Antisemitische Ausstellung im Bahnhof Langendreer: Stadt und Fraktionen reagieren scharf

Kulturbahnhof Langendreer Foto: Frank Vincentz cc 3.0

Es ist eine Provokation sondergleichen: Der Bahnhof Langendreer, soziokulturelles Zentrum, will genau die Bilder präsentieren, die außerhalb der eigenen Blase als eindeutig antisemitisch erkannt werden. Stadt und Ratsfraktionen haben reagiert: eindeutig und entschieden. Aufatmen.

Vorstellbar, dass ein Haus, mit städtischen Mitteln finanziert, sich als Anlaufstelle für Antisemiten andient? Indem es Bilder ausstellt, deren künstlerische Qualität auf Nullniveau liegt und deren politischer Gehalt auf dem des Der Stürmer? Sebastian Zimmermann hat die Propaganda des „Guernica-Gaza“-Zyklus von Mohammed Al-Hawajri gestern auf diesem Blog so freundlich wie treffend als „Realitätsverweigerung“ bezeichnet, dasselbe muss man dem Bahnhof Langendreer attestieren: Antisemitische Bastelarbeiten, mit Photoshop zusammengepappt, sind nicht förderfähig in Bochum. Dies hat die Stadt heute in wünschenswerter Deutlichkeit erklärt, Kulturdezernent Dietmar Dieckmann hat sich „ausdrücklich“ von den Ausstellungsplänen des Bahnhofs Langendreer distanziert. In einem Brief an die Geschäftsführung des Bahnhofs schreibt er, dass er es, der sich in inhaltliche Belange tunlichst nie einmischt, in diesem Fall für „angemessen“ halte, die Ausstellung abzusagen. Die Stadt Bochum prüfe, so Dieckmann im direkten Anschluss, wie sie Förderbedingungen anpassen werde. Dem Bahnhof Langendreer sei nach dessen eigenem Bekunden bekannt gewesen, dass die propagierten Werke als antisemitisch gewertet werden, „es müsste Ihnen also klar sein“, so Dieckmann an die Geschäftsleiter, „dass diese Ausstellung antisemitischen Ressentiments Vorschub leistet“.

Die FDP-Ratsfraktion formuliert den Gedanken aus: „Sollte der Bahnhof Langendreer die Ausstellung nicht absagen und sich klar distanzieren, kann er aus unserer Sicht definitiv kein Förderempfänger der Stadt Bochum sein“, so Felix Haltt, Luisa-Maximiliane Pischel und Léon Beck in ihrer Pressemitteilung.

Scharf und geradlinig auch die Abgrenzung, die Bochums Grüne ziehen, sie sind dem Bahnhof seit jeher eng verbunden. Den Terror-Angriff der Nazis auf die spanische Stadt Guernica 1937 in eins zu setzen damit, dass sich Israel gegen den Terror der Hamas wehre, sei „Teil von antiisraelischen und antisemitischen Diskursen“, so Daniel Gorin, kulturpolitischer Sprecher der Grünen im Rat: „Wir wollen nicht, dass diese hier in Bochum befördert werden.“

Auch die Fraktionsvorsitzende und Vorsitzende des Kulturausschusses, Barbara Jessel, greift zu dem vorletzten Mittel, das einer demokratischen Kulturpolitik bleibt, sie greift inhaltlich ein: „Die Veranstaltung läuft der Resolution des Rates zum Schutz jüdischen Lebens in Bochum vom 14. Dezember 2023 zuwider. Wir fordern den Bahnhof Langendreer auf, die Ausstellung abzusetzen.“

Und was, wenn nicht? Wenn der Bahnhof es darauf ankommen lässt, weil er den Hass in den Bildern von Al-Hawajri sehr wohl sieht und eben darum ausstellen will? Antisemitismus als eine „neue Perspektive“, die sichtbar machte, was „im Westen sonst kaum zu sehen ist“, wie der Bahnhof selber die Bilder bekaspert? Der Jüdische Studierendenverband GSEH hat sich heute an die Stadt und ihren OB Thomas Eiskirch (SPD) gewandt, an die Ratsfraktionen und verschiedene Korporationen in der Stadtgesellschaft und hat sein Entsetzen formuliert angesichts der „erwiesen antisemitischen“ Schau, die der Bahnhof plant. Wenn der die Ausstellung dennoch morgen eröffnete und offen hielte und Bochum zum Sammelplatz machte für alle, die ihren Judenhass als Kunstverstand ausleben wollen? Dann müsste Dieckmann in Windeseile zum örtlichen Chialo werden. Joe Chialo, Kultursenator in Berlin, hat das Nachdenken darüber vorgemacht, dass sich ästhetisierter Judenhass nicht verbieten, aber noch weniger fördern lässt.

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Nachtrag am selben Tag: Der Bahnhof Langendreer hat die Ausstellung abgesagt. Bleibt zu klären, wie es überhaupt soweit kommen konnte. Und wer jetzt die Hand hebt, um alternative Räume zur Verfügung zu stellen.

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