9/11: Wenn ein Orientalist im Deutschlandfunk die Welt erklärt

Einschlag von Flug UA 175 im Südturm des World Trade Centers Foto: TheMachineStops (Robert J. Fisch) Lizenz: CC BY-SA 2.0


Zum achtzehnten Mal jährt sich der Anschlag auf 9/11. Neben Anteilnahme gibt es aber auch immer wieder Äußerungen in Form von Verschwörungstheorien oder versuchen besonders kritisch zu sein. Den Vogel hat dieses Jahr der Deutschlandfunk abgeschossen mit einem Artikel von Stefan Weidner, nein nicht der von den Onkelz, sondern der Orientalist. Wobei es im Artikel aufgrund der stumpfen Haudraufrhetorik nicht nur beim Namen Ähnlichkeiten gibt. Von unserem Gastautor Trevor Rhûnparth.

Man erlebt das übliche Narrativ: Der Westen in an der Misere der Welt Schuld. Die Reaktionen auf 9/11 sollen überheblich gewesen. Als ob man die Opfer in den Twin Towers einfach ungesühnt hätte lassen können. Gleichzeitig behauptet er diese Reaktion hätte dazu geführt, dass die arabischen Revolutionen anders verlaufen gewesen wären. Belege bleibt uns der Autor dafür schuldig. Allerdings ist klar, wer in dieser schlichten Welterklärung Opfer und Täter ist.

Wobei in dieser Welt nicht mal der Islamische Staat Täter ist, denn er ist hervorgebracht durch die Reaktion von 9/11. Nicht durch einen voreiligen Truppenabzug im Irak, der unter Obama von allen gewünscht war. Die Gräueltaten durch diesen werden nicht erwähnt, nicht eine Koranauslegung, die der ähnelte, die das World Trade Center erst zum Einsturz brachten. Weidner weiß, wer schuld ist: „Fundamentalisten aller Couleur, Ultraliberale, Populisten, Hassprediger und Neonationalisten.“ Wieder einmal ist der Westen schuld – und auch seine Fundamentalisten, die aber nicht in Hochhäuser fliegen.

Nach Weidners Leseart ist 9/11 nur ein Vorwand, um Panik vor dem Islam zu schüren. Dass die Diktaturen Nahen Osten sich selbst durch den Islam legitimieren und genau so ihr Handeln im Bezug auf Frauen, Homosexuelle und Kritiker wird fleißig ignoriert. Gegen Ende wird dann noch von einem „gegen Muslime gerichteten Antisemitismus“ schwadroniert, wobei unklar bleibt, was das sein soll. Die Behauptung „Araber sind auch Semiten“ kennt man aus Kreisen besonders engagierter Israelkritiker. Wie perfide es ist eine Bevölkerungsgruppe in eine Tradition mit einer zu stellen, die körperlich und industriell vernichtet wurde findet in einem solchen Weltbild keine Beachtung.

Am Ende gelingt dann eine Pirouette: Es wird der Krieg gegen Terror, der inzwischen nur noch halbherzig geführt wird zur Gefahr der Demokratie hochstilisiert, der den Westen von Innen aushöhlen soll. Nicht jene, die die Freiheit bedrohen sind schuld daran, wenn demokratische Werte kaputt gehen, sondern jene, die sie verteidigen wollen. Auch für den Klimawandel soll der Krieg gegen den Terror verantwortlich sein, weil dieser der „allgegenwärtigen Ökonomie des Raubbaus an der Natur“ den Rücken freihält. Und da der Klimawandel uns alle bedroht ist es ein „Krieg gegen uns alle“. Hoffnung dagegen sieht er in Protestbewegungen wie „Fridays for Future“, die „menschen- und umweltfreundlich“ sein sollen. Gut, die haben als oberstes Ziel, dass der Klimawandel bekämpft wird, mit Terrorbekämpfung wird sich dort weniger befasst. Aber auch das wurde beim Versuch irgendwie alles mit allem zu erklären übersehen.

Dass ein solcher Artikel beim Deutschlandfunk überhaupt erscheinen kann, lässt viel über das Qualitätsmanagement bei diesem Medium erahnen.

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Nina
Nina
5 years ago

Bor Weidner… Hilfe. Da fällt mir nichts mehr zu ein. Der DLF hat super geniale Musik-Redaktionen, aber was Politik angeht… zum Haare raufen.

nussknacker56
nussknacker56
5 years ago

Liebe DLF-Verantwortliche/Kameraden/Genossen,

schon mal daran gedacht, 2021 einen Karrikaturenwettbewerb zum zwanzigsten Jahrestag von 9/11 auszurichten? Das wäre doch der Knaller, Leute. Nur Mut, moralisch/politische Kompetenzen dafür sind im Hause zahlreich vorhanden. Interessenten und Sponsoren gibt es ebenfalls reichlich (Tipp: mal bei der iranischen Botschaft anfragen oder bei dem dann vielleicht schon durch die Taliban befreiten Afghanistan).

Hoffe, geholfen zu haben.

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