Seit 2003 war die britische Philosophin Kathleen Stock Professorin an der Universität von Sussex in Großbritannien. Vor wenigen Tag trat sie nach einer jahrelangen Kampagne von Transaktivisten zurück. Die hatten Stock unter anderem vorgeworfen, dass sie darauf beharre, Geschlechter seien keine Konstrukte, sondern biologische Tatsachen und dürften “keineswegs identitär dem aktuellen Belieben anheimgestellt werden“. Für die woken Aktivisten waren diese naturwissenschaftlich fundierten Aussagen ein Unding. Stock wurde beleidigt, denunziert und bedroht.
An der Kampagne gegen die Professorin beteiligten sich mit Azita Chellappoo, Krzysztof Dolega, Jan Baedke, Alejandro Fábregas-Tejeda, Nina Poth auch Wissenschaftler, die an der Ruhr Universität Bochum tätig sind. Sie hatten im Januar einen offenen Brief unterschrieben und protestierten darin dagegen, dass Stock den britischer Ritterorden The Most Excellent Order of the British Empire erhalten sollte. Einer der gegen Stock erhobenen Vorwürfe: Sie sei dagegen, dass Transfrauen, also biologische Männer, Zugang zu Frauenhäusern und Umkleidekabinen von Frauen bekommen sollten. Dass Stock sich für die Interessen und den Schutz von Frauen einsetzte, galt den Unterstützern des offenen Briefes als “transphob”.
Mehr zu dem Thema:
Britische Professorin tritt nach Kritik von Transgender-Aktivisten zurück…Welt
Philosophin Kathleen Stock tritt zurück…FAZ
Antifreiheitliches Wokistan…taz
Die britische Philosophin Kathleen Stock wurde auch von deutschen Gender-Aktivisten vertrieben…NZZ
„Feministinnen wünschen sich, dass Geschlecht keine Rolle spielt“…Jungle World
Normalerweise tauschen Wissenschaftler ihre Positionen und ihre Kritik in Fachjournalen, Vorträgen, oder Seminaren aus, Wer das nicht hinkriegt, und Internetplattformen zu diesem Zweck benutzt, die jeder Hanserl auch benutzen kann, handelt unwissenschaftlich, und begibt sich in eine direkte intellektuelle Konkurrenzsituation zu Millionen Hanserln, die keine wissenschaftliche Ausbildung haben. Solche Personen in ihren akademischen Reihen zu dulden, fällt natürlich auf entsprechenden Universitäten zurück.
Würden die Sozial- und Geisteswissenschaften derlei Umtriebe nicht dulden bzw. sogar befördern, sondern dagegen aufbegehren: ich möchte wetten, die Impfquote wäre wesentlich höher.
Warum?
Weil in Nicht-Akademikerkreisen derlei für jeden offenkundiger Dünnpfiff unter "Wissenschaft" insgesamt subsumiert wird und damit "die Wissenschaft" ein gewaltiges Imageproblem bekommen hat, das sich inzwischen auch auf die Naturwissenschaften auswirkt.
Wer z.B. ernsthaft behauptet, die biologischen Geschlechter wären ein "soziales Konstrukt" der kann halt in den Augen von Querdenkern auch behaupten, seine Impfung wäre wirksam. Kann man glauben oder nicht. "Wissenschaft" also als Religion.
Ich verstehe nicht, warum es sich professionelle Akademiker gefallen lassen, mit ideologisierten Schwachmaten in den gleichen Topf geworfen zu werden, um damit dann ihren guten Ruf zu verspielen. Wo ist der Aufschrei?
Ganz schön verque(e)r die oben beschriebene Kontroverse.
Die britische Philosophin Kathleen Stock hat nie an einer Demonstration teilgenommen, auf der sie die Vernichtung eines Volkes forderte. Sie hat nie die Flucht von Terroristen und mehrfachen Mördern gelikt oder in ähnlicher Hinsicht Sympathien geäußert. Pech gehabt.
Sie hat stattdessen das unverzeihliche Verbrechen begangen, ihre Meinung zu äußern: Nämlich, dass Menschen ihr ursprüngliches Geschlecht nicht einfach an den Haken hängen, sich für ein anderes entscheiden und dann noch erwarten können, dass alle Welt dies ohne Einschränkungen (Leistungssport!) akzeptiert. Man kann nun – wie ich – ebenfalls dieser Ansicht sein oder den gegenteiligen Standpunkt vertreten. Keinesfalls rechtfertigt die eine wie die andere Meinung massive Drohungen und Beleidigungen oder eine Forderung, die massive Auswirkungen auf den beruflichen und finanziellen Status desjenigen hat, der solches äußert.
