Stephan J. Kramer, Generalsekretär des Zentralrats der Juden, hat für Deutschlands derzeit umstrittensten Sachbuchautor einen Tipp: »Ich würde Herrn Sarrazin den Eintritt in die NPD empfehlen, das macht die Gefechtslage wenigstens klarer und befreit die SPD.« Der (Noch-)SPD-Politker sei ein Populist. Mit seinen »rassistischen Hasstiraden« diffamiere er, …
… biete aber gleichzeitig keine Lösungen an. Auch für Dieter Graumann, den Vizepräsidenten des Zentralrats, sind die Aussagen des SPD-Politikers unannehmbar, vor allem dessen These, »alle Juden teilen ein bestimmtes Gen«. Damit spiele Sarrazin Menschen gegeneinander aus und reduziere sie allein auf ihr Erbgut. »Das ist ein unerträglicher Rekurs auf die Rassentheorien der Nazis.« Der ehemalige Berliner Finanzsenator habe damit »endgültig eine rote Linie überschritten«. Graumann forderte, dass die Bundesbank sich von ihrem Mitarbeiter trennen solle: »Die Meinung von Herrn Sarrazin hat nichts mit der Bundesbank zu tun. Daher sollte sie auch besser nichts mit Herrn Sarrazin zu tun haben.«
Henryk M. Broder verteidigt dagegen den Autor des Buches Deutschland schafft sich ab. »Es ist der erste Fall einer Hexenjagd in Deutschland seit Mitte des 17. Jahrhunderts«, sagte der Journalist der Bild am Sonntag. Er bezweifle, »dass alle die, die Thilo Sarrazin jetzt so voreilig kritisieren, sein Buch überhaupt gelesen haben«. Sarrazins These von einem spezifischen Juden-Gen sei keinesfalls antisemitisch. Der Spiegel-Autor will lieber darüber diskutieren, wie die Bundesrepublik dem Phänomen integrationsunwilliger muslimischer Migranten begegnet.
Eine solche Debatte ist auch dem Rassismusforscher Wolfgang Wippermann wichtig, schließlich gäbe es bei integrationsunwilligen Muslimen häufig antisemitische und islamistische Einstellungen. Doch Sarrazin verhindere mit seinen Thesen die Lösung dieses Problems. Für den Berliner Historiker stellen Sarrazins Thesen vielmehr »Rassismus in Reinform« dar. Wenn dieser über ein jüdisches Gen, Vererbung von Intelligenz und gebärfreudige Muslime, die ihre Dummheit weitergeben würden, polemisiere, sei das biologistisch, kulturalistisch und rassistisch. »In der NS-Zeit glaubte man, Juden an ihren Nasen erkennen zu können. Herr Sarrazin meint da heute wohl weiter zu sein.« Auch der Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung, Wolfgang Benz, geht mit dem 65-jährigen Buchautor hart ins Gericht. Hier werde »eine Gruppe, egal welche, aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Ethnizität, ihrer Religion kollektiv verteufelt«. Der Frankfurter Publizist Michel Friedman nannte Sarrazin einen »Hassprediger«, den es zu stoppen gelte. »Es kann keine Toleranz mehr für diese Intoleranz geben.«
Uneingeschränkten Applaus erhält der Bundesbanker indes von der rechtsextremen NPD. Sarrazin liege mit seinen Aussagen ganz auf Parteilinie, sagte der Vorsitzende Udo Voigt: »Unsere Aussagen werden damit salonfähiger, und es wird dann auch immer schwieriger, Verurteilungen wegen Volksverhetzung anzustreben«, äußerte er gegenüber dem Fernsehmagazin »Report Mainz«. Sarrazin selbst allerdings wehrt sich gegen diese Art der Vereinnahmung. Bei der Vorstellung seines Buches sagte er an einen Journalisten gewandt: »Wenn Sie einer verabscheuungswürdigen Person begegnen, die behauptet: Die Erde ist rund, bleibt Ihnen nichts übrig, als zu antworten: Du hast recht, aber du bist trotzdem ein Arschloch.«
Nach seinem Interview mit der Welt am Sonntag teilte Sarrazin in einer Presseerklärung bekanntlich mit, dass er sich bei seinen Bemerkungen über ein spezifisches Gen bei Juden lediglich auf aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse stütze. »Ich bin kein Genetiker«, räumt er zwar ein, gleichwohl ist er überzeugt, dass vieles für die Richtigkeit seiner These spreche. »Aktuelle Studien legen nahe, dass es in höherem Maße gemeinsame genetische Wurzeln heute lebender Juden gibt, als man bisher für möglich hielt.« Und er betont: Mit einem Werturteil habe dies nichts zu tun.
Dieser Beitrag erschien zuerst in der Wochenzeitung „Jüdische Allgemeine“
Auch lesenswert dazu:
https://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/7637/highlight/Harry&Ostrer
Genetik: Kinder Abrahams
Neueste Forschungen bestätigen die gemeinsame nahöstliche Herkunft aller Juden
und:
https://www.welt.de/die-welt/kultur/article9303977/Hochzeiten-bewahren-den-Genpool.html
„Hochzeiten bewahren den Genpool“
In einem Interview mit der „Welt am Sonntag“ hat Thilo Sarrazin behauptet, alle Juden teilten ein bestimmtes Gen. Stimmt das? Ein Gespräch mit dem Genforscher Gil Atzmon
Zwei Studien offenbaren die gemeinsamen genetischen Wurzeln heute lebender Juden – und befeuern eine israelische Diskussion über jüdische Identität.
