Die Oberbürgermeister im Ruhrgebiet forderten im März in einem Brief an Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, die Einzelfallprüfung bei Flüchtlingen aufzugeben. Der Erlass, der aus humanitären Gründen das Auseinanderreissen von Familien und das Abschieben kranker Menschen verhindert, soll nach dem Wunsch der OBs aufgegeben werden. Die Bochumer Linken stellten letzte Woche einen Dringlichkeitsantrag im Rat, um sich gemeinsam gegen die Forderungen auszusprechen. Sie scheiterten damit. Der Vorstoss der Ruhrgebiets-Oberbürgermeister für leichtere Abschiebungen im Zack-Zack-Modus hat für breite Empörung gesorgt. Auch in den eigenen Reihen.
Die Dortmunder Jusos übten am Montag ebenfalls scharfe Kritik an dem Brandbrief, den auch der Dortmunder Oberbürgermeister Ullrich Sierau unterzeichnet hatte. Sie seien erschüttert über das Schreiben, so Maximilian Schulz, Vorsitzender der Dortmunder Jusos: „Einzelfallprüfungen sind wichtig, um die Situation der Geflohenen differenziert beurteilen zu können“. Nur durch die genaue Überprüfung könne man die Notsituation verfolgter Minderheiten nachvollziehen. Eine humanitäre Asylpolitik war auch beim letzten Unterbezirksparteitag ein Thema. Die Jugendorganisation der SPD ist empört: „Das ist keine sozialdemokratische Flüchtlingspolitik!“
Neben Ullrich Sierau unterzeichneten auch die SPD-Bürgermeister Ottilie Scholz (Bochum), Frank Baranowski (Gelsenkirchen), Reinhard Paß (Essen) und Sören Link (Duisburg) den Brief, mit der Forderung die ministeriellen Erlasse aufzugeben. Die Anordnungen aus dem Innenministerium sollen vor allem die Angehörige der Volksgruppe der Roma schützen. Sie waren in der Vergangenheit in ihren Heimatländern zum Teil progromartigen Ausschreitungen ausgesetzt. Der Erlass gilt besonders für schutzbedürftige Gruppen – Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern, Kranke und Pflegebedürftige.
Die in NRW übliche Einzelfallprüfungen ist eine humanitäre Frage und damit unverzichtbar. Für die Flüchtlinge geht es um die Existenz. Eine kollektive Feststellung der Rechtmässigkeit einer Abschiebung und ein Mangel an Sorgfalt bei der Prüfung, führt zwangsläufig zu Unrechtsentscheidungen.
Die Oberbürgermeister sehen das anders: „Nicht nur nicht hilfreich, sondern geradezu kontraproduktiv“ sei der Erlass, schreiben sie an Hannelore Kraft. Und forderten eine „stringente Anwendung der Gesetzeslage und die Sicherstellung schneller, geordneter und konsequenter Asylverfahren.“ Refugees welcome? Im Ruhrgebiet nicht.
Ministerpräsidentin Hannelore Kraft: Absage an die Oberbürgermeister
Ministerpräsidentin Hannelore Kraft erteilte ihren Oberbürgermeistern aus „der Herzkammer der Sozialdemokratie“ eine Absage, wie die Welt berichtete. Man wolle an den bisherigen Regelungen zur Einzelfallprüfung festhalten, antwortete sie. Bisher kam die Kritik an den Erlassen der NRW-Landesregierung von der Opposition im Landtag. Doch sind sich in der Flüchtlingsfrage die SPD-Bürgermeister offenbar weniger mit ihrer Ministerpräsidentin, sondern vielmehr mit dem stellv. Vorsitzenden der CDU Landtagsfraktion, André Kuper, einig.
Dieser bemängelte schon im April im exakt selben Tenor, dass Erlasse den Abschiebevollzug verhindern: „Das Land schafft auf dem Verordnungswege die Voraussetzungen dafür, dass eine Rückführung von bestandskräftig abgelehnten Asylbewerbern in ihre Heimatländer erschwert wird. Geradezu kontraproduktiv sind Erlasse, die darauf abzielen, im Nachgang zu bestandskräftig festgestellten Ausreiseverpflichtungen noch einmal in Einzelfallprüfungen einzutreten, um Familienverbünde nicht auseinander zu ziehen.“
Hannelore Kraft wollte sich letzte Woche auf dem Flüchtlingsgipfel mit Bundeskanzlerin Angela Merkel für mehr Unterstützung des Bundes für die finanziell gebeutelten Ruhrgebietskommunen stark machen. Nach einem Bericht der „Zeit“ war dann aber doch nicht die Rede von mehr Hilfen für die Unterbringung, Gesundheitsvorsorge und Sprachförderung der Flüchtlinge.
