Nicht nur die Union, sondern auch die SPD traut sich die Integration armer Einwanderer und die Vermittlung einer weltoffenen Einstellung nicht zu. Es fehlt eine politische Kraft, die aktiv für eine liberale Einwanderungspolitik wirbt. Von unserer Gastautorin Sabine Beppler-Spahl.
Zeigt sich in der Debatte über Armutseinwanderung ein Kulturbruch, bei der die eine Seite populistisch, platt argumentiert, die andere liberal und weltoffen? Horst Seehofer hält fest an seinem Motto, „Wer betrügt, fliegt“ während SPD-Chef Sigmar Gabriel davor warnt, die Einwanderungsproblematik mit „Wahlkampfparolen“ lösen zu wollen.
Ganz so einfach ist es nicht. Denn Gabriel ist leider kein überzeugender Verfechter einer liberalen Einwanderungspolitik. Statt offensiv und mit guten Argumenten für die längst überfällige Grenzöffnung zu streiten, macht die „GroKo“, mit ausdrücklicher Zustimmung der SPD, die Armutseinwanderung zur Chefsache. Ein „Staatssekretär-Ausschuss“ soll Maßnahmen gegen „Sozialbetrug“ prüfen (Bild Zeitung). [1] Bedarf es bei so viel Aktionismus einer CSU, um Angst vor ärmeren Einwanderern zu verbreiten? Da hilft es wenig, wenn einzelne Wirtschaftsvertreter mit harten Fakten auf den Beitrag hinweisen, den Rumänen und Bulgaren bereits leisten und weiterhin leisten werden.
Wer die Debatten der letzten Tage verfolgt hat, muss fast zwangsläufig den Eindruck gewinnen, unser Land werde in der nächsten Zeit von armen Menschen überschwemmt. Tatsächlich werden die meisten Bundesbürger kaum etwas von der Grenzöffnung spüren (wir sprechen übrigens, nur zur Erinnerung, von Ländern die zusammen nicht mehr als 29 Millionen Einwohner haben). Gewiss, in einigen Vierteln weniger Städte sind technische Probleme zu lösen, wie z.B. die Müllentsorgung oder die Gesundheitsversorgung für die Ärmsten der Neuankömmlinge. Doch Probleme dieser Art sollten in einem Land mit über 80 Millionen Einwohnern zu lösen sein – schließlich haben die Deutschen in den vergangenen 60 Jahren ganz andere Herausforderungen und Aufbauleistungen gemeistert.
Ist es nicht schäbig, wenn sich die Debatte über die Grenzöffnung allein auf die Frage konzentriert, wie der „Import von Armut“ zu vermeiden sei? Die Art und Weise, wie die große Koalition mit dem Problem umgeht, wird jedenfalls mehr über die Politik aussagen, als über die Menschen, die zu uns kommen. Gerade im bisherigen Umgang mit Bulgaren und Rumänen zeigt sich, dass die EU keine Gemeinschaft gleicher, souveräner Staaten ist, wie sie sich selbst gerne darstellt. Zum Kernrecht der Gemeinschaft gehört nun einmal die Freizügigkeit seiner Bürger. Anders als allen anderen wurde aber den Bürgern Rumäniens und Bulgariens dieses Recht jahrelang verwehrt. Die Aufhebung dieser krassen Ungleichbehandlung sollte Grund zur Freude sein und keinesfalls dazu führen, die Spaltung zwischen europäischen Bürgern erster und zweiter Klasse auf andere Art und Weise aufrechtzuerhalten, wie sich dies in der Debatte über die Kindergeldzahlung bereits andeutet.
