Wir haben vor ein paar Tagen über einen Film des Medienmagazins Zapp berichtet. Nun schrieb uns die französische Nachrichtenagentur AFP. Sie vermisste in dem Bericht über den Konflikt zwischen WAZ und DPA auch kritische Anmerkungen über die Geschäftsführung von DPA. Wir dokumentieren hier für Euch den Brief.
Liebe Leserinnen und Leser der Ruhrbarone,
In dem ZAPP-Beitrag, der hier vorgestellt wird, werden leider mehrfach falsche Behauptungen über die Agence France-Presse (AFP) und ihre Aktivitäten auf dem deutschen Markt aufgestellt und falsche Schlussfolgerungen suggeriert. Dazu haben wir (AFP) sofort nach der Erstausstrahlung die folgende Stellungnahme abgegeben:
1. Es gibt keinen Einfluss des französischen Staates auf die Berichterstattung und redaktionelle Arbeit der AFP in Frankreich oder außerhalb Frankreichs. Medien mit eigenen Korrespondenten in Frankreich wissen, dass sich die französischen Regierungen jeglicher politischer Couleur regelmäßig über die objektive und kritische Berichterstattung der AFP beschweren und dass dies die professionelle Haltung der AFP-Redaktionen in keiner Weise beeindruckt. So hatte sich AFP vor einem guten halben Jahr erfolgreich gegen den Versuch einiger Abgeordneter der Regierungspartei UMP gewehrt, unter dem Vorwand des Pluralismus mehr über die Positionen der UMP zu berichten.
2. Die AFP-Präsidenten und die Chefredakteure werden nicht vom Staat ernannt. Der AFP-Präsident wird vom Verwaltungsrat gewählt, dem außer zwei Belegschaftsvertretern zehn Repräsentanten der AFP-Medienkunden und drei Vertreter von staatlichen Stellen, die AFP-Dienste abonniert haben, angehören. Die Chefredakteure werden, anders als in dem TV-Beitrag ohne jegliche Prüfung behauptet, auch nicht ausgewechselt, wenn ein neuer französischer Präsident das Amt antritt. Die Redaktion von ZAPP hat zugesichert, den Magazinbeitrag auf der NDR-Website und bei Sendungswiederholungen um diesen Passus zu kürzen. AFP wird gegen jede Wiederholung dieser Falschbehauptung juristisch vorgehen.
3. Der Anteil der mit staatlichen Stellen in Frankreich erzielten AFP-Umsätze am Gesamterlös steigt nicht, sondern sinkt kontinuierlich. Richtig ist, dass staatliche französische Stellen mehr Geld an AFP zahlen, als deutsche Staatsorgane an dpa zahlen, um schnell, zuverlässig und umfassend informiert zu sein. Der Bedarf des französischen Staates an geprüften Informationen aus jedem Winkel der Erde ist historisch bedingt sehr groß. Da die AFP ihre Umsätze mit privaten Medienkunden im Inland und vor allem im Ausland Jahr für Jahr erheblich steigert, ist der Anteil staatlicher Mittel in den letzten 30 Jahren von ehemals mehr als 70 Prozent auf inzwischen 40 Prozent gesunken. In 2008 wurden die Bezugspreise des Vertrages mit dem französischen Staat nicht erhöht, die anderen Erlöse stiegen zugleich um mehr als 6 Prozent. In den kommenden Jahren ist eine Anhebung der vom Staat gezahlten Abopreise um jeweils 1,8 Prozent vereinbart; die Gesamtumsätze werden nach den Projektionen jedoch deutlich stärker steigen was den staatlichen Anteil weiter verringert.
4. Die deutschen AFP-Dienste erhalten keine Subventionen, erzielen Überschüsse und werden zu Marktpreisen angeboten. Richtig ist, dass der Basisdienst der dpa auf Grund der Monopolstellung bei der Regionalberichterstattung und der damit verbundenen Kostenstruktur sehr viel teurer ist als die komplementären Angebote der anderen Agenturen. Andere dpa-Produkte wie Grafik- oder Multimediadienste sind im Paket mit dem dpa-Basisdienst jedoch häufig billiger als die Angebote der anderen Agenturen. Die von AFP auf dem deutschen Markt erzielten Preise sind mit denen der Mitbewerber vergleichbar. Dass der deutsche AFP-Textdienst im Preis-Leistungsvergleich unabhängiger Untersuchungen immer wieder sehr gut abschneidet, liegt an einer schlanken und leistungsstarken Redaktions- und Managementstruktur und an der vorausschauenden Diversifizierungsstrategie der AFP GmbH in Berlin. Die deutsche Tochterfirma wird von der AFP nicht bezuschusst, sondern überweist ganz im Gegenteil Überschüsse und beträchtliche Lizenzgebühren für die Nutzung der internationalen Nachrichten nach Paris.