Hätte sie eingangs erwähnte Positionen vertreten, würden nur wenige dies kritisieren, geschweige denn, dass ein studentischer Mob gemeinsam mit einer woken Bagage von „Wissenschaftlern“ u.a. ihren Rücktritt fordert.
Wie man dem am effektivsten begegnet, weiß ich nicht. Ganz sicher aber ist es notwendig, solche autoritären Bewegungen und ihre Unterstützer nicht weiter zu tolerieren. Wer so etwas äußert, hat sich definitiv aus einer konstruktiven Auseinandersetzung verabschiedet. Diese Fanatiker entwickeln sich immer stärker als Gefahr für die ungehinderte Meinungsäußerung in einer freien Gesellschaft.
#2 Andrea Pecher
Den #aufschrei wird es nicht geben, vor allem nicht in den Sozialwissenschaften.
Du erwähnst als sympathische Unterscheidung dazu die Geisteswissenschaftler, aber die sind völlig anders und daher auch eine vom Aussterben bedrohte Spezies in manchen Fachbereichen.
Aber es gibt, medial leider wenig beachtete, Initiativen:
https://www.netzwerk-wissenschaftsfreiheit.de/ueber-uns/mitglieder/
Seit dem Studium Bolognese (Bologna Reform) sind doch nach und nach die meisten Wissenschaftler (ca. 80% meines ungefähren Wissens nach) nur noch per Zeitvertrag angestellt.
Wenn man sich ansieht, wer heute bei Einstellungen oder Berufungen "mitbestimmen" darf, z.B. Personalrat, Gleichstellungsbeauftragte*Innen etc.. wundert sich doch über nichts mehr.
Die Zeiten in denen Fachleute über Talent, Qualität etc. entschieden sind doch vorbei.
Dieselben Gremien entscheiden auch über Vertragsverlängerungen.
Die Scholastik wurde im Mittelalter auch mal als wissenschaftliche Methode angesehen, jetzt sind wir wieder dort angekommen.
So wie es Xeno-Biologie als Fach an Hochschulen gibt, also die Erforschung von außerirdischen Lebensformen, so gibt es auch Leerstühle(sic!) für Gender-Studies 😉
Leider von den Letzteren immer mehr und vor allem immer lauter. Logik und Mathematik sind ja auch schon zu Herrschaftsmechanismen erklärt worden, die es gilt abzuschaffen. An Universitäten 😉
Hochschulen sind als soziale Systeme nur bedingt immun gegen mentale Viren und es ist immer noch kein Vakzin gegen strukturelle und individuelle Dummheit erfunden worden.
PS: Anekdotisches Erlebnis eines Bekannten beim Bewerbungsgespräch an einer Hochschule. Als er merkte, dass die ihn sowieso nicht haben wollen, fragte er die Kommission, er habe Aufgrund der Fragen den Eindruck, er müsse eine behinderte, lesbische Frau mit Migrationshintergund sein, um die Stelle zu bekommen. Er sagte, für den entsetzten und empörten Ausdruck auf den Gesichtern, hat es sich gelohnt, die kleine Restchance zu verspielen 😉
Es ist kaum noch möglich, gegen solche Idiotie der Aktivisten noch vorzugehen, wenn erst mal solche Formen von intoleranter Dummheit sich in Machtstrukturen etabliert haben, ist es bereits zu spät.
Wir immer sich Transmenschen fühlen mögen, es gibt nur zwei Geschlechter, es mag mehr Geschlechteridentitäten geben, aber das sit was Anderes, eine psychologische Frage, keine Biologische.
Mit der Verleugnung biologischer Fakten tun sich Transmenschen keinen gefallen, weil sie auf einer Lüge beharren, um unauffällig zu bleiben.
Aber hier zählt offensichtlich nicht die nüchterne Wahrheit, hier zählt der Wunsch unbedingt den Glauben durchzusetzen.
Und offensichtlich gibt es Pseudowissenschaftler, die nicht in der Lage sind die Fakten ausreichend zu differenzieren und nur das Gewünschte Plazebo unterstützen.
Das ist schlicht wissenschaftliche Inkompetenz!
Leider verlieren solche Leute trotz öffentlich demonstrierter Unfähigkeit deshalb nicht ihre Lehrstühle oder Lehrbefähigung, die ja offensichtlich nicht vorhanden ist.
Und deshalb werden Hexenjagden weiterhin zunehmend zum Alltag gehören, weil zu viele Gläubige zu Machtträgern werden konnten in Politik Wissenschaft und Gesellschaft.
Es wird anders als im Mittelalter nicht so schnell zu Mord und Totschlag kommen, aber ansonsten bestimmt wie damals der aufhetzte indoktrinierte Mob, was Sache ist.
