62 Fragen – auch an dich – nach Köln

Polizeieinsatz in Köln zu Silvester (Foto: Sebastian Weiermann)

Die Silvesternacht von Köln. Nafris. Racial Profiling. Rechtsstaat. Polizei. Art 3 GG. Gefährder. Simone Peter. 1000 Männer. Polizeikessel. Kriminalprävention. Mimimi. Richtig so! Viel ist noch zu klären, was die Ereignisse jener Nacht betrifft. Und wir Ruhrbarone haben Fragen. Viele Frage. 62 Fragen. 24 Fragen an die Polizei, 8 an die Politik, und weitere 30 Fragen an die Gesellschaft – auch an Dich, lieber Leser. Wir möchte Fragen fragen, wo andere nur Antworten haben. Wir freuen uns, wenn die Fragen zum Nachdenken und Gesprächen führen. Wir freuen uns über aber auch über Antworten unter Nennung der jeweiligen Nummer der Frage. Vielleicht zum Einstieg und zum Warmwerden: Wie war eure Zugfahrt? Was war bei euch in der Innenstadt los?
OK, kein Problem?

Dann geht´s jetzt richtig los:

A) Polizei

  1. Wieviele Personen erreichten die vermeintlichen SMS zur Abstimmung einer gemeinsamen Aktion in der Silvesternacht?
  2. Wer wusste wann wie von dieser SMS/ diesen SMS?
  3. In welcher Sprache war die SMS verfaßt?
  4. Was würde die Polizei in Zukunft anders machen?
  5. Was bedeutet es, dass die Menschengruppen in anderen Städten nicht gekesselt wurden und es trotzdem keine Übergriffe gab?
  6. Was haben die über 1000 Kontrollierten im Einzelnen mit den Tätern des Vorjahres gemein, das ihre Kontrolle rechtfertigte?
  7. Welche Nationalitäten hatten die kontrollierten Personen, nach Staaten sortiert? Was hat das mit was zu tun?
  8. Werden derzeit Strategien entwickelt, um in Zukunft auf solche Strategien und Maßnahmen zu verzichten? Hoffentlich ja. Zusatzfrage: Wer arbeitet an solchen Alternativen?
  9. Warum kündigt man solche selektiven (und mutmaßlich rassistischen) Kontrollen nicht vorher an?
  10. Müssen wir jetzt jedes Silvester so ein Polizeiaufgebot in den Städten haben ?
  11. Gab es innerhalb der Polizei oder der Gewerkschaften Kritik an diesem Vorgehen?
  12. Wie hat sich das polizeiliche Vorgehen in diesem Jahr auf das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung ausgewirkt?
  13. Ist das Sicherheitempfinden ein sinnvolles Kriterium, um so ein Ereignis zu beurteilen?
  14. Ist es überhaupt möglich aussagekräftige Erkenntnisse über das Sicherheitsempfinden zu erhalten?
  15. Wie werden die Social-Media-Beamten der Polizei geschult?
  16. Stimmt es wirklich, dass unter dem polizeiinternen Begriff „Nafri“ auch Libanesen, Syrer und Afghanen gefasst werden?
  17. Steht die Abkürzung nun für „Nordafrikaner“ oder „Nordafrikanischer Intensivtäter“? Und wofür stand sie im Tweet der Polizei?
  18. Bis zum Silvester 2015 war ein solches Polizeiaufgebot nicht notwendig? Warum jetzt? Und wie konnte es dazu kommen?
  19. Gab es schriftliche Aufklärung und Ankündigungen via Social Media über „richtiges Feiern“ und mögliche Kontrollen in den Sprachen die für „Maghreb“ Staaten relevant sind?
  20. Wurden polizeiliche Mittel wie Bereichsbetretungsverbote, Gefährderansprachen, Meldeauflagen oder Unterbindungsgewahrsam im Vorfeld genutzt?
  21. Wie findet der betroffene Polizeibeamte das Facebook-Posting seiner Frau auf der Seite von Simone Peter, wonach sinngemäß die widrigen Bedingunen (Frost, Nachtarbeit etc.) dazu führen müssten, dass jegliche kritische Nacharbeitung des Polizeinsatzes ungehörig wäre?
  22. Wie „zufrieden“ waren eigentlich die Beamten vor Ort (Zug- oder Gruppenführer und die unterstellten Beamten „boots on the ground“)?
  23. Wieviele deutsche Männer zwischen 16 und 40 aus den Köln umliegenden Kreisen sind in die Stadt gefahren?
  24. Wieviel hat die Polizei an Silvester getrunken? Und wann werden die Getränke abgeholt?