Gewiss, es ist richtig, wenn SPD-Politiker die CSU-Kampagne kritisieren. Sie basiert auf einem negativen Menschenbild und bringt eine defensive, rückwärtsgewandte und autoritäre Grundeinstellung zum Ausdruck. Doch leider beschränkt sich ein Großteil der Kritik auf das vermeintliche „Stammtischpotential“ der Kampagne. Die Angst vor einer „Aufhetzung“ der Bürger zieht sich wie ein roter Faden durch die Debatte. Am liebsten wäre es vielen CSU-Kritikern offensichtlich, wenn das Thema ganz aus der Politik herausgehalten würde (daher auch der Hinweis von Sigmar Gabriel, es eigne sich nicht als Wahlkampfthema). Eine solche Haltung spricht nicht für den Willen, Einwanderung effektiv zu verteidigen und der negativen CSU-Botschaft offensiv zu begegnen. Stattdessen wird gefordert, das Thema bloß nicht vor „den kleinen Leuten“ zu diskutieren. Die sind längst nicht so fremdenfeindlich, wie es oft dargestellt wird. Wenn die über die CSU Empörten wirklich für konsequente Offenheit einstünden, könnten sie auch an den Stammtischen Zustimmung finden. Sie tun es aber nicht. Denn sie trauen sich selbst nicht zu, nicht nur die vielgerühmten „Hochqualifizierten“, sondern auch ein paar arme Einwanderer in das Land zu integrieren, das sie sonst gerne selbstbewusst als Motor Europas rühmen. Dabei müsste sogar Sigmar Gabriel wissen, dass wirkliche Reformen in der Einwanderungspolitik nur eine Regierung durchsetzen kann, die aktiv dafür wirbt.
Der Artikel erschien in ähnlicher Form bereist auf Novo-Argumente.
Die aktuelle Diskussion ist nur noch nervend und wenig zielführend.
Mir fehlen in dieser ganzen Diskussion belastbare Zahlen und wirkliche Konzepte zur Einwanderungspolitik, die dann auch durchgesetzt werden. Dies gilt für Deutschland wie für die EU.
Aktuell wird nur polarisiert und polemisiert.
Ich habe auch oft den Eindruck, dass viele Menschen, die immer gleich in Schockstarre verfallen, wenn sie von Lebensbedingungen in anderen Ländern hören, sich auch mal mit dem Planeten, auf dem sie leben, befassen sollten.
Wohlstand ist relativ und „Ruhrgebiet einfach“ wäre für einige Menschen in Deutschland auch ein ausreichender Grund zum Armutsflüchtling zu werden und in den reichen Gegenden anzuklopfen.
Insgesamt ist das ganze Thema Migrationsströme höchst komplex mit vielen Opfern und Profiteuren.
Offen ist auch, was mit den Herkunftsländern passiert?
– Krankenschwester- und Ärztemangel in Osteuropa
– Frauenmangel in Osteuropa
– Brain drain
…..
Ist es wirklich so sozial, wenn alle Ärzte, Ingenieure, aktiven jungen Menschen in anderen Ländern aufgenommen werden?
Wollen diese Menschen überhaupt nach Deutschland kommen? Hochqualifizierte und Könner in Mangelberufen sind überall gefragt. Deutsch ist ja auch kein internationaler Standard.
Wer die Zustände in anderen Ländern beklagt, muss auch mit offenen Augen durch die Strassen und die Produktionsgebiete der EU ziehen. Oft reicht es schon, die AI-Anlage zu verlassen. Wer hat sich denn schon die Gemüsefelder im Süden genauer angeschaut oder sich gefragt, warum im Hafen ein kleines Boot von Menschen in Schutzanzügen desinfiziert wird?
Was unternehmen wir am Urlaubsort? Wollen wir uns hier mit vielen Leistungen ein gutes Gewissen erkaufen, ohne dass die Ursachen bekämpft/beachtet werden?
Die Freizügigkeit habe ich immer so aufgefasst, dass ich mich in anderen Ländern auf eigene Kosten bewegen kann bzw. auswandere, wenn ich meinen Lebensunterhalt selber bestreiten kann. Selbst bei Kurzaufenthalten in vielen Ländern werden von uns Bürgschaften, Rückflugtickets, Geld, Fotos, Fingerabdrücke etc. verlangt. Welche Daten der Personenscanner speichert, kann ich nicht sagen.
Natürlich habe eine Freizügigkeit in der EU, leider fehlen mir zurzeit Zeit und Geld, um die vielen interessanten Gebiete zu besuchen.
Wer ein unbegrenzt positives Menschenbild hat, muss auch erklären können wieso es bisher nicht gelungen ist, Armut in Deutschland zu vermeiden. Hierzu zählt für mich auch eine selbst geschaffene oder familiäre Einkommensquelle, die ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht. Notlagen oder kurzfristige Auszeiten sind natürlich ausgenommen.
Was spricht dagegen, Sozialbetrug bzw. das Ausnutzen von Sozialsystemen zu vermeiden? Ein solidarisches System (siehe auch Versicherung) kann nicht funktionieren, wenn es nur um negative Risiken ergänzt wird bzw. ungerechtfertigt Leistungen bezogen werden.