Eine wissenschaftliche Ausbildung ist kein Garant dagegen, im Gegenteil verschafft sie den Gläubigen die Fähigkeit ihren Glauben einseitig wissenschaftlich zu unterlegen. Wer die Gegenseite nicht wahrnimmt oder kennt wird dann zum Opfer dieser Fakewissenschaft.
Um mal relevante fehlende Informationen hinzuzufügen, ein Zitat von Stock
[She has said that many trans women are] "still males with male genitalia, many are sexually attracted to females, and they should not be in places where females undress or sleep in a completely unrestricted way."
-> Sie verbreitet den transphoben Mythos, dass Transleute nicht das Geschlecht sind, als dass sie sich identifizieren und dass sie eine Gefahr für Cis-Frauen darstellen. Statistisch betrachtet ist das absoluter Nonsens. Selbst wenn wir außer acht lassen, dass die meisten Übergriffe von Menschen im persönlichen Umfeld ausgehen, ist es deutlich wahrscheinlicher, dass ein Cis-Mann sich in solche Orte einschleust als dass eine Trans-Frau übergriffig wird.
Sie ist dagegen, dass Trans-Frauen öffentliche WCs für Frauen benutzen, aus angeblicher Sorge vor Übergriffen. Die Alternative für Trans-Frauen wäre also, ein Männer-WC aufzusuchen. Ich hoffe, dass es offensichtlich ist, wie dies Trans-Frauen (welche sowieso schon deutlich mehr sexualisierte Gewalt erfahren als Cis-Frauen) in Gefahr bringen würde.
Stock ist weiterhin ein Treuhänder für die transphobe Organisation LGB Alliance, welche explizit das Ziel hat, Bildung zu Transsexualität in Schulen zu unterbinden und Trans-Kindern psychologische Hilfe zu verweigern.
Der Artikel unterschlägt diese Informationen, sowie den weiteren politischen Kontext, nämlich den enormen Anstieg an transphoben Standpunkten von Wissenschaftlern und berühmten Leuten im Vereinigten Königreich.
"Sie verbreitet den transphoben Mythos, dass Transleute nicht das Geschlecht sind, als dass sie sich identifizieren"
Das ist kein "transphober Mythos" sondern ein Fakt.
"…und dass sie eine Gefahr für Cis-Frauen darstellen. Statistisch betrachtet ist das absoluter Nonsens"
Mit "Cis-Frauen" sind Frauen gemeint, nehme ich an. Was genau ist da der angebliche "absolute Nonsens", und was ist da relevant im gegebenen Kontext?
"…ist es deutlich wahrscheinlicher, dass ein Cis-Mann sich in solche Orte einschleust als dass eine Trans-Frau übergriffig wird."
"Cis-Mann" bedeutet hier "Mann" nehme ich an, und "Trans-Frau" bedeutet hier ebenfalls "Mann" nehme ich an. Vermutlich siehst du schon worauf das hinausläuft. Semantik. Die angebliche Wahrscheinlichkeit beziehst du hier auf rein quantitative Verhältnisse?
"Sie ist dagegen, dass Trans-Frauen öffentliche WCs für Frauen benutzen, aus angeblicher Sorge vor Übergriffen"
Warum "angeblich"? Es geht ihr doch wohl darum, daß biologische Männer nichts in diese Toiletten gehen sollen, ein nachvollziehbarer Wunsch aus meiner Sicht.
"Die Alternative für Trans-Frauen wäre also, ein Männer-WC aufzusuchen."
Männer in Männer-WCs. Klingt logisch.
"Ich hoffe, dass es offensichtlich ist, wie dies Trans-Frauen (welche sowieso schon deutlich mehr sexualisierte Gewalt erfahren als Cis-Frauen) in Gefahr bringen würde."
Offensichtlich scheint mir zunächst, daß hier zwei unterschiedliche Gruppen subjektiv potentielle Gefahren wahrnehmen.
"…die transphobe Organisation LGB Alliance"
Auch wenn es dir der Terminus "Transphob" offensichtlich angetan hat, ist das wohl primär eher Demagogie als Fakt.
"…welche explizit das Ziel hat, Bildung zu Transsexualität in Schulen zu unterbinden"
Das ist mir zu vage. Was der eine als "Bildung" auffasst mag für den anderen ein Versuch sein, Ideologie oder zweifelhafte Pseudo-Wissenschaft ans Kind zu bringen. Die Definitionshoheit darüber sollte eine Gesellschaft nicht befangenen Minderheiten-Aktivisten überlassen.
"…und Trans-Kindern psychologische Hilfe zu verweigern."
Diese Behauptung glaube ich dir, ohne Beleg, nicht.