B) Politik

  1. Ist Innenminister Jäger aus der Verantwortung für Silvester 2015/2016?
  2. Wo liegt der Unterschied, zwischen dem, was in der Silvesternacht geschah, und dem, was vor Fußballspielen geschieht?
  3. Standen „Deutsche“ im Kessel? Woher wissen wir, dass nicht?
  4. Warum hat niemand den Polizeijargon kritisch hinterfragt? („Fahndungsrelevante Personen“: diese Formulierung findet sich bis zu den Pressemitteilungen zu Silvester in Köln nirgends, davor wird der Begriff „fahndungsrelevant“ in Medien nur sehr sporadisch verwendet und „Intensiv(straf)täter“)
  5. Wie validieren Politiker Polizeiaussagen – und wie Journalistenaussagen?
    Wer müsste die Verantwortung übernehmen, wenn sich die Vorgänge von 2015/2016 wiederholt hätten?
  6. Wie hat die Stadt Köln den Silvesterabend im Vorfeld in Flüchtlingsunterkünften, eigenen Integrationsmaßnahmen, und gegenüber Netzwerkpartnern und Multiplikatoren kommuniziert?
  7. Wurden Empfehlungen gegeben, dass Flüchtlinge/ Nordafrikaner nicht in der Innenstadt feiern sollten oder wie sie sich zu verhalten haben?
  8. Müssen Flüchtlinge mit dem Zug nach Köln fahren weil ihnen das Geld für ein Auto fehlt?

C) Gesellschaft

  1. „Experten“ für Polizeiarbeit: Wie würden sie anstelle der eingesetzten Beamten Gefahrenabwehr betreiben?
  2. Wie tief sollten Kritiker (oder Befürworter) in der Materie stecken, damit sie ernst genommen werden können?
  3. Wollen wir zukünftig jedes Silvester in Köln so „schützen“?
  4. Wieso sprechen wir in der Diskussion einander ab, Demokraten zu sein?
  5. Welche Information beurteilen wir wieso als „gesichert“?
  6. Sehen wir uns die Informationen als „valide“, die unsere Meinung unterstützen?
  7. Hätte es ein Ausmaß ein Gewalt durch Migranten gegeben, an denen wir einen „Polizeikessel“ für OK gehalten hätten?
  8. Wieso hat bisher niemand Anzeige gegen die Polizei erstattet?
  9. Was sollen Bereitschaftspolizisten alles können?
  10. Wieso hören wir so wenig dazu, was die Opfer von 2016 zu den Ereignissen in Köln sagen?
  11. Wonach beurteilen wir eigentlich Menschen, die wir nicht kennen, primär: Ethnie, Geschlecht, Kleidung, Körperbau, Augenfarbe, Körperhaltung? Woran können wir sie beurteilen? Woran dürfen wir Sie beurteilen?
  12. Wäre es fairer gewesen, alle Männer zu kontrollieren? Gibt es ein „sexual profiling“?
  13. Warum hätte man z.B. Rentner, Pärchen und einzelne Frauen kontrollieren sollen, wenn man nicht davon ausgeht, das sie eine Gefahr darstellen?
  14. Was ist die angemessene Art des Diskurses, ohne sich von vornherein einer Meinung anschließen zu müssen?
  15. Wieso ist die Entschuldigung von Simone Peter so wenig in der öffentlichen Wahrnehmung wert?
  16. Wieso ist die Entschuldigung des Polizeipräsidenten für den „Nafri“-Tweet so wenig wert?
  17. Wie sollen Menschen heute um Entschuldigung bitten, damit sie ihnen gewährt wird?
  18. Reicht der rituelle Harakiri, mit einem alten Hering, vor dem Reichstag aus, damit eine Entschuldigung als solche anerkannt wird?
  19. Wie validieren deutsche Journalisten die Informationen, die sie von der Polizei erhalten?
  20. Was wiegt mehr: eine polizeiliche Gesamtlagebeurteilung – oder die Aussagen einiger unabhängiger Journalisten?
  21. Ist das polizeiliche Vorgehen auch dann rassistisch, wenn die Störerauswahl der Polizeibeamten auf kriminalistischen Erfahrungssätzen beruht?
  22. Was war dieses Silvester gefährlicher für die innere Sicherheit – das Vorgehen der Polizei oder die Ansammlung vor dem Kölner Hauptbahnhof?
  23. Warum überhaupt Silvester feiern?
  24. Wie fühlen sich die damaligen Opfer mit der diesjährigen Lösung?
  25. Wird innerhalb dieser Gruppe auch über Rassismus/Sexismus in umgekehrter Weise diskutiert?
  26. Müssen wir uns zwischen Rassismus und Sexismus entscheiden? Wenn ja: Wofür? Und: wozu?
  27. Wenn sich die Polizei in Köln auf Maßnahmen wie in Ddorf, Essen (setze Stadt, in der alles richtig gemacht wurde) beschränkt hätte und es wäre in Köln erneut zu gewalttätigen Übergriffe gekommen, würde das schulterzuckend mit einem „Da kann man halt nichts machen“ hingenommen oder würden personelle Konsequenzen gefordert?
  28. Können die Konventionen des Medien- und Politikdiskurses auf die polizeiinterne Sprache angewendet werden?
  29. Haben bestimmte Personengruppen überhaupt eine andere Wahl, als in die Innenstädte zu gehen?
  30. Was bleibt schwarzen Menschen ohne deutschen Pass übrig: werden sie auf Silvesterparties reingelassen, zu Privatparties eingeladen usw.?

