Der Sheriff von Nottingham kann getrost als eine der unbeliebtesten Figuren der europäischen Kulturgeschichte bezeichnet werden. Er nimmt den Bauern die Früchte ihrer Arbeit, presst sie aus und gibt das Geld weiter an Prinz John, der das Geld verprasst und sich auch nicht dadurch beliebter macht, dass er versucht Robin Hood die Freundin anzuspannen. Der Sheriff nimmt dabei die Rolle des Finanzamtes ein, Prinz John ist der Staat. Natürlich sind die Gründe, mit denen die Ausplünderung der Bürger begründet wird, edel: Es geht darum, das Lösegeld für Richard Löwenherz zu finanzieren – also um direkte Kreuzzugsfolgekosten. Da seit der Synode von Clermont klar war, dass Gott persönlich sich nichts sehnlicher wünscht als die Eroberung Jerusalems, waren die Steuern von denkbar höchster Stelle genehmigt, ein Widerstand gegen ihre Zahlung nicht nur ein Zeichen von Geiz und Egoismus sondern auch von Gotteslästerung.
Wir haben den Engländern zu verdanken, dass sie mit der Legende von Robin Hood eine Geschichte geschaffen haben, die nicht mehr feiert, als den Kampf gegen den staatlichen Griff in die Geldbeutel der Bürger, denn Robin gibt ihnen das Geld zurück, dass der Staat ihnen zuvor nahm.
Nicht auszudenken, wie das Image Robins heute wäre: Er hätte sich an einer Institution vergangen, die heiliger und mächtiger ist als es sein Gott jemals war: Den Staat. Und wer dem sein Geld vorenthält und Alice Schwarzer oder Ulli Hoeneß noch nicht einmal vernünftig mit Pfeil und Bogen umgehen kann, kann sicher dem Unwillen seiner Mitbürger sicher sein. Bei allen Unterschieden – bei Schwarzer steht noch nicht einmal der Verdacht einer Straftat im Raum, sie hat sich legal verhalten und sich selbst angezeigt, Hoeneß ist immer noch nicht verurteilt und bis dahin allemal ein mutmaßlicher Steuerhinterzieher – verstehe ich nicht die Hetzte gegen beide – in den Medien, im Netz, im Freundeskreis.
Es ist ja nicht so, dass die dem Staat nicht gezahlten Steuern dafür gesorgt hätten, das einem armen Kind das letzte Stück Brot vom Teller genommen wurde. 200.000 Euro hat Schwarzer nachgezahlt . so viel Geld verbrennt ein einzelnes Ratsmitglied einer Ruhrgebietsstadt mehrmals im Jahr persönlich, wenn es wieder einmal so abstimmt, wie es der Fraktionsvorstand gesagt hat ohne das eigene Gehirn einzuschalten. Das Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler ist voll von unsinnigen Projekten, bei denen Milliarden verbrannt werden – und niemand wird dafür belangt und in dem Buch findet sich ohnehin nur die medial gut zu vermarkende Spitze des Eisbergs.
Der Staat gibt Geld für die Rettung der Banken, für prestigereiche Bauten, für eine Verwaltung von gigantischen Ausmaßes – und die Menschen regen sich über diejenigen auf, die einen Weg gefunden haben, sich zumindest zum Teil darum zu drücken, diesen Unsinn selbst zu finanzieren und das Geld für die Dinge auszugeben, für die sie es wollen. Bei Hoeneß waren das zum Beispiel auch viele Spenden für Hilfsbedürftige. Das beide in Talkshows gerne dick aufgetragen haben, ist die eine Sache – das Menschen so blöd sind, sie zu „moralischen Instanzen“ aufzublasen die andere – für mich war und ist Schwarzer vor allem eine gute Journalistin, deren Bücher ich gerne gelesen habe und deren Thesen ich häufig, allerdings nicht immer, zustimmte und Hoeneß der erfolgreiche Manager, Wurstunternehmer und Präsident eine Fußballvereins, an dem mir als gebürtigen Gelsenkirchener nicht viel liegt. Moralische Instanzen? Was für ein Quatsch… Wer andere als moralische Instanz benötigt und sich bei Fragen der Moral nicht an sich selbst und seinen Überzeugungen orientiert, hat ein persönliches Problem.
Hoeneß steht bald vor Gericht, Schwarzer hat legal gehandelt – und für mich gibt es zahllose Dinge über die ich mich mehr aufregen kann als über den Versuch von Menschen, den „Zehnten“ nicht zu zahlen, wie Steuern im Mittelalter hießen. Und bis heute sind für mich weder Finanzbeamte noch die mittlerweile in TV-Shows gefeierten Ordnungsamtsmitarbeiter Helden – dann eher Menschen wie Schwarzer und Hoeneß, die in ihrem Leben mit viel Engagement Großes geleistet haben, Verlage aufbauten, Debatten mitbestimmten oder einen Verein zum Erfolg führten. Sie haben dem Leviathan nicht seinen Anteil gegeben? Wenn das illegal war, werden sie die Konsequenzen tragen müssen – aber ich würde lieber über und gegen den Leviathan, den mächtigen Staat, streiten, als gegen Mitbürger wie Hoeneß und Schwarzer. Was der mit den Steuern macht die ich zahlen muss regt mich nicht selten auf… Selbst mit den größten Einnahmen kommt er nicht aus – ein paar Steuern mehr würden an seiner Gier nichts ändern und niemanden entlasten. Das Finanzamt ist nicht Robin Hood… Auch heute nicht…
und die Moral von der Geschicht:
wer nicht gut mit Pfeil und Bogen umgehen kann, kriegt nur dann etwas aus dem Säckel des Sheriffs, wenn es als Wurstzipfel von Uli Hoeneß unter den Tisch geworfen wird.