"den enormen Anstieg an transphoben Standpunkten von Wissenschaftlern und berühmten Leuten im Vereinigten Königreich"
Ich bin ziemlich sicher, daß man hier legitim "transphob" mit "kritisch" ersetzen kann.
aus dem offenen Brief:
"…We do not say Stock should not be permitted to say the things she does. We believe in the principles of academic freedom,…"
"…By no means are we suggesting that there aren’t deep and important questions about sex and gender, or that philosophers should not pursue them…"
Ich verweise auf Arbeiten von M. Groneberg (Universität Lausanne).
#9:
ebenfalls aus dem offenen Brief, in direktem Zusammenhang mit den von dir zitierten Passagen:
"…we should not use that freedom to harm people, particularly the more vulnerable members of our community. Conflating concern about the harms of Stock’s work with threats to academic freedom obfuscates important issues."
"Rather, our concern is that some — apparently including the British government — have a tendency to mistake transphobic fearmongering for valuable scholarship, and attacks on already marginalized people for courageous exercises of free speech.
We stand against prominent members of our profession using their academic status to further gender oppression."
Ich verweise auf zahlreiche Betrachtungen des Phänomens der Lüge durch Auslassung sowie Techniken der manipulativen Rhetorik.
Ich habe mal ein Video gesehen wo Bücher der Autorin, K. J. Rowling, verbrannt worden sind. Die sind so fanatisch, dass denen das zuzutrauen ist. Leider hat sich die Gender- u. Diversity- Sekte schon in viele Institutionen eingenistet. Städte, Unis, Schulen, KiTaS, Parteien, DGB- Gewerkschaften, Kirchen, Medien, Wohlfahrtsverbände. "Der Paritätische", scheint mir da weit vorne zu sein. So können sie, administrative, strukturelle und institutionelle Gewalt anwenden. In Universitätsstädten scheinen sie besonders aggressiv zu sein. Im Schatten der Coronakrise fand eine große Offensive statt, 1. Lockdown. Da tauchte aufeinmal fast überall das Gendersternchen auf. Es ist zu befürchten, dass mit der Dekonstruktion von Geschlechteridentitäten, unter Verwendung von, "Social Engineering", viele in eine Krise gestürzt werden. Die Gender- Kibbuz- Langzeit- Studie, von Melford E. Spiro ist zu diesem Ergebnis gekommen. Die Studie fand glaube ich in den 60' gern statt. Das sonst die Auswirkungen dieser Politik erforscht werden, ist mir nicht bekannt. Es ist aber zu erwarten, dass sie einen zersetzenden Effekt hat. Mittlerweile sollten einige wissen, was "Dort- Bund" bedeutet. Klingt zwar harmlos, ist es aber nicht.
Ich finde die pauschale Verurteilung von Geisteswissenschaften nicht richtig. Die Metaphysik versucht Fragen zu beantworten, die die Physik nicht beantworten kann. Das ist nicht nur legitim, sondern auch notwendig.
Ich habe mich erst ein bisschen in die Debatte einlesen müssen. Jett liest es hier vielleicht keiner mehr, aber ich möchte meine Gedanken zumindest für mich hier drunter setzen.
Also:
Stock sagt nicht etwa lediglich, dass es in Bezug auf Geschlcht biologische Tatsachen gebe. Aber dass es bestimmte biologische Merkmale gibt und dass es ferner zwei große Gruppen von Menschen gibt , in denen diese Merkmale in bestimmten Sets zusammenfallen (aber außerdem auch noch Menschen, bei denen das nicht so ist), bestreitet ja auch praktisch niemand.
Sie behauptet aber außerdem, dass diese biologischen Merkmale alleine die wesentliche Rolle für soziale Fragen im Zusammenhang mit Geschlecht spielen sollen. Sie lehnt es ab, dass Menschen, bei denen diese biologischen Merkmale nicht mit einem bestimmten psychologisch-sozialen Geschlechtsempfinden (und auch das ist ein Fakt!) zusammenfallen, sich in sozialer Hinsicht nach dem psychologisch-sozialen einordnen dürfen, und meint, dass da nur die biologischen Merkmale gelten sollten.
Sie lehnt es ab, dass Trans-Frauen Schutzräume für Frauen benutzen dürfen – obgleich Trans-Frauen eindeutig mindestens genauso sexistischer Gewalt ausgesetzt sind wie Cis-Frauen, eher deutlich mehr.
Sie behauptet, dass von der leichteren Anerkennung von Transpersonen "Gefahren" für Cis-Frauen ausgingen. Sie behauptet, dass dadurch Lesben unter Druck gesetzt würden, Männer zu werden (geht es noch absurder?).
