Abgeledert und praechtig verdient

Screenshot: GPC Biotech

Das Münchner Biotech-Unternehmen GPC Biotech galt einst als Hoffnungsträger der deutschen Biotech-Szene. Doch Rückschläge in den letzten beiden Jahren brachten die Firma in Schieflage. Nun soll der Konzernchef eine Millionenabfindungen erhalten. Aktionäre laufen Sturm. Von unserem Gastbaron Cityboy

Wenn ein Star fällt, fällt er tief. Das hat Bernd Seizinger, der Chef des Münchner Biotech-Unternehmens GPC Biotech am eigenen Leib erfahren. 2001, da war der ausgewiesener Pharmamager mit seiner eigenen Firma ganz oben angelangt. Der Aktienkurs erreichte mit fast 70 Euro einen Rekordstand. Die Zukunft sah stets rosig aus. Der Absturz war umso härter. Nun droht dem angeschlagenen Münchner Unternehmen nicht nur eine turbulente Hauptversammlung. Aktionäre prüfen auch eine Klageflut gegen das Unternehmen und Seizinger. Allem voran die Millionenabfindung für den scheidenden Vorstandschef erregt die Gemüter.

Das Unternehmen selbst hält die Vorwürfe und Anschuldigungen für gegenstandslos. Die „aufgestellten Forderungen und Behauptungen entbehren einer rechtlichen Grundlage“, heißt es in einer Stellungnahme. Die Zahlungen an Seizinger seien völlig legal und würden im Zusammenhang mit seinem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Vorstand im Zuge der Fusion erfolgen. Alle Zahlungen würden nur im „Einklang mit den rechtlichen Verpflichtungen der Gesellschaft“ erfolgen.

GPC Biotech galt lange Zeit als eines der ganz wenigen Unternehmen der chronisch unterfinanzierten deutschen Biotech-Szene, das vielleicht den Durchbruch hätte schaffen können. Jahrelang wurden die Manager nicht müde, auf das große Potenzial zu verweisen, das in ihrem Hoffnungsträger Satraplatin stecken soll. Doch das Medikament Satraplatin floppte. Zuerst wurde ihm 2007 in den USA die Zulassung verweigert, im vorigen Jahr kündigte dann auch noch der Vermarktungspartner die Verträge für Europa. Der Aktienkurs brach um mehr als 20 Prozent ein. Seitdem pendelt sich der GPC-Anteilsschein zwischen 0,40 und 1,40 Euro ein.

Satraplatin, ein Mittel gegen Prostatakrebs, war eine Wette auf die Zukunft. Und es war vor allem eine Wette, die nicht aufging. Die Aussichten auf lukrative Einnahmen sind nun dahin und da es auch keinen wirklich aussichtsreichen Nachschub gibt, sieht die Zukunft der Firma mau aus. Seit dem letzten Sommer ringt das angeschlagene Unternehmen aus Martinsried daher ums Überleben. Nur noch eine Not-Fusion mit dem US-Konkurrenten Agennix kann wohl noch retten, was zu retten ist. Die Hauptversammlung nächsten Dienstag soll den Weg für die Fusion frei machen. Seizinger wird dann aus dem Unternehmen ausscheiden – möglicherweise mit 1,5 Mio. Euro als Abfindung. Für einige Aktionäre ist das ein klarer Verstoß gegen das Aktienrecht.

Mindestens einen Antrag auf Verweigerung der Entlastung für Seizinger und den gesamten Aufsichtsrat gibt es schon – und er kommt von Christian Strenger. Der Banker ist Mitglied in der Regierungskommission Corporate Governance und deshalb hat sein dreiseitiges Schreiben, das der WELT vorliegt, eine besondere Brisanz.

Er will ihnen die Entlastung verweigern, wenn Seizinger einen Teil seiner Abfindungen nicht wieder in das Unternehmen investiert.

Die Vorwürfe, die Strenger auflistet, sind lang und schwerwiegend. Seit elf Jahren habe Seizinger das Unternehmen geführt und für die Aktionäre eine „im Ergebnis völlig unbefriedigende Geschäftsentwicklung“ hinterlassen. Neue Hoffnungsträger gibt es nicht wirklich und das Finanzpolster schmilzt von Tag zu Tag. Nach Strengers Aussagen ist die Lage derart akut, dass „das Unternehmen ohne massive Kapitalzufuhr spätestens in der Mitte 2010 pleitegehen würde“. Trotzdem soll Seizinger eine üppige Abfindung kassieren – und zwar das Dreifache der Jahresvergütung aus 2008. Der Ethik-Kodex begrenzt eigentlich solche Zahlungen auf zwei Jahresgehälter. „Eine solche Zahlung würde die für das Weiterbestehen der GPC entscheidende Liquiditätsposition erheblich belasten“, mahnt der Aktionärsvertreter Strenger an und verweist auch noch auf ungeklärte Aktienverkäufe. Einen Monat, bevor die US-Zulassung im Juli 2007 verweigert wurde und der Kurs darauf massiv eingebrochen ist, soll Seizinger GPC-Aktien in Millionenhöhe verkauft haben. Auch das dürfte zu kritischen Nachfragen auf der Hauptversammlung führen.

 

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