Übetrieben gute Deutsche gibt es auch unter Türken, Machismo und Kontrollwahn auch unter Linken. Aber das Glück ist immer woanders. Bitte? Ganz einfach: Bei der Auswahl der Themen für diese Woche fiel schon auf, dass diesen wirklich anfechtbare Konzepte zugrunde liegen. Was en detail natürlich gleich weiter unten jeweils vorsichtig angedeutet wird. Sonst noch Gemeinsamkeiten? Hm, ja. Es geht schon immer auch um Heimatbegriffe. Wie kulturhauptstädtisch! Glücksritter. Alec Empire. LiteraTürk.
Mirjam Strunk diagnostiziert zumeist anscheinend einen gewissen Handlungsbedarf und macht dann ein Theaterstück, so letztens "Flüchtlinge im Ruhestand", so nun "Glücksritter". Ging es bei ersterem um ein zunächst physisches und letztlich vielleicht auch psychisches Ankommen in Deutschland, ist diesmal eher das Glück vor oder hinter der eigenen Haustür Thema. Dazu wurden denn auch vorher diese "Glückliche Orte"-Schilder unter die Bewohner Essens gebracht. Und jetzt ist es wieder eine irgendwie quotiert wirkende Truppe von Schauspielern, die davon und von glücklichen Momenten generell berichtet. Das wirkt alles seeehr integrativ manchmal, etwas zu nett um wahr zu sein. Hat aber auch immer gutes Beobachten und echte Erfahrung intus.
Beim Pop steht ja oftmals nicht drauf was drin ist. Und mit Pop ist hier natürlich auch das Popkulturprodukt gemeint, das keine oder nur wenig Breitenwirkung entfacht – denn Popmusik z.B. findet ja meist face-to-face statt, ob über Bässe, rätselhafte Texte, sexy Attitüde oder sonstwas. (Außer irgendein Feuilletonist oder sonstwer macht auf Diskurshoheit und erklärt den Gläubigen was das alles soll. Egal.) Was also sollte nun bitte kurz nach 1989 diese sich linksradikal gebende Digital Hardcore Nummer? Brutaler, rockhafter Techno wie von Krupp bestellt und "Deutschland has gotta die!" und "If the Kids are united" schreien. Und das alles natürlich immer mit etwas Iggy-goes-Cyberpunk-Marinade, gerne mal in Richtung Industrial und Lärm lappend. Ich sag ja immer: Was die Linken und Anarchos alles nehmen und sich antun, das hat schon immer eher härter gemacht – und oft härter als gebraucht. Gut dass Alec immer so grinsend wie Posterboy drübersteht, so macht das alles wenigstens auch noch Spaß. Doch Vorsicht: Tinnitus-Gefahr! Nicht zu früh freuen also auch, undsoweiter. Electropunkzecken in Glam. Tolle Band auf ne Art natürlich.
Und dann die Frage: Was berechtigt zur aktiven Teilnahme an LiteraTürk? Offensichtlich nicht ausschließlich die türkische Staatsbürgerschaft. Bis in welche Generation zurück wird da also Ahnenforschung betrieben? Quotiert da auch jemand in Richtung ethnischer Minderheiten dann? Merkwürdiges Konzept. "Türkische, türkischstämmige und deutsche Autoren" heißt es im Text, wohl schon an Definitionen gemäß Staatsbürgerschaften orientiert. Glauben wir also, dass mit "türkische" nicht zwingend z.B. schwedischstämmige Türken gemeint sind? Und mit "deutsche" nicht zwingend schwedischstämmige Deutsche? Wahrscheinlich. Nur steht das so nicht im Text. Es lesen u.a. Feridun ZaimoÄŸlu, Zafer Åženocak, Aygen-Sibel Çelik, Selim ÖzdoÄŸan (Foto: Tim E. Schnetgöke) und Aslı ErdoÄŸan.
"Glücksritter" in der Casa des Grillo wieder ab Dienstag (19h).
Alec Empire im Grend am Dienstag (Türen 20h).
LiteraTürk an verscheidenen Orten in Essen von Samstag bis zum 1. November.
[…] Verdacht keimt bei der Lektüre der WAZ auf. In der letzten Woche hatte ich hier eher beiläufig, aber keinesfalls unernst, über die Probleme unrassistischer […]