael Townsend
Machen sie sich um meine Lockerheit keine Sorgen. Ich bin hier von Anfang an dabei und Bürokratiefeind kenne und schätze ich hier schon lange. Moderation gibt es hier so gut wie nie, schon gar nicht von meiner Seite.
Deswegen verstehe ich die Reaktion von Bürokratiefeind sogar. Die Diskussion die sie und Gerd Herberholz hier angefangen haben finde ich allerdings wesentlich spannender als die Debatte über die Frage wer wen besser versteht und wie er sich dabei auszudrücken hat.
# 37
Genau. Nur, dass ich eben Herholz heiße & nicht Herberholz.
Gute Nacht, Reineke Voss (unbekannterweise)
Ihr
Ted Herold, na, Bert Herzholz, ach was, … Bernd Sperrholz
@Arnold Voss
Der echte Blogwart vermeidet die politische Incorrectness. Stubenrein zu sein, ist seine große Leidenschaft. In diesem Sinne sind sie kein Blogwart. Ihre heftige Reaktion auf Mimi Müller hat mich darin bestätigt. Nein, ein Blogwart sind sie nicht. Diese Auszeichung kann ich ihnen in Zukunft nicht zugestehen.
@ Gerd Herholz
Sorry Gerd Herholz (unbekannterweise)! Es ist schon spät. Und ich kenne zufälligerweise einen Mann der Herberholz heißt.
@ Bürokratiefeind
Danke!
#38 Gerd Herholz
Habe Tränen gelacht. Schöner Abendausklang.
# für alle eine poetisch-paradoxe intervention
als ganz freundlich gemeinter gute-nacht-gruß:
die späte nacht
die späte nacht
hat es hinter sich
wir sind endlich
eingeschlafen
in den schlaf gefallen
(oder der schlaf in uns?)
wir ganz
leer von der fülle
in unseren leibern
in unseren seelen
vollkommen
ausgefüllt von der leere
zwischen uns
wir haben es hinter uns
es hat uns
hinter sich
g.h.
(Roger Willemsen in ‚Bangkok noir‘, S. 15
„Die späte Nacht hat es hinter sich“)
Genug des Schönschreibens, bin müde und würde mich freuen, wenn wir in OB eine Christop Schlingensief-Straße gegen Kleinstkrämerseelen, Bürokraten und politische Scheindemokraten durchsetzen könnten.
Gruß
Kurt-Dieter
@ Bürokratiefeind # 42
Ich auch. Vor allem über mein herrliches Herberholzsches Eigentor. Typisches Verteidigerpech bei zu geringer Konzentration.
@ Gerd Herholz
Danke für ihre locker-literarische Reaktion.
Ihnen beiden eine gute Nacht.
Welch ein Erfolg für die M.M.! Hätte nie geglaubt, das es bei den Ruhrbaronen (für M.M.? selbstgewählter Titel, den es bis dahin noch nicht gab), so einfach ist, einen Thread (englischer Ausdruck, für ein Unterthema in einem Blog (eingebürgerte Bezeichnung für ein Forum (Bezeichnung für eine Diskussionsrunde ( Gruppe von Menschen, die sich sprachlich auseinandersetzen will), meinte früher „Markt“))) zu schreddern (Zerkleinern, von Metallen, Kunststoffen, Abfällen etc.). Und das Schönste ist, alle machen mit, und alle mokieren (na, ja, lassen wir das) sich, das der Thread(n,j,lwd) geschreddert wird. Das ist ja schon fast komisch.
Was wollte der Künstler uns im Eingangstext eigentlich sagen? Worum geht es hier eigentlich? Ich fürchte, „Künstler wollen Geld“? Eigentlich nichts Neues. Die Gründe, warum in den letzten Jahrzehnten, die Gelder spärlicher fließen, und die Diskussion darüber, wäre sicher interessant gewesen? Aber, ich fürchte, wenn die Diskussion, über Blogwarte, Blockwarte, Plochwarde und Pluchvarde, endlich zu Ende ist, werden wir, wie bei den Zeugen Jehovas, an Kommentar 250 angelangt sein?
