Zum ersten Mal in der Geschichte tritt ein deutscher Bundespräsident zurück. Zu Recht. Denn Köhler hatte erklärt, deutsche Interessen wie freie Handelswege mit „militärischen Mitteln“ durchsetzen zu wollen. Der frühere Wirtschaftsmann hatte Tränen in den Augen, als er seinen Entschluss begründete.
Köhler bedauert allerdings nichts seine Äußerungen. Sondern alleine die Kritik daran. „Die Unterstellung, ich habe einen grundgesetzwidrigen Einsatz der Bundeswehr zur Sicherung von Wirtschaftsinteressen befürwortet, entbehrt jeder Rechtfertigung“, sagte Köhler. Das lasse den notwendigen Respekt vor dem höchsten Staatsamt vermissen. Dabei war die Kritik völlig zurecht. Denn natürlich plädierte Köhler für nichts anderes als das Sterben für den Außenhandel. Wörtlich sagte er in einem Radiointerview: „Ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung muss wissen, dass auch militärischer Einsatz notwendig ist um unsere Interessen zu wahren. Zum Beispiel für freie Handelswege.“ Nun bedauert Köhler in seiner Erklärung, dass es in seinen Äußerungen zur Rolle der Bundeswehr „in wichtigen und schwierigen Fragen zu Missverständnissen kommen konnte“. Missverständnisse? Zum ersten Mal hat er die wirtschaftlichen Interessen eines für viele Menschen tödlichen Krieges offenbart. Und so die banal-grausame Ursache für Kampfeinsätze benannt. Mit seinem Rücktritt sollte nun die Debatte beginnen, warum deutsche Soldaten in Afghanistan kämpfen und wie lange noch.
Gesprochen um zu sprechen, geredet um weiterzureden: Der Sondierungs-Marathon für die künftige Regierung in Nordrhein-Westfalen wird weitergehen: CDU und SPD haben sich heute nur auf einen minimalen Konsens verständigt – auf weitere Gespräche. „Wir haben sehr ernsthaft und intensiv gesprochen“, sagte die SPD-Verhandlungsführerin Hannelore Kraft mit unbeweglicher Miene. Und der amtierende CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers sekundierte mit ebenso gestrengem Gesichtsausdruck. „Wir werden ernsthaft versuchen, uns zu einigen. Das wird ein erhebliches Stück Arbeit werden“, prophezeit der Rheinländer und Wahlverlierer.
Rüttgers hatte laut Teilnehmern ordentlich Kreide gefressen. Der Mann will an der Macht bleiben und scheint bereit zu sein, einige CDU-Überzeugungen kurzerhand zu opfern. Denn heftig waren die Auseinandersetzungen noch bis vor wenigen Tagen. Nach dem Scheitern der rot-rot-grünen Gespräche vor genau einer Woche saßen sich nun beide Seiten unvermittelt bei Schnitzel und Mousse au Chocolat in einem Düsseldorfer Flughafen-Hotel gegenüber. Und haben in einer Art „Generaldebatte“ alte Wunden geleckt. „Wir konnten in sehr großer Offenheit diskutieren“, sagte Kraft. Statt über Inhalte und die große Politik zu verhandeln mussten erst einmal menschliche Animositäten ausgebügelt werden. Zunächst haben sich wohl beide Fraktionen die Verletzungen des Wahlkampfes vorgeworfen. Die CDU nahm der SPD übel, Jürgen Rüttgers nach seiner Sponsoring-Affäre als „käuflich“ bezeichnet zu haben. Und die SPD hat die „Kraftlanti“-Kampagne der CDU nicht vergessen, bei der Hannelore Kraft vorgeworfen wurde sie täusche die Wähler über die Absicht eines Rot-Rot-Grünen Bündnisses hinweg.
