5. Todestag von Robert Enke – Was hat sich seit 2009 letztendlich geändert?

Robert Enke im Jahre 2008. Quelle Wikipedia, Foto: Ina96, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Robert Enke im Jahre 2008. Quelle Wikipedia, Foto: Ina96, Lizenz:
CC BY-SA 3.0

Nicht gänzlich unerwähnt lassen möchte ich heute hier bei uns im Blog, dass Ex-Fußball-Nationaltorhüter Robert Enke sich heute vor genau 5 Jahren das Leben nahm.
Der schon über Jahre hinweg an Depressionen leidende Enke stürzte sich am 10. November 2009 unweit seines Wohnortes in Niedersachsen vor einen Zug. Er hinterließ seine Frau und eine Tochter.
Sein Freitod schockierte damals für einige Tage die gesamte Fußballwelt, führte alsbald in der breiten deutschen Öffentlichkeit zu einer Diskussion über das Thema Depressionen im Spitzensport.

Auf einer großen, öffentlichen Trauerfeier vor gut 40.000 Zuschauern im ehemaligen Niedersachsenstadion von Hannover, welche live im Fernsehen übertragen wurde, äußerten damals zahlreiche Prominente aus Sport und Gesellschaft, darunter Politiker wie Christian Wulff und Sportfunktionäre wie Oliver Bierhoff und Egidius Braun, den dringenden Wunsch das Thema Druck im Spitzensport in eine breitere Öffentlichkeit befördern zu wollen, allgemein für eine Enttabuisierung des Themas ‚Depression‘ kämpfen zu wollen.
Und tatsächlich setzte damals der Beginn einer große Debatte ein, in deren Verlauf nicht nur recht beachtete und erfolgreiche Bücher und Filme zum Thema entstanden, auch Enkes Ehefrau Teresa führte die Robert-Enke-Stiftung in eine breite Öffentlichkeit, in der sie sich aktiv für Projekte einsetzt, die der Erforschung von Herzkrankheiten von Kindern (die Enkes verloren ein gemeinsames, herzkrankes Kind) sowie Depressionskrankheiten dienen.
Zuletzt wurde es wieder ruhiger um das Thema. Die Diskussionen aus 2009 scheinen fast vergessen. Was also ist von all dem nach inzwischen 5 Jahren geblieben? Wohl leider nicht sehr viel.
Die Welt der Fußballprofis hat sich rasch und intensiv weitergedreht. Enkes Verein, Hannover 96, stand damals lange unter dem Schock des Verlustes, wäre im Frühjahr 2010 fast abgestiegen, da die Mannschaft lange nicht mit dem Verlust ihres Stammtorhüters klarkam. Sportlich, vor allem aber eben auch menschlich nicht.
Hat sich die Gesellschaft in diesem Land, hat sich der Profisport denn überhaupt im Sinne des Anliegens von damals verändert? Vielleicht ein klein wenig. In einigen Profimannschaften wurden Psychologen eingestellt. Zumindest versuchsweise.
Entscheidende Veränderungen hat es aber wohl, auch fünf Jahre nach dem Drama um den sympathischen Keeper von Hannover 96, weder im Sport noch in der Gesellschaft wirklich gegeben.
Vielleicht kann dieses große Vorhaben so auch gar nicht gelingen.
Irgendwie gehört Druck ja auch zu den festen Bestandteilen unserer Leistungsgesellschaft, ist auch der Berufsfußball heutzutage natürlich letztendlich nur ein knallharter Verdrängungswettbewerb. Wer Schwäche zeigt wird rasch durch jemand Anderen ersetzt. Ob im ‚normalen Berufsleben‘, oder im Profisport. Ein Wettbewerb an dem Robert Enke, obwohl er sich bis in die Spitze seiner Sportart vorkämpfen konnte und ja auch freiwillig wollte, im Jahre 2009, im alter von nur 32 Jahren, letztendlich zerbrochen ist.
Das Alles mag man natürlich kritisieren und zu Recht bedauern. Grundsätzlich ändern wird man das im Grunde wohl so einfach gar nicht können. Vielleicht aber können wir alle, durch eine grundsätzlich größere Toleranz und Offenheit dem Thema gegenüber, durch das gemeinsame Bestreben die Problematik etwas mehr aus der Ecke des Schweigens herauszuholen, es den Betroffenen leichter machen darüber zu sprechen, sich rechtzeitig Hilfe zu suchen. Dann wäre ja schon einiges erreicht.
Den sich auf vielen Ebenen eher verschärfenden Druck in unserer Gesellschaft werden wir vermutlich aber letztendlich nicht wirklich entscheidend reduzieren können….

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WALTER Stach
WALTER Stach
10 Jahre zuvor

Robin,
hast Du erwartet, daß sich etwas ändert oder hast Du Dir das gewünscht?