Wir freuen uns auf Antworten, Gedanken – und weitere Fragen.

Autoren: cb, sb, mb, df, jh, mk, sl, am, lr, sr, is, sw

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Rumpelstilzchen
Rumpelstilzchen
7 Jahre zuvor

Das Beste wäre, Sylvester grundsätzlich als Feieranlass abzusagen. Auf das sinnlose Geböllere und die Begegnung mit überbordend aggressiven Besoffenen kann ich gut verzichten

Ich frage mich Jahr für Jahr, was dieser ganze Mist überhaupt soll.

Paul Kriener
Paul Kriener
7 Jahre zuvor

Was für Fragen…

Aber es fehlt noch eine – an unsere Gesellschaft gerichtet: Was ist das für eine Willkommenskultur, jungen Männern, die voller Tatendrang anreisen, ausgerechnet an einem globalen Feiertag das Recht auf selbstbestimmte Sexualität zu beschränken?

Christian Perzl
Christian Perzl
7 Jahre zuvor

An die Autoren dieses Beitrag gerichtet:

Danke. Einfach nur Danke… ich hab mich schon seit einiger Zeit gefragt ob ich noch Ruhbarone zu meinen bevorzugten "Internet-Medien" zählen soll.
Aber dieser Text, dieser Versuch aus den Trott auszubrechen und dabei sogar Fragen so zu formulieren das sie auch selbst an den Blog und seinem Umfeld gerichtet werden können, ist mir Beweis genug weiterhin den "alten Baron" zu besuchen.

Zu den Fragen an sich:

33. Wahrscheinlich nicht gerade viel anderes.
Sprich, das Profiling bleibt, wird dafür etwas weicher angewendet(Betrunkene, Großgruppen, so viel Pyrotechnik dabei um eine Kleinstadt zu erobern ect.) dafür noch stärkeren "Druck" und Präsenz vorher aufbauen.

34. Nullkommanull. Den ganz ehrlich, dann müsste Ruhrbarone massiv ihren Blog ausmisten und überlegen ihren Kommentarspalte zu schließen.

35. Wenn es traurige Notwendigkeit ist, natürlich. Aber selbst dann muss man sich etwas überlegen es anderes machen zu können, den allein schon jede Großstadt in NRW wird man so nicht schützen können ohne über die Belastungsgrenze des ganzen Staates zu kommen.