Sie fordert, einen LGBT+-Verband, der u.a. diskriminierte LGBT*.Personen am Arbeitsplatz unterstützt, von Campus zu verbannen (im Namen der Wissenschaftsfreiheit, versteht sich).
Wenn all das nicht transphob und transfeindlich ist, was denn dann?
Und bei all dem war sie _zuerst_ eine politische Aktivistin gegen die leichtere juristische Anerkennung von Transpersonen und hat sich erst in der Folge dem Thema Geschlecht in ihrer akademischen Tätigkeit zugewandt, während sie vorher zu ganz anderen Themen gearbeitet hat. Und bei ihrem Aktivismus hat sie auch nicht nur Wattebäusche benutzt.
Das alles rechtfertigt natürlich keine Drohungen gegen sie, und erst recht würde es keine Gewalt rechtfertigen. Aber es ist eben nicht eine von einer Seite ideologisch getriebene Kampagne gegen freie Wissenschaft, sondern eine von beiden Seiten geführte politische Auseinandersetzung um die juristische Anerkennung von Transpersonen.
Protest gegen solche Positionen ist dabei allemal legitim; und damit auch, dass andere Wissenschaftler:innen in einem offenen Brief dagegen protestieren, dass jemand angeblich als Wissenschaftlerin, aber ziemlich offenkundig viel eher wegen ihres transfeindlichen Aktivismus von einer konservativen Regierung mit einem Orden bedacht wird. Wo also der Skandal darin liegen soll, dass auch Wissenschaftler:innen der RUB diesen Brief unterzeichnet haben, erschließt sich mit nicht.
Für Leute, die ein bisschen mehr Hintergrund lesen möchten, als im Großteil der deutschen Presse zu lesen war:
https://uebermedien.de/65160/die-professorin-und-der-mob-wenn-medien-vor-lauter-empoerung-nicht-mehr-den-konflikt-erklaeren/
@paule t.: Was ist an ihren Aussagen biologisch falsch? Warum soll es keine Räume für verfolgte Frauen geben, in denen sie nur auf Frauen treffen? Protestieren kann man übrigens gegen alles. Wir leben in einem freien Land. Aber es ist auch ok zu benennen, wer sich in Deutschland daran beteiligt hat.
#13: "Wenn all das nicht transphob und transfeindlich ist, was denn dann?"
Eine Betrachtung des Tatsächlichen unter Auslassung populärer Konstrukte und Mythen, womöglich.
@ #14, Stefan Laurin:
Zitat: "Was ist an ihren Aussagen biologisch falsch?"
Nichts. Und das habe ich auch nicht behauptet. [Wie gründlich lesen Sie Kommentare, auf die Sie antworten?] Im Gegenteil habe ich ja geschrieben: "[…] dass es bestimmte biologische Merkmale gibt und dass es ferner zwei große Gruppen von Menschen gibt , in denen diese Merkmale in bestimmten Sets zusammenfallen (aber außerdem auch noch Menschen, bei denen das nicht so ist), bestreitet ja auch praktisch niemand."
Also die Aussage, dass auf der Ebene biologischer Merkmale die allermeisten Menschen zwei Geschlechtern zugeordnet werden können, ist unproblematisch, aber auch völlig banal.
Problematisch und diskriminierend werden ihre Aussagen dadurch, dass sie für Fragen, die im Wesentlichen Fragen des _sozialen_ Umgangs sind, ausschließlich diese _biologischen_ Merkmale gelten lassen will. Damit ignoriert sie andere Tatsachen, nämlich dass – nach Stand der Wissenschaft, hier Medizin und Psychologie – bei einigen der Menschen die psychologisch-soziale
Geschlechtsidentität mit der biologischen Geschlechtssortierung nicht übereinstimmt.
Diese Auschließung der psychologisch-sozialen Ebene zugunsten ausschließlich der biologischen Merkmale bei gesellschaftlichen Fragen ist ein ziemlich offensichtlicher, grober Kategorienfehler: Sie "fundiert" Aussagen "naturwissenschaftlich" (wie Sie es nennen), bei denen es nicht primär um Naturwissenschaft _geht_.
(Genau so wie es ein Kategorienfehler wäre, auf die psychologische-soziale Ebene zu schauen statt auf Geschlechtsorgane, Hormonstatús und Chromosomen, wenn man zB über die Behandlung von Prostataerkrankungen spricht.)
Und durch diesen Kategorienfehler verweigert sie einer gesellschaftlich stark diskriminierten Gruppe die Anerkennung, implizit generell und bei einer Reihe von Einzelfragen.
Zitat: "Warum soll es keine Räume für verfolgte Frauen geben, in denen sie nur auf Frauen treffen?"