ich verlasse mich auch nicht darauf, daß es der Staat schon richten wird und die Gelder aus den öffentlichen Töpfen vernünftig investiert werden (wie du schon richtig angemerkt hast, ist das nicht der Fall). trotzdem eignen sich meiner Meinung nach die genannten Prominenten nicht unbedingt dafür, auf einen Sockel gestellt und für ihr Verhalten verehrt zu werden, denn: ob sie als zeitgenössische Robin Hoods durchgehen, ist die eine Frage, ob Robin Hood heutzutage noch Idol für liberale Menschen sein sollte, die andere, wichtigere. als Linker betrachtet man hoffentlich auch nicht mehr Che Guevara als solchen.
ob irgendjemand Steuern bezahlt oder nicht, ist mir egal. so einfach mach ich’s mir
Nein, SO einfach ist das NICHT: Es gibt nicht nur die Geschichte von Robin Hood, sondern auch die alte Mär von den Wasserpredigern und Weintrinkern. Etwa wenn eine Alice Schwarzer ihre Emma-Mitarbeiterinnen miserable bezahlte, stets mit dem Argument: Wir haben kein Geld. Und zum Staat rannte, um sich – zuletzt glücklicherweise vergeblich – Zuschüsse für ihr Kölner Frauenturmprojekt gewähren zu lassen. Also zu jenem „Leviathan“, dem sie vorenthielt, was ihm gebührt.
Ich will hier nicht das Stichwort Moral erwähnen, auch wenn es sich hier um Doppelmoral handelt. Noch nicht einmal an den Begriff Ethik will ich erinnern. Aber daran, dass „der Staat“ eben nicht DER Staat ist, sondern wir alle. Unschwer in unserem Grundgesetzt nachzulesen, auch wenn die ausgehöhlte reale Verfassung oft nicht mehr das Papier wert ist, auf dem ihr Regeln gedruckt stehen. Jeder von uns benutzt tagtäglich öffentliche Infrastrukturen – und sei es auch nur die verstopfte A 40. Dass diese Infrastruktur von Jahr zu Jahr schlechter da steht, hat nicht nur mit den Unsinnsausgaben unserer Volks(ver)treter zu tun (Stichwort Banksterrettung). Es liegt auch daran, dass immer mehr der Gemeinschaft vorenthalten, was diese benötigt. Unter anderem für diese Infrastruktur. Oder glaubt jemand ernsthaft, mit seinen paar Euro für eine Theaterkarte sei das Bochumer Schauspiel oder das Gelsenkirchener Musiktheater zu finanzieren? (Man kann natürlich auch einer Kultur der Eliten das Wort reden, pro Eintrittskarte 150 Euro, das käme dann vielleicht in etwa hin).
Und Schwarzer? Wer 200.000 Euro nur für die hinterzogenen Zinsen nachzahlt, hat nicht gerade wenig in der Schweiz gebunkert. Wer aber in den letzten Jahrzehnten jede Gelegenheit nutze, sich auf öffentlich-rechtlichem Terrain als „moralischen Autorität“ zu inszenieren, muss sich wohl nunmehr auch Häme gefallen lassen. Schließlich wurde sie nicht zu dieser Instanz gemacht, sondern hat sich selbst dazu erhoben. Womit wir letztlich doch beim Stichwort (Doppel)Moral landen. Wie schon gesagt: SO einfach ist es eben NICHT.
Fehler machen wir alle – allerdings muß man sich zu Recht warm anziehen, wenn man wie Alice Schwarzer Kreuzzüge anführt und ständig die Moralkeule schwingt.
Der Bischof sollte sich auch nicht im Puff erwischen lassen. Schwarzer ist durch Selbstanzeige der Anklage einer Straftat entgangen, allerdings kann sie wohl kaum den Ruf eines/er Robin-Hood-Figur für sich in Anspruch nehmen…
Ich kenne Frau Schwarzer als Herausgeberin einer dümmlich-polemischen Frauenzeitschrift, durch deren Lektüre sich gelangweilte Mittelstandstussen über den sonstigen Brigitte-Freundin-Gala-Dreck hervorheben wollen. Ansonsten kenne ich sie vor allem als Werbegesicht der BILD-Zeitung. Moralische Instanzen leisten anderes!
Entschuldigen Sie die deutlichen Worte, aber als Journalist zu schreiben:
„…bei Schwarzer steht noch nicht einmal der Verdacht einer Straftat im Raum, sie hat sich legal verhalten…“
ist schon ziemlich unterirdisch.
Die Frage, ob sich jemand legal verhält, der mehrere hunderttausend Euro Steuern hinterzieht, wurde hier bei den Ruhrbaronen schon beim Thema Uli Hoeneß ausgiebig diskutiert und ist juristisch klar mit NEIN zu beantworten, das ist ILLEGAL. Steuerhinterzieher machen sich strafbar. Bei einer Selbstanzeige verzichtet der Staat lediglich auf eine Bestrafung. Der sogenannte „Unwert der Tat“ bleibt.
Vielleicht wissen Sie es nicht, aber der Bedarfssatz für Kinder bis 6 Jahren nach dem Asylbewerberleistungsgesetz liegt bei 210,– Euro pro Monat. Mit den 200.000,– Euro plus Säummiszinsen könnte Frau Schwarzer also ca. 1.000 Flüchtlingskinder zumindest einen Monat lang versorgen, d.h. sogar mehr als das „letzte Stück Brot“ finanzieren.
Nach Ihrem Robin Hood Vergleich warte ich schon auf Ihren nächsten Artikel, in dem Sie uns erklären, dass es eigentlich im Robin Hoodschen Sinne OK ist, wenn Einbrecherbanden, sich nächtens ihr Stück vom großen Kuchen direkt bei Uli und Alice aus der Wohnung holen.
