Der Initiativkreis Ruhr und die bürgerschaftliche Initiative Stadt Ruhr wandten sich heute mit verkehrspolitischen Forderungen an die Öffentlichkeit
Verkehrsminister Oliver Wittke und Hochtief Chef Herbert Lütkestratkötter. Foto: Ruhbarone
Ein schwer erkälteter Landesverkehrsminister besuchte heute Essen. Der Grund: Herbert Lütkestratkötter, Hochtief-Chef und persönliches Mitglied des Initiativkreises Ruhr (IR) präsentierte im Alfred Herrhausen Haus, dem Sitz des IR, ein Positionspapier des Initiativkreises zum Thema Verkehr. Es heißt „Metropole Ruhr: Infrastruktur ausbauen – Mobilität sichern Logistik stärken – Know-how nutzen“ und fasst die verkehrspolitischen Forderungen des Unternehmerkreises zusammen. Und nein: Von dem Flughafen für das Ruhrgebiet war nicht mehr die Rede. Noch im Herbst vergangenen Jahres hatte der IR mit dieser Forderung noch für Erheiterung und Verwunderung gesorgt.
Der IR setzt auf den Ausbau aller Verkehrswege: Geschäftsflieger sollen künftig verstärkt Essen-Mülheim nutzen. Kleine Düsenflugzeuge sollen künftig auch von den Flugplätzen Schwarze-Heide in Bottrop/Dinslaken und Marl-Loehmühle starten und landen können. Autobahnlücken sollen geschlossen, vorhandene Autobahnen ausgebaut werden
Auch die Kanäle sollen intensiver genutzt und der Schienenverkehr ausgeweitet werden – vor allem für die Logistikwirtschaft. Großen Wert legt der IR auf den Ausbau der Eisenbahnlinien Betuwe-Linie und den Eiserner Rhein, die das Ruhrgebiet mit den Häfen in Rotterdam und Antwerpen verbinden sollen. Während Wittke den Ausbau der Betuwe-Linie Ruhrgebiet-Rotterdam) optimistisch sieht, räumt er bei den Planungen zum Eisernen Rhein (Ruhrgebiet-Antwerpen) Stillstand ein: Es ist kompliziert, wenn sich Holland, Belgien, das Land NRW, die Bahn und der Bund auf eine Trassenverlauf einigen müssen.“ Allerdings sei endlich der Rhein-Ruhr-Express auf den Weg gebracht.
Für Wittke und Lütkestratkötter ist der Ausbau der Infrastruktur die Grundlage für die weitere wirtschaftliche Entwicklung der Region. Und dabei wird im kommenden Jahr der Bund helfen.
Oliver Wittke wirkte bei dem Gedanken aus den Geldern des zweiten Konjunkturprogramms schon fast euphorisch: 100 Millionen für den Straßenbau und 150 Millionen für den Nahverkehr könnten in NRW ab sofort ausgegeben werden. „Das Geld,“ sagte Wittke, „sollte vor allem in den Städten ausgegeben werden. Im Straßenbau und bei den Nahverkehrssystemen herrscht ein großer Nachholbedarf.“
Das die Ruhrgebietsstädte sich selbst nicht in der Lage sehen, die für solche Investitionen nötigen Eigenanteile aufzubringen, ficht Wittke nicht an: „Auch Städte die unter der Haushaltssicherung können in Straßen und Nahverkehr investieren. Als ich OB in Gelsenkirchen war, habe ich das getan. Oberhausen zum Beispiel sollte sich fragen, wofür es sein Geld ausgibt: Infrastruktur oder Referenten für den Oberbürgermeister.“
Der IR will auch dass der Nahverkehr im Ruhrgebiet ausgebaut wird. Neben dem Ausbau mahnt Lütkestratkötter eine verstärkte Kooperation zwischen den Nahverkehrsunternehmen an. Auf die Frage, ob nicht ein einziges Nahverkehrsunternehmen für das Ruhrgebiet die beste Lösung sei Antwortete der Hochtief-Chef: „Das ist die logische Schlussfolgerung. Aber bevor wir dahin kommen, müssen wir erst die Kooperationen verbessern. Der große Wurf kommt am Schluss.“
Auf den will die bürgerschaftliche Initiative Stadt Ruhr nicht warten: Sie hat heute ein Umfangreiches Papier zum Thema Nahverkehr vorgelegt. In gleichlautenden Schreiben an Bundeskanzlerin Angela Merkel, NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, Bundesfinanzminister Peer Steinbrück und Repräsentanten der im nordrhein-westfälischen Landtag vertretenen Parteien hat die Initiative vorgeschlagen, ein Mobilitätsprojekt Ruhr in ein entstehendes deutsches und europäisches Investitionsprogramm aufzunehmen: „ Um die gelähmte Metropole in Schwung zu bringen, fordern wir die Schaffung eines vernetzten Verkehrssystems, das es jedem Bewohner der Stadt Ruhr erlaubt, überall binnen maximal zehn Minuten einen Zugang zum ÖPNV zu erreichen, binnen maximal zehn Minuten transportiert zu werden, binnen maximal sechzig Minuten jedes Ziel im Rhein-Ruhr-Raum erreichen zu können und dafür nicht mehr bezahlen zu müssen, als eine vergleichbare Fahrt in Berlin oder Hamburg kostet.
Noch ist der Nahverkehr im Ruhrgebiet nicht nur schlechter, er ist auch teurer als in anderen Großstädten. Die Stadt Ruhr Initiative fordert denn auch eine Nahverkehresgesellschaft für das Ruhrgebiet – und zwar sofort: „Der ÖPNV im Raum Rhein-Ruhr muss nach Berlin-Brandenburger, Hamburger und Londoner Vorbild vernetzt und zentral gesteuert werden. Noch ist der ÖPNV im Ruhrgebiet in 25 Verkehrsgesellschaften, also auch in 25 kleinteiligen Netzen organisiert. Der VRR ist zu schwach. Er muss umgewandelt werden in eine Verkehrsgesellschaft wie die BVG oder HVV“
Abgesehen von einigen Vertretern der Verkehrsunternehmen selber wird wohl niemand bestreiten, dass das Ruhrgebiet einen gemeinsamen Verkehrsbetrieb braucht. Die Forderung gibt es schon ewig, spätestens seit dem Stadtbahnbau der 1960er/70er Jahre. Diesen Allgemeinplatz wieder aufzukochen ist also nur begrenzt originell. Wirklich neu und interessant wäre nur das Aufzeigen eines gangbaren Weges zum Ziel ÖPNV-Reorganisation.