Die Absage der “Osterruhe“ ändert nichts an der Gefahr der dritten Welle, die zu rasant steigenden Infektionszahlen führt. Bald wird der Lockdown verschärft werden müssen. Aber ein Lockdown ohne Hoffnung ist politisch kaum durchzusetzen.
Natürlich verdient Angela Merkel Respekt für ihre gestrige Entschuldigung. Aber mit der ist kein Problem gelöst: Die Infektionszahlen steigen mit beängstigender Geschwindigkeit. Noch bevor sich die Ministerpräsidentenrunde am 12. April erneut mit der Kanzlerin treffen wird, werden einschneidende Beschränkungen erfolgen müssen. Aber nach einem Jahr erwarten die Menschen zurecht von den Regierungen in Bund und Ländern mehr als mittelalterliche Einschränkungen. Soll das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der politischen Klasse nicht endgültig zerstört werden, müssen zusammen mit der Verkündung eines härteren Lockdowns Maßnahmen benannt werden, die Hoffnung geben. Über mehr Impfungen, Tests und eine bessere digitale Nachverfolgung und Kontrolle darf nicht länger geredet werden, all das muss umgesetzt werden.
Impfungen
Der eingeplante Impfstoff von Curevac wird nicht im zweiten, sondern erst im dritten Quartal zur Verfügung stehen. AstraZeneca hat wie Johnson & Johnson Lieferprobleme. Der Impfstoffmangel bleibt bestehen, auch wenn er nicht mehr so groß ist wie im ersten Quartal des Jahres. Die Bundesregierung muss nun handeln,.Vorschläge gibt es: Braucht die EMA zu lange, um Impfstoffe zu genehmigen, müssen endlich Notzulassen möglich gemacht werden. Es wäre schön, wenn das auf europäischer Ebene gelingt, wenn nicht, muss es die Bundesrepublik alleine machen. Dasselbe gilt für die Beschaffung von Impfstoffen. Das IFO-Institut hat schon im Januar vorgeschlagen, Unternehmen die früher als vereinbart Impfstoffe liefern, mit einer Prämie zu belohnen. Angesichts der menschlichen und wirtschaftlichen Kosten sei nahezu jeder Preis gerechtfertigt. Auch hier gilt: Eine europäische Einigkeit in dieser Frage wäre schön, aber wenn es die nicht gibt, ist angesichts der Krise auch eine Kooperation mit anderen Staaten oder ein nationaler Alleingang gerechtfertigt. Anstatt einen Klimaexperten ohne jede Erfahrung in den Bereichen Pharma, Logistik und Einkauf wie Christoph Krupp die Leitung der Taskforce Impfstoff anzuvertrauen, sollte ein erfahrener Manager aus der Wirtschaft geholt werden.
Tests
Andreas Scheuer (CSU) und Jens Spahn (CDU) die Test-Taskforce anzuvertrauen, war eine doppelte Nulllösung. Beide haben sich als Nieten erwiesen und eine Krise ist nicht die Zeit, in der man Versager neue Chancen gibt. Auch hier sollte man einen erfahrenen Manager an die Spitze setzen, der nicht durch Skandale verbrannt ist.
Digitale Nachverfolgung
Es gibt die Luca-App. Ist sie perfekt? Nein. Aber sie ist da. Bis in Deutschland eine perfekte, digitale Lösung entwickelt wird, werden die Menschen Urlaub auf dem Mars machen. Man muss jetzt nutzen, was man hat.
Lernen
Was macht Israel besser? Welche Ideen hat Nigeria? Warum läuft es in den USA so? Wie schafft es Marokko? Wieso sind die Briten so erfolgreich? Imitation ist eine Form des Lernens und der Anerkennung. Deutschland kann sich nicht die Arroganz erlauben, andere zu ignorieren. Und wenn, wie bei der Nachverfolgungssoftware SORMAS, die Städte nicht mitziehen oder die Corona-Daten am Wochenende nicht ans RKI gelieferte werden? Dann muss eben Druck gemacht werden, gerne auch über die Länder. Die Städte brauchen ständig Geld für irgendwelche Projekte. Wer nicht mitzieht, wird eben etwas warten müssen, bis der Radweg saniert oder das neuen Theater gebaut werden kann. Etwas mehr Leistungsdenken würde diesem Land ohnehin nicht schaden.
Nur wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Verkündung der nächsten Einschränkungen aus Maßnahmen einleitet, die Hoffnung geben, hat sie eine Chance, nicht als Krisenversagerin in die Geschichtsbücher einzugehen. Und ganz nebenbei nicht nur das Land, sondern auch ihre Partei zu retten.
"Anstatt einen Klimaexperten ohne jede Erfahrung in den Bereichen Pharma, Logistik und Einkauf wie Christoph Krupp die Leitung der Taskforce Impfstoff anzuvertrauen, sollte ein erfahrener Manager aus der Wirtschaft geholt werden."
Den Duisburger Hafenchef Erich Staake würde ich gerne für NRW sehen.
Staake droht ja auch kein Coronabedingter Ausfall. Er ist ja schließlich schon geimpft.
Ich halte es für wenig wahrscheinlich das es zusätzliche Beschränkungen nach dem 12.04. geben wird. Das Saarland hat bereits jetzt weitreichende Lockerungen ab diesem Datum angekündigt. Mit der Ausrede Modellregion für neue Konzepte zu sein.
😉
Nein, sie haben keine Chance mehr. Wie hast du mal so schön geschrieben: Epidemien sind Game Changer. Genau das passiert in Deutschland jetzt. Die Regeln werden neu aufgestellt. Ob das wirklich gut ist, weiß ich nicht. Aber es wird in den kommenden Monaten passieren, und es wird uns keinen Spaß machen.
@Arnold, beim Game kommt es immer darauf an, ob der Gegner seine Chance erkennt und nutzt.
@Helmut Junge: Genau das passiert doch gerade auf sehr offensichtliche Weise. Die Länder, die sich deutlich besser aufgestellt zeigen als das rückständige, gemütliche Deutschland, das von einem in den 1950er und 1960er aufgebauten und bis in die Gegenwart irgendwie herüber geretteten Selbstverständnis lebt, laufen letzterem den Rang ab.
Das war nun schon seit Jahren so, hat sich aber durch die Pandemie noch um Größenordnungen beschleunigt.
Viele der mittelständischen Zombie Firmen, die durch Jahrzehnte währende Fortschrittsverweigerung allgemein und den hiesigen Umgang mit der Pandemie im letzten Jahr insbesondere entstanden sind, werden – so noch Substanz vorhanden – in Zukunft vermutlich einem chinesischen Eigner gehören.