„Alles, was in den USA zur Transfrage nicht mehrheitsfähig ist, ist es in Deutschland auch nicht“

Präsident Donald Trump unterzeichnet Durchführungsverordnungen Foto: The Trump White House Lizenz: Gemeinfrei


Donald J. Trump ist zurück im Weißen Haus in Washington, dem US-amerikanischen Machtzentrum. Am 20. Januar 2025 wurde er zum 47. Präsidenten der USA vereidigt, und gleich zum Start erließ er eine Durchführungsverordnung, die Transpersonen betrifft. Trump hatte im Wahlkampf versprochen, dass er vom ersten Tag an gegen die sogenannte „Gender-Ideologie“ vorgehen werde. Von unserem Gastautor Till Randolf Amelung. 

Diese Anordnung ist eine von fast 200 Durchführungsmaßnahmen, mit denen Trump seine Amtszeit beginnt. Weitere betreffen zum Beispiel die Ausrufung des nationalen Notstands an der Grenze vor allem der zu Mexiko, die Beendigung aller Diversity-Programme in der gesamten Bundesregierung und der Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen.

Biologie per Dekret

Nun unterzeichnete er die Durchführungsverordnung dem Titel „Defending Women from Gender Ideology Extremism and Restoring Biological Truth to the Federal Government“.

Was genau beinhaltet diese Verordnung?

  • Die Durchführungsverordnung legt regierungsweit die biologische Realität von zwei Geschlechtern fest und definiert eindeutig männlich und weiblich.
  • Alle radikalen geschlechtsideologischen Anleitungen, Mitteilungen, Richtlinien und Formulare werden entfernt.
  • Die Behörden werden bei der Durchsetzung von Gesetzen zum Schutz vor geschlechtsspezifischer Diskriminierung nicht mehr so tun, als könnten Männer Frauen und Frauen Männer sein.
  • „Frau“ bedeutet eine „erwachsene weibliche Person“.
  • Die Executive Order schreibt vor, dass staatliche Ausweise wie Pässe und Personalakten die biologische Realität und nicht die selbst eingeschätzte Geschlechtsidentität widerspiegeln sollen.
  • Die Executive Order beendet die Praxis der Unterbringung von Männern in Frauengefängnissen und die vom Steuerzahler finanzierte „Transition“ für männliche Gefangene.
  • Die Durchführungsverordnung beendet die erzwungene Nennung von „bevorzugten Pronomen“ und schützt das Recht der Amerikaner auf Anerkennung der biologischen und binären Natur des Geschlechts nach dem ersten Verfassungszusatz und dem Gesetz. Dies schließt den Schutz am Arbeitsplatz und in staatlich finanzierten Einrichtungen wie Schulen ein.

Transthema war wahlentscheidend

Auf die Frage des konservativen Online-Mediums The Free Press, warum Trump diesem Thema eine derartige Priorität einräumt, sagte ein hochrangiger Beamter: „Das war wirklich ein entscheidendes Thema im Wahlkampf. Der Präsident wird die Versprechen einlösen, die er im Wahlkampf gemacht hat.“ In der Durchführungsverordnung heißt es darum auch: „Die radikale Gender-Ideologie hat die biologische Wahrheit, die Sicherheit und die Chancen der Frauen zerstört.“

Der Deutschlandfunk erklärt die Bedeutung solcher Dekrete: Sie beinhalten verbindliche Anordnungen des Präsidenten für die Exekutive (also die gesetzesausführenden Institutionen), sie können bestehende Gesetze präzisieren oder weiterentwickeln oder auch den nationalen Notstand anordnen.

Die Dekrete durchlaufen nicht den Gesetzgebungsprozess im US-Kongress, sie müssen aber von der Verfassung gestützt sein. Der Präsident selbst oder dessen Nachfolger kann die Dekrete jederzeit aufheben. Ebenso können Gerichte ein Dekret aufheben, wenn es als verfassungswidrig eingestuft wird.

