Antrag auf Abwahl: Bezirksbürgermeisterin Horitzky (CDU) soll gehen

Film und Frau 1961
Film und Frau 1961

Steht die Abwahl von Gerda Horitzky (CDU) in der Nordstadt unmittelbar nach der Sommerpause an? Möglich ist das, denn die Grüne stellen einen Antrag auf Abwahl in der nächsten Sitzung der Bezirksvertretung Innenstadt-Nord. Die stellvertretenden Bezirksbürger-meisterin Horitzky hatte für Aufregung gesorgt, weil sie sie als Amtsträgerin öffentlich Muslime beschimpft hatte – denn sie hat ein Problem mit Kopftüchern.

Sie schickte im Zusammenhang mit der Entlassung einer muslimischen Krankenschwester, weil diese bei der Arbeit ihr Kopftuch nicht ablegen wollte, an die Presse einen Leserbrief. Darin hiess es, recht verquast, dass die christliche Religion unterlaufen werden würde – wörtlich: „Es kann nicht sein, dass unsere christlichen Konfessionen überall muslimisch unterlaufen werden, zumal wir für Muslime sowieso nur Ungläubige sind. Umso wichtiger ist es unseren Glauben, da wo es geht, zu leben und wie bisher ohne Kreuz auf der Stirn als Demonstration. Ich als Nordstädterin würde im Krankheitsfall ins St.-Johannes-Krankenhaus gehen um mal eine Zeit ohne Kopftücher zu erleben.“ Sie endete mit der kulturellen Grundsatzfeststellung: „Das muss im christlichen Abendland möglich sein.“

Das Ganze könnte man vielleicht als selten dämliche und etwas paranoide Aussage abtun, wenn die Mitteilung nicht mit dem CDU-Logo im Briefkopf verschickt worden wäre und Horitzky sich damit offiziell als stellvertretenden Bezirksbürgermeisterin der Nordstadt geäußert hatte. Sie repräsentiert in ihrem Amt die Nordstadt mit einem Migrantenanteil von 41% und damit auch die insgesamt fast 40.000 Nordstadtbürger türkischer Herkunft.

Von Horitzkys Sätzen fühlten sich viele Migranten verunglimpft – und sie wehren sich mit dem maximalen Mittel: Der Abwahl. Mustapha Essati, Fraktionssprecher der Nordstadtgrünen und Jurastudent empfindet das Verhalten skandalös und sieht die einzige Lösung in einem Rücktritt. Sollte Horitzky nicht von selber zurücktreten – und dafür gibt es im Moment keine Anzeichen – „dann muss ihr dabei geholfen werden. SPD, LINKE und PIRATEN fordern wir auf, nicht nur in Pressemitteilungen Rücktrittsforderungen zu stellen, sondern Farbe zu bekennen und für unseren Abwahl-Antrag zu stimmen.“ Gelingt das, würde Horitzky an Herbst privatisieren und könnte dann jede Menge dämlicher Leserbriefe schreiben – ohne damit größeren Schaden anzurichten.

Essati könnte mit seiner Forderung Erfolg haben. Denn auch Bezirksbürgermeister Ludwig Jörder (SPD) findet die islamfeindliche Amtskollegin nicht mehr tragbar und müsste daher mit den Grünen stimmen. Auch der stellvertretende Fraktionssprecher der Rats-SPD und Nordstadtbewohner, Volkan Baran, forderte in der BILD ihren Rücktritt – obwohl die SPD selbst in der Vergangenheit mit der ehemaligen Ratsfrau Marita Hetmeier unangenehm im Norden mit rassistischen Äußerungen gegen Roma aufgefallen ist. Aber auch sie hatte damit langfristig keinen Erfolg – es kostete sie trotz Ambitionen auf einen Sitz im Bundestag, am Ende ihr Ratsmandat.