Andere Frage: Warum sollen ausgerechnet jene Frauen, die nicht weniger, sondern eher noch stärker von sexistischer Diskriminierung und Gewalt betroffen sind, nämlich Trans-Frauen, von solchen Schutzräumen ausgeschlossen werden? Warum sollte man ausgerechnet diese Leute, die zu den am stärksten diskriminierten Gruppen gehören, zu einer Gefahr für andere Frauen stilisieren, mit dem Ziel, sie von solchen Schutzräumen auszuschließen?
Damit setzt sie sich nicht, wie Sie behaupten, "für die Interessen von Frauen" ein, sondern _gegen_ die Interessen einer eh schon besonders diskriminierten Gruppe von Frauen.
Zitat: "Protestieren kann man übrigens gegen alles. Wir leben in einem freien Land. Aber es ist auch ok zu benennen, wer sich in Deutschland daran beteiligt hat."
Klar, man kann auch alles mögliche benennen. Man kann auch die Selbstbenennung durch Unterzeichnung eines solchen Briefes wiederholen – aber welchen Erkennisgewinn gibt das, wenn man nicht so tun will, als gäbe es da irgendeinen Skandal? Und der besteht eben nicht.
Und wenn man im Zuge bei dieser Benennung so tut, als wäre hier ausschließlich eine brav und ganz neutral vor sich hinforschende Wissenschaftlerin von einer ideologisch motivierten Kampagne betroffen und nicht etwa jemand, die in der Streitfrage primär selbst eine ideologisch motivierte Aktivistin ist, stellt man die Sachlage einfach falsch dar.
@ #15 Tolduso, Zitat:
"#13: "Wenn all das nicht transphob und transfeindlich ist, was denn dann?"
Eine Betrachtung des Tatsächlichen unter Auslassung populärer Konstrukte und Mythen, womöglich."
Kaum. Ganz im Gegenteil lässt man dabei Aspekte des Tatsächlichen aus, nämlich dass es Personen gibt, bei denen die Sortierung in zwei Geschlechter ausschließlich anhand biologischer Merkmale nicht funktioniert. Und man setzt damit ein viel populäreres Konstrukt fort, nämlich eben das Konstrukt, dass man die gesamte Menschheit auf diese Art sortieren könnte.
Es geht bei den Anschuldigungen darum, das biologische Geschlecht zu verleugnen, weil dem betroffenen Personenkreis daran gelegen ist, nur noch nach dem sozialen Geschlecht wahrgenommen zu werden.
Was ebenso absurd ist, wie die Leugnung der Tatsache das es soziale Geschlechter gibt.
Man kann die Ausnutzung des biologischen Geschlechts, dort wo es signifikanten Einfluss hat, nicht einfach leugnen.
Es handelt sich nun mal nicht um biologische Frauen und das hat eindeutig und wissenschaftlich völlig unbestritten reale Auswirkungen.
Das Festhalten an wissenschaftlichen Fakten ist weder transphob noch transfeindlich, sondern einfach das Beharren auf reale Fakten.
Das Dilemma das dabei entsteht, kann man nicht überwinden, in dem unliebsame man Wahrheit negiert.
Damit gefährdet man nur, die bereits erreichten massiven Fortschritte für betroffene Menschen..
@ #18 Berthold Grabe
Zitat: "Was ebenso absurd ist, wie die Leugnung der Tatsache das es soziale Geschlechter gibt."
Das ist aber nun mal die Position Stocks. Oder zumindest will sie, dass das soziale Geschlecht weitgehend irrelevant sein soll und das biologische Geschlecht auch den gesellschaftlichen Umgang prägt – was mMn in der Praxis auf dasselbe hinausläuft. Das zeigt sich in den diskutierten Beispielen und geht bis dahin, dass sie sich über geschlechtsneutrale Pronomina lustig macht (laut dem oben von mir verlinkten Artikel).
(Und, nur nebenbei, ist die Leugnung der Tatsache des sozialen Geschlechts die Position einiger Diskussionsteilnehmer hier.)
Zitat: "Es geht bei den Anschuldigungen darum, das biologische Geschlecht zu verleugnen, weil dem betroffenen Personenkreis daran gelegen ist, nur noch nach dem sozialen Geschlecht wahrgenommen zu werden."
Das ist mE nicht so. Es geht bei den Protesten vielmehr darum, dass es nicht _nur_ um das biologische Geschlecht, sondern dass es bei Fragen des sozialen Umgangs eben primär um das soziale Geschlecht geht.
Wenn es hingegen um biologische Fragen geht, würde ich wetten, dass 99,9% der Transpersonen keine Einwände dagegen haben, dass die biologischen Geschlechtsmerkmale als solche wahrgenommen werden. Oder haben Sie schon einmal davon gehört, dass eine Transfrau eine Behandlung gegen Prostatakrebs verweigern würde, weil sie nun mal kein Mann sei? Oder etwas Ähnliches? Ich auch nicht.
