Letzte Tage habe ich denn mal "Lenin kam nur bis Lüdenscheid" zu Ende gelesen. Dabei lese ich selten Biografien. Das Lokale, die Erziehung und das Umfeld des Protagonisten, sowie die Tatsache dass er ein ähnlicher Jahrgang wie ich ist, haben in diesem Fall wohl ausnahmsweise den Ausschlag gegeben. Bücher lesen hat immer so etwas richtig old-school-Persönliches, fast Vertrauliches – hm, kommt natürlich auf die Bücher und Schreibenden an. Wie steht es also diesbezüglich um: Sibylle Berg, Harry Rowohlt, Otto Sander?
Aus irgendeinem Grund schaut der Autor dieser Zeilen also nach Monaten wieder diese Harald Schmidt Sendung – wegen einer positiven Kritik in einer Zeitung wohl. Und wer stellt da ihr Buch vor und lässt den Gastgeber wie einen schmierig-schmuddeligen Possenreißer dastehen? Genau, Frau Berg (Foto: Tom Produkt). Ist ja immer schwierig, sich über Menschen ein Bild zu machen, wenn man sie nur aus der Kamera- oder Bühnensituation kennt. Manche beginnen ja dann, sich diesem Image zumindest vom Autoren-Ich her anzupassen. Dabei mögen sie dieses Ich vielleicht gar nicht besonders. Hat das etwas mit Sibylle Berg zu tun? Gute Frage! Jedenfalls liest neben ihr auch Katja Riemann aus "Der Mann schläft".
Harry Rowohlt scheint immer gleich einen ganzen Menschenschlag zu repräsentieren. Gleichzeitig ist er irgendwie der Bär, der es aus einer Art Sesamstraßenkommune eines Paralleluniversums mit lauter 50er-Jahre Eckhäusern hier rübergemacht hat – ah ja, eine Hamburg-Variante davon, genau. Nun, und den dem gegenüber jugendlich frisch wirkenden Part bei der Lesung von Klassikern der komischen Lyrik darf dann halt Christian Maintz einnehmen, und der wirkt auf dem Foto im Programmheft tatsächlich wie der FDP-Vize neben dem DKP-Kanzler.
Otto Sander hat sich im Rahmen dieser ähem Netzseite hier ja bereits im Rahmen eines Interviews selbst darstellen dürfen. Und nun macht er tatsächlich den Jim Morrison bei "American Poet". Der Sinn dieser Aktion erschließt sich vielleicht nicht direkt, aber in der Postmoderne darf ja jedeR jedeN darstellen. Ach ja, klar: Sie sind etwa eine Generation! Nur ist Jim ewig jung geblieben – so eben.
P.S.: "Die drei ??? und der seltsame Wecker" in der Grugahalle ist selbstverständlich ausverkauft.
Berg und Riemann am Dienstag ab 20 Uhr in den Kammerspielen.
Rowohlt und Maintz am Donnerstag ab 20 Uhr in Gladbeck.
Die Premiere von Sander und Morrison am Samstag ab 20 Uhr in der Rottstr. 5.
Habe Sybille Berg noch nie irgendwo gesehen oder gehört. Wie ist sie denn so, meinst Du, sie verstellt sich. Warum hat sie Harald Schmidt so aussehen lassen, wie du das beschreibst?
@Ralf: „Verstellt sich“… Pff. Klar. Vielleicht nicht ganz so wie wenn Otto Sander den Morrison geben will, sozusagen. Das Angenehme an dem Auftritt war, dass durch diese Art des Auftretens der Gastgeber gleich mit vorgeführt wurde. Na, wie heißt es so schön: „Muss man schon gesehen haben.“
Ich habe Bergs Auftritt bei Harald Schmidt gesehen und kann Jens Koblers Einschätzung überhaupt nicht teilen.
Wann soll sie ihn bitte vorgeführt haben? Es war ein ziemlich plattes Gespräch zwischen den beiden. Sibylle Berg sprach von ihrer Periode und von Gruppensex. Es war nicht mehr als eine weiterere seltsam hilflos wirkende Sendung von Schmidt – mit dem Unterscheid, dass diesmal statt Lady Bitch Ray (Charlotte Roche die Schriftstellerin Berg zu Gast war und über ihren Körper sprach.
@sven: „seltsam hilflos“ trifft es doch ganz gut. Aber die Reduzierung des Gesprächs auf das im Kommentar (sehr kurz) Angesprochene empfinde ich als fragwürdig. Bei mir ist jedenfalls anderes (für ein paar Tage) hängengeblieben. Sei’s drum.