5. Der ZAPP-Beitrag hätte auch die Strategie der dpa kritisch hinterfragen können, statt bei einer einzelnen anderen Agentur die Schuld für den Verlust eines großen Kunden der dpa zu suchen. In dem ZAPP-Beitrag fehlte jegliche kritische Frage an die Geschäftsführung der dpa, zum Beispiel nach den Kosten- und Preisstrukturen der Agentur. Der Beitrag verschweigt außerdem, dass dpa (wie jede andere Agentur auch) selbst hoch dotierte Verträge mit staatlichen Stellen in Deutschland hat. Noch dazu: Mit den fremdsprachigen dpa-Diensten, welche dpa an Kunden außerhalb Deutschlands verkauft, tritt auch die dpa jenseits ihres Heimatmarktes in den Wettbewerb mit großen und kleinen Nachrichtenagenturen. Das Verschweigen dieser Tatsachen verfälscht das Bild erheblich. Zu hinterfragen wäre womöglich auch das solidarische Genossenschaftsmodell. Die ebenfalls genossenschaftlich organisierte amerikanische Nachrichtenagentur AP ist derzeit in ihrem Heimatmarkt USA mit genau denselben Problemen konfrontiert wie die dpa – und hat dort keine ernsthaften Mitbewerber. Allein diese Tatsache widerlegt die These von ZAPP, dass die aktuellen Probleme der dpa ihre Ursache im Geschäftsgebaren der Mitbewerber haben. Und unter den Auswirkungen des freien Informationsflusses im Internetzeitalter leiden alle Agenturen gleichermaßen.
Pierre Louette, Vorstandsvorsitzender und Generaldirektor der Agence France-Presse (Paris)
Clemens Wortmann, Andreas Krieger, Geschäftsführer der AFP GmbH (Berlin)
Die sind ja lustig, die Franzosen. Ich kann mich als jemand, der öfters in Frankreich weilt, an keine kritische Berichterstattung von AFP über das Mediennetzwerk erinnern, dass die Freunde von Sarkozy aufgebaut haben und mit welchem sie dafür sorgen, dass der Präsident eine wohlfeile Presse bekommen hätte. Auch über die Luxus-Urlaube von Präsident Sarkozy hat die AFP nicht unbedingt als erstes berichtet, sondern erst, als das Thema an die Öffentlichkeit kam. Und wer hat noch mal über die Ablösung eines Sarkozy-kritischen Moderators im Staatsfernsehen als ausführlich berichtet und wer dackelte nur hinterher? Oder wer etwa hat bei der Übernahme des Frankfurter Hoechst-Nachfolger Aventis wohlfeil über die staatlichen Druckmittel gesprochen, mit denen Paris den möglichen Aufkäufer Novartis aus dem Rennen geworfen hat? Wer hat zuerst Lakshmi Mittal in Grund und Boden geschrieben, als der es wagte Arcelor anzugreifen?
Liebe AFP, nicht so weit aus dem Fenster hängen!
Wer staatliche Gelder erhält und Staatsvertreter im Verwaltungsrat hat, kann nicht frei von Interessen sein, ansonsten könnten ja die Vertreter doch ihren Hut nehmen. Wenn der Staat keinen Einfluss nehmen will, warum nimmt er denn das Recht in Anspruch, Vertreter in das Gremium zu entsenden. Die Argumente von AFP wären in etwa so, als wenn der WDR behaupten würde, er würde frei von politischen Interessen ein.
und das muss auch mal gesagt werden: zumindest die landespolitik-redaktion von dpa ist in sachen staatstragend auch nicht von schlechten eltern. kritische pressevorabs zu offiziellen stellen werden nur gebracht, wenn die meldung von ministerien, staatskanzlei, firmen oder parteien eindeutig bestätigt wird. ergebnis: viele geschichten schaffen es nicht in die (dpa-)nachrichten, weil die kritisierten einfach die bestätigung verweigern. habe mich seinerzeit zigmal drüber geärgert, mich nutzlos beschwert und mich immer gefragt, warum dpa (im besitz der verleger) so auf seiten der mächtigen ist und nicht auf seiten derer, die den dienst bezahlen?
Liebe AFP-Geschäftsführung. Danke für die Stellungnahme. Sicherlich liegt die Schuld für die Kündigung der WAZ nicht bei ihrem Unternehmen oder einer anderen Agentur. Und sicherlich ist das Preismodell der dpa auch nicht ohne Fehler.
Schau ich mir aber den deutschen Agenturmarkt an, dann sehe ich sehr viele Spieler. Neben den Spezialagenturen sind da dpa, AP, Reuters, ddp und AFP. Der Markt ist aus meiner Sicht überbesetzt. Und da muss man sich schon fragen, welches Geschäftsmodell die einzelnen Spieler haben.
Sie schreiben selbst in ihrem Geschäftsbericht 2007, dass die deutsche AFP-Gesellschaft auch in den kommenden Jahren mit der Unterstützung des französischen Mutterhauses rechnen könne.
In Verbindung mit einem Staatsanteil von 40 Prozent am Gesamtumsatz liegt der Verdacht einer Wettbewerbsverzerrung nahe.