Der Fußball hier im Ruhrgebiet steht traditionell schon für große Emotionen. Wie groß diese sein können, dass erlebten die Anhänger von Borussia Dortmund unter der Woche, beim überraschenden Sieg im DFB-Pokal-Halbfinale in München. Gestern nun war es der FC Schalke 04, der einmal mehr für das volle Spektrum der beim Fußball möglichen Emotionen sorgte, als er, nach zuvor sechs sieglosen Pflichtspielen in Serie, den Tabellenletzten aus Stuttgart, nach zwischenzeitlichem 1:2-Rückstand, noch knapp mit 3:2 besiegen konnte und damit den Beweis antrat, wie spannend es in der Bundesliga auch noch immer zugehen kann, wenn die ganz großen Entscheidungen in Sachen Meisterschaft und Champions League-Plätze bereits gefallen sind.
Der Druck auf die Königsblauen war dabei schon gigantisch. Nach der zuletzt völlig indiskutablen Leistung bei der 0:2-Niederlage in Mainz in der Vorwoche, ging es für die Di Matteo-Truppe in den vergangenen Tagen nicht nur in ein Kurztrainingslager, auch die Stimmung bei den Fans war in den vergangenen Tagen und Wochen bereits äußerst ‚angefasst‘, geriet inzwischen nicht nur die Qualifikation für das Saisonziel Champions League-Qualifikation in Gefahr, sondern sogar das Mindestziel Europa League-Platz, sollte gegen den abstiegsbedrohten VfB Stuttgart, betreut übrigens von Schalkes Jahrhundert-Trainer Huub Stevens, nicht endlich mal wieder ein ‚Dreier‘ eingefahren werden können.
Und auch wenn die Fans im Vorfeld der Begegnung alles gaben, mit einer schönen Choreographie aufwarteten, die Mannschaft bereits frühzeitig durch Klaas-Jan Huntelaar (9.) in Führung ging, drohte der Nachmittag bereits kurze Zeit später zu einem sportlichen Desaster zu verkommen.
Harnik (22.) und Kostic (51.) wendeten das Blatt für die Gäste, so dass sich die Schalke-Fans in der Arena zwischenzeitlich wieder mit Grauen von ihrem Team abwandten. Wörtlich und im übertragenen Sinne, gab es zu dieser Phase der Begegnung von den Rängen nicht nur ständig Unmutsäußerungen, drehte sich ein großer Teil des Fanblock zwischenzeitlich doch auch bewusst weg vom Spielfeld um den Akteuren damit sein Missfallen zu bekunden.
Eine ganze Saison schien zu diesem Zeitpunkt ernsthaft und vollständig in Gefahr zu sein, einem neuen Tiefpunkt entgegenzusteuern, Trainer Roberto Di Matteo noch stärker angezählt als bereits vor dieser aus Sicht der ‚Knappen‘ als Pflichtsieg begonnenen Partie.
Dass es am Ende doch ganz anders kommen sollte, am Ende der ‚Knurrer von Kerkrade‘ seinem Ruf mal wieder alle Ehre machen sollte, das war am Ende auch einem Stück weit dem puren Glück zu verdanken, welches nach Gelsenkirchen gerade noch einmal rechtzeitig zurückkehrte am gestrigen Samstagnachmittag.
Zunächst war es nämlich einmal mehr der zuvor über Wochen erfolglose Torjäger Huntelaar, welcher mit einem Linksschuss gut 10 Minuten vor dem Abpfiff für das zwischenzeitliche Remis sorgte, bevor die Stuttgarter in der Schlussminute durch ein Eigentor von Klein, welcher einen Schuss von Boateng unglücklich aber entscheidend in die eigenen Maschenabfälschte, wodurch die Arena sich mit den zuvor heftig kritisierten Kickern auf dem grünen Rasen wieder versöhnte und entsprechend emotional den so lange vermissten Heimsieg ausgelassen feierte, für die Entscheidung an diesem Samstag in Gelsenkirchen sorgte.
Wenn es noch eines weiteren Beweises bedurft hätte, wie emotional Fußball, gerade hier im Ruhrgebiet sein kann, dieses Spiel könnte mal wieder als Paradebeispiel dienen.
Vielen Anhängern der Gelsenkirchener wird das Zustandekommen dieses Erfolges letztendlich völlig egal sein. Drei wichtige Zähler auf dem Weg in das ‚internationale Geschäft‘ sind seit gestern unter Dach und Fach. Im Schwabenland war der Katzenjammer schon unmittelbar nach der Begegnung groß. Durch die Punktgewinne von Paderborn (2:1 in Freiburg) und Hannover (2:2 in Wolfsburg), blieb der VfB gestern der große Verlierer des Abstiegskampfes. Und auch der Hamburgers SV, welcher heute noch in Mainz antreten muss bzw. darf, kann ja noch punkten, so dass Huub Stevens mit seinem Team nun noch wesentlich stärker unter Druck geraten ist.
Die Schalker hingegen können mit einem Blick auf ihr 3-Spiele-Restprogramm, und nun immerhin 45-Punkten auf der Habenseite, relativ entspannt in Richtung Saisonendspurt blicken. Köln (A), Paderborn (H) und Hamburg (A) sind jedenfalls auf dem Papier allesamt Spiele in denen man punkten kann und wohl auch sollte, wenn man denn am Ende in die Euro-League kommen möchte.
Und vielleicht für viele Königsblaue sogar noch wichtiger: Bei nun wieder 5 Punkten Vorsprung auf den BVB, welcher gestern ‚nur‘ mit einem Punkt aus dem Kraichgau von seinem Auswärtsspiel in Hoffenheim (1:1) heimkehrte, sollte man sich auch von diesem nicht mehr überholen lassen müssen, wenn alles einigermaßen im Rahmen der Erwartungen weiterverläuft.
Allerdings hat gerade auch der gestrige Nachmittag den Schalkern ja mal wieder gezeigt, wir knapp Erfolg und Misserfolg in der Bundesliga häufiger mal beieinander liegen können… Freuen wir uns also auf die letzten drei Bundesligaspieltage in diesem Monat. Der gestrige Nachmittag hat die Vorfreude durchaus anwachsen lassen. Das war wahrlich gute Unterhaltung gestern!