"The campaign for real rock" geht unaufhörlich weiter. Konsum orientierte Massenveranstaltungen stehlen tatsächlich auch in diesem Sommer den kleinen und intimen Events die Schau. Tja, und wer hätte das gedacht, dass die Ruhrbarone diesen Trend a) nicht verschlafen und b) auch noch fördern? Nun, "Ihr wollt Stromgitarren? Die bekommt Ihr jetzt!" heißt das Motto, Laissez-Faire der pädagogische Ansatz. Verrohung wird in Kauf genommen, der Pro-Kopf-Verbrauch muss stimmen, Hauptsache die Kids machen keinen echten Ärger und beschäftigen sich schön mit sich selbst und gegenseitig. Und wir gehen hin und gucken zu, ob das dann auch perfekt Metropolen fähig, Kulturhauptstadt würdig und TV kompatibel ist, z.B. bei: Area 4, Zeltfestival Ruhr, Beatplantation.
Area 4? Flugplatz. Knapp hinter Dülmen. Von FKP/Scorpio, also einem altgedienten Rockdienstleister. Dazu passend viele Künstler des LineUps, weshalb bestimmt richtig schönes "16 bis 56"-Gefühl aufkommen wird. Aus den 70ern: CJ Ramone. Aus den 8090ern: Jet, Deftones, Hosen, Faith No More, Life Of Agony, Urlaub. Und Kettcar, Eagles Of Death Metal, Anti-Flag und so. An drei Tagen, mit Spieldauern von einer halben bis zu eineinhalb Stunden pro Band und ab 12 bzw. 15 bis 23.30 bzw. 1 Uhr. Also alles recht konservativ gehalten.
Zeltfestival Ruhr? Stauseenähe. So bei Witten. Von einer GmbH & Co. KG mit Björn Gralla, Lukas Rüger und Heribert Reipöler als Geschäftsführern. Macht auf ganz großes Mainstream-Abgreifen, weshalb über all die Tage verteilt bestimmt richtig schönes "6 bis 66 in die Tasche gegriffen"-Gefühl aufkommen wird. Und das Publikum freut sich natürlich über und mit z.B.: Selig, Heather Nova, Annett Louisan, Götz Alsmann, Hagen Rether, Silbermond, Max Raabe, Polarkreis 18, Frank Goosen, Sarah Kuttner, Vollplaybacktheater, Patricia Kaas, Dieter Thomas Kuhn, Georgette Dee, Piet Klocke und Amy McDonald (ausverkauft). 17 Tage lang wird hier Vollauslastung praktiziert. Generalstabsmäßig, Top-Down vom Ordentlichsten.
Beatplantation? Nähe Neue Mitte, aber auf "autonomem" Boden. Mitten in Oberhausen. Von mitteljungen Kreativen. Das Prinzip orientiert sich an so etwas wie veganem Haribo, also inklusive Niedlichkeitsprinzip und Rebellen/Konsumkritik-Appeal, weshalb bestimmt richtig schönes "16 bis 36"… s.o. Die in Deutschland aufgrund einer gewissen medialen Verbreitung geläufigsten Namen des LineUps sind: Jacques Palminger & the Kings of Dub Rock (Foto: Dorle Bahlburg), Angelika Express, Turmspringer, André Uhl und Breger. Einen Tag und eine Nacht lang, mit Kunstabteil, Filmecke, Poetrygarden und vielen Tanzfluren. Das Prinzip hat letztens beim Duisburger Traumzeit Festival bereits seine Mainstream-Kompatibilität bewiesen und gilt als links-alternativ.
Area 4 von Freitag bis Sonntag.
Zeltfestival Ruhr von Freitag bis zum 6. September.
Beatplantation am Samstag.
All the money or the simple life, honey?
Veröffentlicht: Jens Kobler , Kulturhauptstadt |