Bei der Zusammenstellung der Themen dieser Woche fiel dem Autor einmal wieder etwas auf. Nämlich wie von der Pressemitteilung bis hin zum Kuratieren von Ausstellungen selten die tatsächliche Aussage einer Veranstaltung transportiert wird. Das mag manchmal gewisse diplomatische Gründe gegenüber Beteiligten oder Sponsoren haben, macht aber meist den Zugang für Uneingeweihte besonders schwer. Deshalb diesmal in schonungsloser Offenheit die reine Wahrheit über: Klaviere, Geister, Sozialismus.
Bereits gestartet: Das Klavier-Festival Ruhr. Da gibt es eigentlich wenig Geheimnisvolles, sollte mensch meinen. Es fallen aber zumindest die Programmänderungen ins Auge: Am Mittwoch dann doch Ivo Pogorelich im Dortmunder Konzerthaus, ein frisch aus dem Kloster kommender Meisterpianist. Nächsten Montag außer Plan auch noch Gabriela Montero in der Essener Philharmonie, eine Venezolanerin, die eher mehr als weniger Improvisation "riskiert". Weitere große Namen: Anne-Sophie Mutter am 16. Juni ebenfalls in der Philharmonie zu Essen, drei Tage später Frank McComb in der Bochumer Jahrhunderthalle, Chick Corea am 9. Juli im Dortmunder Konzerthaus, Herbie Hancock u.a. eine Tag darauf in der Essener Philharmonie. Letzteres Konzert ist übrigens bereits ausverkauft – um die Wahrheit zu sagen.
Kommen wir zu Künstlern, die den Spuren von Geistern in der Maschine folgen. Inke Arns vom Hardware MedienKunst Verein sagt es diplomatisch: Die an "Wach sind nur die Geister" beteiligten Künstler glaubten nicht zwingend an diese, sondern seien mehr an der Ästhetik des Themas interessiert. Dabei war das doch letztens genau Thema bei den Ruhrbaronen! Und was ist eigentlich problematischer: Im Umgang mit Maschinen als Medien für zwischenmenschliche Kommunikation jedwede Instinkte rationalistisch ausschließen? Oder offen bleiben für Dinge, die zwischen den Zeilen stehen, unprogrammiert sind, jenseits des Erwartbaren liegen? Insofern gibt es da wirklich nichts zu belächeln bei dieser Veranstaltung in der Dortmunder Phoenix-Halle.
Ebenfalls nicht zu belächeln, aber auch nicht zwingend einfach hinnehmbar: Sozialistisch geprägte Erziehung im Ruhrgebiet. Menschen, die einfach kategorisch nicht an die reale Welt gewöhnt wurden, sondern zu Rebellen, Künstlern oder einfach Bohemians erzogen wurden. Wie ist denn nun das wieder zu bewerten? Eine davon ist Eva Kurowski (Foto: Asso Verlag), und sie hat jetzt ein Buch zu präsentieren: "Avanti Popoloch". Morgen. Im Druckluft. Als Tochter von Kuro ("Trompeter, Marxist, Grafiker") recht bald dem Helge Schneider Umfeld zugerechnet hat sie einiges zu erzählen von der Instrumentalisierung von Kindern bei Ostermärschen bis hin zum Colaverbot und letztlich vielleicht der Emanzipation vom Übervater durch die … Mischung aus Künstlerinnen- und Mutterrolle ausgerechnet? Sehr interessant. Jedenfalls wird sie das sprachlich so verpacken, dass alle Beteiligten lachen oder zumindest lächeln werden – und dann zurück in ähnliche Verhältnisse gehen, aber zumindest im Hinterkopf um einige geteilte Erfahrungen reicher. Und das ist dann natürlich ganz große Ruhrgebietskultur, um das mal regional-typisch so zu sagen dass es auch klar wird.
Im Überblick:
Das Klavierfestival Ruhr geht an über 25 Spielstätten noch bis zum 17. Juli.
"Wach sind nur die Geister" ist noch bis zum 18. Oktober in der Phoenix-Halle.
Eva Kurowski liest am morgigen Mittwoch ab 20 Uhr im Druckluft.