Zum 70. Mal jähren sich in diesem Jahr die Befreiung des Konzentra-tions- und Vernichtungslagers Auschwitz (am 27. Januar), das Ende des Zweiten Weltkriegs in Dortmund (am 14. April), die Kapitulation Nazi-Deutschlands (am 8. Mai) sowie das endgültige Ende des Zweiten Weltkriegs durch die Kapitulation Japans (am 2. September). Zudem ist es am 12. Mai 50 Jahre her, dass mit Israel diplomatische Beziehungen aufgenommen wurden.
Die Stadt Dortmund plant aus diesem Anlass gemeinsam mit vielen Partnern eine Reihe von Veranstaltungen, die sich als roter Faden des Erinnerns und der Mahnung durch das Jahr 2015 ziehen werden. Einige Termine stehen bereits fest und sind vorbereitet, andere müssen noch konkretisiert werden.
„Dortmund ist eine Stadt mit langer Tradition im Gedenken an die historischen Verbrechen und im Widerstand gegen Rechtsextremismus“, sagt Oberbürgermeister Ullrich Sierau. „Deshalb wollen wir gerade in diesem Jahr mit einem breit angelegten Veranstaltungsprogramm deutliche Zeichen gegen das Vergessen und für die fortwährende Auseinandersetzung mit allen Formen des heutigen Rechtsextremismus setzen.“
Die geplanten Veranstaltungen werden sich schwerpunktmäßig um die zentralen Gedenktage ranken. Dazu werden Gedenk- und Feierstunden im Rathaus als dem zentralen Ort der Dortmunder Bürgerschaft stattfinden.
- Gedenkveranstaltung zur Befreiung von Auschwitz
Die zentrale Gedenkveranstaltung zur Befreuung von Auschwitz wird am 70. Jahrestag, dem 27. Januar 2015, im Rathaus stattfinden und wurde von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit mit vielen Kooperationspartnern vorbereitet. Thematisch werden die Überlebenden des Holocaust und ihre heutige Situation im Mittelpunkt stehen. Allein in Israel sind dies heute noch mehr als 200.000 Menschen. Nach der Vorstellung eines lokalen Stolpersteinprojekts durch eine Dortmunder Schulklasse und einem Interview des Oberbürgermeisters durch Botschafterinnen und Botschafter der Erinnerung wird der auch in Deutschland aktive Verein „Amcha“ seine psycho-soziale Betreuungs-arbeit mit Holocaust-Überlebenden in Israel vorstellen. Ergänzend wird über das Projekt „Heimatsucher – Holocaustüberlebende heute“ berichtet, das den Schwerpunkt auf die pädagogische Vermittlung des Themas legt.
Der Jahrestag der Auschwitz-Befreiung wird zudem von einer Ausstellung mit umfangreichem Veranstaltungsprogramm und zahlreichen pädagogischen Angeboten für Schulklassen begleitet. Die Ausstellung ist vom 3. Februar bis zum 10. April 2015 in der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache zu sehen. An der Konzeption wird bereits seit dem Herbst 2014 u.a. gemeinsam mit dem BVB gearbeitet. Zur Vorbereitung gab es eine Zeitzeugenveranstaltung im Borusseum und einen Workshop für Lehrerinnen und Lehrer.
- Gedenkveranstaltung für die Opfer der Karfreitagsmorde
Die Karfreitags-Gedenkveranstaltung, die alljährlich an die Massenmorde der Gestapo in Rombergpark und Bittermark erinnert, wird in diesem Jahr am 3. April ab 15 Uhr in besonderer Weise das Schicksal der Opfer, die Opferverbände und die antifaschistische Prävention in den Mittelpunkt rücken. Erstmals seit vielen Jahren werden diplomatische Vertreter aus Frankreich, Belgien und Russland erwartet. Darüber hinaus wird eine Delegation des Verbandes der französischen Zwangs- und Arbeitsdeportierten anreisen. Vorsitzender Jean Chaize wird erstmals seit 2010 in der Bittermark wieder ein Grußwort sprechen. Außerdem werden Oberbürgermeister Ullrich Sierau und Ernst Söder, Förderverein Gedenkstätte Steinwache – Internationales Rombergpark-Komitee e.V., Reden zum Gedenken halten.
- Feierstunde und Demokratietage zum Jahresstag des Kriegsendes
In einer Fest- und Gedenkveranstaltung im Rathaus wird 10. Mai 2015 des Kriegsendes vor 70 Jahren gedacht, das auch den Holocaust beendete. Zugleich wird an die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Israel erinnert, die sich am 12. Mai zum 50. Mal jährt. Zu dieser Veranstaltung sind hochrangige Vertreter Israels und der Bundesrepublik Deutschland angefragt.