Kritik der Bochumer Linken und des Flüchtlingsrats NRW: Gibt es „gute“ und „schlechte“ Flüchtlinge?
Auch von anderer Seite hagelte es Kritik an dem Brief. Die Linken im Bochumer Rat forderten in der Ratssitzung am 07. Mai per Dringlichkeit den Brief abzulehnen: Horst Hohmeier, Ratsmitglied der Linken, sagte: „Der Rat muss deutlich machen, dass er den unabgesprochenen Vorstoß von Frau Scholz nicht mitträgt, sonst könnte der Brief der Oberbürgermeisterin als Signal an die Verwaltung verstanden werden, die vorgeschriebenen Einzelfallprüfungen nicht mit der letzten Entschiedenheit und Genauigkeit durchzuführen.“
Der Flüchtlingsrat NRW kritisierte, dass in dem Schreiben zwischen „guten“ Flüchtlingen aus Kriegsgebieten und „schlechten“ Flüchtlingen, die vor Armut und Not fliehen, unterschieden werden würde. Zudem sei die Aufnahme und Versorgung von Flüchtlingen nicht nur eine rechtliche Verpflichtung, sondern vor allem eine humanitäre Verantwortung.
Es gab auch Beifall für den Brandbrief
Beifall gab es für den OB-Vorschlag für weniger Verantwortung gegenüber verfolgten Minderheiten von der falschen Seite. Die Rats-AfD in Dortmund, die mit dem Anti-Asyl-Spruch „Wir sind nicht das Weltsozialamt“ in die Wahl ging, stellte zu dem Schreiben an Hannelore Kraft fest: „Genau das ist die Forderung der AfD!“.
Und das Internet-Sprachrohr der rechtsextremen Partei Die Rechte, das ‚Dortmund Echo‘ zeigte sich begeistert von „so viel Kenntnis der Oberbürgermeister über die Asylsituation“ im Ruhrgebiet. Das Lob vom rechten Rand haben sich die Unterzeichner mit dem Brief selbst erarbeitet.
Die Jusos sind schon spaßig: „Das ist keine sozialdemokratische Flüchtlingspolitik!“
Ähm, doch? Genau so sieht sozialdemokratische Asyl- und Flüchtlingspolitik aus. Aber gut, dass vor allem Sören Link sich rhetorisch gerne bei AfD, PRO NRW und NPD bedient ist bekannt.
Offener Brief der SDAJ Dortmund an den Oberbürgermeister Ullrich Sierau
“Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
wir sind zutiefst entsetzt darüber, dass Sie zusammen mit anderen Oberbürgermeistern aus dem Ruhrgebiet einen Brief an die Ministerpräsidentin von NRW, Hannelore Kraft, unterschreiben haben, in welchem sie die Abschaffung der Einzelfallüberprüfung gefordert haben. Wir sind erschrocken, dass Sie sich dafür aussprechen, dass Flüchtlinge schneller, d.h. ohne diese konkrete Überprüfung in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden können. Es scheint Ihnen gleichgültig, in welcher Lage sich diese Menschen befinden, dass Familien auseinandergerissen werden, Alte und Kranke den Heimweg mit unzureichender medizinischer Versorgung überstehen müssen und das Menschen, die vor Rassismus, Diskriminierung und Verfolgung geflohen sind, dorthin zurückgeschickt werden.
In dem von Ihnen mitunterzeichneten Brief heißt es:
“Nicht nur nicht hilfreich sondern geradezu kontraproduktiv sind Erlasse, die darauf abzielen, im Nachgang zu bestandskräftig festgestellten Ausreiseverplichtungen noch einmal in Einzelfallprüfungen einzutreten und Familienverbünde nicht auseinanderzuziehen … Stattdessen benötigen wir alle Unterstützung, Menschen mit bestandskräftig festgestellten … Ausreiseverpflichtungen in ihre Heimatländer zurückzuführen, um die notwendigen Plätze für um ihr Leben fürchtenden Flüchtlinge freizuziehen.”