36. Das ist die interessanteste Frage im gesamten Katalog.
Allgemein gesprochen: Es dürfte der größte mögliche Bannhammer sein. "Deine Ansichten stehen außerhalb der Gemeinschaft, mehr noch DU willst diese Gemeinschaft vernichten!"
Für mich persönlich muss ich ein wenig ausholen:
Klar den Kunstgriff "Du bist kein Demokrat" gab es schon immer.
Ich hab diesen aber erst so richtig bemerkt, und leider auch manchmal selber benutzt, als ich angefangen habe die Ruhrbarone zu verfolgen.
Da fällt einem diese Deutung sehr gerne in den Artikeln oder Kommentaren vor die Füße. Egal ob direkt. oder auch gerne indirekt ala "Natürlich würden wir niemals sagen du wärst für Diktatur, du bist aber so autoritär und Staatsgläubig, das du doch ein Feind der Freiheit, und so nur ein halber Demokrat, bist.
Mittlerweile hab ich dieses Denken erschreckenderweise auch übernommen: "Wer nicht für die Freiheit(Die ich einfach selbst deute wie es mir gefällt.) ist, ist mein Feind." Ja, kotzt mich selber an und ist ein Grund wieso ich mir manchmal überlegen den RB den Rücken zukehren.

37 und 38. Kann ich nicht beschreiben. Ich denk mir zwar immer "Oh, diese Argumente sind überdenkenswert und bestätigen/ändern meine Meinung" aber ich bin mir sicher dass das Bauchgefühl da mitsteuert.

39. Ja.

40. Keine Ahnung.

41. Die lokale Polizei dort unterstützen wo diese allein an ihre Grenze kommt. Sowohl Massetechnisch(Großveranstaltung) als auch Mitteltechnisch(Hochrisikoveranstaltung)

42. Wahrscheinlich hat sie noch keiner gefragt?

43. Außer jetzt die Augenfarbe kann man auf alle der genannten Faktoren achten.

44. Nein wäre nicht fairer gewesen. Ich hoffe aber das es auch "sexual profiling" gibt, und dies in den gegebenen Situationen angewandt wird.

45. Solang keine Gefahren darauf deuten (z.B stark unter Drogen). Nein, hätte nicht kontrolliert.

46. Die Frage hört sich blöd an. Menschen diskutieren in der Regel nicht in einen luft-,wert-,meinungsfreien Raum. Man geht also schon mit einer Meinung in die Debatte hinein.

47 bis 50. Ich halte Entschuldigungen in einer Disskusion, solang nicht in zwischenmenschlichen Bereich, es gröbste Beleidigungen, und/oder Lügen sind, für eher nicht nötig/sinnlos.
Das hat zu oft was von "Aber jetzt braucht man diese Meinung nicht mehr werten/jetzt ist diese Meinung doch wieder total frei von Kritik." Besser man arbeitet seine Argumentation deutlicher aus, wenn sie dann besser und verständlicher herübergekommt, gut. Wenn nicht, ist die Meinung halt kritikwürdig.
Genauso dämlich finde ich das Entschuldigung einfordern.
Ausgenommen natürlich jemand pilgert im Büßergewand zum düsteren Tentakelgötzenbild und küsst dessen Füße, dann verzeih ich alles.

51. Wäre gut zu wissen?

52. Ich vertraue eigentlich der Polizei.
Dummerweise aber hab ich aber dank Ruhrbarone von der Polizei NRWs und insbesondere ihres obersten Chefs Jägers eher die Ansicht das sie eine bessere Karnevalsgarde ist.
Sprich, dort vertraue ich Journalisten schon fast mehr als der Polizei.

53. Nein

54. Wenn die Ansammlung nicht wirklich verabredet wurde für das Begehen von Straftaten: Beides keine Gefährdung.

55. Fast Sanktion frei "Bagdad bei Nacht" spielen?

56 und 57 . Wäre interessant zu wissen, wenn den die Opfer überhaupt darüber sprechen wollen.

58. Nein, "einfach" nur zwischen Arschlöchern und Nicht-Arschlöcher (Kann man das überhaupt gendern ;)* unter-, und entscheiden.

59. Wenn bei Köln mit alles richtig gemacht Silvester 2015/16 gemeint ist:
Personelle Konsequenzen im Sicherheitsapparat.
Wenn ein ausgearbeitetes Sicherheitskonzept gescheitert wäre: Nein, dafür Konsequenz im Täterbereich, und zwar massiv.
Zu einem „Da kann man halt nichts machen“ darf es niemals kommen.

60. Nein, sobald der Begriff jedoch extern seine Runde macht darf auch über seine externe Wirkung diskutiert werden.

61 und 62. Ehrlich gesagt überfragt.

Nochmals Danke für diesen Artikel. Ich habe selber über meine Ansichten überlegen müssen, was wahrscheinlich besser ist als wieder ein Meinungshäppchen vorgelegt zu bekommen.

