Reisen, Revolutionen und Märchenwelten. Nur gut dass sie als Idee da sind. Aber ist das nicht letztlich alles ganz fürchterbar und gar nicht mit der harten Alltagsrealität kompatibel? Erstaunlich oft folgt im klassischen dramatischen Strickmuster der Illusion die Desillusionierung, und nicht nur die der Hauptpersonen der Stücke: Danton in Frankreich (und Bochum), Odysseus in Griechenland (und zu Gast bei Ruhr 2010) und als moderne Variante Elfriede Jelineks Märchenprinzessinnen in einer Box (in Essen).
Eine Nobelpreisträgerin ist Frau Jelinek im Grunde, und sie hat sich schwer getan damit. Ähnlich geht es auch ihren Versionen von Schneewittchen, Dornröschen und Rosamunde im Leben zwischen Märchenwald und Mediengeflimmer – denn irgendwie sind sie ja alle so von vornherein tragisch kodierte Ikarusgestalten. Aber Witz haben sie, immerhin. Die Wiederaufnahme der Inszenierung von Sandy Tomsits in der Box neben dem Grillo ist noch genau dreimal im Programm.
"Dantons Tod" von Sibylle Broll-Pape nach Georg Büchner hat hingegen erst einmal Premiere im Prinz Regent Theater. Und das Buch ist ja wirklich politisch verschiedenst "interpretierbar", was jede Inszenierung schon einmal von vornherein spannend macht. Der Autor dieser Zeilen zitiert mal den fast hoffnungsvollen Satz von Lacroix an die johlende Meute vor dem Schafott: "Ihr tötet uns an dem Tage, wo ihr den Verstand verloren habt; ihr werdet sie an dem töten, wo ihr ihn wiederbekommt." – "Aber wer will den schon wieder haben?", fragt Rosamunde. Und Odysseus ergänzt: "Und wer ihn wieder geben?"
Denn der alte Grieche wird auch zu einer der Großveranstaltungen im Jahre 2010 bemüht. "Odyssee Europa" (Montage: Thomas Goerge) heißt das Mammutprojekt, beginnt diese Woche mit einem ersten Vorboten, dann werden trojanische Pferde vor den beteiligten Schauspielhäusern aufgestellt, dann kommen prominente Denker hinzu, und schließlich ein Theaterzyklus ab Februar 2010. Aber gemach: Diesen Freitag wird erst einmal von Beteiligten und Gästen die gesamte Odyssee gelesen. Öffentlich natürlich, an allen späteren Spielstätten. Komplexe und zugleich simple Massenkultur, wow! Was würde Danton dazu sagen? Und da sollte bitte einfach dem Link gefolgt werden, gerne ohne größere Umwege. Denn hier noch einmal alles …
… im Überblick:
"Der Tod und das Mädchen: Prinzessinnendramen I-III" in der Box in Essen noch am Mittwoch, den 25. Februar, sowie am 4. März und 3. April um 20 Uhr.
"Sag mir Muse. Lange Nacht der Odyssee – Ein Prolog zur Odysse Europa" am Freitag, den 27. Februar, an den beteiligten Theatern in Bochum, Dortmund, Essen, Mülheim, Moers und Oberhausen ab 18 Uhr.
Premiere von "Dantons Tod" im Prinz Regent Theater Bochum am Samstag, den 28. Februar, um 19.30 Uhr.