Es wird Zeit, dass wir uns sachlich und unabhängig vom 1.1.2014 mit dem Thema Einwanderung und soziale Sicherung befassen.
Ebenso sollten wir uns mit der Welt und ihren versch. Völkern beschäftigen und uns auf langfristige Entwicklung konzentrieren. Das Thema globale Gerechtigkeit ist komplett vom Radar verschwunden und wird auch im Bericht nicht erwähnt.
Einwanderung wird in Deutschland stets negativ diskutiert.
Zudem hört man von Wirtschaftsvertretern ständig, dass wir jetzt sofort mehr Einwanderung bräuchten wegen Fachkräftemangel… das gilt allerdings nur für wenige Berufe.
Wenn man in einem bereich arbeitet, indem es angeblich Fachkräftemangel gibt, die Löhne aber nicht steigen… oder man jemanden kennt, der eigentlich in dem Bereich arbeiten könnte, aber aufgrund seines Alters nicht mehr genommen wird… oder sich Arbeitgebern unflexibel zeigen bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie etc, obwohl man angeblich zu einer zu kleinen Gruppe von Hochqualifizierten gehört…
da entstehen mit der Zeit auch negative Verbindungen, wenn es um Einwanderung geht. Es muss ja der Eindruck entstehen, dass es nur einen Mangel an top qualifizierten Leuten, die fürn Appel und Ei arbeiten, gibt, aber keinen generellen fachkräftemangel.
Dabei hat Deutschland langfristig aber zusammen mit Japan als einziges der heutigen Industrienationen das Problem von schrumpfender Bevölkerung. Alle anderen Industrienationen haben bessere Geburtenraten und/oder mehr Einwanderung.. vor allem auch mehr top ausgebildete Einwanderer…
Ein Land muss nicht ständig wachsen. Aber die Finanzierung der Sozialleistungen wird ja schwer… zudem kann ein Hochlohnland die im internationlen Vergleich hohen Löhne seiner Angestellten im internationalen Wettbewerb auch nur durchsetzen durch gute Standortbedingungen mit vielen gut ausgebildeten Menschen. Das könnte für die Zukunft ein Problem werden,.
das einfachste wäre erstmal das ungenutze Potential zu nutzen, was durch nicht anerkannte Abschlüsse aus dem Ausland „brachliegt“.
@#2 | TuxDerPinguin:
Zum Thema Fachkräftemangel:
Mit der Einwanderung respektive Einwanderungsverhinderung wird genauso Interessenpolitik verfolgt wie mit jedem anderen Thema. Die Unternehmenslobby z.B. plädiert in der Regel immer dann für stärkere Einwanderung, wenn die Löhne/Gehälter auf Grund des knapperen inländischen Arbeitspotentials zu steigen drohen.
Dies ist in Deutschland absehbar der Fall, denn nun kommen die geburtenschwachen Jahrgänge auf dem Markt. Der sogenannte Fachkräftemangel, weil medienmäßig schon länger in die Köpfe genagelt, ist da natürlich ein willkommenes „Argument“, eine größere Öffnung der Grenzen gerade für besser Qualifizierte zu fordern und das auch noch als Weltoffenheit zu verkaufen.
In Wahrheit geht es aber um möglichst billige und möglichst junge Fachkräfte, was aus der profitorientierten Unternehmenslogik natürlich nachvollziehbar ist. Volkswirtschaftlich sieht die Sache aber ganz anders aus, denn die vorhandenen deutschen Fachkräfte haben, trotz hoher Qualifikation, dadurch geringere Arbeitsmarktchancen und fallen zunehmend dem Staat zur Last.
Das spricht natürlich nicht für einen generellen Einwanderungsstop. Wenn ich aber sehe, dass z.B. die Mehrzahl der Asylbewerber, ganz unabhängig von ihrer Qualifikation, nachwievor nicht arbeiten darf, dann zeigt das, wie verlogen die deutsche Einwanderungspraxis in sich selbst ist. Statt diesen Menschen durch Arbeitserlaubnis aus Diskriminierung und Not zu helfen, wird mal wieder die Greencard für die Oberklasse gefordert.
