Apple Music – Etwas Lärm um nichts Neues

Smartphone-Ansichten der Apple Music App - Quelle: Apple
Smartphone Ansichten der Apple Music App – Quelle: Apple

San Francisco Als Apple im Mai 2014 den Kopfhörerhersteller Beats und damit den Dienst Beats Music übernahm, schien die Revolution des Music Streamings bevor zu stehen. Gespannte Erwartungshaltung entstand aber nur, weil bis zum Schluss nicht bekannt war, ob und zu welchen Bedingungen Apple die Musiklizenzen von den Major Labeln erhalten würde. Seit dem Auftakt zu Apples Entwicklerkonferenz WWDC am Montagabend steht fest: Die Apple Music App kommt zum 30. Juni auf den Geräten des Computerherstellers, im Herbst folgen Apps für Microsoft und Android.

Kein Vorsprung beim Nutzungsumfang, außer dem Apple-Faktor

Der Streaming-Service umfasst den Zugriff auf die eigene iTunes-Bibliothek und das App-Radio „Beats 1“, moderiert von namenhaften DJs, deren Teams auch Vorschläge von Playlists redaktionell überwachen. Eigene Playlists lassen sich erstellen und Musiker können Neuigkeiten im eigenen Apple Music-Netzwerk und von dort in weiteren sozialen Netzwerken teilen, während Hörer die Möglichkeit haben, zu kommentieren.

Damit gleicht der Nutzungsumfang der Apple Music App unzähligen anderen Apps, allen voran der „BandApp“ von The Yin – Adam Perry, Schlagzeuger der Bloodhound Gang – die noch Anfang des Jahres beim Eurosonic Noorderslag Festival in Groningen den Preis für Technik-Innovation gewann. Also ist nur der Apple-Faktor – die Markentreue der Kunden – das Argument, Nutzer nach drei kostenfreien Probemonaten dazu zu bringen, 9,99 US-Dollar monatlich für etwas zu zahlen, das sie in ähnlicher Form umsonst oder etwa beim schwedischen Music Streaming-Dienst Spotify mit Unterbrechungen werbefinanziert bekommen. Mit 120 US-Dollar jährlich ist das daneben das Doppelte von dem, was zur Zeit im Durchschnitt jährlich von einem Fan für Musik ausgegeben wird.

Zu einer massiven Verbesserung der Einnahmen im Music-Streaming mag es kommen, zu einem dauerhaften Umbruch wird es dennoch nicht reichen. Auch Apple Music wird nicht der Service sein, der das Bezahlmodell im Music Streaming, dessen Anbieter bisher alle nicht in der Gewinnzone arbeiten, zum finanziellen Erfolgsmodell macht.

Apple vs Spotify – oder Amazon und Google?

Wo steht die Kult-Marke also mit dieser Markteinführung? Unmöglich, das zu sagen, da die Mitbewerber zur Zeit nur im Beta-Modus arbeiten. Wenigstens mit den Music Streaming-Diensten ist Apple auf Augenhöhe. Ja, richtig gelesen, die Konkurrenz zu Spotify besteht nur, wenn man durch die Brille der Musikindustrie schaut. Diese verfolgt seit Jahren die Idee, das Musikangebot, bei dem der Nutzer am Leichtesten am Meisten mit der Musik machen könne, werde das Angebot sein, für das am Ende bezahlt wird. Trotzdem sitzen noch immer die Wenigstens vor ihren Endgeräten re-mixen Lieblingssong, lassen zu diesen Tabulaturen errechnen, spielen diese an der virtuellen Gitarre nach und besitzen anstelle der Musik ein Bezahl-Abo für diese Software-Leistungen.

Musiknutzung besteht weiterhin hauptsächlich im kostenfreien Hören, Herumtragen, Teilen und Kommentieren. Würden also weniger als 25% zu zahlenden Nutzern, die Spotify in etwa vorzuweisen hat, es würde nur am Selbstverständnis Apples als größtem Musik-Einzelhändler kratzen: 25% der Viertelmilliarde Kunden, die Apple schon 2011 hatte, übersteigt die Gesamtnutzerzahl von Spotify aus 2015, zahlend oder nicht. Den Markt aber – nämlich den für gestreamte Inhalte – wird sich der Software- und Computerriese mit Google und Amazon teilen:

Während der Online-Versandhändler nur am heimischen US-Markt an seinen zahlenden Amazon Prime-Mitgliedern App-Software sowie das Nutzungsverhalten mit einem kleinen Film-, TV-Serien- und Music-Streaming-Paket testet, passiert bei Google Play nichts. Stattdessen hat Music Key, die Bezahl-App von Googles Videoportal YouTube, Zugriff auf die Google Play Bibliothek und YouTubes Video-Angebot, läuft auch wie ein mp3-Player im Hintergrund, werbefrei und sogar offline. Nach Ablauf der gerade verlängerten Beta-Phase soll der Dienst für 9,99 US-Dollar monatlich über die 7 Test-Länder hinaus angeboten werden.

Apple Music gibt nur den Takt vor

In diesem Vergleich gibt Apple zwar mit Beats und dem Start von Apple Music in 100 Ländern den Takt vor, wer die Streaming-Show übernimmt, hängt aber von Apple TV ab. Und davon, wer am Ende mit nutzerfreundlicher Software den richtigen Streaming-Mix aus Film, TV, Video, Musik und Gaming anbietet, den die Kunden auch wenigstens kostendeckend bezahlen möchten. Ob Music Streaming in diesem Mix eine Haupt- oder Nebenrolle spielt, mag für die Musikindustrie und Spotify entscheidende Bedeutung haben, für Apple hat es sie nicht.

 

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