Auch über Ökologie und Wirtschaft haben die Delegationen gesprochen – dies sind allerdings die Themen mit den größten Überschneidungen. So kam es zu der Verständigung auf Selbstverständlichkeiten: Regenerative Energien sollen gefördert und Arbeitsplätze dort geschaffen werden. Erst am kommenden Dienstag wird es dann um die harten Themen gehen wie Bildung, bei denen beide Parteien schroff konträre Ansichten vertreten. Die SPD fordert ein gemeinsames Lernen bis zur zehnten Klasse – ein Vorschlag, den Rüttgers immer als „unverantwortlich“ und „chaotisch“ zurückgewiesen hat. Er ist aber in einer Koalition mit der SPD zu Korrekturen an seiner bisherigen Politik bereit. Aber auch die CDU wird ihre Bilanz in der neuen Regierung nicht komplett umkehren können. Sie will aber die bei einem Platzen der Gespräche wahrscheinlichen Neuwahlen verhindern. Schließlich verliert sie gerade nach neuen Umfragen noch mehr als die zehn Prozent an Stimmen, die sie vor zweieinhalb Wochen eingebüßt hat.
Es war die inzwischen dritte Zusammenkunft der gefühlten Wahlsiegerin SPD mit möglichen Verbündeten in einem Düsseldorfer Hotel seit der Landtagswahl am 9. Mai. Zuerst trafen sich die „Wunschpartner“ SPD und Grüne, um sich auf Sondierungen mit FDP und Linke zu verständigen. Die Liberalen sagten nach widersprüchlichen Reaktionen aus der offenbar zerstrittenen Landtagsfraktion mögliche Gespräche ab. Und das erste Rendez-Vous mit der Linken wurde zu einem stundenlangen zähen Ringen um die richtige Interpretation der deutsch-deutschen Geschichte und endete mit einem Zerwürfnis.
Wie viele Gespräche es zwischen SPD und CDU werden und ob daraus tatsächlich eine Regierung geschmiedet werden kann ist völlig offen. „Ich habe keine hellseherischen Fähigkeiten“, sagte Hannelore Kraft. Und nach den Sondierungen hat bei der SPD auch die Basis ein Wort mitzureden: Sie soll auf Regionalkonferenzen in die dann mögliche Große Koalition mit einbezogen werden. Erster Stimmungstest folgt an diesem Samstag auf einer Regionalkonferenz der SPD in Bochum. Und so stehen auch die nächsten Düsseldorfer Sondierungen am kommenden Dienstag wieder Spitz auf Knopf.
Sterben für den Außenhandel: Bundespräsident Köhler erklärt in einem bislang unbeachteten Interview auf Deutschlandradio den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr. Wörtlich sagt der frühere IWF-Mann dort: „Ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung muss wissen, dass auch militärischer Einsatz notwendig ist um unsere Interessen zu wahren. Zum Beispiel für freie Handelswege.“
Deutschlandradio, Agenturen und Zeitungen berichteten später nur noch in der gekürzten Fassung und ließen Köhlers schneidige Kriegs-Erklärung weg. Übrig blieb aus dem Interview nur noch sein Zitat, den deutschen Soldaten müsse Anerkennung gezollt werden. Nur im Blog der Wochenzeitung Freitag wurde darüber diskutiert – und der Ruhrbarone-Leser „68er“ machte uns darauf aufmerksam.
Köhler hatte am vergangenen Freitag auf der Rückkehr von seiner China-Reise überraschend das Feldlager Masar-i-Sharif bei den dort stationierten Bundeswehrtruppen besucht. Seit neun Jahren kämpfen deutsche Soldaten in dem geschundenen Land, haben Zivilisten erschossen und vermeintliche oder wahre Terroristen in die Luft gesprengt. Und haben selbst ihr Leben verloren. Erst im April waren innerhalb on zwei Wochen sieben deutsche Soldaten gestorben, viele andere schwer verletzt.
