Advent, Advent! Quasi als kleinen Adventskalender stellen wir jetzt bis zum heiligen Abend jeden Tag eine Band aus dem Ruhrgebiet vor.
Törchen 4: Charlotte Brandi. Kürzlich hat sich die aus Dortmund stammende Sängerin von ihrem Schlagzeuger getrennt, das Projekt „Me & My Drummer“ ist nun Geschichte. „Wir sind sau-unterschiedlich“, sagt sie und erklärt: „Ich bin so voll der unberechenbare Temperamentshengst und Matze ist ein vielseitig begabter Mensch und ein richtig klarer Kopf. Und einer, der sehr gut Bullshit vom Rest unterscheiden kann.“ Bald erscheint nun ihr erstes Solo-Debütalbum. Es heißt „The Magician“ und wird Mitte Februar erhältlich sein. Im Zuge der Veröffentlichung geht Charlotte Brandi im April auf Tour, allerdings spielt sie dann nicht im Ruhrgebiet.
Mit ihrem Soloprojekt erweist sich die Exil-Berlinerin erneut als großartige Sängerin und Songwriterin, die mit ihren ersten eigenen Aufnahmen ein hohes Format erreicht. „So beginnt für mich nun eine neue Geschichte“, sagt sie. „Es ist eine Geschichte über Selbstfindung.“ Charlotte hat relativ bekannte Eltern, ihre Mutter Klara Brandi stammt aus der Dortmunder Hippie- und Hausbesetzer-Szene und gründete mit Sänger Pit Budde die Band Cochise. In der Endphase stieß auch Peter Freiberg als Drummer dazu, den man in Dortmund vor allem noch von den Conditors kennt: eine Band irgendwo zwischen Neuer Deutscher Welle und Deutschrock, die mit „Himbeereis im heißen Tee“ mal einen kleinen Hit in der Hitparade von Dieter Thomas Heck hatten. Peter Freiberg und Klara Brandi wurden irgendwann ein Paar, Tochter Charlotte wurde dann 1986 geboren.
„Ich hab meine Kindheit ein bisschen wie Pipi Langstrumpf empfunden, aber mit Eltern. Mein Vater und meine Mutter haben mich aufgefangen und beschützt. Aber ich durfte eigentlich immer machen was ich will. Freiheit wurde bei uns daheim ganz selbstverständlich gelebt und groß geschrieben.“ Natürlich gab es im Hause Brandi-Freiberg auch sehr früh sehr viel Musik: „Das Klavierspielen habe ich mehr oder weniger selber beigebracht. Leider kann ich bis heute nicht so gut Noten lesen – aber meine Eltern sind ja auch keine richtig ausgebildeten Musiker. Die haben das einfach gemacht.“
Das aktuelle Video „My Days In The Cell“ ist mit vielen Dronenflug-Aufnahmen in Dortmund abgedreht worden. Dazu bewegen sich ein Tänzer und eine Tänzerin durch die Industrieruine Phoenix West in Dortmund-Hörde. Charlotte kommentiert: „Dieser Plot zeigt einen speziellen, sehr einsamen Teil meiner Seele in den Neunziger und Nuller Jahren, als ich als junges Mädchen in Dortmund-Hörde gewohnt habe. Dieses Stück Seele wird dargestellt von Mathis Wagenbach. Meine Schwester konnte mit dem Gefühl aus unserer Kindheit sofort viel anfangen – so lag es nahe, dass sie Regie führt. Im Video sind wir an Plätze gegangen, an denen ich als Teenie mit Musik auf den Ohren stundenlang spazieren ging. Meine damalige Innenwelt wird in diesem Video demnach zu einer Figur, die sich auf den Weg durch diese seltsame Umgebung macht.“
Längst überfällig haben sie in Kanada bereits eine Inselgruppe nach Charlotte benannt. Deutschland sollte schnellstens irgendwie nachziehen. Vielleicht Sylt oder Helgoland. Oder besser gleich alle…
Was soll nach diesem überwältigenden Song am 24. überhaupt noch kommen können….?