Hätte der Sherif von Nottingham nur die Bauern gequält, so wie alle Herren vor und auch nach ihm, würde ihn heute niemand mehr kennen. Aber er hat in der falschen Zeit und am falschen Ort gewagt auch die spärlichen Reste des längst besiegten angelsächsischen Adels mit in die Quälerei einzubeziehen. Deshalb haben sich einge dieser Betroffenen mit den aufständischen Bauern verbündet, und ihm Ärger bereitet. Die Robin Hood-Geschichte ist also komplizierter als heute gedacht werden könnte. Hier und Heute geht es aber überhaupt nicht um das niedere Volk, das seine Steuern sofort, ohne das Geld zu sehen, schon weg hat, sondern um Leute, die so priveligiert sind, diese Steuern selber auszurechnen, und zu zahlen, wenn ihnen danach ist. Diese Leute entsprechen nach meiner Einschätzung eher dem Adel als dem normalen Volk, unterscheiden sich aber von Robin Hood dadurch, daß sie sich nicht mit diesem gemeinen Volk verbünden, sondern für sich selbst sorgen.
@Wes (#2):
Wieso „zuletzt glücklicherweise vergeblich“? Das Projekt „Frauenmediaturm“ in Köln (ein Archiv für feministische Literatur und der Sitz der „Emma“) erhält meines Wissens noch bis mindestens 2016 jährlich 150.000 Euro vom Bund und 70.000 Euro vom Land.
Unfug!
Wohlgemerkt, Robin Hood hat den Reichen genommen und den Armen gegeben. Schwarzer und Hoeness sind schon reich und wollten noch reicher werden. Der Vergleich hinkt also fürchterlich.
Zudem: Nähme man die Botschaft des Artikels ernst, würde es bedeuten, dass alle Bürger dem Staat die Steuern vorenthalten sollen, weil dieser ja nur Schindluder damit treibt.
Tut er aber nicht. Schwarzer und Hoeness haben sicherlich nicht die Steuern hinterzogen, um gegen omnipräsente Prestigebauten zu protestieren. Die gibt es auch, aber der größte Teil der Staatseinnahmen fließt in Bereiche, denen H&S nur schwerlich unter Applaus das Geld vornenthalten können: Bildung, soziale Sicherung etc.
Stefan Laurin,
es soll ‚mal eine Zeit gegeben haben, da gehörte es zur bürgerlichen Moral, zu den Selbstverständlichkeiten unserer Zivilgesellschaft, die vom Staat geforderten Steuern zu bezahlen. Das ist heute nicht mehr so. Das sollte Anlaß sein darüber nachzudenken, ob mittlerweile der Kitt, der unsere Zivil- Gesellschaft zusammengehalten hat, immer mehr zerbröselt mit der Folge, daß es heute zu den Selbstverständlichkeiten unserer Zivilgesellschaft zu gehören scheint, Steuner zu hinterziehen, also den Staat und damit letztlich die Gesellschaft zu betrügen.
Zudem findet bekanntlich jeder Betrüger für seinen Betrug gegenüber Dritten, gegenüber der Gesellschaft, gegenüber dem Staat Gründe, aus seiner Sicht gute, und zunehmend finden diese Betrüger, eben auch die Steuerbetrüger, dafür nicht nur Nachsicht in den Medien ,graduell unterschiedlich, je nach individueller Wertschätzung (!!, sondern sogar zustimmendes Verständnis und in großen Teilen der Gesellschaft und dort bemerkenswerterweise vor allem in den Schichten, deren Mitglieder ansonsten tagaus und tagein erhobenen Hauptes und strotzend vor Selbstgerechtigkeit, insfoern also skrupelos, den Verlust von Tugenden wie Solidarität, Vertrauen, Ehrlichkeit, Fairnis, Resepkt beklagen.
Verdienen die Typen, die in großem Maße den Staat betrogen haben, und jetzt auffliegen bzw. sich aus Angst davor, auffliegen zu können, als nicht aus Einsicht in begangenen Unrecht, selbst anzeigen, die evtl.r strafrechtlcihe Konsequenzen zu erwarten haben und deren Steuerbetrug (!!)dann in den Medien publiziert wird,
verdienen diese Typen bemittleidende Kommentare?
Nein, meine ich, und zwar egal wie sie heißen und als was sie in der Öffentlichkeit bisher wahrgenommen wurden bzw. wie ihr bisheriges Tun oder Unterlassen als der Gesellschaft dienlich bewertet werden mag.
Zu diesem Kommentar schreibe ich lieber nicht, was ich denke. Nur so viel: Hier werden diejenigen verteidigt, die die Möglichkeit haben Steuern zu hinterziehen. Und was ist mit den anderen?
Nur kurz zu Frau Schwarzer: Ihre Schweizer Konten bestehen seit den 80er. Nachgezahlt hat sie für die letzten 10 Jahre. Sie hat somit nicht alles nachversteuert. Aber sie hat immer gern die Hand aufgehalten, wenn es um staatl. Subventionen für ihre Projekte ging. Genau das zeigt die Doppelmoral der sogenannten Eliten, die in diesem Artikel so verteidigt wird.
Wie geht der kategorische Imperativ noch mal.? Handle jederzeit so, dass dein tun jederzeit als Gesetzesmaxime gelten kann, gelle. Weder der hoodige Robin, noch die moralinsauere Alice oder der bayerische Wurstzipfel haben immer so gehandelt. Keiner von uns tut das immer und jederzeit. Was also soll die ganze Aufregung?
#1 In Sachen Che rate ich zu einer Bildungsreise durch die ostwestfälischen Kreisverbände der Linkspartei. Reisen bildet.
Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich. Egal, was man von heutigen Politikern hält, Alice & Co. nehmen denen ja nichts weg, um es den Armen zu spenden. Sie entziehen allen das Geld, um es selbst zu genießen. Deshalb werde ich auch bei der nächsten Verfilmung dem guten Robin, der dem bösen Sheriff und dessen Clique Schaden zufügt, um den Armen zu geben, die Daumen drücken. Und Typen wie Schwarzer, der Ulrike Hoeneß der Emanzipation, eben nicht.
Viele Leute mögen Schwarzer und Hoeneß nicht. Von daher kein Wunder, wenn draufgeknüppelt wird, wenn sie einen Fehler machen.
