Alzheimer: Was ist eine Tau-Variante, und was hat es mit dem ÖPNV zu tun?

 

Foto von Danie Franco auf Unsplash

Demenz ist eine der häufigsten neurodegenerativen Erkrankungen – in Deutschland sind etwa 1,8 Millionen Menschen betroffen, rund 60 Prozent davon haben Alzheimer. Die Krankheit führt schrittweise zum Verlust von Erinnerungen und Selbstständigkeit. Forschende der Universität zu Köln haben nun eine Tau-Variante identifiziert, die eine zentrale Rolle im Krankheitsprozess spielen könnte. Aber was ist eine Tau-Variante, und was ist überhaupt ein Tau?

Unser Gehirn funktioniert wie ein komplexes Straßennetz. Nervenzellen senden Signale, die über Mikroschienen – sogenannte Mikrotubuli – geleitet werden. Tau-Eiweiße stabilisieren diese Strukturen, vergleichbar mit Schienenverbindern im Zugverkehr. Solange die Tau-Proteine ihre Funktion erfüllen, bleiben die neuronalen Verbindungen intakt, und das Gehirn kann effizient arbeiten.

Doch bei Alzheimer kommt es zu einem folgenschweren Prozess: Die Tau-Proteine verändern sich und beginnen zu verklumpen. Diese Ablagerungen führen dazu, dass die Mikrotubuli instabil werden – wie Schienen, die sich verbiegen oder brechen. Dadurch können Nervenimpulse nicht mehr zuverlässig übertragen werden, was erste Gedächtnisstörungen verursacht. Im fortgeschrittenen Stadium sterben immer mehr Nervenzellen ab, weil ihre Transportwege nicht mehr funktionieren.

Neue Erkenntnisse aus Köln

Forscherinnen und Forscher der Uni Köln haben nun untersucht, welche Tau-Varianten besonders problematisch sind. Dabei zeigte sich, dass eine bestimmte Variante, die sog. 1N4R-Isoform, diesen Prozess besonders beeinflusst. Sie scheint die schädlichen Effekte von Alzheimer maßgeblich zu verstärken.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten zeigen, dass Nervenzellen ohne Tau-Proteine resistenter gegenüber den typischen Alzheimer-Schäden waren: Entfernte man das Tau-Protein vollständig, funktionierten die Zellen weiterhin. Erst durch die gezielte Zugabe der 1N4R-Isoform traten die bekannten Zellschäden wieder auf. Und auch noch das: Diese Tau-Variante macht Nervenzellen anfälliger für die giftige Ablagerungen von Beta-Amyloid – einem weiteren Protein, das sich bei Alzheimer in Form von Plaques im Gehirn ablagert. Plaques sind klebrige Protein-Klumpen im Gehirn. Sie lagern sich zwischen Nervenzellen ab und stören die Signalübertragung, ähnlich wie Kalk in Rohren.

Das Zusammenspiel dieser beiden Faktoren ist entscheidend für den Verlauf der Krankheit: sie sind Feinde im Inneren und Äußeren, denn Beta-Amyloid sammelt sich außerhalb der Zellen in Plaques an, und 1N4R beeinflusst direkt die Stabilität der Nervenzellen im Inneren. Damit wird deutlich, dass Alzheimer nicht allein durch Beta-Amyloid verursacht wird, sondern eine Wechselwirkung zwischen verschiedenen Proteinen eine Rolle spielt.

Bedeutung für künftige Therapien

Bislang versuchten Therapien, die Tau-Proteine insgesamt zu verringern – mit begrenztem Erfolg. Die neuen Erkenntnisse legen nahe, dass nicht alle Varianten gleichermaßen problematisch sind. Mögliche neue Ansätze könnten gezielt an der 1N4R-Variante ansetzen, um nur die schädlichen Effekte zu blockieren, ohne die gesunden Funktionen des Tau-Proteins vollständig zu unterdrücken.

Denkbar wären etwa Medikamente, die sich gezielt an diese Variante binden und deren Wechselwirkung mit Beta-Amyloid unterbrechen. Eine andere Möglichkeit wäre es, die Bildung dieser speziellen Tau-Variante durch genetische oder biochemische Methoden zu verhindern. Diese Strategien befinden sich jedoch noch in einem frühen Forschungsstadium.

Einordnung durch die Deutsche Alzheimer Gesellschaft

Die Forschung macht also Fortschritte, eine Heilung für Alzheimer gibt es aber bislang nicht. Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft betont die Bedeutung weiterer Forschung und weist darauf hin, dass neben medizinischen Fortschritten auch bessere Unterstützungsangebote für Erkrankte und Angehörige nötig sind. Ein umfassendes Verständnis der Alzheimer-Krankheit erfordert neben molekularbiologischer Forschung auch gesellschaftliche Maßnahmen, um Betroffene bestmöglich zu begleiten.

Ein entscheidender Faktor ist zudem die Früherkennung. Je eher eine Alzheimer-Diagnose gestellt wird, desto größer sind die Chancen, den Verlauf der Krankheit zu verlangsamen.

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