Unter dem Motto #AlleFürsKlima finden am heutigen Freitag in ganz Deutschland über 470 Protestaktionen für eine andere Klimapolitik statt. Kurz vor der Bundestagswahl wollen Tausende damit noch einmal Druck auf die Politik ausüben, sich in Zukunft stärker für den Kampf gegen den Klimawandel einzusetzen.
Traditionell spaltet dieses Ansinnen die Bevölkerung in zwei Lager. Die eine Hälfte unterstützt das Anliegen der überwiegend jungen Demonstranten, der andere Teil lehnt es ebenso emotional und entschieden ab.
Dass die Sache seit Jahren so heftig umstritten war und ist, liegt auch an der Tatsache, dass diese unter dem Namen ‚Fridays for Future‘ in Deutschland groß gewordene Protestform einst von der jungen Schweden Greta Thunberg im Jahre 2018 als ‚Schulstreik‘ ins Leben gerufen wurde. Freitags einfach dem Schulunterricht fernzubleiben, sich stattdessen lieber auf einer Demo zu ‚verlustigen‘, das entwickelte sich rasch zu einem Reiz, den viele Bürger ebenso entschieden verurteilten. Obwohl sie inhaltlich vielleicht sogar nahe bei den Demonstranten waren, lehnten sie den praktizierten ‚Schulstreik‘ in dieser Form ab.
Ein Blick auf die für heute geplanten über 400 Veranstaltungen zeigt jedoch überraschendes.
Wer sich einmal die Mühe macht und sich auf der Homepage von #AlleFürsKlima etwas umschaut, der wird nicht nur überrascht feststellen, dass dort das Wort ‚Schulstreik‘, welches einst die Bewegung in der fordersten Front begleitete, vermieden wird, sondern auch, dass ein erheblicher Teil der für diesen Freitag geplanten Proteste und Veranstaltungen inzwischen außerhalb der klassischen Schulzeiten am Vormittag und Mittag liegen.
In den Zeiten vor Corona war das noch ganz anders, was in Deutschland seit 2019 nicht nur stets zu viel Widerspruch führte, sondern naturgemäß auch die Teilnehmerzahl begrenzte. Der einst von Thunberg initiierte ‚Schulstreik‘ war, bei näherer Betrachtung, also wohl keine ideale Dauerlösung für eine Protestform, die die kritische Sicht auf die bisherige Klimaproblematik auf Dauer mehrheitsfähig und wirklich groß hätte werden lassen können.
Nun scheint es, als haben die Kritiker der Klimapolitik der vergangenen Jahre in diesem Punkt dazugelernt. Es ist jetzt offiziell auch nur noch von einem ‚Klimastreik‘ die Rede. Dafür mag es verschiedene Ursachen geben. Zum einen ist der ‚Nerv-Faktor‘ der jungen Schwedin zuletzt extrem groß geworden. Die Planer der Klimaproteste waren also, auch wenn diese heute offenbar in Berlin auftreten wird, gut beraten sich vom alles dominierenden Gesicht der Schwedin grundsätzlich etwas zu lösen.
Zum anderen erleichtert man durch die Verlegung eines großen Teils der Veranstaltungen in den Nachmittag und frühen Abend natürlich nicht nur höhere Zustimmungswerte zum eigentlichen Anliegen, sondern ermöglicht dadurch auch viel mehr Zeitgenossen eine Teilnahme an den Demonstrationen in deren Freizeit. Vielen Berufstätigen war es bislang nicht möglich an einem Freitagmittag der Arbeit fernzubleiben und für das Klima zu ‚streiken‘. Das hätte sie schlicht ihren Job gekostet.
Insgesamt ist diese scheinbar einsetzende Loslösung vom ‚Schulstreik‘ für die Klimaproteste insgesamt also ein kluger Schachzug der Organisatoren. Dass das Ganze bisher nicht großartig öffentlich thematisiert und diskutiert wird, liegt dabei wohl auch im eigenen Interesse der Organisatoren solcher Veranstaltungen.
Ich bin zwar mit FFF nicht einverstanden, aber da ich Demokrat bin respektiere ich deren Recht auf freie Meinungsäußerung. Ich vermute, dass sich die Generation Beleidigt mit sowas etwas schwerer tut. Aber von dieser Gruppe geht auch ein gewisser Reiz aus. Christen ärgern macht ja kein Spass mehr weil die darauf nicht mehr reagieren. Aber diese Leute gehen beim geringsten Widerspruch ab wie ein HB- Männchen. Und jetzt lassen wir mal die Kirche im Dorf. Das ist kein Streik, sondern ein Schulboykott. Aber man sollte auch nicht zu streng mit ihnen sein. Wir waren ja alle mal jung. Deswegen sei ihnen das virtue signalling von Herzen gegönnt.
Meinen Beobachtungen nach waren das zumindest in Deutschland ohnehin nie "Schulstreiks" im wörtlichen Sinne, fanden doch die meisten FFF-Demos eher nachmittags oder am frühen Abend statt…
Mich wunderte an der ganzen Diskussion allerdings, dass die Rechte plötzlich ein Problem mit Schulstreiks hatte und FFF-Teilnehmer*innen als "Schulschwänzer" diffamierte. Sind aus deren Sicht staatliche Schulen nicht kulturmarxistisch-feministische Homo-Impfzwang-Indoktrinationsanstalten? Einen nationalkonservativen Schulboykott würden die doch sofort unterstützen.