[…]„Unsere Untersuchung stützt die Idee eines jüdischen Volkes, das durch eine gemeinsame genetische Geschichte verbunden ist“, sagte der Studienleiter Harry Ostrer. „Aber die Vermischung mit Menschen europäischen Ursprungs erklärt, warum so viele europäische und syrische Juden blaue Augen und blondes Haar haben.“ Die Studie zeige, wie Genetik Geschichte reflektiere. „Wir sehen tatsächlich die Ereignisse der jüdischen Diaspora im Genom jüdischer Menschen[…]
https://www.tagesspiegel.de/wissen/abrahams-kinder/1860976.html
Vielleicht hat er Harry Ostrer aber auch nur falsch verstanden!?
@ Bert und Malte
Bitte lesen Sie doch die Links, bevor Sie diese hier verlinken!
Aus den Forschungen geht nirgedwo hervor, dass „alle Juden ein Gen“ teilen.
Dort wird von „signifikanten Übereinstimmungen“ gesprochen.
Vielleicht kaufen Sie sich mal ein Buch über Statistik und versuchen dann einmal die Studie von Herrn Ostrer zu verstehen. Aber vielleicht fehlt Ihnen ja auch ein Mathe-Gen?
Oder lesen Sie einfach die Stellungnahme von Herrn Ostrer beim european:
https://www.theeuropean.de/harry-ostrer/4233-streit-um-sarrazin
@68er: Eventuell lesen Sie mein post mal etwas genauer? ich tue Ihnen den gefallen, und zitiere mich selber:
Zitat „Vielleicht hat er Harry Ostrer aber auch nur falsch verstanden!?“
[…] Sarrazin: ein Fall für die NPD? fragt Philipp Engel … ruhrbarone […]
Mir ist ziemlich egal ob die Juden eine gemeinsames Gen haben oder ob es nur eine signifikante Übereinstimmung gibt. Ich habe meine Verhältnis zu Menschen noch nie genetisch bestimmt.
Im übrigen bewahren Hochzeiten nur den Genpool wenn die Ehefrauen ihr ganzes Leben treu bleiben, bzw. wenn sie untreu sind, bewusst im Genpool verharren.
Was für eine lächerliche Diskussion die sich obendrein auch noch wissenschaftlich gibt.
@ Arnold Voss
Ich verstehe Ihre Kritik an der Diskussion nicht recht. Meinen Sie die Diskussion in der jüdischen Welt oder die hier geführte oder beide Diskussionen?
Das Problem aus meiner Sicht besteht darin, dass diese falsche These „des jüdischen Gens“ nun einmal in der Welt ist und man nun eben klar stellen muß, dass diese These falsch ist.
Leider ist diese Diskussion nicht so lächerlich wie Sie es darstellen, denn bei vielen deutschen Geburtstagsfeiern und Kaffeekränzchen aller Schichten werden genau diese falschen Thesen mit ansteigendem Eifer zitiert.
Diese Leute interessiert es wenig, wie Herr Voss sein Verhältnis zu anderen Menschen bestimmt. Ein besserer Mathematikunterricht sowie die Vermittlung eines statistischen Grundverständnisses an Schulen und Universitäten, gerade und vor allem für Journalisten, würde hier vielleicht mehr helfen.
Das einzige was die moderne Genforschung zweifelsfrei bewiesen hat ist, dass jeder, aber auch jeder Mensch auf dieser Welt unterschiedlich ist. Egal wieviel zwischen ihnen ähnlich ist, jeder von ihnen ist auch genetisch ein Individuum.
Wer sich also auf ein Diskussion genetischer Ähnlichkeiten einlässt, ob zur Ausgrenzung anderer oder um sich selbst als etwas Besonderes zu definieren, der muss sich auch über die entsprechenden Folgen nicht wundern.
Die einzige Ähnlichkeit die wirklich genetisch tragend und auch bewiesen ist, ist unser Mensch sein selbst, unser Gattungswesen. Wir sind also alle! Menschen und als solche sind wir alle! Individuen. Das ist was für mich zählt und es ist auch das, was in der Genetik als einziges wissenschaftlich völlig unbestritten ist.
Ergo ist es auch sinnlos, einen Menschen nach seinen Genen (vor) zu beurteilen. Der einzig vernüftige Weg mit ihm umzugehen ist vielmehr, ihn so zu nehmen wie er individuell (geworden) ist, d.h. darauf zu achten was ihn von anderen (und natürlich auch von mir selbst) unterscheidet.
@ Arnold Voss
Ich kann Ihnen nur Recht geben.
Mir ist es auch schleierhaft, wie z. B. Menschen jüdischen Glaubens ihr Erbgut darauf untersuchen lassen, von welchen Vorfahren sie abstammen. Da wir aber in eine freien Welt leben, sollen die das ruhig machen. Man muss auch damit leben, dass die Ergebnisse der Analysen (mehr oder weniger) wissenschaftlich ausgewertet werden. Wenn die Ergebnisse dann veröffentlicht werden, fällt das nunmal unter die Freiheit der Wissenschaft. Wenn diese Ergebnisse dann aber missbraucht werden, um falsche Schlüsse daraus zu ziehen, sollte man dem widersprechen. Und zum Glück hat hier Herr Ostrer, der am Zustandekommen der Debatte (zumindest streng kausal betrachtet) ja beteiligt war, die notwendige Klarstellung veröffentlicht.
Bisher konnte mir auch noch niemand erklären, welchen Erkenntnisgewinn ich hätte, wenn ich mein Erbgut analysieren lassen würde:
https://starke-meinungen.de/blog/2010/08/27/hau-den-yussuf/comment-page-1/#comment-3483