Transaktivisten bereiten sich auf Kampf vor

Es ist also gut möglich, dass queere Verbände zum Beispiel die Gerichte bemühen werden. Die American Civil Liberties Union (ACLU) bereitet sich laut einer eigenen Meldung darauf vor. Die ACLU ordnet kurz ein, welche Konsequenzen sich schon jetzt aus Trumps Executive Order ergeben: Kurz nach deren Erlass habe ein Beamter gesagt, dass die Richtlinie, die sich auf den Geschlechtseintrag in US-Pässen beziehe, nicht rückwirkend auf bereits geänderte Pässe angewandt würde. Trumps Anordnung wird jedoch trans- und intergeschlechtliche Menschen daran hindern, neue Pässe, Visa und sonstige Reisedokumente zu erhalten, die das Identitätsgeschlecht widerspiegeln.

Trumps Maßnahmen scheinen von seinen Wähler begrüßt zu werden. Ergebnisse einer Meinungsbefragung durch IPSOS im Auftrag der New York Times bestätigen aber auch sonst, dass die Mehrheit der US-BürgerInnen wichtige progressive Grundüberzeugungen in der Transfrage nicht mittragen.

Pubertätsblocker und Frauensport

Auf die Frage „Überlegungen zu Transgender-Sportlerinnen – das heißt, Sportlerinnen, die bei der Geburt männlich waren, aber die sich in der Jugend als weiblich identifiziert haben, sollte es ihnen erlaubt sein, am Frauensport teilzunehmen?“ antworteten Wähler der GOP, also der Partei Donald Trumps, zu 94 Prozent mit „Nein“, auch befragte Wähler der Dems antworteten mit 67 Prozent entsprechend.

Ebenso brisant wie das, je nach Perspektive, Problem biologisch männlicher Personen im Frauensport ist die Frage, ob schon Minderjährige geschlechtsangleichende Maßnahmen wie Pubertätsblocker und gegengeschlechtliche Hormone bekommen sollten. Hier sind 90 Prozent der befragten republikanischen Wähler der Ansicht, dass es geschlechtsangleichende Behandlungen nicht vor dem 18. Lebensjahr geben sollte. Immerhin 54 Prozent der Wähler der Demokratischen Partei sahen das genauso.

Allerdings hat Trump bei diesem ersten Aufschlag darauf verzichtet, Durchführungsverordnungen zum Beispiel zur Pubertätsblockergabe zu erlassen. Möglich ist, dass er damit noch bis zum Urteil im laufenden Prozess gegen das gesetzliche Verbot von gender-affirmativen Behandlungen im US-Bundesstaat Tennessee vor dem Supreme Court wartet.

Streitfragen als Warnung für Deutschland

Der schwule liberal-konservative Journalist Andrew Sullivan, der in den vergangenen Jahren zur Wahl von KandidatInnen der Demokraten aufrief, ordnet Trumps Entscheidungen in seinem Blog ein:

„Bedeutet dies einen Krieg gegen transsexuelle Amerikaner? Nein, natürlich nicht. Sie sind durch das Bürgerrechtsgesetz vor Diskriminierung geschützt – laut Trumps eigener Wahl für den Obersten Gerichtshof, Neil Gorsuch. Erwachsene sollten weiterhin uneingeschränkten Zugang zu Übergangsmedikamenten haben und mit Anstand und Respekt behandelt werden. Wenn das nicht der Fall ist, werde ich mich genauso lautstark beschweren, wie ich es bei der Transition von Kindern getan habe. Aber es sollte keine biologischen Männer geben, die mit Frauen im Sport konkurrieren; keine Verletzung der Privatsphäre von Frauen durch biologische Männer, die mit ihren Schwänzen und Eiern in intimen Räumen herumwedeln; und ein Ende der grotesken Praxis, biologische Männer mit Sexualdelikten in Frauengefängnisse zu lassen. Ernsthaft, was für ein Wahnsinn war das alles?“

In wenigen Worten fasst Sullivan die wesentlichen Gründe zusammen, die um die Transfrage für hitzige Kontroversen sorgen und in denen Aktivisten sowie Demokraten höchst unklug, gar jenseits von wissenschaftlicher Evidenz agiert haben. Nun ist der sogenannte Backlash am Laufen, und auch in Deutschland täte man gut daran, die richtigen Lehren aus den Vorgängen jenseits des Atlantiks zu ziehen. Denn all das, was in den USA zur Transfrage nicht mehrheitsfähig ist, ist es hier auch nicht.

Der Text erschien in einer ähnlichen Version bereits auf Queer Nations

 

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