Hinter dieser Praxis steht die grundsätzliche Einwanderungs- und Fremdenangst vieler Deutscher, die in diesem Land immer wieder dann besonders leicht mobilisiert werden kann, wenn sie mit dem Begriff der Armut verbunden wird. Zu verkaufen ist Einwanderung in Deutschland deswegen nur dann, wenn in ihr kein Bedrohungspotential steckt.
Der von vorneherein integrierte Ausländer ist so zum Idealbild der deutschen Einwanderungspolitik geworden. Er ist natürlich gebildet, spricht perfekt deutsch, ist hoch motiviert, passt sich den hiesigen Gebräuchen an und ist zugleich bereit für jeden Lohn zu arbeiten. Mit einem Satz: Der Einwanderer hat sich in Deutschland so zu verhalten, als wäre er gar keiner.
Die Debatte ist tatsächlich schäbig, da kann man Sabine Beppler-Spahl nur zustimmen. Was mich persönlich derzeit am meisten stört ist der Umstand, dass bei uns in Deutschland das Thema Europa nur noch unter finanziellen Aspekten betrachtet wird. Bsp.: Was kostet uns die Rettung Griechenlands? oder: wie muss man mit Rumänen und Bulgaren umgehen, damit sie im Rahmen der europäischen Freizügigkeit den deutschen Sozialkassen nicht auf der Tasche liegen?
Vom Idealismus, mit dem man in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts der Idee von einem vereinten Europa entgegen fieberte, ist heutzutage nichts mehr zu spüren. Helmut Kohl, Hans Dietrich Genscher und Theo Waigel waren da eine ganze Ecke mutiger und weiter als ein Horst Seehofer oder ein Christian Lindner.
Letzteren erwähne ich deshalb, weil die FDP in dem Artikel von Sabine Beppler-Spahl ungeschoren davon kommt, die jüngsten Äußerungen des FDP Chefs aber zeigen, wie bereitwillig dieser die Vorlage Seehofers aus Bayern aufnimmt und auf NRW überträgt. In einem Artikel der Welt unter dem Titel „Lindner will nicht integrierbare Ausländer ausweisen“, der heute auch im Ruhrpilot verlinkt ist, heißt es dazu:
„Der FDP-Bundesvorsitzende forderte außerdem konsequentes Vorgehen gegen missbräuchliche Zuwanderung in die Sozialsysteme. Das europäische Recht erlaube es, Ausländer, die nicht integriert werden könnten, in ihre Heimatländer zurückzuverweisen.
Eine Anfrage an den NRW-Integrationsminister habe ergeben, dass diese Möglichkeit bislang „null mal genutzt worden“ sei, sagte Lindner. Es sei davon auszugehen, dass dies dem bundesweiten Bild entspreche. Es sei aber unrealistisch, dass es keinerlei Fälle gebe, in denen eine Rückführung in das Heimatland angezeigt wäre.“
Lindner unterstellt sowohl der Landesregierung NRW als auch der Bundesregierung, dass es in Deutschland auch jetzt schon eine missbräuchliche Zuwanderung gibt und bedauert, dass diese nicht geahndet wird. Sorry, aber das ist genau dieselbe gequierlte Scheiße, mit der auch Seehofer in Anbetracht der in 2014 stattfindenden Wahlen punkten will.
Wäre es so wie Lindner behauptet, würden rechtswidrige Abschiebungen nicht regelmäßig für Schlagzeilen sorgen.
@ dda # 5
Lindner will auf jeden Fall bei den nächsten Wahlen mit seiner FDP über die 5% Hürde springen. Da ist ihm jedes Mittel recht. Die Entzauberung des neuen Heilsbringers ist eingeläutet.Die neue FDP bleibt die alte. Aber wen überrascht das wirklich.
@Arnold, „Die neue FDP bleibt die alte. Aber wen überrascht das wirklich.“
Zugegebenermaßen mich. Hätte ich nicht gedacht.
@Arnold, @Helmut
Der Einfluss, den Vögel wie Frank Schäffler und andere Uneuropäer des Liberalen Aufbruchs auf die FDP-Basis haben, scheint wesentlich größer zu sein, als der Parteitag neulich im Dezember erahnen ließ. Lindner war ja nicht der einzige, der mit Westerwelle, Rösler & Co. so seine Probleme hatte. Man kann sich leicht ausmalen, was aus der FDP wird, wenn der Liberale Aufbruch auch noch in Teilen zur AfD wechseln sollte, deren potenzielle Wähler sicherlich auch für die CSU derzeit von großem Interesse sind.