Sind Sie sich bewusst, in welche Rhetorik sie damit verfallen? Ist Ihnen klar, dass Sie damit der Losung der Nazis „Das Boot ist voll“ Rückenwind verleihen? Als Oberbürgermeister einer Stadt, die sich seit Jahren mit einer der stärksten Naziszenen in Deutschland auseinandersetzen muss, als ein Oberbürgermeister, der sich ansonsten als entschiedener Antifaschist darstellt, wie können Sie da dieser Logik folgen? Zuletzt haben die Nazis von der NWDO (Nationaler Widerstand Dortmund)- Nachfolgepartei „die Rechte“ mit einem Beitrag auf ihrer Internetseite deutlich gemacht, dass Sie ihre Unterschrift als Zugeständnis betrachten. Mit ihrer Unterschrift haben sie nicht zuletzt den Rechtsradikalen mit ihrer Umtriebigkeit, die seit Monaten für eine Abartigkeit nach der anderen von sich reden machen, einen Erfolg zugestanden.
Sie sind bereit die wenigen Rechte, die Flüchtlingen in Deutschland noch geblieben sind und die derzeit massiv unter Druck geraten, nicht zuletzt durch die Welle rechtspopulistischer Bewegungen wie Pegida & Co, zu beschneiden. Sie erdreisten sich dann auch noch, diese Maßnahmen mit der Notwendigkeit, andere Flüchtlingen unterbringen zu müssen, zu rechtfertigen.
Anstatt verschiedene Flüchtlingsgruppen gegeneinander auszuspielen, sollten Sie sich dafür einsetzen, dass alle Flüchtlinge das Recht genießen, hier unterzukommen, das Recht erhalten, Arbeit zu finden und in unsere Gesellschaft integriert zu werden. Sie sollten sich gegen die Praxis einsetzen, dass Flüchtlingen in angeblich sichere Drittstaaten abgeschoben werden, wie es bspw. bei Sinti und Roma oftmals der Fall ist. Sie werden in Länder geschickt, wo sie rassistischer Verfolgung ausgesetzt werden. Können Sie das guten Gewissens rechtfertigen? Woran es doch offensichtlich viel mehr fehlt ist ein übergreifendes, landesweites oder gar bundesweites Konzept zur Flüchtlingsunterbringung und -integration. Warum prangern Sie nicht an, dass Städte im Ruhrgebiet Flüchtlinge in Zeltlager unterbringen, während es gleichzeitig Wohnungsleerstand gibt. Warum unterzeichnen Sie nicht einen Brief, in dem Sie eine ausreichende Finanzierung der Kommunen fordern, die auch diese Ausgaben deckt? Warum fordern Sie nicht, dass das Geld für diese Aufgabe dort zu holen sei, wo die Profiteure von Krieg und Elend sitzen. Deutsche Konzerne und Banken verdienen an militärischen Konflikten und sozialem Elend in anderen Ländern dieser Welt, z.B. durch zahlreiche Waffenexporte. Sie sollten zur Kasse gebeten werden!
Wir, die SDAJ Dortmund, fordern, dass Sie als Oberbürgermeister eine Willkommenskultur aktiv unterstützen. Wir fordern ein Bleiberecht für alle Flüchtlinge. Spielen sie den Nazis nicht in die Hände. Beim Arbeitnehmerempfang vor rund 2 Wochen haben sie bekräftigt, dass Dortmund eine Stadt ist, die solidarisch mit Flüchtlingen umgeht und dass sie es begrüßen, dass so viele Dortmunder durch praktische Solidarität ihren Beitrag zu einer Willkommenskultur leisten. Kommen sie dem nach, ansonsten sind diese Worte nur als Lüge und Stimmfang aufzugreifen, statt einem Aufruf zu tatsächlichem solidarischem Engagement. Wir fordern Sie dazu auf, dass Sie Ihre Unterschrift zurücknehmen und dem Wunsch der Dortmunder nach offener und solidarischer Flüchtlingspolitik nachkommen.
Say it loud, say it clear, Refugees are welcome here!
Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend Dortmund
@#1 JoS: Ja, Sören Link sagte im Januar einerseits gegenüber der WAZ in einem Interview:" Am meisten geärgert hat mich die Art und Weise der Debatte über das Thema Asyl . Was ich da lesen oder mir anhören musste, war ein Tiefpunkt. Wir müssen den Schreihälsen und rechten Parolendreschern entgegentreten."
