Menschen sind ja meist beschäftigt. Also braucht die Gesellschaft eine Art Schmiermittel, damit mensch schnell ins Träumen und/oder Kuscheln – oder so, genau – kommt. (Manche sogenannte Kreative leben professionell den ganzen Tag in diesen Schmiermitteln.) Nun kommt also historisch verspätet, aber irgendwie gerecht zu 2010 hin das Ruhrgebiet zu ganz viel Pop, Kultur und Popkultur. Es wurde – schon wegen dem alten Gedankenknast "Gorny = Rockbüro" – bisher viel auf Musik geachtet. Gut, auch auf Museales, Architektur und Design. Aber so sachte kommt das Thema "Film" verstärkt ins öffentliche Visier. (Ein bisschen spät für manche, aber naja.) Und in dieser Woche an dieser Stelle zudem auch ein schönes Musikspezialgebiet, das im Ruhrgebiet schon immer schön geschmiert hat: Schlager. (Für Porno wird an dieser Stelle nicht geworben!) Diesmal: Duisburger Filmwoche, Kitty Hoff und Jochen Distelmeyer.
Herbst/Winter, Aufschlag Duisburg. Eine schöne Gelegenheit an dieser Stelle endlich einmal wieder auf das Eck am Hundertmeister hinzuweisen, ein angenehmer, wenn auch nicht überbordernder Quell mittelschwerer Kultur in der Stadt mit dem Rhein (auch) dran. Der Autor fühlt sich in den letzten Wochen schon extrem Ruhr-Propaganda-kopfgewaschen und freut sich an dieser Stelle mitzuteilen, dass der Film "Ruhr" schon zur Eröffnung dieses Festivals deutschsprachiger Dokumentarfilme lief. Knapp eine Woche lang gibt es aber auch noch andere und anderes am Dellplatz.
Und damit könnte man jetzt – wie z.B. im Prinz – mal so eine schicke Gegenüberstellung machen: Kitty vs. Jochen. Beide kommen aus NRW (, oder?). Beide sind wieder mit Band auf Tour! Beide singen über Erfahrungen und Nicht-Erfahrungen im Zwischenmenschlichen, geben sich aber auch gesellschaftspolitisch bewusst. Sie wendet sich eher dem Kammerorchestral/Jazzigen bis Caféhaftem, er eher dem Poprockigen bis KleineHallen-mäßigen zu. "Schlager" war ja früher mal, wenn nichts in einem Lied über Partnerschaft, Party oder Folklore hinausweist. Dies umgehen beide recht geschickt, Jochen hat aber mehr die deutschen Kulturarbeiter im Rücken, die er vom Scheitel über das Hemd, Zitatfreundlichkeit, Feuilleton-Affinität und Popakademie-Kompatibilität besser bedient. "Schlager" war ja auch schon immer etwas sehr Deutsches, Piefiges, insofern kann Kitty (Foto: Promo) zugute gehalten werden, dass sie eher Chanson macht und Jochen, dass er vielen hiesigen jungen Wilden den Weg in ein irgendwie machbares Leben gewiesen hat, in dem sich das Private auch mal schön politisch anfühlen darf. Kann halt zugute gehalten werden, muss aber nicht. Wir sind ja nicht im Kino hier. (Mieses Ende des Artikels, also: Zugabe.)
Duisburger Filmwoche noch bis kommenden Sonntag.
Kitty Hoff & Forêt-Noire am Dienstag im Ebertbad, am Mittwoch im Rex-Theater und am Donnerstag im Savoy-Theater.
Jochen Distelmeyer (und Band) am Donnerstag im FZW und am Samstag im Ringlokschuppen.