Robin,
wenn Kinder/Jugendliche gegen eine verfehlte, gegen eine völlig unzureichende sog. Klimapolitik in Deutschland -und anderswo- protestieren, dann ist das eine großartige Sache, die ich unterstütze und fördere.
Wie protestiert wird -mit welchen Mitteln und Methoden-entscheiden die Kinder/Jugendlichen eigenständig/eigenverantwortlich und niemand sonst.
"Wir" haben zu unserer Jugendzeit umso heftiger protestiert , je lauter und je schriller die Älteren sich dagegen verwahrt haben. "Wir" haben uns zudem vom Protest auch nicht durch staatliche Repressalien abhalten lassen.
Ich bin sicher, die Kinder und die Jugendlichen heutzutage sind aus dem gleichen Holz geschnitzt und hoffe, daß sie dieses weiterhin beweisen werden, auch gegenüber einer neuen Bundesregierung, egal unter wessen Kanzlerschaft . Dass wird dann nicht nur der Sache dienen und nutzen, sondern vor allem auch die Persönlichkeitsbildung der Kindern und Jugendlichen zu-selbstbewußte, eigenverantwortliche,, unbequemen, kritischen Menschen.
Im übrigen haben wir kein Bildungsproblem, weil Kinder/Jugendliche einige Schulstunden vorsätzlich versäumt haben, sondern wegen eklatanter organisatorischer, personeller und inhaltlicher Mängel in der schulischen Bildung. Ich erinnere z.B. an den sog.. Digitalunterricht . während der Corona- Pandemie, der mit der Note ungenügend zu bewerten ist und z.B. mit Blick auf den Zustand in Finnland jeden Vergleich mit der schulischen Situation in den meistern sog. Entwicklungsland standhält. Das ist der Skandal, in der deutschen Schulbildung, nicht das Versäumen einiger weniger Schulstunden wegen sog. Schulstreiks..
Also…
FFF und Andere;
Weiter so gegen alle Widerstände in Eurer Zielsetzung, wenn Ihr sie denn weiterhin verfolgen wollt und mit Mitteln und Methoden, über die ihr zu entscheiden habt.
@Walter: Ich finde die von mir oben im Text beschriebene Verschiebung bei FFF grundsätzlich gut und richtig. Es war einfach ein leichtes Einfallstor der Gegner, die Kritik an der Klimapolitik der Regierungen einfach mit dem auf der Hand liegenden Gegenargument des bequemen Schulstreiks zu entkräften. Denn das war, auch meiner persönlichen Erinnerung nach, ein zutreffender Punkt. Auch wir haben in den 1980ern gerne jede Gelegenheit wahrgenommen der Schule fern zu bleiben. Entfällt jetzt mehr und mehr dieser mögliche Aspekt der Entwertung, wird das der Sache von FFF guttun. Ob es den Streikenden von heute mehr um die Sache geht als meiner Generation damals, möchte ich anzweifeln. Ich kenne privat etliche Fälle, wo Jugendliche gegen Klimasünden ‚der Erwachsenen‘ entrüstet und lautstark protestiert haben, anschließend aber selber gerne mit den Eltern in den Urlaub geflogen sind oder aber sich mit dem Familien-SUV zum Fußballtraining o.ä. haben fahren lassen. Aber vielleicht entwickelt sich da ja noch was. 🙂
Das mit den Schulstreiks hat mich nicht gestört. Wohl aber die haltlosen und spalterischen Vorwüfe gegen die ältere Generation. Es hat mich etwas an die Roten Garden von Maos Kulturrevolution erinnert, wo junge Menschen gegen alte, die das reaktionäre verkörpern sollen gehetzt wurden. Niemand kann sich die Zeit aussuchen in die er geboren wird. Damals wurden die Themen, Klimawandel, Treibhauseffekt und CO2 noch nicht so diskutiert. Und ich lebte im Gegensatz zur heutigen Generation in einer Reperaturgesellschaft. Bei Hosen wurden Flicken aufgenäht, Kleidung von Geschwistern wurde aufgetragen, bei defekten PKW- Scheinwerfen wurde etwas geschraubt und eine neue Glühbirne eingesetzt. Heute wird gleich ein neues Modul eingebaut. Die Reparations- und Instandhaltungskultur war in der DDR wegen der Mangelwirtschaft noch stärker ausgeprägt. Ich habe Domians Kritik an Greta Thunberg zwar für polemisch, aber gerechtfertigt gehalten. Danach hatte er aber den üblichen Pöbel und Mob am Hals. Ich habe selbst bei Leuten, die den Klimaschützer zugeneigt sind beobachten können wie sich über die läppischen 14 Cent Benzinpreiserhöhungen aufgeregt haben. Sowas macht man auch nach der Wahl. Vielleicht klappt's ja beim nächsten mal. Falls dann eine junge, weiße, priviligierte Frau noch angesagt ist. Über die vielen Stromsperren möchte ich mich jetzt nicht weiter äußern.