Katja Bender, Mustapha Essati, Foto: Nordstadtgrüne
Katja Bender, Mustapha Essati; Foto: Nordstadtgrüne

Bei der Abstimmung nach der Sommerpause kann die Nordstadt-SPD zeigen, dass sie konsequent bei ihrer Rücktrittsforderung bleibt – wenn es hart auf hat kommt. Denn für die Abberufung wird eine 2/3-Mehrheit gebraucht. Auch die CDU hat sich öffentlich von ihrer Kollegin distanziert – bleibt aber abzuwarten, wie sie sich bei der Abwahl verhalten wird. In den Rücken wird sie ihrer Parteifreundin vermutlich nicht fallen, es werden also tatsächlich alle Stimmen gebraucht.

Katja Bender, Sprecherin des Ortsverbands, lebt seit vielen Jahren gerne in der Nordstadt und kann nicht bestätigen, das man, wenn man aus dem Fenster sieht, „nur noch Kopftücher sieht“. Sie findet, dass Horitzky mit solchen markigen Sprüchen dem Stadtbezirk geschadet hat: „Frau Horitzky wirft die Arbeit vieler Akteure und Initiativen um Jahre zurück. Sie hat sich aber mit der Annahme ihres Amtes dazu verpflichtet, zum Wohle der Stadt und aller ihrer Einwohner zu erfüllen – gleich welcher Herkunft, Weltanschauung oder Religion sie sind. Wir können uns nicht vorstellen, wie Frau Horitzky diese Verpflichtung jetzt noch wahrnehmen will.“

Eine Einigkeit der Nordstadtfraktionen, solche öffentlichen Äußerungen nicht durchzugehen zu lassen und statt zur Tagesordnung zurückzugehen, den Rücktritt per Abwahl zu erzwingen – das müsste im Abendland doch tatsächlich möglich sein.

 

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Jenner
Jenner
10 Jahre zuvor

In der Nordstadt gibt es sicherlich dringendere Probleme als ein Leserbrief von Frau Horitzky !

Tobias
Tobias
10 Jahre zuvor

#1
Ganz genau, es gibt deutlich schlimmere Hetzer als Frau Horitzky. Das sollte allerdings kein Grund sein sie da zu belassen wo sie ist.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
10 Jahre zuvor

Fr. Horitzky kann man ruhig empfehlen, sich doch bitte in der Bezirksvertretung zwei Sitze nach rrrechts zu setzen (oder sind’s drei?), dann hat sie mit SA-Siggi ja den ihr vermutlich genehmen Rechtspartner ohne die Gefahr einer Kopftuchabdeckung.

Ich persönlich möchte Fr. Horitzky bitten, nicht mehr in meinem Gesichtsfeld aufzutauchen, da ich christliche Frömmelei und versilberte Rentnerfrisuren nicht mit meinem atheistischen Weltbild vereinbaren kann. Danke.

Jens
10 Jahre zuvor

Durch die Nutzung von CDU-Briefpapier wird es zu einer offiziellen, quasi städtischen bzw. bezirklichen Aussage?

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
10 Jahre zuvor

@Jens: Auf dem Briefkopf steht ganz oben auch „Stadtbezirk Innenstadt-Nord“ und das ist eine offizielle, städtisch-bezirkliche Titulierung.

http://www.bild.de/regional/ruhrgebiet/islamfeindlichkeit/darf-eine-cdu-buergermeisterin-so-etwas-schreiben-36818314.bild.html

Jens
10 Jahre zuvor

@Klaus Lohmann (5):
Also gibt es keine CDU-Gruppierung die so heißt? Kenne mich da in Dortmund nicht so aus.

Amtlich wäre es, wenn es ein Schreiben auf Stadt- bzw. Bezirksvertretungsbriefbogen wäre. Und da sollte nicht CDU drauf stehen.

trackback

[…] Antrag auf Abwahl: Bezirksbürgermeisterin Horitzky (CDU) soll gehen (Ruhrbarone) […]

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
10 Jahre zuvor

@#6 | Jens: Frau Horitzky hat mit dieser Titulierung ihr Amt als stellv. Bezirks-Bürgermeisterin und CDU-Stadtbezirksvorsitzende in den durch einen Briefkopf charakterisierten Zusammenhang gestellt, genau so wie ein anwaltliches Schreiben zumeist durch die Berufsangabe im Briefkopf gekennzeichnet wird. Von „amtlich“ hat Niemand gesprochen; „offiziell“ ist was Anderes und bezeichnet die Außendarstellung/-wirkung.