Überall wo die Geldmaschine läuft -und wo läuft sie nicht – werden sog. Korrelateralschäden, eben auch Selbstmorde, als solche wahrgenommen, als solche verbucht, als solche dann und wann zu erklären versucht bis sie „morgen“ vergessen sind.

Die „Geldmaschine Bundesliga“ ist eine unter Vielen.

keineEigenverantwortung
keineEigenverantwortung
10 Jahre zuvor

Fußball Bundesliga ist Spitzensport mit Öffentlichkeit. Deshalb werden für Leistungsträger Spitzengehälter gezahlt.
Aber auch als „Mitläufer“ ist im Fußball noch Geld zu holen.

Wie soll sich das ändern? Fans könnten begreifen, dass Fußballer auch nur Menschen sind. Insgesamt kann aber jeder Spitzensportler im Fußball entscheiden, ob er „Mitspielen“ will.

Dramatischer ist die Situation für die vielen unbekannten Leistungsträger, die oft unbemerkt bis an die Grenzen der Belastbarkeit gehen. Psychologen etc. gibt es für diese Menschen auch nicht. Für viele Menschen geht es um die finanzielle Existenz. Das ist bei Fußballern nicht der Fall. Auch in stressfreieren Ligen lässt sich Geld verdienen. Spitzenfußballer können sich entscheiden.

Sportler aus Randsportarten müssen Weltmeister und Olympiasieger sein, um überhaupt wahrgenommen zu werden. Sie sind ruiniert, wenn sie eine Olympiade bspw. aus gesundheitlichen Gründen verpassen oder aber keine Top-Leistung abrufen können.

Insgesamt vermisse ich eine Unterstützung für die vielen unbekannten Leidenden.

Der Satz
„Den sich auf vielen Ebenen eher verschärfenden Druck in unserer Gesellschaft werden wir vermutlich aber letztendlich nicht wirklich entscheidend reduzieren können…. “ ist sicherlich richtig.
Über Belastungen wird heute gesprochen. Es kommt zu erschreckenden Ergebnissen der Arbeitsverdichtung und des Drucks in allen Bereichen.

Es kommt bei mir aber auch der Eindruck auf, das psychische Krankheiten heute zu oft vorkommen, so dass bei mir der Eindruck entsteht, dass die Behandlungsmöglichkeiten zu häufig von Personen, die einfach mal eine Auszeit nehmen wollen, genutzt werden. Hier ist mir der ganze Bereich zu „schwammig“.

WALTER Stach
WALTER Stach
10 Jahre zuvor

Robin,
„gut so“, daß Du Deine Erinnerung hier publiziert und uns damit veranlaßt hast, in der Erinnerung an den Selbstmord von Robert Ehnke darüber nachzudenken, ob sich seit dem im Fußball, in der gesamten Gesellschaft irgend etwas geändert hat, um dem zukünftig präventiv besser begegnen zu können.

Es mag sich hier und da partiell etwas geändert haben, substantiell konnte sich nichts ändern -sh.mein Beitrag -1-.

TuxDerPinguin
TuxDerPinguin
10 Jahre zuvor

ich verstehe nicht, was sich im Profi-Fußball ändern sollte
Enke nahm sich das Leben wegen Depressionen nicht wegen irgendwelchem Druck (als Profi-Fußballer hat man zudem sicherlich weniger Druck und mehr Freiheiten als Otto-Normalo). Depressionen sind eine unterschätzte chronische Krankheit, für die es kein Heilmittel gibt, nur Symptome gelindert werden können.

Ich weiß nicht, was speziell da der Spitzensport machen soll.

Ne Aufklärungskampagne über die Krankheit fänd ich allerdings ganz gut. „Lach doch mal“ ist ein Satz, den meine depressive Freundin sehr oft gehört hat… in besten Absichten… aber das ist so sinnvoll und erfolgsversprechend wie Homoöpathie.

Hank
Hank
10 Jahre zuvor

Schön das es mal.wieder um den Profi geht, was ist mit dem Lokführer?
Depression ist eine ernsthafte Krankheit, trotzdem wissen sie was sie tun, und wenn sie bewußt das Leben eines anderen zerstören ist dies meiner Meinung nach zu verurteilen.
Ich habe bis heute noch keinen Artikel gelesen über die Schäden die diese Menschen in die Familien tragen.

Martin Kaysh
10 Jahre zuvor

Vorsichtig geschätzt,
werden sich wegen der Jubiläumsbetroffenheit fünf bis zehn Menschen zusätzlich vor Züge werfen. Ist so ein Erfahrungswert.