In einem Interview in der Süddeutschen Zeitung schlug Sören Link andererseits eine gesonderte Unterbringung der Balkan-Flüchtlinge vor. Mit diesem Argument bietet OB Link genau diesen rechten Schreihälse eine Steilvorlage: "Wenn derzeit 60 Prozent der Asylantragssteller aus den Balkanstaaten kommen und keine Aussicht haben, anerkannt zu werden, dann sollte der Bund für eine zentrale Unterbringung dieser Menschen sorgen. Das würde die Lage vor Ort sehr schnell entschärfen."
Solche Ideen zielen vor allem auch auf die Volksgruppe der Roma ab, die größtenteils aus Rumänien und Bulgarien – aber auch aus dem Kosovo, ins Ruhrgebiet kommen. Die Idee weckt unangenehme Assoziationen.
Es ist absolut nachvollziehbar, dass Asylverfahren von Menschen, die aus Staaten kommen, die EU-Kandidaten sind etc. mit Priorität behandelt werden sollen, da hier die Wahrscheinlichkeit, dass diese Erfahren erfolgreich sind, gering ist.
Menschen aus diesen Staaten verlassen ihre Umgebung für einen kurzen Zeitraum und haben kaum eine Aussicht, über das Asylverfahren dauerhaft in Deutschland zu leben. Es ist deshalb nach einer Prüfung des Antrags sinnvoll, dass diese Entscheidung auch unmittelbar durchgesetzt wird. Der Wechsel zwischen den Kulturen, Sprachen etc. ist für Kinder sicherlich auch nicht hilfreich.
Die Reaktion der Bürgermeister ist nachvollziehbar.
Wer möchte, dass Menschen überall auf diesem Planeten leben können und sofort mit allen Rechten und Pflichten integriert werden muss auch erklären wie er dies finanzieren will. Ferner wäre diese Möglichkeit nur für Menschen erreichbar, die die Reise finanzieren können, d.h. für reichere Menschen.
Es wird Zeit, dass wir Asylpolitik von der Einwanderungspolitik trennen.
@ #4 keineEigenverantwortung: Es hat sich gezeigt, dass mit einer guten Integrationsarbeit, wie sie z.B. in Dortmund in den so genanten Auffangklassen geleistet wird, der Wechsel von einer Kultur in die andere funktioniert. Zudem – wir bewegen uns ja innerhalb Europas!
Wer in seinem Heimatland verfolgt wird und dort keine Chance hat, sich aus seiner Not zu befreien, wird hier bleiben wollen. Daher geht es dann am Ende doch um eine gelungenen Einwanderungspolitik. Die nicht nur nach "Wertaspekten" der Einwanderer, sondern eben auch nach humanitären "Wertvorstellungen" gehen sollte.
@#4 keineEigenverantwortung: Ein hässlich-tumbes "Fußballmuseum" weniger und das mit dem Geld wäre kein Problem. Außer natürlich für die wählerstimmengeilen OBs.
@5:
Natürlich können sich Kinder in einer neuen Umgebung zurechtfinden und erfolgreich sein, insbesondere, wenn sie dabei eine gute Unterstützung erhalten.
Offen ist aber, woher diese Mittel kommen sollen. Insbesondere gelingt es bspw. in Dortmund seit Jahren nicht, die hohe Werte bei den Langzeitarbeitslosen zu senken. Hier geht es final auch darum, wo die finanziellen Ressourcen eingesetzt werden sollen. Finanzen und auch Helfer sind begrenzt. Dieses Limitierung der Ressourcen fehlt mir in den Argumentationen. Die Kinder haben auch Eltern, Großeltern etc. Wie sieht diesbzgl. aus. Wo sollen die Helfer/Finanzen abgezogen werden?
Aktuell habe ich bspw. keine Informationen über Verfolgung auf dem Balkan, die eine so hohe Zahl an Asylbewerbern aus der Region erklären könnte. Hier sehe ich eher wirtschaftliche Gründe für eine Migration. Die wird auch durch viele Berichte in unterschiedlichen Medien so dargestellt.
Es gab natürlich bspw. die Anschläge in dem Staat "Former Yugoslav Republic of Macedonia", dessen Name ja schon anzeigt, dass es Probleme gibt. Dies erklärt aber nicht die Entwicklung der letzten Monate.