Wenn ich eine ganz persönliche, nicht abgestimmte Meinung als Leserbrief an die Presse gebe, vermeide ich es tunlichst, offizielle Briefköpfe meiner Jobs/Ämter dafür zu benutzen, wenn ich nicht in Teufels Küche kommen will – wo Fr. Horetzky ja jetzt zurecht sitzt.

keineEigenverantwortung
keineEigenverantwortung
10 Jahre zuvor

Das Kopftuch wird in 201x wieder zum Thema. Das hätte ich vor Jahrzehnten so nicht erwartet.

Es fällt mir auf, dass der Anteil an Frauen, die sich im Hochsommer mit einem Mantel in dunklen Farben und Kopftuch kleiden, steigt. Dies gilt insbesondere für sehr junge Frauen und Mädchen. Die Nordstadt ist hier keine Ausnahme.

Als Indikator kann man einfach mal mit der U-Bahn durch die Nordstadt fahren oder in einen der Supermärkte einkaufen gehen.

Wie kommt es, dass das Kopftuch in der letzten Zeit für viele Menschen so wichtig geworden ist, dass sie plötzlich vor Gericht ziehen etc.?
Gibt es hierzu Anworten?
Hat es etwas mit der aktuellen politischen Lage in der Türkei zu tun, wo die Anhängerinnen der Regierung im Regelfall Kopftuch tragen und die Anhänger der Opposition eher selten?

Welche Message wollen diese Frauen/Mädchen mit ihrer Kleidung senden?

Ist die Jugend/Gesellschaft konservativer geworden?

Was bedeutet es für die Integration, wenn es offensichtliche äußerliche Zeichen von Gruppenbildung gibt?

Eigentlich ist dies ein interessantes Thema, zu dem ich bisher keine Äußerungen gehört habe.

Jenner
Jenner
10 Jahre zuvor

@#2 | Tobias :

Aha, ausser rechter Hetze gibt es also keine Probleme in der Nordstadt ?

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
10 Jahre zuvor

@#11 | Sigi: „..Kopftuch steht für ein abartiges Gesellschafts- und Frauenbild“

Ich hab Ihren Post mal an den Deutschen LandFrauenverband (dlv) und an die Kopftuchgruppe Thalgau (Mitglied im Verband der Flachgauer Heimatvereine) weitergeleitet. Bin gespannt, was die Ihnen „antworten“…

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
10 Jahre zuvor

@#12 | Jenner:

Aha, rechte Hetze soll also verschwiegen werden, weil sowas Ihr Gemütsbild über die Nordstadt in Schieflage bringt??? Machen Sie Ihr eigenes Blog auf und verschweigen Sie doch dort, wenn es Ihnen mehr Spaß bringt. Wir lesen lieber was über die Realität.

Christoph
Christoph
10 Jahre zuvor

Zutiefst enttäuscht von der SPD in Dortmund!

Die SPD in der Nordatdt können seit Hetmeier mit solchen Entgleisungen sehr gut umgehen.
Schade …..! Die SPD in der Nordstadt ist für mich leider nicht wählbar! Auch wenn dass keine Aussage eigene Parteimitglieder ist, lässt sich die Situation mit einer Pressemitteilung nicht aus der Welt schaffen (Koalition mit der CDU).
Der Sierau besucht gerne kurz vor den Wahlen die Moscheen. Dies sollte er und die gesamte SPD in Zukunft sein lassen.
Wie soll nach so einem ernsten Vorgang der Vorstand der Moscheegemeinde Lokalpolitiker empfangen.
Keine Lokalpolitiker/in mehr zum Fastenbrechen einladen!
Die SPD in der Nordatdt ist schon lange nicht mehr sozial und migrantenfreundlich auch nicht mehr. Tragen daher auch eine Mitschuld an die schlechte Wahlbeteiligung im Dortmunder Norden.