Ähnlich wie Helmut hätte ich allerdings nicht gedacht, dass sich Christian Lindner als fragwürdige Gestalt entpuppt, zumal ja mit dem Ausscheiden der FDP aus dem Bundestag in Deutschland eine Diskussion über eine Art liberale Sehnsucht losgetreten wurde, in der gerade von Seiten der FDP immer wieder an die Bürger- und Menschenrechte erinnert wurde. Aber offenbar hat der neue FDP Chef das Freiburger Programm, was er da in einem verstaubten Keller der Friedrich Naumann Stiftung gefunden und aus dem er immer wieder gerne zitiert hat, längst in der Tonne versenkt. Meine ersten Zweifel an Lindner kamen neulich, als er gegen die Voratsdatenspeicherung ätzte, was von Bürgerrechten im Zusammenhang mit der NSA Affäre faselte und trotzdem keinerlei Empathie für Edward Snowden zeigte, weil ihm ein ungestörtes Verhältnis zur USA wichtiger ist. Linder ist als alleiniger Retter der FDP absolut überfordert.
Dafür sorgen die Grünen heute für interessante Schlagzeilen – zumindest beim Spiegel: https://www.spiegel.de/politik/deutschland/gruene-wollen-fdp-ueberfluessig-machen-a-942262.html
Mal sehen wer von beiden Parteien bis zur nächsten Bundestagswahl das Rennen in Sachen Bürger- bzw. Menschenrechtspartei macht.
… Frohes neues Jahr übrigens.
Losgelöst von aktuellen Anlässen, die hier diskutiert werden, denke ich seit einiger Zeit darüber nach, daß Freiheit in der EU, daß konkret die „Freizügigkeit“ in der EU ganz offenkundig nicht als Grundvoraussetzungen eines menschenswürdiges Leben gelten , sondern ausschließlich als Basis dafür, ökonomischen Zielen zu dienen.
„Was nutzt der deutschen Volkswirtschafft unter welchen Vorausseztungen der Zuwanderer aus Ungarn pp.? Was schadet der deutschen Volkswirtschaft unter welchen Voraussetzungen ein Zuwanderer aus Ungarn?“
Im Mittelpunkt der gesamten Diskussion steht also nicht das Wohl jedes einzelnen Menschen, stehen wider alle Sonntagsreden nicht allgemeine Freiheitsrechte für alle Menschen in der EU, sondern ausschließlich (volks-)wirtschaftliche Interessen und Ziele.
Das kann „man“ so wollen.
Dann sollte „man“ allerdings nicht stets in diesem Kontext und in anderen Zusammenhänge so tun, als seien die Garantie und die Sicherung elementare Freiheitsrechte der Menschen (in der EU) „oberstes Gebot“ staatlichen Handelns.
Und diesen (volks-) wirtschaftlichen Interessen einerseits und andererseits einem angenommenen „gesunden Volksempfinden“ Rechnung tragend, wird „die Freiheit aller Menschen in der EU“ durch die EU-Mitgliedstaaaten interpretiert, graduell unterschiedlich, aber substantiell gleichermaßen. Letzteres scheint mir auch für die Parteien in Deutschland zu gelten!!
@ DDA + Helmut #7 + # 8
Frohe Neues zurück
Lindner ist aalglatt. Er wusste, dass das mit der letzten FDP-Führungsriege nicht gut gehen konnte und hat sich rechtzeitig aus ihr nach NRW abgeseilt. Die vernichtende Wahlniederlage konnte (nur) so zu seiner großen Chance werden. Diese Rechnung geht für ihn aber nur dann auf, wenn unter ihm wieder Wahlen gewonnen werden.
Zitat aus aus dem Beitrag: „Doch leider beschränkt sich ein Großteil der Kritik auf das vermeintliche „Stammtischpotential“ der Kampagne.“
Ja, ja – der Stammtisch! Das ist auch so ein wohlfeiler Begriff, den man je nach Nützlichkeit aus der Tasche zieht oder auch nicht. Auf der einen Seite wird gerne darauf hingewiesen, dass viele Menschen Einwanderung nicht als Problem sehen, auf der anderen Seite warnt man gerne vor dem „Stammtischpotential“ un den „aufgehetzten“ Bürgern.