Boris
Boris
7 Jahre zuvor

Statt Antworten nur ein paar (nicht wertend zu betrachtende) Rand-Informationen für Menschen, die am Silvesterabend nicht in Köln waren:
1. Die grundsätzlichen Zugangskontrollen zum grooooßen Sicherheitsbereich (Gefahrengebiet? =D ) um den Dom herum galten nicht zuletzt dem Verbot von Pyrotechnik. Diese Kontrollen wurden ausnahmslos bei allen Besucher*innen durchgeführt. Auch die konsequent durchgesetzte Einhaltung vorgeschriebener Zu- und Abwege von der Fläche, die bei relativ dünn gefüllter Domplatte bis ca. 20.30 Uhr bisweilen merkwürdig anmutete, war nicht auf spezifische Besucher*innengruppen beschränkt.
2. Da in anderen Städten der Eindruck entstanden ist, auf der Domplatte sei "ethnisch sortiert" (bah!), "weiß", "biodeutsch" gefeiert worden: Dies war nicht der Fall. Inmitten der "interessanten Lichtinstallation" (O-Ton aus einer Ansageschleife im Hauptbahnhof) tummelte sich ein Konglomerat aus vorwiegend Jugendlichen und jungen Erwachsenen arabischer, afrikanischer, türkischer, asiatischer und westeuropäischer Erscheinung (jetzt fang ich auch schon so an – als wenn das in Köln bislang irgendwen interessiert hätte). Nein, ich bin kein Ratefuchs in Sachen Ethnien vong der optischen Erscheinung her.
3. Wie bei einer Demo oder einem Fußballspiel, hatten auch deutschdeutschdeutsche Jugendliche, wenn sie denn mit einem der "gestoppten" Züge oder einer der aufgehaltenen Gruppen angereist waren, ob lediglich zeitgleich oder gemeinsam, keine Möglichkeit, sich ohne weiteres durch die Polizeiketten zu diskutieren. Demgegenüber hatten alleine oder paarweise anreisende Menschen ab einem gewissen Alter unabhängig ihrer Erscheinung keine Schwierigkeiten. Mensch könnte von einer gewissen "Türstehermentalität" sprechen in dieser Hinsicht. Diese Beobachtung wurde nach überstandener Feierei nicht ohne Amusement von einem östereichisch-karibischen Hetero-Paar im Regionalexpress diskutiert.
Nun, wie eingangs erwähnt, diese Einstreusel mögen tendenziös wirken, sind aber tatsächlich nicht so gedacht. Ein paar zusätzliche Facetten mögen aber für nicht-in-Köln-silvesternde Menschen ja Nuancen zum Bild hinzufügen, denn was mich auch erstaunt, ist das weitgehende Ausbleiben von subjektiven Erlebnisberichten.