Katja Bender
Katja Bender
10 Jahre zuvor

@ Jenner:
„Aha, ausser rechter Hetze gibt es also keine Probleme in der Nordstadt ?“

Sicherlich haben wir unterschiedliche Meinungen darüber, was ein Problem ist und was nicht. Wir GRÜNEN sind nicht bereit, Menschen oder Kleidungsstücke zum Problem zu erklären. Bei der Lösung echter Probleme – ja, es gibt Probleme in der Nordstadt – hilft es allerdings nicht, Menschen zu verunglimpfen und Gräben zwischen den Einwohner*innen aufzuwerfen. Im Interesse der Nordstadt müssen stattdessen (unsachliche) Vorbehalte gegen andere Weltanschauungen überwunden werden, um konstruktiv an einem friedlichen und respektvollen Umgang miteinander zu arbeiten. Das sollte das vorrangige Ziel einer stellvertretenden Bezirksbürgermeisterin sein und Frau Horitzky als erfahrene Politikerin und überzeugte Christin sollte das eigentlich wissen.

David
David
10 Jahre zuvor

Frau Horitzky hat mit ihrer Aussage nicht gesagt, dass Kopftücher das Problem in der Nordstadt sind. Sie hat geschrieben, dass sie keine Kopftücher mehr sehen möchte und es ihr zu viele sind. Vielleicht brauch Frau H. mal eine Auszeit und sollte ein paar Wochen vereisen. Sie hat das offen gesagt, was sich viele nicht trauen. Das beweist für mich schon Zivilcourage!

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
10 Jahre zuvor

@#16 | David: Was ist an „Es kann nicht sein, dass unsere christlichen Konfessionen überall muslimisch unterlaufen werden“ derart missverständlich, dass Du es nicht raffst?

Jenner
Jenner
10 Jahre zuvor

@#15 | Katja Bender:

Es war trotzdem nur ein Leserbrief (!). Welche Gräben hat der Brief denn jetzt konkret in der Nordstadt aufgerissen ? Sind deswegen Muslime weggezogen ? Hat die Mehrzahl der Nordstadtbewohner muslimischen Glaubens den Leserbrief überhaupt gelesen ?

Haben Sie oder Ihre KollegInnen denn mal mit Frau Horitzky geredet oder läuft sowas jetzt nur noch per Blog-Artikel ab ?

Katja Bender
Katja Bender
10 Jahre zuvor

@ Jenner

Wo drückt denn der Schuh, Jenner?!

1. Da der Brief auf Papier mit offiziellem Briefkopf der CDU (Kreisverband Dortmund) geschrieben ist, kann man ihn als offizielle Stellungnahme werten.

2. Woher soll ich wissen, ob Muslime deswegen weggezogen sind?? Wissen Sie es?
Was soll eigentlich diese Frage? Ist das der Maßstab, indem Sie Islamophobie und Ausgrenzung messen wollen?

3. Bitte erkundigen Sie sich doch bei Menschen mit muslimischen Glauben, ob sie den „Leserbrief“ gelesen haben, es waren aber auch etliche Nicht-Muslime (z.B. von der CDU) darüber erschrocken und verärgert waren.

4. Ja, geredet haben wir. Mehr als einmal. Es ist halt ein Unterschied, ob jemand im Gespräch solche Äußerungen macht, oder öffentlich in den Medien. Aber Sie scheinen das Debattieren im Blog ja nicht so schlimm zu finden…

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
10 Jahre zuvor

Frau Horitzky und BILD-Chefstellvertreter Dr. Nikolaus Fest in einem Boot: http://www.zeit.de/gesellschaft/2014-07/islam-bild-zeitung-nicolaus-fest

Da wächst wieder mal zusammen…

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