Es war ja klar: Im Mai geht’s so sachte richtig los. Nein, nicht mit der Wahl zwischen ArbeiterführerInnen, sondern mit den großen Events zum Dauer-Großevent des Jahres. Gut, dass selbst beim Bäcker am Essener Hauptbahnhof zu bemerken ist, was eigentlich los ist: Es kommen Menschen in die Gegend, die anders sprechen und auftreten, Würde ausstrahlen und sich nicht sofort bei der Ankunft auf RWE-Niveau drücken lassen wollen – erst recht nicht wenn sie sogar nur Brötchen wollen. (Und S04 ist ja auch total was anderes als FCB, denn vor Arbeiterführern buckelt man hier gern, etc. Wahrscheinlich gibt es deshalb in Deutschland fast nur noch solche. Oder tun die teils nur so? Was, die alle tun nur so? Selbst die Gewerkschaften am 1. Mai? Hm.). Und damit zu: Ruhrfestspiele, Klavierfestival Ruhr, transindustriale.
Der Autor dieser Zeilen hatte sich irgendwann einmal „Für eine Literatur des Krieges, Kleist“ von Mathieu Carrière gekauft. Da war er noch ganz, ganz jung und dachte, diese Mischung aus Schauspieler und Hobbyphilosoph versus suspektem Klassiker könnte was haben. Hatte es aber nicht, schien aber eine nette Übung zu sein, frankophil gegen deutschen Ungeist anzuschreiben. Kein gutes Buch also, aber in Ehren gescheitert. (Wieso? Nein, das ist keine Schalke-Anspielung jetzt!) Und genau die Lesung ist natürlich bei den Ruhrfestspielen in Recklinghausen schon arg früh ausverkauft. Alles im Rahmen von „Kontinent Kleist im romantischen Meer“ natürlich. Da muss man erstmal drauf kommen, und es kam darauf: Frank Hoffmann. Neben Kleist (und Hölderlin, Eichendorff, Hoffmann, Novalis & Co.) gibt es aber auch noch das Fringe Festival, einiges an Kabarett, einige Aufführungen in Marl und mehr (Foto aus „Bombsong“ – wie eine Frau zur Terroristin wird. Hm.). Aber sich der Romantik über Kleist nähern (oder umgekehrt), so als Foucault-Schüler… Staun, staun, Themenwechsel.
„Hélèn Grimaud erkrankt – Alice Sara Ott spielt Programm mit Chopin-Schwerpunkt“ ist eine recht aktuelle News zum Klavierfestival. Eine weitere: Zum Eröffnungskonzert mit Jean-Yves Thibaudet und Semyon Bychkov samt dem WDR Sinfonieorchester Köln gibt es zur Stunde noch Karten. Ansonsten, eher willkürlich herausgepickt aus dem reichhaltigen Angebot: Die Goldberg-Variationen (in der Bearbeitung für zwei Klaviere von Josef Rheinberger und Max Reger) werden von Yaara Tal und Andreas Groethuysen gespielt. Es gibt seeehr viel Bach, Chopin und Schumann. Piotr Anderszewski ist da, Anne-Sophie Mutter, Helen Schneider (im Rahmen der JazzLine) und auch Chick Corea (ebenda).
Anders: Die transindustriale. Zunächst verblüfft es, dass da recht spärlich mit Informationen um sich gestreut wird. Dann fällt ein: So sind sie manchmal, die Dortmunder, wenn es um lose Reihen im Grünen geht, die sich durch den gesamten Sommer ziehen. Da heißt es zum einen „Die transindustriale soll zeigen: Dortmund ist ein Gesamtkunstwerk“ und zum anderen lakonisch „Westpark: Hippie, Multikulti“. „Live“ zu sehen, inklusive Einblicken in Interna, hier. Auch schön, mal nicht von Namen und Nummern erschlagen zu werden in dieser Aufmerksamkeit heischenden Zeit.
Ruhrfestspiele noch bis zum 13. Juni.
Klavierfestival Ruhr von Samstag bis zum 23. Juli.
transindustriale von Samstag bis September.