Was definieren sich humanitäre Werte?
– Sollen alle aktiven Menschen , die es sich leisten können, ihre Heimat zu verlassen, ihr Land verlassen? Hier geht es u.a. um Länder in Europa, wo unsere Prioritäten und die Prioritäten der EU auf eine moderne Staatsstruktur der Herkunftsländer liegen sollte. Massen-Migration kann doch keine Lösung sein. Was ist mit dem Brain Drain? Was ist mit der Restbevölkerung?
– Warum sind die Verfolgten überwiegend Männer, die sich eigentlich auch für einen Wandel in den Heimatländern einsetzen könnten?
Flucht kann sinnvoll sein, Asyl ist ein Notanker. Aktuell werden mir zu viele Lösungen vernachlässigt, die für eine nachhaltige Entwicklung notwendig sind. Der Brain Drain, das Verlassen von Heimat wird zum Standard, statt die Ursachen zu bekämpfen. Es kommt der Eindruck auf, dass die lokale Bevölkerung bspw. der vielen jungen Staaten Afrikas ihr Land verlassen soll, statt die Zustände zu modernisieren. Staatenbildung braucht Zeit und war in den meisten Fällen auch mit Konflikten verbunden.
@6:
Ich war von der Idee des Fußballmuseums begeistert, und es passt auch gut zu Dortmund.
Eine Stadt wie Dortmund muss auch sehen, dass sie attraktiv wird und Gästen einige Highlights bietet.
Das Museum passt zu Dortmund.
@5:Ulrike Maerkel
Das hat dann aber nichts mehr mit Asyl, sondern mit Einwanderung zu tun. Das sind schon 2 Paar Schuhe…
Interessant, dass Vielen erst jetzt klar wird, dass es Einwanderung ohne Auswanderung nicht geben kann. Scheint irgendwie an der Menge der Einwanderer zu liegen und zwar egal aus welchem Grunde sie kommen.
1.
Nur eine Anregung:
Zumindest sollte in der Diskussion mitbeacht werden, daß die Kommunen, hier die im Revier, vertreten durch ihre BM/OBM, Prolbleme lösen sollen in einer schwierigen, unübersichtlichen, oftmals fremdbestimmten Gemengelage, die nicht dadurch einfacher wird, wenn man das Wollen der Bürger (Wähler) mit bedenkt.
Da existieren bundesrechtliche Vorgaben zum Asyl-, zum Asylverfahrens- zum Einwanderungsrecht, die hat z.B. ein "beamteter" BM/OB zu beachten nebst den "Ausführungserlassen" des jeweiligen Bundes-/landesinnenminsiters.. Da gibt es enorme Finanzprobleme vor Ort, z.B. wenn es darum geht, über eine "adäquate" Unterbringung von Flüchltingen, von Asylsuchenden nachzudenken und zu entscheiden und -sh.Diskussion- Gefahr läuft, daß komm.Finanzaufwendungen für Flüchtlinge, für Asylanten gegengerechnet werden zu anderen kommunalen Leistungen. Da gibt es Menschen, die "an sich" für die Aufnahme von Flüchtlingen sind, aber nciht in ihrem Wohnquartier.Da gibt es das "Mitleiden" mit den Flüchtlingen, das nicht deckungsgleich ist mit dem Willen , persönliche Einschränkungen, welcher Art auch immer, der Flüchtlnge wegen hinzunehmen. Da gibt es die m.E. völlig berechtigte, aber eben nicht hinreichend befriedigte Forderung der Kommunane an den Bund, im Grundsatzh sämtliche den Kommunen für die Unterbringung und Versorung der Flüchtlinge entstehenden Kosten zu übernehmen. Da gibt es jetzt ein weiteres Problem deshalb, weil die Flüchtlinge aus immer neuen Ländern, aus sehr verschiedenen Kulturen, aus oftmals sehr unterschiedlichen Gründen nach Deutschland kommen, weil das Gefährdungspotential in ihren Heimatländern in Quantität udn Qualität nicht, nicht immer gleichzusetzen ist. Da gibt es den Streit über "sicher, nicht sichere" Drittstaaten.