Helmut Junge
Helmut Junge
7 Jahre zuvor

@Boris (4) Danke für Deinen persönlichen Erlebnisbericht. Es ist der erste Bericht dieser Art, den ich zu lesen bekommen habe. Während Du von einer international gemischt besetzten Feier sprichst, reden alle anderen Kommentatoren von nichts anderem als hie Biodeutsch dort Nordafrikaner oder gar Nicht-Weißen. Da rein statistisch in westdeutschen Großstädten mittlerweile mehr als jeder zweite Einwohner unter 20 Jahren einen Migrationshintergrund hat, und dies in Bahnhofsnähe aus vielen Gründen noch mehr sein werden, glaube ich eher Dir, als allen anderen, die über das Thema schreiben. Und wenn wir davon ausgehen, daß Deine Wahrnehmung stimmt, läuft die hitzige Diskussion über den Polizeieinsatz unter völlig falschen Voraussetzungen ab.
Und genau das ist, was ich denke.
Frage 36 ist, wie bei @Perzl, auch aus meiner Sicht die wichtigste Frage.
Also: Wieso sprechen wir in der Diskussion einander ab, Demokraten zu sein?
In all den Jahren, die ich hier bei den Ruhrbaren zum Thema Integration diskutiere, waren wir. das heißt die meisten, wenn nicht alle Häufigkommentatoren, uns einig, daß es nur eine einzige Regel geben darf, die für alle gilt. Und das war das Grundgesetz und die davon abgeleiteten anderen Gesetze. Mehr nicht. Jetzt sehe ich aber, daß die Einhaltung dieser Vorstellung in der Praxis oft sehr schwierig ist. Und es entzünden sich chronisch immer wieder heftigste Diskussion darüber, wie und in welcher Form diese Regel, daß das Grundgesetz für alle gilt in der Praxis umgesetzt wird, bzw. werden soll. Die Aussage, daß jemand kein Demokrat ist, hängt neuerdings auch davon ab, ob jemand zur praktischen Umsetzung der Theorie, daß das Grundgesetz eingehalten werden muß, positiv steht, oder Sonderreglungen für bestimmte größere Minderheitengruppen, nicht nur ethnischer Art, einführen bzw.durchsetzen will. Und das führt zu heftigen Diskussionen, die ich aus früheren Zeiten gar nicht kannte. Dabei sind sich alle theoretisch immer noch einig, daß das Grundgesetz gelten soll. Theoretisch! Aber nicht praktisch. Diese Widersprüchlichkeit muß ausgefochten , und sie werden mit gegenseitigen Beschimpfungen ausgefochten.
Aber warum wir soweit gehen, daß wir uns gegenseitig als "nicht demokratisch" bezeichnen, hängt vermutlich vom Lagerdenken ab, und das wird, falls meine Vermutung richtig ist, in diesem Wahlkampfjahr noch Steigerungen erfahren.
Zu 47: Wieso ist die Entschuldigung von Simone Peter so wenig in der öffentlichen Wahrnehmung wert?
Ich habe ihre Erklärungen nicht als Entschuldigung empfunden. Sie hat zeitgleich in dem Zusammenhang mehr über die Angriffe in den Medien gegen sie geredet. Von dem Publizitätsgewinn, den sie erwartet hatte, als sie die Polizei angegriffen hat, sprach sie dagegen nicht. Aber der wäre gekommen, wenn sie mit ihrer Anschuldigung den Nerv ihrer Anhänger getroffen hätte. Und das war zu erwarten, weil Angriffe gegen die Polizeiarbeit bei großen Teilen der grünlinken Anhängerschaft früher immer erfolgreich waren. Diesmal eben nicht. Hat sie halt die Stimmung ihrer Anhänger falsch eingeschätzt. Das ist eben so ein persönliches 5 D-Mark pro Liter Sprit Desaster.

b
b
7 Jahre zuvor

Ich suche vergeblich nach einer Frage ähnlich 42, warum man so wenig von den Betroffenen der Polizeiaktion selber hört, also z.B. von gekesselten oder den des Platzes verwiesenen Menschen. Ich habe bisher nur bei der Süddeutschen o.ä. von einem Journalisten gelesen, der auf der Suche nach der Antwort, was die sog. "Nafris" (seine Bezeichnung) überhaupt in Köln wollten, einen anwesenden Iraker (wirklich) gefragt hat, der wohl relativ platt "Silvester feiern" geantwortet hat. Ob dieser überhaupt von polizeilichen Maßnahmen betroffen war, ist allerdings unklar. Bei Facebook hat ansonsten der User "murado1993" noch einen Erfahrungsbericht und ein Video von innerhalb des Kessels gepostet. Das ist aber insgesamt irgendwie relativ mager, mich wundert, warum kein Journalist auf die Idee gekommen ist, sich da mal drum zu bemühen.

RooWoo
RooWoo
7 Jahre zuvor

zu 58: : Nein. #ausnahmslos

Davbub
Davbub
7 Jahre zuvor

"36.Wieso sprechen wir in der Diskussion einander ab, Demokraten zu sein?"
Weil man sich dann nicht mit der MEINUNG auseinandersetzen muß (könnte ja sein, daß ein "falscher das "richtige" sagt).
Gerne auch verwendet und den gleichen Zweck erfüllend:
Islamophob (also geistig krank) statt Religionskritisch- oder feindlich
rechts statt rechtsextrem
42."Wieso hören wir so wenig dazu, was die Opfer von 2016 zu den Ereignissen in Köln sagen?"
Weil diese a) wahrscheinlich nicht gefragt werden (oder die Antworten nicht bekannt werden ) und b) diese sich wahrscheinlich nicht der Medienmeute und "öffentlichen Meinung" aussetzen wollen.
"47.Wieso ist die Entschuldigung von Simone Peter so wenig in der öffentlichen Wahrnehmung wert?"
Weil Sie weder authtentisch noch glaubhaft vorgebracht wurde, sondern sehr den Lippenbekenntnissen von Kühnast zum "Mitgefühl" für die Opfer von Würzburg ähnelten. Ich persönlich hatte sowohl mittags während des Radiointerviews als auch abends im TV den Eindruck, daß Peter erstmalig erlebt hat, daß sich ihr jemand ernsthaft widersetzt.
"55.Warum überhaupt Silvester feiern?"
Weil ich es will.

