Aspartam gefährlich? Sollte man jetzt auf Cola Zero verzichten, weil sie krebserregend ist? Wenn man nur Überschriften liest, vielleicht schon.
Am 14. Juli haben zwei verschiedene Institutionen der Weltgesundheitsorganisation WHO Ergebnisse bezüglich des Süßungsmittels Aspartam veröffentlicht. Die International Agency for Research on Cancer der WHO (IARC) stuft Aspartam als „möglicherweise krebserregend für Menschen“ ein, das Expertengremium für Lebensmittelzusätze der WHO (JECFA) hat wiederum Aspartam für gesundheitlich völlig unbedenklich erklärt.
Die amerikanische Behörde für Behörde für Lebens- und Arzneimittel FDA und die Gesundheitsbehörde von Kanada haben das zum Anlass genommen, noch einmal auf die völlige Ungefährlichkeit von Aspartam hinzuweisen. Auch die europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit EFSA hat Aspartam genau evaluiert und weist auf dessen Ungefährlichkeit hin, die wissenschaftlich erwiesen ist.
Was heißt die Einschätzung der IARC eigentlich genau?
Die IARC teilt alle möglichen Sachen in Kategorien ein, je nachdem wie krebserregend sie sind. Insgesamt hat sie vier Kategorien.
Gruppe 1 ist krebserregend für Menschen. Darunter fallen der IARC zufolge zum Beispiel Alkohol, Zigarettenrauch, Anti-Baby-Pillen auf Östrogen+Progestogen-Basis und nukleare Strahlung. Aspartam ist da nicht dabei.
Gruppe 2a ist wahrscheinlich krebserregend für Menschen. Darunter fallen der IARC zufolge zum Beispiel das Essen von Rind- oder Schweinefleisch, Getränke die heißer sind als 65C°, oder als Friseur tätig zu sein. Aspartam ist da nicht dabei.
Gruppe 2b ist möglicherweise krebserregend für Menschen. Darunter fallen der IARC zufolge zum Beispiel Anti-Baby-Pillen auf Progestogen-Basis, Benzin, Aloe Vera und Spreewälder Gurken im Glas. Da ist Aspartam der IARC zufolge nun dabei.
Gruppe 3 ist nicht klassifizierbar. Darunter fällt der IARC zufolge zum Beispiel das Einatmen von Kohlestaub.
Warum kommt die IARC zu dieser zweifelhaften Einschätzung?
Was die IARC einräumt ist, dass es keinen bekannten biologischen Mechanismus gibt, durch den Aspartam plausiblerweise Krebs auslösen könnte. Nach der Einnahme von Aspartam wird es im Darm vollständig zu Asparaginsäure, Methanol und Phenylalanin abgebaut. Jeden dieser drei Metaboliten nimmt man über viele andere ganz normale Lebensmittel in viel größeren Mengen zu sich. Die IARC gibt an, dass sie zu ihrer Einschätzung kommt, basierend auf „begrenzter Evidenz“, basierend auf Korrelationen aus Beobachtungsstudien am Menschen (welche die JECFA der WHO alle für wissenschaftlich irrelevant hält) und „begrenzter Evidenz“ aus Tierstudien (dazu kommen wir gleich).
Es gibt eine Vielzahl von Tierstudien darüber, ob Aspartam krebserregend ist. Alle kamen zu dem Ergebnis, dass Aspartam nicht krebserregend ist. Lediglich eine Reihe von Tierversuchen des Ramazzini Instituts in Italien kam zu dem Schluss, dass Aspartam hoch krebserregend wäre und angeblich eine Reihe von Krebsarten auslösen würde. Diese Ramazzini-Studien wurden nicht nur einmal, sondern zweimal von der europäischen EFSA, von der FDA, vom British Committee on Carcinogenicity of Chemicals in Food, von Health Canada sowie von vielen, sehr vielen, verdammt vielen, extrem vielen, unfassbar vielen unabhängigen Wissenschaftlern untersucht, die einhellig zu folgendem Ergebnis kamen: Die Ramazzini-Studien haben erhebliche wissenschaftliche, statistische und methodologische Probleme, das Ramazzini-Institut weigert sich, die vollständigen Daten ihrer Studie herauszugeben und verwendet verschiedene Zahlen in unterschiedlichen Publikationen ihrer Studie, oder kurz – die Ergebnisse sind völlig unbrauchbar.
Wenn man dem wissenschaftlichen Konsens (und der sagt, dass Aspartam völlig ungefährlich ist) aber widersprechen will, dann braucht man nicht unbrauchbare Ergebnisse, sondern im Gegenteil sogar handwerklich tadellose und wissenschaftlich exakte Ergebnisse. Das Ramazzini-Institut geht allerdings auf die Kritik nur am Rande ein, sondern wirft stattdessen seinen Kritikern vor, die seien von der Aspartam-Lobby bezahlt.
Zucker zu ersetzen rettet Leben
Die IARC glaubt auch, dass die Ergebnisse des Ramazzini-Institutes nicht gut sind und bewertet sie deshalb nur als „begrenzte Evidenz“. Das reicht der IARC aber aus, um Aspartam als „möglicherweise krebserregend“ einzustufen.
Clickbait-Überschriften und Wissensredakteure, die keine Lust haben über Pressemeldungen hinaus zu recherchieren, tun ihr Übriges. Mit der Folge, dass ein gesundheitlich unbedenkliches Lebensmittel, das Zucker ersetzt, der jedes Jahr Millionen von Menschen ins Grab bringt, verteufelt und gemieden wird.
Danke WHO!