Das -und noch Einges mehr- hat einBM/ein OB zu beachten und bedenken, bevor er sich zu den aktuten
Flüchtlikngsproblemen vor Ort äußert, Entscheidungen trifft oder dem Rat/den Ausschüssen Entscheidungsvorschläge macht.
Gelegentlich kann es einer sacliche Diskussion helfen, wenn "man" sich in die Situatoon desjenigen versetzt, der im Rahmen seinr Zuständigkeit und Verantworlichkeit Entscheidungen zu treffen hat. Das führt nicht zwangsläufig dazu, die BM/die OB Entscheidungen zu billligen,kann diese aber erklärbarer, verständlicher machen.
2.
Wenn ich OB in DO, in BO, in GE, in Essen, in Duisburg wäre……….??
Ich bin froh, das nicht zu sein.
3.
In Sachen Einzelfallprüfung plädiere ich dafür, diese beizubehalten.
Warum?
Ich mußte über Jahre mti Freunden und Bekannten einen heftigen Streit mit der zuständigen Ausländerbehörde führen, um für eine Flüchtlingsfamiliee eine Duldung, später eine Aufenthaltsgenehmigung durchzusetzen, weil "man" prinzipiell nicht bereit war , die Besonderheiten des Einzelfalles als entscheidungserheblich überhaupt in Erwägung zu ziehen.
Unstrittig, daß durch die Einzefallsprüfungen ein erheblicher Verwaltungsaufwand entsteht, der Kosten verursacht, und zwar zu Lasten der Kommune und das jede Einzefallprüfung in sachlichrer und rechtlicher Hinsicht sehr, sehr schwierig und stets -auch geridhtlich- angreifbar ercheint.
Und damit wären wir wieder bei der von mir einleitend zu 1. umschriebenen problematischen Gemengelage, die die OB/BM zu bedenken haben., wenn sie Entscheidungen treffen oder wie hier Forderngen stellen, die ich verstehe und nachvollziehen kann, auch wenn ich sie persönlich im konkreten Fall der Einzelfallsprüung für falsch halte.
Aber, ich habe insofern "gut reden", denn ich trage hier keine rechtliche, keine politische Verantwortung in DO, in BO, in GE, in…….. und kann mich ausschließlich nach dem richten, was ich moralisch für richtig halte.
@# Walter Stach:?Lieber Walter, so bedauerlich finde ich die OBs nun auch wieder nicht. Es gibt gerade wegen der von Dir beschriebenen komplizierten Gemengelage die Einzelfallprüfung. Fühlen sich die Bürgermeister also überfordert, die schwierige und tatsächlich komplexe Lage ( die du zurecht ausführlich beschreibst) international zu überblicken, macht es keinen Sinn den Erlass abschaffen zu wollen. Rechtlich entscheiden die Bürgermeister weder das Asylrecht noch die Erlasse Und für eine ordentliche Unterbringung zu sorgen – das ist ihr Job. Und a propos – generell dürfte die Zuwanderung in eines der reichsten Länder der Welt dieses nicht zum Zusammenbruch bringen. Andere Länder, z.B. die Nachbarländer der aktuellen Kriegsgebiet) haben da doch ganz andere Lasten zu tragen. Fakt ist dennoch – zugegeben – dass die Kosten zu Lasten der Kommunen im Pott hoch sind und man hier durchaus Unterstützung durch den Bund vertragen könnte. Diese Forderung an Merkel – überbracht von Hannelore Kraft beim Flüchtlingsgipfel letzte Woche – wäre allerdings glaubwürdiger gewesen, und hätte nicht zu soviel Kritik geführt.
@12:
Wir können sicherlich mehr Zuwanderer verkraften. Wenn es Experten in nachgefragten Jobs sind, ist dies offensichtlich. Leider wandern nur sehr wenige Menschen dieser Gruppe hier ein.
Ich halte es aber auch für verkehrt, Asyl, Flucht aus wirtschaftlichen Gründen und Arbeitsmigration zu vermischen. Auch kann ich nicht nachvollziehen, dass Menschen aus andere Kulturen, die unsere Sprache nicht sprechen etc. hier unsere Renten für eine überalterte Gesellschaft sichern sollen, während es uns gleichzeitig nicht gelingt, hier lebende Menschen in den Arbeitsprozess zu bringen. Meine Kontakte mit bspw syrischen Flüchtlingen waren enttäuschend. Eine Kommunikation war nicht möglich. Ausnahmen gibt es natürlich immer.