@ Paule t.
Jeder Mensch kann sich geschlechtlich so sehen und fühlen wie er will. Aber er kann nicht verlangen auch von allen anderen geschlechtlich genauso wahrgenommen zu werden, wie er es gerne möchte. Er kann darüber auch nicht beleidigt sein, so lange damit keine Diskriminierung verbunden ist. Konkret: Ich kann eine Transfrau in ihrem Wunsch als Frau zu gelten Respekt erweisen und sie trotzdem weiter als biologischen Mann ansehen, weil sie das immer noch ist. Es gibt keine Pflicht einen Menschen nur so zu sehen, wie er sich selbst sieht. Wie wäre sonst gegenseitige Kritik und der Dialog über unterschiedliche Auffassungen und Meinungen noch sinnvoll möglich.
@paule t. Ich denke nicht, daß es bei der Aufregung um die Definition geht, ob Transfrauen Frauen sind. Außer Ihnen diskutiert das auch niemand. Darum habe ich mich nur mit diesem Aspekt beschäftigt "…aber welchen Erkennisgewinn gibt das, wenn man nicht so tun will, als gäbe es da irgendeinen Skandal? Und der besteht eben nicht."
Offenbar doch, denn
den Offenen Brief haben einige Medien, bis hin zur TAZ durchaus als negativ eingestuft.
Viele berichten negativ darüber. Ist das dann ein Skandal oder nicht?
In dem Link zum Kommentar in der TAZ schreibt Jan Feddersen
"…und ein starkes Indiz für die Fähigkeit zum Mob akademischer Kreise ist der Fall der britischen Philosophin Kathleen Stock, die an der Universität Sussex 16 Jahre lehrte und seit Jahren einem kollegialen wie studentischen Furor ausgesetzt ist."
und dann weiter:
"Eine internationale Unterschriftenliste, die ihre Ablösung forderte, darunter auch Leute aus dem deutschen Universitätsbetrieb, unterfütterte den global getunten Mob."
Ganz ehrlich, verglichen damit erscheint mir der Artikel von Laurin sogar als harmlose sachliche Berichterstattung.
https://taz.de/Professorin-tritt-nach-trans-Eklat-ab/!5809038/
Dieselbe Taz beschäftigt sich sogar mehrfach mit dem Fall Kathleen Stock
Hier noch ein paar andere Beispiele:
https://taz.de/Der-Fall-Kathleen-Stock/!5813970/
https://taz.de/Transfeindliche-Professorin-tritt-zurueck/!5808853/
https://taz.de/Die-These/!5814303/
Mir ist bei der Quellensuche übrigens aufgefallen, daß der "Diskurs" der keiner ist, nur den Übergang von Männern Richtung Frau betrifft und nie (!) Fälle berücksichtigt, in denen Frauen sich in Männer umoperieren lassen. Allein diese Einseitigkeit ist schon unwissenschaftlich.
Ich will es kurz machen. Da ich einen solchen Fall aus meinem Freundeskreis kenne, kann ich sagen, daß dieser Fall innerhalb dieses Freundeskreises vollkommen ohne negative Emotionen berichtet wurde. Aber warum?
Helmut Junge -21-
"Aber warum? "
Denkbar, daß in Deinem Freundeskreis noch das "selbstverständliche " Bemühen vorherrscht, den Anderen, den Andersseinwollende, den Andersdenkenden, den Andersleben- und Andersliebenwollende zu akzeptieren -so wie er ist, so wie er sein will so wie er sich zu leben und zu lieben wünscht ?
Wenn das "überall" und "beidseitig" so wäre, ließe sich, so meine ich, mit dem jeweils Anderen/mit den jeweils Anderen ein Diskurs führen -sh. "rationale Kommunikation".
Wenn das nicht der Fall ist -und das scheint generell in den die heutigen Gesellschaft so zu sein-, führt das zwangsläufig nicht nur zu sinnlosen Meinungsbekundugen, sondern zu beidseitigem, zu gegenseitigem Hass, der sich von Meinungsbeitrag zu Meinungsbeitrag maßlos auswächst. Ich bemühe mich, dazu nicht beizutragen, indem ich "zur Sache" schweige, z.B. wenn es um das hier "behandelte" Thema geht oder auch grundsätzlich dann, wenn es um die "Identitären" geht.
Was ist transfeindlich?
Dies?
"In einer Welt, in der Gender-Identität dem biologischen Geschlecht übergeordnet sei, hätten Frauen, das physisch schwächere Geschlecht, das Nachsehen. Unter bestimmten Umständen, so Stock – in Gefängnissen, bei Therapien in Vergewaltigungsfällen und beim Sport –, sollte das biologische Geschlecht Vorrang haben, um die Rechte der Frauen zu schützen."