Aber Steuerhinterziehung finde ich nicht so harmlos wie im Artikel anklingend. Es ist schlimmer als der Ruhr-SPD-Ratsherr mit Kompensationswünschen 😉
„Das Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler ist voll von unsinnigen Projekten, bei denen Milliarden verbrannt werden – und niemand wird dafür belangt “
Das ist noch ne andere Problematik. Kann man immer im Vornhinein mit Gewissheit sagen, ob sich was lohnt? Und wie misst man das? Beim Vergleich mit Privatwirtschaft: Manager haften auch nicht für ihre Entscheidungen.. sie werden halt entlassen. Sowie Bürger odr Parteigenossen halt die Chance hätten…
@Kappus: Stimmt – blöde Formulierung. Meinte: Gegen Schwarzer liegt aktuell nichts vor, sie wurde auch nicht verurteilt.
@Walter Stach: Über diese Moral können wir gerne reden, wenn der Staat anfängt mit dem Geld der Bürger verantwortlich umzugehen und auch mal Verwaltungsleute rauswirft, wenn sie versagt haben. Wenn der eine nur zahlt und der andere mit dem Geld machen kann was er will sollte der Staat sich in der Frage der Moral zurückhalten.
Davon ab: Sowohl Hoeneß als auch Schwarzer haben niemanden etwas weggenommen, sie haben sich nur nicht so viel wegnehmen lassen wie es der Staat gerne gehabt hätte. Dafür haben sie die Konsequenzen zu tragen – aber Delikte wie Körperverletzung etc. finde ich deutlich verwerflicher als Steuerdelikte.
Steuerhinterziehung ist in Deutschland eine Straftat, die von diversen Politikern und manchen Medien gerne als etwas Ungeheuerliches aufgeblasen wird, was sie eigentlich nicht ist, denn eine Tat, die man jederzeit straffrei begehen darf und für die man lediglich eine Strafe verdient, wenn man so blöd ist, sich dabei erwischen zu lassen, verdient den Namen „Straf – tat“ nicht.
Alice Schwarzer war clever genug frühzeitig die Reißleine zu ziehen. Womit sie nicht gerechnet hat, ist das etwas eigentümliche Verständnis einiger zur Verschwiegenheit verpflichteten Beamten von eben genau dieser „Pflicht zur Verschwiegenheit“, ein Umstand, der mir als Bürger eigentlich wesentlich größere Bauchschmerzen bereitet, womit aber scheinbar jeder Prominente in Deutschland mittlerweile rechnen muss, ob er/sie nun Hoeneß oder Schwarzer heißt.
So unverschämt und kriminell der Missbrauch von Dienstgehemnissen auch ist und so wenig die Öffentlichkeit das Steuergebaren von Alice Schwarzer zu interessieren hat: der Spiegel wäre schön doof, wenn er die durchgestochenen Informationen nicht aufgreifen und zu einer Story verbraten würde und jetzt passiert mit Schwarzer genau das, was auch mit Hoeness passierte: Das Bild eine moralische Instanz der Gesellschaft zu sein, welches beide von sich über Jahre mit Hilfe der Medien aufbauten, wird mit einem Schlag vom Sockel gerissen. Zumindest wirkt es so. Aber waren sie das wirklich – moralische Instanzen?
Liest man sich die Stellungnahme der Feministin zu der Steuerangelegenheit durch, dann stellt man fest, dass sie derzeit eigentlich genau das macht, was sie immer schon Zeit ihres Lebens gemacht hat: Alice Schwarzer stilisiert sich als Opfer:
„Ich habe in Deutschland versteuerte Einnahmen darauf eingezahlt in einer Zeit, in der die Hatz gegen mich solche Ausmaße annahm, dass ich ernsthaft dachte: Vielleicht muss ich ins Ausland gehen.“
Das war in den 1980er Jahren. Und heute:
„Rufschädigung? Klar. Zu viele haben in meinem Fall ein Interesse daran. Ein politisches Interesse. Und ich frage mich, ob es ein Zufall ist, dass manche bei ihrer Berichterstattung über mich gerade jetzt auf Recht und Gesetz pfeifen?“
Liest man sich Schwarzers Stellungnahme durch, könnte man den Eindruck gewinnen eine Verschwörung von Medien, Politik und Jörg Kachelmann sei da am Werk und wie immer ist die arme Alice das Opfer.
Für mich persönlich kann ich behaupten, dass mir dieses permanente Opferrollengewimmere und inszenierte Selbstmitleid von Alice Schwarzer eigentlich immer schon auf den Zeiger ging. Für diesen Eindruck wäre es nicht nötig gewesen, mich auch noch über ihre Zahlungsmoral zu informieren, denn den hatte ich vorher schon.
hier geht es zur Erklärung Schwarzers auf ihrer Homepage… so wie man sie seit eh und je kennt:
https://www.aliceschwarzer.de/artikel/eigener-sache-313405
In der Regel ist es doch so, dass diejenigen, die sich einer wie auch immer gearteten, öffentlich Verschwörung ausgesetzt sehen, lange von eben jener Öffentlichkeit gut bis sehr gut gelebt haben. Um sich anschließend als verfolgte Unschuld zu inszenieren. Alle haben ihren Spaß- auch hier-, bis spätestens übermorgen eine neue Sau durch die mediale Welt getrieben wird.
Ein Ruhrbaron als Verteidiger von Schweizer Nummern-Konten. Wer hätte das gedacht. 🙂
@Walter
In „Deiner“ SPD kann man als Steuerhinterzieher sogar Staatssekretär bleiben. Die Partei, die im Wahlkampf wie keine andere den Steuerhinterziehern den Kampf angesagt hat und deren Spitzenkandidat die Kavallerie bei gegebenen Anlässen in die Schweiz einreiten lassen wollte, deckt Steuerhinterzieher in den eigenen Reihen und lässt sie schön auf ihren lukrativen Pöstchen unter dem Motto, vielleicht merkt es ja keiner.