Vom 6. bis 13. Mai 2015 finden in Dortmund Internationale Demokratietage statt, die vom Jugendring und dem Jugendamt der Stadt Dortmund organisiert werden. Dazu werden 100 Jugendliche im Alter von 16 bis 20 Jahren aus den Partnerstädten Amiens/Frankreich, Leeds/England, Rostow am Don/Russland, Buffalo/USA, Netanya/Israel, Novi Sad/Serbien, Xi’an/China, Trabzon/Türkei und Zwickau nach Dortmund eingeladen. Hier treffen die Gäste aus aller Welt auf Gleichaltrige aus Dortmund, setzen sich gemeinsam mit dem Thema ‚Demokratie’ auseinander und erleben in unserer Stadt, was Demokratie bedeutet. Die Jugendlichen werden im Kolpinghaus wohnen.
- Grundsteinlegung für Erinnerungsort am Phoenix See
In diesem Jahr wird der Grundstein für den Informations- und Erinnerungsort zur NS-Zwangsarbeit am Phoenix See gelegt. Zusätzlich sollen an verschiedenen historischen Orten gemeinsam mit Dortmunder Schulklassen Korbinians-Apfelbäume gepflanzt werden. Diese Sorte war von dem katholischen Priester Korbinian Aigner im KZ-Dachau als Häftling gezüchtet worden. Termine stehen hierfür noch nicht fest.
- Vorträge, Filme, Lesungen in der Steinwache
In der Steinwache wird ab Februar 2015 mit wissenschaftlichen Vorträgen, Filmvorführungen und Lesungen zum Zweiten Weltkrieg und zu den Verbrechen des NS-Regimes die Diskussion mit der Stadtgesellschaft gesucht. Themen sind hier unter anderem die Rolle der Arbeiterschaft während des Krieges, die Räumung der Konzentrationslager sowie die Verbrechen, die noch in der Endphase des Krieges begangen wurden. Zwei Beispiele:
Am 2. April 2015 wird Professor Walter Manoscheks Dokumentarfilm „Dann bin ich ja ein Mörder“ gezeigt, der sich mit dem Massaker an jüdischen Zwangsarbeitern kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs im österreichischen Deutsch Schützen auseinander setzt. Kern des Films ist ein Interview mit dem ehemaligen Waffen-SS-Mann und Täter Adolf Storms. Der mittlerweile in Duisburg lebende Storms war in Österreich zufällig ausfindig gemacht und 2008 von Manoschek zu seinen Taten befragt worden. Walter Manoschek ist u.a. Mitherausgeber mehrerer Werke zu den Verbrechen der Wehrmacht und forschte zu den Opfern der NS-Militärjustiz.
Dr. Sven Keller trägt am 24. Juni 2015 zum Thema „Volksgemeinschaft am Ende. Gesellschaft und Gewalt 1944/45“ in der Steinwache vor. Keller untersucht die ‚Endphaseverbrechen’ und fragt nach den Bedingungen der Gewalt sowie nach ihrer Funktion. Der systematische Terror stabilisierte das Regime, das damit bis zum Schluss handlungsfähig blieb. Durchhaltefanatiker stemmten sich gegen Niederlage und Zusammenbruch. Tausende fielen so noch in letzter Minute dem Wahn zum Opfer, ein zweites ‚1918’ zu verhindern. Kellers Forschungsschwerpunkte sind die Gewalt- und Gesellschaftsgeschichte des Nationalsozialismus, die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit sowie die Strafverfolgung von NS-Verbrechen.
Die Mahn- und Gedenkstätte Steinwache bietet auch historische Rundgänge in der Innenstadt an. Sie finden jeweils sonntags am 10. Mai, 14. Juni, 9. August und 13. September 2015 statt. Treffpunkt ist immer um 14 Uhr an der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache.
An den Sonntagen 19. April, 17. Mai, 21. Juni und 23. August finden zusätzlich Führungen zum und am Mahnmal in der Bittermark statt, die die Verbrechen der Nationalsozialisten, die Geschichte des Denkmals und dessen Ikonographie zum Thema haben. Treffpunkt ist jeweils um 14 Uhr auf dem Parkplatz am ‚Augustinum’ an der Kirchhörder Straße.
Alle, die an diesen Tagen keine Zeit haben, können alternativ auch eigenständig mit der ‚Steinwachen-App’ auf Spurensuche gehen. Sie bietet auch Informationen zu etwa 100 Stolpersteinen, vorwiegend in der Innenstadt. Die App steht über die bekannten ‚Stores’ zum Download bereit.
- Gedenken zum Novemberpogrom
Die Gedenkfeier zum Novemberpogrom findet am 9. November 2015 im Foyer des Opernhauses mit anschließender Kranzniederlegung am Gedenkstein auf dem Platz der Alten Synagoge statt.
Das Programm wird in enger Abstimmung mit der Jüdischen Kultusgemeinde erstellt.
- Gedenken zum Volkstrauertag
Der offizielle Teil der Gedenkfeier zum Volkstrauertag am 15. November 2015 findet am Ehrenmal auf dem Hauptfriedhof statt.
In Abstimmung mit dem Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge wird anschließend ein von Schülerinnen und Schülern geplantes Gedenken auf dem Ausländerfriedhof vorbereitet.