Wolfram Obermanns
Wolfram Obermanns
7 Jahre zuvor

34. Sie sollten mehr als die erste Pressemeldung abgewartet haben.
36. Tun WIR das? Es gibt eine verbreitete Haltung, eine von der eigenen Auffassung abweichende Position als nicht demokratisch einzuschätzen, das hat was mit Denkfaulheit, (entschuldigung) Verhaltensökonomie zu tun.
37. Qualität der Quelle erkennbar an a) zur Korrektur von Falschmeldungen befähigt, b) kann Meldungen, die intentional der Linie des Mediums entgegenstehen, ohne Abwertung veröffentlichen c) die Quelle ist auch ihren eigenen Quellen gegenüber seinerseits als quellenkritisch aufgefallen
38. Menschen neigen dazu
43. In welchen Kontexten? Persönlich, medial, Kleingruppe, Großevent, …
44. fairer vielleicht, aber es wäre sicher auch dümmer gewesen sich aus Fairnessgründen künstlich blind zu stellen. Hier trifft Prinzip auf Praxis.
48. Tweets sind m. E. im Allgemeinen wenig wert, alles was aus ihnen folgt meistens auch
52. in situ? der Polizeilagebericht!
ex post? Wie stehts um die Plausibilität der Beobachtung, welchen Überblick konnte und kann heute wer haben.
53. Obacht! Nur weil etwas rassistisch ist, muß es nicht zwingend falsch sein. Definiert sich a) eine Gruppe selbst als Rasse oder sonst rassistisch (es lebe die Sprachverwirrung) und fällt b) durch rassistisch motivierte Diskriminierungen anderer auf, so kann es c) sinnvoll sein, die genau so beschriebene(!) Gruppe zu sanktionieren.
54. Nach (mich) überzeugenden Berichten verschiedener Quellen gab es keine besondere, die innere Sicherheit bedrohende Ansammlung, weil die Polizei diese verhindert hat
55. Weil's Spaß macht. Jede Gesellschaft braucht Chaostage. Sind diese ritualisiert, steigen die Chancen Negativeffekte in Grenzen halten zu können.
60. nein, da unsinnig
61. natürlich
62. blöde Frage, blöde Anwort: Sie werden zu Privatparties eingeladen, manche finden ganz ohne Weiße statt. Sie können selbst eine Party organisieren. Migranten sind kein Babies.
Ist diese letzte Frage nicht selbst rassistisch?

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
7 Jahre zuvor

@#4 Boris: Es ist wie immer in solchen Situationen mit großen Menschenansammlungen über einen längeren Zeitraum schwer, eine allgemeingültige/objektive Einschätzung der Geschehnisse zu finden, andere Zeugen berichten abweichend:

"Hintergrund ist die Praxis der Polizei an den Ausgängen des Hauptbahnhofs zur Innenstadt. Dort kreisten Polizisten Personen in "Wartezonen" ein, um ihre Identität festzustellen. Etwa 1000 Menschen wurden offenbar auf diese Art festgehalten.
Im Bahnhof ist die Bundespolizei zuständig, vor den Türen die Landespolizei.
Der "taz"-Journalist Christoph Herwartz sagt, er habe von etwa 23.15 Uhr bis kurz nach Mitternacht beobachtet, dass Bundespolizisten als Türsteher fungierten. Junge Männer mit dunkler Hautfarbe durften demnach nur einen Ausgang passieren, der sie in den von Beamten eingekreisten Bereich führte. "Die Polizisten haben Menschen ausschließlich nach Äußerlichkeiten sortiert", sagt Herwartz. Weiße hätten den zweiten passierbaren Ausgang nehmen dürfen und seien nicht kontrolliert worden.""
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/silvester-in-koeln-was-wir-ueber-den-polizeieinsatz-wissen-und-welche-fragen-offen-sind-a-1128896.html

Hier befinden wir uns im Dilemma aus div. o.g. Fragestellungen (z.B. 37 u. 38), in dem sich Nichtanwesende/Nichtbeteiligte in solchen Situationen meistens befinden.

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