Wenn man bei „Deiner“ SPD dieselben Massstäbe anlegen würde, wie Du sie bezüglich Steuerhinterziehern formulierst, dann führen die Berliner Genossen derzeit die moralische Glaubwürdigkeit der SPD beim Thema Steuerbetrug ad absurdum.
hier geht’s zu Wowereits Steuerhinterzieher-Problem im Spiegel:
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/wowereits-kultur-staatssekretaer-schmitz-hatte-schwarzgeld-konto-a-950806.html
@andi #7
M.W. hat sich das Land NRW geweigert, weiterhin zu bezuschussen!
Der, Der…-15-
Ich wundere mich nicht mehr, ich finde es allerdings, gelinde gesagt, irritierend, daß immer dann, wenn z.B. über Betrug, Untreue u.ä.debattiert und jemand deswegen zurecht öffentlich kritisiert wird, stets zur Rechfertigung -oder was soll das ansonsten sein-, in „meiner“ SPD nach gleichfalls Schuldigen gesucht wird und dabei stets der Vorwurf mitschwingt,über „meine“ Genossen würde ich weniger kritisch schreiben;eine Unterstellung, die durch nichts, nicht einmal ansatzweise begründet und belegt werden kann.
Ich äußere mich hier, wie immer, aus Überzeugung in der Sache, egal um wen es sich handelt.Ich habe deshalb bewußt in meinem Beitrag für mich Grundsätzliches festgestellt und keine Person namentlich benannt. Die von mir sogenannten Typen gibt es überall in unserer Gesellschaft, selbstverständlich auch in der SPD.
Ich kann nicht -und ich will auch nicht- nach R e c h t fertigen suchen oder solche akzeptieren, die immer wieder, so auch jetzt, vorgetragen werden, wenn jemand den Staat betrügt, auch wenn der Betrugstatbestand im Sinne eines (steuer-) strafrechtlich zu verfolgenden Deliktes bei rechtzeitiger und vollständiger Selbstanzeige strafrechtlich folgenlos bleibt.
Diese Typen betrügen den Staat.
Sie fügen , um sich selbst einen Vorteil zu verschaffen, diesem schuldhaft rechtwidrig einen Schaden zu. Das ist so und das ist nicht zu bestreiten.
Stefan Laurin -14-
„…andere Delikte finde ich verwerflicher…….“
Was soll das hier? Ist das auch einer unter den vielen Versuchen, die dazu dienen, Steuerhinterziehung „klein zu reden“?
Solange es Strafrecht gibt, solange wird über die unterschiedliche Gewichtung diverser Straftatbestände gestritten und das wird weiterhin geschehen, das sog. Steuerstrafrecht eingeschlossen. U.a. gibt es bekanntlich derzeit eine Diskussion darüber, ob man die „strafbefreiende Selbstanzeige“ nicht gänzlich aufheben sollte. Das würde meinem Gerechtigkeitsempfinden entsprechen, aber, so die Gegner dieser Überlegung, möglicherweise dem Staat Einnahme-verluste bescheren.
„Nicht diese Typen sind schuldig, nicht sie verdienen Kritik, auch öffentlich, sondern schuldig ist der „böse Staat“ , und er verdient Kritik“ -eine solche Diskussion finde ich irre“.
Walter, du kämpfst gegen Verschwörungstheorien die aus der Richtung kommen, die sonst ruft: „verschwörungstheorie!“
Hier ein lustiger Fund aus dem Netz:
https://www.persoenlich.com/news/werbung/alice-schwarzer-wird-alice-schweizer-229842
Wusste Gruner + Jahr schon im Jahr 2012 von dem Konto?
=;-)
-21-Helmut
ich verstehe nicht, wo in meinen Beiträgen direkt oder indirekt ein Gedanke, ein Hinweis, eine Bemerkung zu einer Verschwörung ausgemacht werden könnte und folglich begreife ich auch nicht, inwiefern mein Beitrag ein Kampf gegen Verschwörungstheorien ist.
Ich bin zudem rational gar nicht in der Lage, mich mit dem Begriff „Verschwörung, Verschwörungstheorie“ so zu befassen, daß er direkt oder indirekt Bestand mündlicher oder schriftlicher Äußerungen meinerseits sein kann.
Nachtrag:
„Die verlogene Ehre der Alice S.-“
ein Kommentar von Jürgen Dahlkamp, so eben gelesen bei SPIEGEL-online.
Ich teile die meisten Aussagen von J.Dahlkamp.
Zugleich befürchte ich jedoch, daß jetzt zu einer medialen Hatz gegen Frau S. geblasen wird, die wenig oder gar nicht dem allgemeinen Rechtsempfinden geschuldet ist, sondern der Chance,über die nächsten Tage ein mediales Spektakel in Gang halten zu können, das mit dem „öffentlichen Tod“ von Frau S.enden könnte; eine Befürchtung von mir, keine Hoffnung meinerseits!!!!
@Wes (#19):
Soweit ich weiß hat das Land seine Zuschüsse „nur“ um zwei Drittel auf 70.000 Euro gekürzt, woraufhin der Bund für den Differenzbetrag eingesprungen ist, jeweils mit mehrjährigen Laufzeiten verbunden.
Walter, dda beklagt sich ebenso wie damals im Fall Hoenes darüber, daß ein geheimnisvoller Steuerbeamter Verrat geübt hat, und bei Stefan weiß ich nicht mehr was der geschrieben hat.
Dagegen hast du ankommentiert. Deshalb warst Du gar nicht gemeint. Andeutungen kann man hier offenbar nicht machen, weil dann jeder glaubt er wäre gemeint. Alles Sensibelchen.
