Alltagssplitter (1)

Cover: Diogenes Verlag

Red Nose Day – jede Spende zählt
Meinen Freund fragte ich neulich, ob er gestern zu viel getrunken habe, die rote Nase verrate ihn. Daraufhin prustete seine Liebste los. Warum? Darum: Die Liebesnacht zuvor war durch Levitra abgesichert worden.  Deshalb noch Stunden später die arg gerötete  Clownsnase. Seitdem beginne ich, mehr auf Männer zu achten, die mitten am Tag mit roten Gesichtern herumlaufen, und frage mich, wo die herkommen oder hingehen. Werde versuchen, noch eine Zeit lang ohne chemische Kampfmittel auszukommen, koste es, wen es wolle.

18 Jahre Ehe
Meine Frau eben zu mir: „Ich würde gern auch öfter mit einem Mann schlafen. Und wenn mich einer fragt, dann mach ich das auch.“

Im Schifffahrtsmuseum
Apóstolos, das ist  ein Gesandter, eine Sendbotin, nach christlichem Verständnis jemand, der von Jesus direkt  beauftragt worden ist. Ich Heidenkind hatte vorgestern Schweineglück und endlich auch einmal ein epiphanisches Erlebnis. Gegen 12 Uhr  traf ich eine freie WDR-Hörfunk-Mitarbeiterin zu einem Interview im  Museum der Deutschen Binnenschifffahrt in der  Ruhrorter Apostelstraße. Auf der Bank, auf der wir Platz nahmen und sie ihr Aufnahmegerät und das Mikro abstellte, stand ein kleines Schild mit der Mahnung: „Bitte nicht auf die Lehne setzen.“
Und was erscheint mir als Schrift? Eben! Ich lese: „Bitte nicht an die Sätze lehnen“, und spüre, genau dies wird der erste Satz meines dringend noch zu schreibenden  neo-dekonstruktiven Manifests wider den Glauben an Texte. „Bitte nicht an die Sätze lehnen. Zertreten der Phrasen geboten.“

Mémoires d’un vieux con
Die kluge WDR-Frau gestern erzählte kurz, dass sie eben Roland Topors „Memoiren eines alten Arschlochs“ (wieder)gelesen habe.  Ich rätsele noch, ob ihre Bemerkung einen Subtext hatte, der mir galt. Egal. Ich hatte glatt vergessen, dass ich das Buch vor anderthalb Jahrzehnten auch einmal neben dem Bett liegen hatte. So weit ist es mit mir gekommen: Wer das alte Arschloch nicht mehr kennt, ist längst selbst eins geworden.

Ist nicht gebongt
Immer öfter werde ich an Registrierkassen von Super- oder Getränkemärkten, Tank- und Zankstellen kaum noch registriert, mir wird einfach kein Bon mehr ausgehändigt. Im besten Falle kommt  die Nachfrage:  „Möchten Sie einen Bon?“ Und meine Standardantwort ist: „Ja, sicher, ich möchte die Summe gern überprüfen.“ So heute geschehen bei „Trinkgut“.
Im  „penny“-Markt , in GE-Buer direkt nebenan,  gab’s wieder keinen Bon. Ich hatte gezahlt,  Wechselgeld erhalten und stur gewartet. Die Kassiererin aber tippte irgendeine Solo-Suppentüte der nächsten Kundin ein, schaute wieder hoch und flüsterte (anscheinend ohne mich als Kunden wiederzuerkennen):  „99 Cent.“  „Nein, ich habe gerade eben bezahlt, ich warte nur noch auf den Bon für meine Waren.“ „Oh, Entschuldigung, das geht jetzt nicht mehr …“. Sie war tatsächlich sichtbar verwirrt unglücklich. Ich darauf: „Ist schon gut. Geht ausnahmsweise mal ohne.“ Kassiererinnen sind schließlich das schwächste Glied in der Würstchen-Kette derer, die für die Brüder Albrecht & Co. die Milliarden ranschaffen durften.
Aber warum jetzt überall dieses verstärkte „Der Kunde als Störung“? Soll das Papier der Quittungsrolle gespart werden. Oder die Zeit fürs Ausdrucken und Aushändigen? Soll der Kunde bewusst keinen Bon bekommen, damit er nicht nachrechnen kann und die Kundenschlange nicht anwachsen lässt, weil er eine zu viel gebongte Gesichtswurst reklamiert? Liegt zu viel Quittungspapier vor dem Laden herum? Wird da was schwarz abgerechnet, wenn’s ohne Quittung für Kunden läuft (Verschwörungstheorie)?
Welche nette Kassiererin plaudert anonym aus dem Nähkästchen und schreibt mir hier einen Kommentar dazu? Bitte nur ernst gemeinte Zuschriften …

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Helmut Junge
Helmut Junge
12 Jahre zuvor

Bei meiner Frau waren mal 4 statt 3 Flaschen Wein abgebucht.
Ohne Quittung wär das natürlich nicht bemerkt worden. Wir lassen uns immer eine Quittung geben und rechnen direkt an der Kasse nach.
Für den Subtext zum alten Arschloch gibt es bestimmt mehrere Anwärter.
Mach Dir also keine Sorgen.
„Nicht an die Sätze lehnen“ ist deshalb wichtig, weil nach meiner Beobachtung
Sätze zwar nützlich sein können, um einen Gedanken daran zu hängen, dies aber viel zu selten geschieht. Der Dingens hat übrigens mal dazu gesagt…., ach ich weiß nicht mehr so genau.
Was das Levitra betrifft, kann ich Deinen Freund trösten. Ich habe nämlich mal Tonkabohnen probiert, und die haben nur zu einem roten Gesicht geführt.
Ein Freund hat das auch gemacht. Der war aber ganz zufrieden.
Gerd, ich hoffe, meine Zuschrift war ernst genug zu diesen ernsten Anlässen.
Jedenfalls ist sie ernst gemeint.

Helmut Junge
Helmut Junge
12 Jahre zuvor

Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Gerd, ist das nicht wunderbar? Mein erster „Anlehnsatz“.
Ich suche noch weitere.

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