WALTER Stach
WALTER Stach
10 Jahre zuvor

-5-TuxDerPinguin
Ich frage mich schon, ob die Zunahme an Depressionen und in deren Folge die zunehmende Zahl an Selbstmorden etwas zu tun haben könnte, mit dem oftmals unmenschlichen Leistungsdruck, dem man ausgesetzt wird,dem man sich selbst aussetzt als ein Rädchen in der „Geldmaschine“ , die das Funktionieren unserer Gesellschaft diktiert. Der Profi-fußball ist Bestanteil dieser Gesellschaft.

Hank
Hank
10 Jahre zuvor

Es gibt verschiedene Gründe für Depression, z.B. genetische Veranlagung, was aber Aufgabe einer ganzen Forschungsarbeit wäre.

der, der auszog
der, der auszog
10 Jahre zuvor

1991 säuft sich Roy Black zu Tode, 18 Jahre später schmeißt sich Robert Enke vor den Zug.

Ist Deutschland noch zu retten?

Thomas Weigle
10 Jahre zuvor

Reißt euch mal zusammen, dann geht es auch weiter, nur wohin?
Im Ernst, wenn ich heute von den Traumata lese, die gerade auch Soldaten erleiden, stelle ich mir die Frage, wo unsere Väter/Mütter und Großväter/mütter, die ja z. T.zwei Kriege miterlebt haben, mitgefochten haben, wie sind die damit umgegangen? Die müssen doch durch die Hölle gegangen sein.

WALTER Stach
WALTER Stach
10 Jahre zuvor

-11-Hank,
-12-DER,DER….
Ich habe nicht behauptet, daß die unbestrittene Zunahme an Depressionen zwangsläufig -und ohne weitere Voraussetzungen- zu einer Zunahme der Selbstmorde in Deutschland -und anderswo- führt , sondern nur auf diese Möglichkeit hingewiesen.

Zudem meine ich, daß es nicht nur Einzelfälle sind, die uns veranlassen könnte darüber nachzudenken, ob permanter Leistungsdruck, ob Versagensängste in unser Leistungsgesellschaft -in der „Geldmaschine“- wesentlich zur Zunahme von Depressionen beitragen.

Diese Überlegungen gingen mir jedenfalls durch den Kopf, als ich den Beitrag von Robin zur Erinnerung an den Selbstmord von Robert Enke gelesen habe. Und dieser Fall und die wachsende Zahl vergleichbarer Fälle verdienen m.E. keine ironische oder gar eine zynische Kommentierung.

keineEigenverantwortung
keineEigenverantwortung
10 Jahre zuvor

#13: Wenn ich an die Schilderungen aus meiner Familie denke, gab es die Traumata, sie konnten nicht behandelt werde, und es war sowieso keine Zeit da, darüber nachzudenken.

Insgesamt betrachtet sind wir vermutlich einfach „weicher“ und anspruchsvoller geworden. Außerdem gab es schon immer Selbstmorde als „Ausweg“. Nur war das damals keine Nachricht in den Medien.

Hank
Hank
10 Jahre zuvor

Wieviele Fußballprofis sind denn Depressiv, also leiden länger als drei Monate unter einem Stimmungstief und wieviele haben sich in den letzten zehn Jahren umgebracht? Ich als Laie hätte eher gedacht das die Profis nach ihrer aktiven Phase depressiv werden und nicht während sie noch spielen.
Haben die klinischen Depressionen in der Gesellschaft tatsächlich zugenommen oder sind wir nur sensibler geworden was das Thema.angeht?
Vielleicht haben sie sich auch nur anders geäußert, hieß es dann nich soundso hat es mit den Nerven und war Alkoholismus nicht weiter verbreitet?
Ich meine wer längere Zeit unter einem Stimmunhstief leidet sollte einen Arzt aufsuchen wie man auch mit einem nicht verschwinden wollenden physischen Schmerz zum Arzt geht.

Hank
Hank
10 Jahre zuvor

Meinen Vorschreiben würde ich noch sagen das bei einer Depression mot organischen Ursachen auch keine männliche Härte hilft, ich glaube worauf sie ansprechen sind die immer neuen Modekrankheiten, wo man sich nach List und Laune bedienen kann.

der, der auszog
der, der auszog
10 Jahre zuvor

@Walter

mein Kommentar war nicht speziell auf Dich gemünzt, sondern lediglich eine dumme Bemerkung mit der ich sowohl den Artikel als auch die anschließende Diskussion in Frage stellen wollte, denn was bringt es, den Fall Enke nochmal aufzurollen, außer dass ihr mal wieder über Fußball reden könnt und sich vielleicht irgendwelche Nachahmer finden, die sich anschließend vor den Zug werfen?

http://www.medien-monitor.com/Noch-viel-Luft-nach-oben.1228.0.html

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