Was an der ganzen Affaire so unsagbar peinlich ist, ist ja nicht so sehr die Tatsache, daß Alice Schwarzer seit 30 Jahren Steuern hinterzogen hat. Das gehört in D in gewissen Kreisen sozusagen zum guten Ton, selbst unter Leuten, die sonst gerne mal den Zeigefinger heben. Sie hat sich selbst angezeigt, die Steuern – zumindest die für die letzten 10 Jahre – nachbezahlt, Verfahren eingestellt.
Auch kann man kaum das Verdienst von Alice Schwarzer in Frage stellen. Oder das von Uli Hoeneß, wenns denn sein muß.
Aber was besagt das denn genau? Steuerhinterziehung ist eine Straftat.
Kann man ein Verdienst gegen eine Straftat aufrechnen? Und wenn ja, welches Verdienst gegen welches Vergehen? Darf ich – sagen wir nur mal so als Beispiel – im Supermarkt klauen, wenn ich dreimal am Tag einer alten Dame über die Straße helfe? (Was sind schon so ein paar Kröten, die REWE entgehen gegen Hilfe für Oma?) Reicht eine 5-stellige Spende an AI als Ausgleich für einen Bankraub (natürlich nur ein „Gentleman-Bankraub“ ohne Tote und anschließende Geiselnahme)?
Man kann Steuerhinterziehung natürlich prima entschuldigen. Weil der Staat das Geld nicht so ausgibt, wie ich das gerne möchte.
Aber wo ist da die Grenze?
Daß Geld verschwendet wird, ist eine Binsenweisheit. Daß Geld für Dinge ausgegeben wird, die mir zuwider sind, auch. Aber wie fänden Sie es denn, lieber Stefan Laurin, wenn jemand Steuern hinterzieht, weil er nicht will, daß es z. B. für Asylbewerber ausgegeben wird? Oder Krankenhäuser bezuschußt, in denen auch Abtreibungen vorgenommen werden? Es soll auch Leute geben, die grundsätzlich dagegen sind, daß Steuergelder für Kindergärten und öffentliche Schulen ausgegeben werden, weil sie eine Nanny bezahlen können und anschließend die Rangen auf Privatschulen/Internate schicken. (Warum soll man sich für die Verbesserung des allgemeinen Schulsystems für alle engagieren – das fehlt noch, daß dem eigenen Filius womöglich die Karriere versaut wird, weil das Gör eines armen Schluckers auch ganz gute Noten hat…)
Hätten Sie dafür auch Verständnis?
Was allerdings unsagbar peinlich ist, sind die Einlassungen Alice Schwarzers selbst zum Thema.
Die Vermutung, daß sie gerade jetzt in den Medien angeschwärzt wird, um ihre Kampagne gegen Prostitution zu torpedieren und ihre Andeutungen gegen Kachelmann sind so lächerlich, daß es sich eingentlich nicht lohnt, darüber ein Wort zu verlieren. Deshalb genug damit.
Noch schlimmer sind die Ausflüchte, warum sie das Konto in der Schweiz überhaupt angelegt hat. In den 80er Jahren haben angeblich die Angriffe auf sie Dimensionen angenommen, die ihr eine Emigration angeraten sein ließen, deshalb habe sie einen Teil ihres Vermögens in die Schweiz transferiert.
Was will uns Frau Schwarzer damit sagen?
Daß sie an Leib und Leben bedroht war?
Die verbalen Angriffe auf Alice Schwarzer waren oftmals unsachlich, unfair, niederträchtig, oftmals an der Grenze zur persönlichen Beleidigung und zuweilen jenseints davon. Gar keine Frage. Aber wenn ich mich recht entsinne, hatte Frau Schwarzer durchaus das Zeug dazu, diese Angriffe vorzüglich zu kontern.
Aber selbst wenn sie sich massiv bedroht fühlte: Die Gesetzeslage war ja wohl nicht so, daß sie bei einer Emigration ihr Vermögen zur Gänze oder zu großen Teilen verloren hätte.
Frau Schwarzer versucht hier etwas sehr viel unredlicheres als Steuerhinterziehung: Durch die Kombination zwischen erzwungener Emigration und Rettung ihres Vermögens durch Transfer ins Ausland impliziert sie einen Verlgeich mit den Verfolgten des Dritten Reiches.
Dagegen ist ein Vergleich mit Robin Hood der letzte Dreck!
Aber das ist wahrscheinlich sowieso hinfällig. Ich habe nämlich seit längerem einen Verdacht: Robin Hood hat sich nur so ein cleverer Romanschreiber ausgedacht.
Das ist so ähnlich wie mit Don Juan, D’Artagnon, Jean Valjean und Superman…
Die gabs gar nicht wirklich!
#puck, sie haben in allem recht
Was in den Beiträgen hier im Blog und in allen anderen Medien deutlich wird ist Ärger, ist Zorn über Steuerhinterzieher wie Honess, Schwarzer und andere, weil ihre Erzählungen, ihre Mahnungen, ihre Vorhaltungen gegenüber anderen Menschen stets von moralischen Postulaten geradezu strotzen und ihr Tun als Steuerhinterzieher dem entgegengesetzt ist.
Die Honess, Schwarzer, Sommer, Zumwinkel u.a. sind Menschen wie Du und ich, ausgestattet mit der Fähigkeit und der grundsätzlichen Bereischaft, auch mal‘ etwas des eigenen Vorteiles wegen zu tun, was rechtswidrig ist. Und wer dann dabei „erwischt“ wird, hat für schuldhaft rechtswidriges Tun u.a.strafrechtliche Konsequenzen zu erwarten und sich dem schuldbewußt zu stellen -ohne krampfhafte Ausflüchte-. Insofern sind Steuerhinterzieher keine besondere Spezies;weder als Menschen noch als Straftäter.
Aber,sh.einleitend, wenn sie sich in Sachen Moral (einschließlich der der Gesetzestreue) immer wieder öffentlich als besonder Spezies gerieren, dann ist es selbstverständlich, daß die Öffentlichkeit sie auch als Steuerhinterzieher als ene besondere Spezies wahrnimmt und beurteilt. Das weiß jeder von ihnen. Darüber kann sich folglich niemand von ihnen wundern, auch nicht Frau Schwarzer.
