Am Montagmorgen wurde der Dortmunder Neonazi Patrick Brdonkalla vom Dortmunder Amtsgericht wegen Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter Nötigung zu einer Geldstrafe von 800€ verurteilt. Der Angeklagte hatte beim Rathaus-Überfall im vergangenen Jahr einen Kameramann umgeschubst – einer seiner Kameraden soll diesem danach ins Gesicht getreten haben. 800€ – was ein Schnäppchen! Wir haben ein paar Straftaten rausgesucht, die teurer sind, als einen Kameramann in Dortmund umzuschmieren:
1. Sex auf dem eigenen Balkon (2100€)
2. Sich in einem Stuttgarter Park an einen Betonklotz ketten (2800€)
3. Als Querschnittsgelähmter gegen seine Schmerzen ankiffen (1500€)
5. Waren im Wert von 15€ im Supermarkt klauen (900€)
6. Penisbilder auf der Arbeit verschicken (1800€ + fristlose Kündigung)
Leute, Leute, Leute… die Höhe der Strafe ist einkommensabhängig. Relevant ist alleine die Anzahl der Tagessätze. (Die ist zugegebenermaßen überraschend gering).
Viel relevantere Fragen hier (wenn man schon über die deutsche Justiz diskutieren will):
Warum war nur eine einfache Körperverletzung angeklagt? Warum war dies keine gemeinschaftliche oder gefährliche? Ein anderer Nazis wird immerhin beschuldigt, den zu Boden gestoßenen weiter mit Fußtritten attackiert zu haben.
Warum liegt hier kein Landfriedensbruch vor, wenn eine große Gruppe gemeinsam gewalttätig wird?
Oder auch: Warum kriegt ein Wiederholungstäter wie Brdonkalla noch Geldstrafen? Was ist mit seinen möglicherweise laufenden Bewährungen? Was wurde zu seiner Sozialprognose gesagt? Mal wieder positiv?
Naja, wie unter der Erstmeldung von Euch bereits von anderen angemerkt, ist nicht die absolute Summe, sondern die Anzahl der Tagessätze relevant. Denn die Beleidigung des Staatsanwaltes wurde mit 60 Tagessätzen geringer bestraft, als der vorliegende Fall. Der Angeklagte hatte halt nur mehr Geld, weshalb ein Tagessatz bei ihm mit 1.000 Euro zu Buche schlägt.
Leider kein guter Vergleichsmaßstab gewählt, um einen reißerischen Artikel zu schreiben. Die Einordnung der Anzahl der Tagessätze wäre spannender.
@ALM: Das ist richtig, 90 Tagessätze für einen Kleinst-Diebstahl vs. 80 hier stimmen mich dennoch nachdenklich… Vor allem natürlich vor dem Hintergrund der von dir angesprochenen und von Sebastian Weiermann in seinem Artikel vorhin aufgezählten Historie der Gewalttaten Brdonkallas.
@Felix: Trotz der Aufzählung fehlt evt. die Info, ob P.B. rechtskräftig wg. dieser Latte als vorbestraft zu gelten hat. Interessant wäre auch, ob die Meinung der Staatsanwaltschaft bzg. eines Nazi-Angriffs auf die Pressefreiheit im Urteil berücksichtigt wurde, was also die Urteilsbegründung dazu sagt.
Allerdings ist der Eindruck, dass Dortmunder Gerichte die Nazis eher als kleine, böse Jungs sehen, die ab und zu "mal über die Stränge schlagen" und denen ein deutliches "DuDuDu!!" mit abgewinkeltem Zeigefinger reicht, weder neu noch unbegründet.
Wird die Tat oder der Täter be/urteilt? Ist ein Mensch, der in der U-Bahn willkürlich einen anderen schlägt und tritt, weniger scharf zu verurteilen als ein Nazi? Andersherum gefragt: Gehört ein Medienvertreter einer besonders schützenwerten Gattung an? Ist also eine politische Haltung (mag sie auch noch so wirr sein, bei der Urteilsfindung zu berücksichtigen? Falls jemand diese Frage mit Ja beantwortet, redet er der Gesinnungsjustiz das Wort…
Wie soll sich eigentlich ein "normales" Verbrechensopfer fühlen, wenn es beim Strafzumaß einen politischen und einen normal Tarif gibt?
Um nicht falsch verstanden zu werden: Wäre ich König von Deutschland, würde ich das ganze Pack nach Zentral-Grönland deportieren, dort könnten sie sich dem Überlebenskampf in seiner reinsten Form stellen. Die Überlebenden würden anschließend die Uckermark aufforsten. Da diese Träume aber wohl eher nicht Wirklichkeit werden, müßen wir uns damit abfinden, daß die Sonne auch für Nazis scheint, ob es uns paßt oder nicht. Und daß unsere Justiz nicht dem politischen Kampf dienen sollte.
Das war ja, wenn ich das richtig lese, nur das strafrechtliche Verfahren. In einem, nach erfolgreicher strafrechtlicher Verurteilung zweifelsfrei erfolgreichen Zivilklage kann es nochmal teuer werden.
Abgesehen davon gehört ein Wiederholungstäter wie dieser Nazi in den Knast. Andererseits kostet er da auch nur wieder Geld.
@#5 Davbub: Es geht nicht um "politischen Kampf", es geht um selbsternannte, dummbratzige Verfassungsfeinde. Punkt.
@#7:
Ist gut, Vati.
Die heutigen (reifen) Juristen hatten ja mal Lehrer, …. die wann aktiv waren? und unter welcher Ideologie? Und die nach '45 nie (kein einziger) zur Rechenschaft gezogen wurde. Und deren Lehrer wiederum…? (siehe "Der Untertan", Heinrich Mann oder Staudte).
"Links" & fortschrittlich oder intelligent (da gibt' so ein Sprichwort) waren die noch nie, nicht unter Kaiser Wilhelm und nicht unter den Nachfolgern…
Schlagende Verbindungen sind voller Juristen.
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Es gibt Ausnahmen.
@Davbub: Sehnsucht nach "starken Vaterfiguren"?
@#10 Klaus Lohmann:
Falls ich eine treffe, gebe ich Bescheid…
[…] Dortmund: Erstes „Rathaus-Sturm“-Verfahren: Neonazi wegen Körperverletzung und versuchter Nötigung verurteilt (Nordstadtblogger) – Siehe auch: 6 Dinge die teurer sind als bei einem Nazi-Überfall in Dortmund Journalisten anzugreifen… […]
#Davbub
Danke für diese Verteidigung des freiheitlichen Rechtsstaats in einem antipathischen Milieu.
@#11 u. #13: Anscheinend wächst hier zusammen, was zusammen gehört.