(https://www.nzz.ch/feuilleton/kathleen-stock-eine-professorin-beharrt-auf-frau-und-mann-ld.1653503)
Persönlich fällt es mir aber schwer in diesem Streit klar Position zu beziehen. Die Quellenlage ist für mich unbefriedigend. Weder habe ich Stocks Buch «Material Girls. Why Reality Matters for Feminism» gelesen, noch halte ich Medienschaffende für hinreichend mit Selbstdisziplin ausgestattet, um zu den eigenen emotionalen Regungen soweit auf Distanz zu gehen, daß von der Einnahme einer Metaebene bei der Betrachtung der Ereignisse auszugehen wäre. Emotionalisierung und Personalisierung ist das Gebot der Stunde für Journalisten, wie wir aus einem internen Leitfaden der ARD wissen (können).
Ein Kleiderschrank von Transaktivist und BBC-Journalist, der Frauen jahrelang als "Cunt" bezeichnet hat, hat dem Anliegen von Transmenschen jedenfalls einen fürchterlichen Bärendienst erwiesen. Welche Possen Gendergerechtigkeit bei gedankenlosem Vertreten einer angeblichen Opferposition nach sich ziehen kann zeigen Bücherverbrennungen oder die Kandidatur von David Allison auf der Frauenliste der Reutlinger Grünen. Gut gemeint ist häufig nicht gut gemacht.
Auch der differenziert klingende Übermedien-Artikel kann mein Mißtrauen nicht wirklich ausräumen. Eine im Trommelfeuer der Kritik stehende Kollega reagiert nicht auf eine Einladung zum Disput. Bei gegebener Stimmungslage müsste man die Einladung gelesen haben, um dazu eine eindeutige Stellung beziehen zu können. Auch die anderen Berichte über charakterliche Mängel von Stock sind hinterfragbar, belegt ist letztlich keiner der Vorwürfe.
Uns selbst, als letztlich nicht betroffene, tun wir einen Gefallen damit, die Ambivalenz der Situation auszuhalten. Wir sollten dazu unser Wissen als Teil einer aufgeklärten Gesellschaft nutzen. Dieses Wissen bedeutet, eine offen lesbisch lebende Frau mit Kind ist erheblichen Anfeindungen ausgesetzt und dürfte Gewalterfahrung haben. Dieses Wissen bedeutet auch, Transmenschen haben mit erheblichen Anfeindungen zu kämpfen und haben ihre Gewalterfahrung gemacht.
Wir wissen außerdem, Menschen, die Gewalterfahrungen gemacht haben, neigen selbst zu Gewalttätigkeit. Wenn z.B. Transaktivisten den Mob aufhetzen und dabei die Privatadressen des "Transphoben" im www veröffentlichen, inszenieren sie sich hinterher schon mal als Opfer, wenn es dann Kritik hagelt, die natürlich ausschließlich transphob sei. Dem "Cunt"-Aktivist würde ich persönlich auch den Zugang zu einer Mädchenumkleide eher verweigern wollen.
Transmenschen sind Opfer von Häme und offener Gewalt. Den Aktivisten nach dem Mund zu reden, bedeutet aber Transmenschen in letzter Konsequenz in den Rücken zu fallen. Den nicht jeder Widerspruch ist phobisch geprägt und nicht alles was Aktivisten (im NT heißen solche Leute Eiferer – etwas plattköpfig, nervig, engagiert, unter dem Strich der Sache vermutlich schadend) so von sich geben, hilft den Betroffenen.
Gewalt gegen Frauen und die Vorhaltung von Schutzräumen für Frauen (z.B. getrennte Toiletten am Arbeitsplatz) sind eine Erfahrung die inzwischen offensichtlich so selbstverständlich sind, daß sie gedankenlos zur Disposition gestellt werden. In der Debatte um Frauen und Transmenschen mit biologisch männlichem Geschlecht drohen die Interessen von 51% der Bevölkerung einfach übergangen zu werden, meistens von biologischen Männern, ob trans oder nicht.
Walter, meine Freunde sind tolerant. die halten mich sogar aus. Deretwegen habe ich nicht "warum" gefragt. Das warum bezog sich auf die unterschiedliche Beurteilung von Geschlechtsumwandlungen Richtung Mann zu Frau und Frau zu Mann durch breite Teile der Öffentlichkeit, einschließlich der Medien. Wir diskutieren immer nur Mann zu Frau Umwandlungen. Warum interessiert sich niemand für Frau zu Mann-Umwandlungen?
Ich weiß es nicht.