Vielleicht lohnt sich der Blick in diesen Artikel: https://www.cicero.de/berliner-republik/bulgarische-und-rumaenische-armutsmigration-hoert-dem-stammtisch-zu/56782
Was an der Debatte über die „Armutswanderung“ ein negatives Menschenbild und eine defensive, rückwärtsgewandte und autoritäre Grundeinstellung sein soll, bedarf erst einmal einer Erklärung, ansonsten sind das nur Worthülsen…
@ Nansy # 11
Interessanter Artikel Nansy, dem ich grundsätzlich zustimme. Aber wer Freizügigkeit in Europa will, der kann sie nicht nur den Europäern erlauben, denen es gut geht. Armut ist ein Thema das ganz Europa angeht, egal wie die nationalen Stammtische darüber denken.
In dem die Armen Europas zu den Gut- und Besserverdienenden Europas ziehen wird der dahinter stehenden Konflikt allerdings auch da unangehm deutlich, wo bislang diesbezügliche Verdrängung herrschte.
Die Konfrontation mit dieser Realität ist nämlich kein Zuckerschlecken. Erst recht nicht für die, die selber nichts zu verteilen haben. In der Regel ziehen die Armen bekanntlich ja wieder zu den Armen und die Bedrohung derer denen es gut geht hält sich deswegen in Grenzen.
Aufregen tun sich Letztere allerdings häufig mehr als die, die wirklich einen Grund dafür hätten. Der Stammtisch ist nämlich mittlerweile eine Mittelschichtsangelegenheit. Der größte Teil der Unterschicht hat sich längst mit seiner Lage abgefunden und neigt, wenn überhaupt, zu plötzlichen Wutausbrüchen, statt zur partiell deftigen Aussprache in ansonsten gepflegter Runde.
Bisher ist -noch-niemand auf die Idee gekommen, die in Deutschland geltende Freizügigkeit zu beschränken, und zwar für die Armen, z.B. für HartzIV – Bezieher oder Sozialhilfeempfänger.
In der EU wird es für selbstverständlich gehalten, die Freizügigkeit innerhalb der Gemeinschaft für diejenigen einzuschränken, die als arm gelten.
Ist denn denjenigen, die jetzt lauthals den „Armutstourismus“ beklagen und Widerstand dagegen fordern, nicht hinreichend bewußt, was sie da treiben, nämlich die Diskriminierung von Menschen in der EU, nur deshalb, weil sie arm sind ?
Wenn an der Spitze dieser innerdeutschen Bewegung gegen den „Armutstourismus“ die bayrische CSU steht, ist folgerichtig nicht auszuschließen,daß diese demnächst zum Schutz vor „Armutstourismus“ eine Einschränkung der Freizügigkeit der Armen in Deutschland fordern wird, um z.B. zu verhinden, daß „Armutstouristen aus dem Ruhrgebiet“ den Bayern zur Last fallen.
Verkneifen kann ich mir nicht die Frage, warum sich die c h r i s t l i c h e n Kirchen noch nicht kritisch mit der c h r i s t l i c h e n Partei aus Bayern wegen deren Armendiskriminierung (!!)befaßt haben.
Nicht von Armutstourismus in der EU ist zu reden, sondern von Armendiskriminierung in der EU.
In der ganzen Diskussion um die Armutseinwanderung wird mit keinem Wort auf die Tatsache eingegangen, dass bereits 19,2 Millionen Mitbürger in der EU unter die Armutsgrenze fallen. Jetzt auf einmal scheinen die Populisten ihr Herz für die Armen, die jetzt massenhaft in die sog. reichen Länder einwandern dürfen, entdeckt zu haben. Die Flaschensammler, Mülleimerdurchwühler, die Unter-den-Brückenschläfer, die Rentner, die z.T. nur ein paar Euro pro Tag ausgeben können, die in verkommenen Wohnquartieren ihr Leben fristen müssen…deren Armenalltag scheint für die Populisten wenig Publicity herzugeben.
@#14 | Bertrand:
Arm in Schweden ist wohl etwas anderes als arm in Bulgarien.
Bulgarien liegt in der Liste der reichsten und ärmsten Staaten auf einem ganz guten 57. von 175 Plätzen. Dann lieber arm sein in Bulgarien als in Sierra Leone.