Grüße, Rudi Gems
Wenn so ein Thread den „Faden“ verliert, oder „geshreddert“ wird, und viele Einzelfäden enstehen, was bei den Ruhrbaronen beinahe immer der Fall ist, liegt das oft nicht daran, daß sich zu viele Leute mit unterschiedlichen Meinungen daran beteiligen. Die Liste der Teilnehmer ist bei diesem Thread ja kurz.
Hier liegt es m.E. daran, daß die Beteiligten sich zu gut kennen, und aus früheren, verpaßten Gelegenheiten noch nachkarten wollen. Ich will damit sagen, daß es nicht unmittelbar einen Zusammenhang zwischen einer scharfen Antwort und dem vorausgegangenem Kommentar geben muß, sondern die Replik oft eigentlich zu einem früheren Thread gehört.
Für „Neulinge“ ist das allerdings verwirrend. Sie glauben, es wäre der Faden verloren gegangen. Es gibt aber meist einen geheimnisvollen Metafaden, der übergreifend mehrere Threads zu einem großen Cluster vereinigt.
Das ist vor allem dann der Fall, wenn harte „Bloqfighter“ (schlimmes Wort?), die selber empfindlich sind, aufeinanderstoßen.
Positiv finde ich aber, daß sich einige der Kontrahenten versöhnlich getrennt haben.
Wie im richtigen Leben.
Als relativer Neuling beim Bloggen darf ich aber sagen, dass es kaum eine Vorgeschichte gibt. Michael Townsend ‚kenne‘ und schätze ich aus ein ganz wenigen Arbeitsgesprächen, Mimi Müller hat in Duisburg einst herrliche Kolumnen geschrieben und die Stadtpolitik aufs Korn genommen. Und die anderen zumal die unter Alias-Namen sind mir nicht bekannt.
@ Rudi Gems @ Helmut Junge
Rudi, sie müssen zugeben, dass MM selbst i h r e n Kommentar beeinflusst hat. Wenn man jemanden nicht einfach abschalten möchte, und das wollen wir hier auch nicht, dann versucht man es, wenn Argumente nichts mehr bringen, halt mit Moderation, also mit Metakommunikation. Und auf einmal hängt man da voll drin und findet nicht mehr zurück zum Thema weil das passiert was Helmut # 47 treffend beschreibt.
Aber irgendwann wird es bei uns dann auch wieder sachlich. Apropos:
Die kulturelle Überwinterungsempfehlung von Townsend ist leicht aufzustellen wenn man wie er selbst im Warmen der gut gesicherten Existenz sitzt. Das kann man ihm als solches natürlich nicht vorwerfen, aber es färbt meiner Ansicht doch die inhaltliche Position bzw. macht sie sie bei denen weniger überzeugend, die, wie viele Kulturschaffende, ein relativ hohes Existenzrisiko bei relativ wenig Einkommen zu tragen haben. Das ist ja auch der Grund dafür, dass Künstler „Geld“ für ihre Tätigkeit „wollen“.
@Gerd Herholz 48,
Wenn Sie sich nicht angesprochen fühlen, ist es doch ok.
Ein harter Bloqfighter sind Sie aber allemal. Und das hatte ich vergessen zu erwähnen: Wenn der Textautor moderierend in die Diskussion eingreift, kann er, wenn auch nur geringfügig, Einfluß auf deren Verlauf nehmen.
Zumindest in diesem Fall sind Sie aber aktiver Teilnehmer. Weil es ja ein Streitgespräch zwischen Ihnen und Townsend werden sollte,ist das auch so gedacht gewesen. Ich wollte mich ursprünglich auch mit einer Beobachterrolle begnügen. Meine Meinung hätte ich mir dann aus dem Verlauf dieses Streitgespräches gebildet.
Aber die Sache war schon aus dem Ruder, als ich mich erstmalig einschaltete.
Für den Faden ist, wenn überhaupt, der Autor zuständig.
Jetzt will ich mal den Besserwisser (nicht Besserpisser, schließlich fahre ich täglich durch Lirich) machen.
Bei den beiden Thomassen vor ein paar Wochen haben Sie sich auch zu sehr „reinziehen“ lassen, so daß das Thema kaputt war. Versuchen Sie, entgegen allen Einwänden die Linie zu halten.
Herholz, hold the line.
Dann wird der Junge auch sachlich seinen sinapis dazugeben.