@Walter (#20)
Ich wollte Dich jetzt nicht stellvertretend für das verantwortlich machen, was da in der Berliner SPD abgeht, zumal Du hier noch nie einen Hehl daraus gemacht hast, dass es nicht nur Berührungspunkte zwischen Dir und Deiner SPD gibt. Sorry, wenn das so rüber kam.
Steuerhinterziehung war hier bei den Ruhrbaronen im Vor- und Nachwahlkampf ein wichtiges Thema, bei dem wir als Leser leidenschaftlich gestritten haben und deshalb habe ich Dich dann nochmal ganz konkret angesprochen, weil es der Zufall so wollte, dass gestern ausgerechnet von einem Staatssekretär der SPD in Berlin bekannt wurde, dass er nicht nur Steuern hinterzog, sondern dies während der Wahlkampfdebatte durchaus einem erlesenen Kreis innerhalb der SPD bekannt war, ohne dass man sich veranlasst sah, irgendwelche Konsequenzen zu ziehen. Parteien haben sicherlich auch den Hang, sich als moralische Instanz zu inszenieren, zumindest wenn sie ihre Forderungen mit dem Begriff „Gerechtigkeit“ begründen und ähnlich wie bei Schwarzer und Hoeneß ist es natürlich ganz normal bei Bekanntwerden des Steuerdeliktes eines Politikers in verantwortlicher Position, dass die Politik daran schaden nimmt, weil sie in Frage gestellt wird. Aber wie gesagt, dass wollte ich Dir weder anlasten noch wollte ich Dich zu einer Rechtfertigung nötigen.
@Helmut (#26)
Mir ist aufgefallen, dass das Thema Steuerhinterziehung jetzt, wo die Koalition steht, für die Politik auf einmal nicht mehr wichtig ist, obwohl es im Herbst ein Wahlkampfschlager war. Was derzeit die öffentliche Diskussion bestimmt, ist das Thema Datenschutz und Bürgerrechte, allerdings nur auf die USA bezogen. Wir regen uns alle schön über die Datensammelwut der amerikanischen und britischen Geheimdienste auf aus Angst vor Missbrauch, aber niemand verliert ein Wort über den Umgang deutscher Finanzbeamter mit den ihnen anvertrauten Daten von Hoeneß und Schwarzer. Stattdessen wird über gefährdete Lebenswerke von Prominenten und ihre Rolle als moralische Instanzen schwadroniert, die auch vor Bekanntwerden ihrer Steuerstrafttat mehr als umstritten waren.
Gestern habe ich mir seit Ewigkeiten mal wieder Plasberg angeschaut, weil ich die Zusammenstellung der Gäste (u.a. Kubicki, Borjans, Göring-Eckardt) recht interessant fand. Einer von ihnen war unser NRW Finanzminister, der zwar betonte, dass er sehr viel Wert auf die Wahrung von Amtsgeheimnissen und Datenschutz lege, der aber gleichzeitig feststellte, dass Steuerhinterzieher, die ihren Betrug bei den Finanzbehörden anzeigen heutzutage damit rechnen müssen, dass ihr Vergehen öffentlich wird. Mir persönlich bereitet diese Feststellung Bauchschmerzen, nicht weil ich was zu befürchten hätte, sondern weil hier offenbar wird, dass wir als Bürger keine Sicherheit mehr haben können, dass der Staat, konkret seine Beamten, die Privatsphäre eines jeden einzelnen von uns vor Missbrauch schützt.
Der,Der…..-.30-
Helmut -26- hat mich ja den Sensibelchen zugeordnet. Ich denke über diese Zuordnung nach und schließe Deine mir einschlägig erscheinden Anmerkungen n mit ein. Nur ändern kann das bei mir nichts mehr.
Zur Sache:
Ich hoffe, daß es jetzt etwas mit dem angekündigten Rücktritt des SPD-Staatsekretärs in Berlin wird, andernfalls, und das ist für mich unbestritten so, verdient die SPD bzw. ihre Kampagne gegen Steuerhinterziehung, konkret vor allem gegen die strafbefreiende Wirkung einer Selbstanzeige eine Glaubwürdigkeitsdebatte. Unverständlich ist für mich insofern auch, daß Wowereit die Steuerhinterziehung seines Staatsekretärs offenkundig für relativ belanglos gehalten hat und keinesweg von sich aus dessen Entlassung überhaupt erwogen zu haben scheint.
Wir werden in den nächsten Tagen erneut eine Diskussion darüber erleben, ob die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige bei Steuerhinterziehungen wegfallen soll.
Wenn ich abwäge zwischen meinem Gerechtigkeitsempfinden einerseits und anderseits einem möglichen, nicht beweisbaren Rückgang an Selbstanzeigen und damit an Steuernachzahlungen neige ich dazu, im Sinne meines Gerechtigkeitsempfindens für den Wegfall der strafbefreienden Wirkung zu plädieren und mit Respekt vor denjenigen, die nach ihrer „Güterabwägung“ zu einem anderen Ergebnis kommen.
Politisch interessant wird es sein zu beobachten, wie die Koalitionspartner in Berlin mit ihren unterschiedlichen Positionen umgehen werden; finden sie einen Kompromiss -einen guten oder einen „faulen“?
dda, m.E. gibt es viele Personen, die Kenntnis von einer Selbstanzeige haben können, weil Menschen viel quatschen. Der, der es weiß, erzählt es einem Kollegen, der sagt es wieder einem Kollegen uaw. bis jemand dabei ist, der es an die Presse bringt. Weil ich an diese Form der stillen Post glaube, kann ich auch, ohne es genau zu wissen, annehmen, daß es mit zunehmendem Bekanntheitsgrad der Steuersünderin ein stärker werdendes Interesse an ihrem Fall gibt. D.h. es geht schneller rum, als der Schall, wenn es solche Personen betrifft.