Zum Thema lokale Flucht in die Nachbarregionen:
Flüchtlinge sind keine klassenlose Gesellschaft. Neben den Flüchtlingen, die bspw. im Nahen Osten in großen Zeltlagern der Wärme und Kälte der Wüste ausgesetzt sind, gibt es auch Flüchtlinge, die Zugriff auf erhebliche Geldmittel haben.
Insgesamt ist unsere globale Welt sehr komplex. Die Stellschrauben und chaotischen Effekte sind nicht vorhersehbar. Auch wenn die Verantwortlichen wieder die Ahnungslosigkeit in Person spielen und Prognosen konsequent ignorieren, betrachte ich die aktuell vorgeschlagenen Maßnahmen als geeignet.
Wenn jetzt endlich die Diplomatie Initiativen für eine Befriedung und Stabilisierung der Regionen
starten würde, wäre dies ein guter Schritt.
Final müssen die vielen Failed States aber aus sicher selber heraus Strukturen schaffen, um ihr Potenzial zu nutzen. Hier ist die lokale Bevölkerung gefragt. Wenn bspw. insbesondere Männer aus dem Krisengebiet fliehen, stellt sich auch die Frage, wer bspw. das Land verteidigt und was mit dem Rest der Familie passiert. Ich habe hier Frauen nicht erwähnt, weil sie eher selten in kämpfenden Verbänden beteiligt sind, obwohl es auch immer wieder erfolgreiche Frauenkampfverbände gab.).
Nichts an dem OB Brief überrascht wirklich.
Denn erstens liegt er auf der Linie der Asylpolitik der Grossen Koalition, d.h. Willkommensrhetorik und konsequente Flüchtlingsabwehr.
Zweitens formuliert er das verkürzte, fehlerhafte, menschenrechtsaverse Rechtsverständnis, das weithin die Kultur von Ausländerämtern prägt (allerdings: inzwischen bei immer mehr Ausnahmen). Drittens komplettiert er den politisch behördlichen Dilettantismus, der sich schon im Versagen bei Unterbringung und Betreuung zeigte.
Viertens vollzieht er die Logik der herrschenden Anti-Roma Ressentiments.
Und fünftens folgt er in technokratischer Manier dem Druck der gezielten und systematischen Unterfinanzierung der Flüchtlingsaufnahme.
Überraschend ist allerdings die zynische Unverblümtheit: wir heissen Flüchtlinge willkommen und demonstrieren gleichzeitig, was den Flüchtlingen in dieser Gesellschaft schon morgen blüht. Sehr nachdenklich stimmt die Ignoranz, mit hier den Rechten der Weg gebahnt wird. Und letztlich ist interessant, wer alles in dieser Koalition der 15 Willigen unterzeichnen zu müssen meinte.
Ulrike, Manfred-Michael,
ich habe zum Inhalt des hier anstehenden Einzefallsproblems meine Meinung unzweideutig dargelegt:
"Für das Beibehalten der Einzelfallfprüfung"; insofern teile ich Eure Meinung.
Ich habe allerdings angeregt, bei kritischen Einlassungen zu dem betr.Brief der OB/Landräte zu berücksichtigen, was die OB/Landräte als "politische (Wahl-) B e a m t e" in ihrem Meinungs-und Entscheidungsfindungsprozess pflichtgemäß zu bedenken haben, was ich beispielsweise nciht zu tun habe, weil ich so frei bin, mich letztendlich auf mein moralisches Empfinden stützen zu können.
(Es ist bekanntlich in jeder kontrovers geführten Debatte, in jedem Streitgespräsch sachdiendlich und befördert jeden Diskurs , wenn man versucht, sich dabei in die Position des Gegenüber, des Kritisierten zu versetzen., sich also zu fragen, wie hätte ich -hier als OB entschieden-, wenn…………)
Was sagen denn Hochrangige Grüne zum Thema?
Hier Winfried Krechmann in einer Rede vor Grünen.
Ab Minute 20 kommt Kretschmann zum Thema Abschieben.
https://www.youtube.com/watch?v=TxpU83kQqfs
Ich finde, daß das was die OB`s lt. Artikel gesagt haben, eigentlich eher zurückhaltender ist, ls das , was ein Grüner im Amt so sagt, und wofür er Applaus bekommt, aber wer haut schon gerne auf Grüne?
@ keineEigenverantwortung:
Es gibt für Roma immer noch gute Gründe, die Heimat zu verlassen und gute humanitäre Gründe, diese Menschen aufzunehmen. Es geht bei Roma eben nicht nur um wirtschaftliche Aspekte und daher wird vollkommen zurecht auf die Einzelfallentscheidung in NRW beharrt.
Hier einige Auszüge aus Berichten über nachvollziehbare Gründe für Roma, die Heimat zu verlassen. Die taz, Deutsche Welle u.a. berichteten 2014:
– Laut einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International leben 10 bis 12 Millionen Roma in der Europäischen Union in ständiger Angst ausgewiesen, von der Polizei belästigt oder Opfer von rassistischen Angriffen zu werden.
– Frankreich: In Frankreich leben 20.000 Roma in extremer Armut. Ihre Siedlungen haben kein fließendes Wasser, es mangelt an allem. Es kommt es immer wieder zu Gewalt gegen Roma. Der Amnesty-International-Bericht moniert besonders die Verletzung internationaler Menschenrechtsstandards bei Zwangsräumungen. So seien 2013 Hunderte Roma aus Marseille ausgewiesen worden. Nur wenige haben laut dem Bericht Entschädigung erhalten.
Es gab in Paris einen Gewaltangriff auf einen Angehörigen der Roma, der so beschreiben wurde: "Alles deutet darauf hin, dass es sich bei der brutalen Aggression gegen einen jungen Rom im Norden von Paris um eine Form von Lynchjustiz handelt.“
– Griechenland
In Griechenland richtet sich Gewalt häufig gegen Roma. Die Hasskriminalität ist enorm hoch. Von den 250.000 bis 350.000 Roma, die in Griechenland leben, sei nach einer Umfrage von 2008 etwa die Hälfte Opfer von Gewaltverbrechen geworden.
– Tschechien
In Tschechien riefen rechtsextreme Gruppen 2013 zu einer Serie von Anti-Roma-Märschen auf. Am 24. August kam es in acht tschechischen Städten zu Roma-feindlichen Hetzveranstaltungen, die zum Teil in gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei endeten.
– Kosovo
Über die Situation der Roma im Kosovo schreibt das Roma Center Göttingen e.V.: „Abgeschobene erwarten im Kosovo massive soziale Ausgrenzung und ethnische Verfolgung. Übergriffe durch Polizei und albanische Nationalist_innen, systematische Benachteiligung durch die Behörden, fehlende Gesundheits- und Sozialversorgung bestimmen ihr Leben dort. Roma sind vom regulären Arbeitsmarkt ausgeschlossen und ihre Arbeitslosigkeit liegt über 90%. Häufig müssen sie mit weniger als 1 Dollar am Tag auskommen. Viele möchten gar nicht zurück in den Kosovo. Ihre Existenzgrundlage dort ist zerstört.“
… usw. …
Lieber Walter, lieber Helmut,
Kretschamen zur Abschiebepolitik Baden-Württemberg.
Anders als die Ruhr OBs akzeptiert Kretschmann Einzelfallprüfungen und humanitäre Abschiebehindernisse. Gut dass die Ministerpräsidentin NRW dies teilt. Die rechtswidrige aber mit den Forderungen von Rechten identische Forderung der Ruhr OB offenbart demgegenüber eine erschreckende Ignoranz. Sie werden nicht einmal den humanitären Minima des Flüchtlingsrechts gerecht.
Manfred-Michael,
ich nutze die Gelegenheit für eine Anregung:
Da davon auszugehen ist, daß die Zahl der Flüchtlinge, die in den Kommunen des Reviers aufzunehmen sind, weiter ansteigen wird, könnnte es für viele Ruhrgebietler hilfreich sein, wenn sie zusammnengefaßt erfahren würden, wer in der Region -mit überörtlicher Zuständigkeit- und wer in den Kommunen ihr "federführende" Ansprechpartner ist, wenn "man" sich wie auch immer aktiv einbringen will, um den geflüchteten Menschen, z.B. in besonderem Maße den Kindern, helfen zu können.
Manfred-Michael,
es wäre schön, wenn Du als "Aktiist in Sachen Flüchtlingshiffe/Flürchtlingsbetreuung vor Ort" hier über diesen Blog all denen Auskünfte im Sinne meiner Bitte anbieten könntest.