Die Zeiten werden wohl nicht nur für die Armen härter, sondern auch für diejenigen unter den Reichen, die einen hohen Bekanntheitsgrad haben. Und Steuerhinterziehung ist nun mal Straftat. Ich glaube, daß in den USA die Regel noch viel schärfer sind. Dort wird dieser Straftatsbestand sogar als Notlösung genutzt um Schwerverbrecher, denen man nie etwas anhaben konnte, erst einmal festzusetzen. Hier wird das sehr großzügig übersehen. Nur eben nicht immer.
Als Anregung an M. Illner u.a.:
Wie wäre es, wenn zur nächsten Gesprächsrunde zugleich B.Becker, Zumwinkel, Sommer,Hoeness,Schwarzer eingeladen würden -oder andere prominente Steuerhinterzieher.
Thema: „Die guten Gründe für Steuerhinterhinterziehung“.
Wäre doch interessant zu hören, welche guten Gründe jeder für sich geltend macht und ob und wie jeder von ihnen mit den guten Gründen des Anderen umgeht.
Eine sehr hohe Quote wäre dem Sender sicher.
@Walter
Die von Dir zusammengestellte Gesprächsrunde würde ich gerne um zwei Personen ergänzen. Zum einen mit Ingvar Kamprad. Der Mann ist zwar Schwede, macht mit seinen IKEA-Möbelhäusern aber den größten Umsatz bei uns in Deutschland. Weil er das „Schwedische Modell“ mit seinen hohen Steuern so prickelnd findet, lebt er seit Ewigkeiten in der Schweiz, wo er natürlich auch Steuern zahlt. Um auch sein Unternehmen vor den hohen Steuern des schwedischen Fiskus zu schützen, hat er sie in eine Stiftung eingebracht und den Hauptsitz in die Niederlande verlegt, aus Kostengründen versteht sich. Das einzige, was an dem unmöglichen Möbelhaus aus Schweden noch schwedisch ist, ist das Blau und das Gelb im Firmenlogo. Schweden hat seinen besten Steuerzahler und dessen Unternehmen aufgrund seiner Steuerpolitik an die Schweiz und die Niederlande verloren.
Eine weitere Person ist Michael Schumacher. Schumi zahlt auch schon seit Ewigkeiten keine Steuern mehr in Deutschland, weil er mit seiner Familie in der Schweiz lebt. Trotzdem ist er hier noch die Nr. 1, hat wie alle derzeit diskutierten SteuerhinterzieherInnen (<- dürfte seit dem Fall Schwarzer jetzt die offizelle Schreibweise sein) Bildung, Infrastruktur und was man als Finanzminister in einer solchen Diskussion dem Bürger sonst noch in Rechnung stellen kann, genossen. Niemand würde es wagen, Schumis Redlichkeit in Frage zu stellen, nur weil er kein Bock hat, in Deutschland Steuern zu zahlen. Vielmehr ist man voll des Lobes, wenn er mal eben so 10 Millionen Euro für Tsunamiopfer spendet.
Was ich sagen will: Würde man in einer solchen Gesprächsrunde einen Michael Schumacher und einen Uli Hoeneß fragen, warum sie ein Problem damit haben, in Deutschland Steuern zu zahlen, bekäme man vermutlich ähnliche Antworten, natürlich mit dem Hinweis, dass beide sich ja auch in erheblichem Maße sozial engagieren. Eine Erkenntnis des Abends wäre auf jeden Fall die, dass in Westeuropa manchmal nur die Wahl des Wohnortes darüber entscheidet, ob man nun als Held oder als krimineller Betrüger gilt.
Der,Der….
ja, und noch einige Andere dazu.
Zu Schumacher und Beckenbauer:
Ihr Weg zum Ziel, nämlich dem Staat, dem sie formell (noch) angehören, gar keien Steuern zahlen zu müssen, ist unstrittig nicht nur der erfolgreiche als der von Honess,Schwarzer u.Co, die ja nur einen kleinen Teil ihrer Steuern ihrem Staat entziehen,besser hinterziehen, und de Schumacher-Beckenbauer- Weg ist unstrittig formal-juristisch korrekt.
Von daher wäre es naheliegend, daß erneut aus aktuellem Anlaß wieder einmal nicht nur über den Wegfall der strafbefreienden Selbstanzeige geredet wird -oder über deren Beschränkung auf Beträge bis zu 5o.000 €-, sondern auch darüber, ob nicht die Einkommenssteuerpflciht nach deutschem Steuerrecht sich ausschließlich aus der deutschen Staatsangehörigkeit ergeben sollte, und zwar unabhängig davon, in welchem Lande der deutsche Staatsangehörigkeit seinen (Haupt-)wohnsitz hat.
M.W. gibt es solche Regelungen in anderen Staaten; auch in den USA(?).
Und zum Thema „Spenden“ durch Steuerflüchtlinge, Steuerhinterzieher -zur Motivation der Spender, zur gesellschaftlichen Akzeptanz der Spender und ihres Tuns, zu deren Versuch einer politschen Legitmation von Steuerflucht bzw. Steuerhinterzihung mittels Spenden u.ä.mehr- könnte eine gesonderte Diskussion geführt werden.
Nachtrag:
Und wenn im Falle eines Falles dann Beckenbauer,Schumacher und andere die deusche Staatsangehörigkeit aufgeben und z.B. die österreichische oder die schweizeriche annehmen würden?
Dann würde es dem Staat steuerlich nciht schlechter gehen als heute.
Und die Beckenbauer u.Co. wäre ehrlicher als derzeit in ihrem Verhältnis zum Staat Deutschland, in ihrem Verständnis von Staatsangehörigkeit, die bekanntlich nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten begründet. Letzteres versuchen die Behörde all denen zu vermitteln, die beabsichigen, die deutsche Staatsangehörigkeit zu erwerben.
Ob das dann auch das Fan-Verhalten ändern wird? Weiß ich nciht;wäre mir auch egal.