Nun wissen ihre Familien, wofür sie sich verstümmeln lassen und zu welchem Zweck sie selbst Familienväter und Schwangere töten. Für den Außenhandel. Blumige Reden von Brücken und Mädchenschulen, die die Deustchen dort aus angeblich humanitären Gründen aufbauen, sind eine glatte Lüge. Das ist schon lange durchschaubar, aber nun wurde diese Lüge vom höchsten Amtsträger im Staat blank gelegt. Jede moralische Begründung für diesen Krieg ist nun offiziell lächerlich. Es sei denn, jemand wolle tatsächlich Arbeitsplätze gegen Menschenleben aufrechnen.
Immerhin wissen die Soldaten jetzt, dass sie für den Export von Dax-Konzernen sterben. Denn auch da sind Köhlers Worte klar: „Niemand kann ausschließen dass wir weitere Verluste beklagen müssen. Es wird wieder Todesfälle geben. Nicht nur bei den Soldaten sondern auch bei den zivilen Aufbauopfern. Wir müssen uns dieser Realität stellen“
Wer lädt ein? Wer bezahlt Kaffee und Käsebrötchen ? Und noch wichtiger: Wo wird verhandelt? Wenn Wahlverlierer Jürgen Rüttgers (CDU) morgen auf die gefühlte Siegerin Hannelore Kraft (SPD) trifft, hängt die große Politik an kleinen Details. Schließlich wird einer von beiden zukünftig Macht abgeben – oder neu wählen lassen
Gedealt um die künftige Landesregierung wird im Maritim-Hotel am Düsseldorfer Flughafen, möglichst weit von der Staatskanzlei am Rhein. „Wir wollen auf Augenhöhe verhandeln“ sagen sowohl SPD-Chefin Hannelore Kraft als auch der noch regierende Ministerpräsident Jürgen Rüttgers. Zuvor behaupteten beide Seiten, sie hätten die andere Partei eingeladen. Die SPD schickte wenige Minuten nach dem Scheitern der rot-rot-grünen Sondierungsgespräche am vergangenen Donnerstag eilig einen Boten mit dem Einladungsbrief an die CDU-Geschäftsstelle. Rüttgers sprach unbeirrt wenige Stunden später davon, glücklich darüber zu sein, dass die SPD seine „Einladung annimmt.“ Abgeschickt hatte er aber nie eine.
Das absurde Hase-und Igel-Wettrennen um die Führungsrolle hat begonnen. Bei diesem ersten Treffen wird es natürlich darum gehen, wer die Regierung anführt und letztendlich das Sagen hat. Zwar hat Rüttgers bei der Landtagswahl vor zweieinhalb Wochen 6000 Stimmen und damit 0,1 Prozent der Stimmen mehr erhalten, die Fraktion ist mit 67 Mitgliedern aber genauso groß wie die der SPD. Und Hannelore Kraft ist die gefühlte Siegerin dieser Wahl und hat sich auch als künftige Ministerpräsidentin präsentiert.
Die SPD hat hohe inhaltliche Hürden gesetzt. „Die Menschen haben einen Politikwechsel gewählt und da muss die CDU jetzt umdenken“, sagt Kraft. Sonst werde es nicht zu Koalitionsverhandlungen kommen. Zweckoptimistischer zeigte sich Rüttgers am Mittwoch. „Wir wollen den Erfolg dieser Gespräche“, sagte er. Bei Verhandlungen über eine große Koalition müsse „jeder seinen Teil dazu beitragen, dass es gemeinsame Lösungen gibt“, sagte der CDU-Landeschef. Die CDU sei zu Kompromissen bereit.
Notgedrungen. Denn die CDU hat keine attraktive Alternative zur großen Koalition. Sie würde bei den drohenden Neuwahlen und dem zu erwartenden Spar-Feuer aus Berlin wahrscheinlich noch mehr verlieren. Ihr bisheriger Wunsch-Partner, die unglückliche FDP, droht gar unter die 5-Prozent-Hürde zu fallen. Mit der Absage von Kraft an ein Bündnis mit der Linkspartei würde diesmal auch die Endlosschleife der CDU von der „drohenden Koalition mit Extremisten“ nicht mehr gespielt werden können. Ein anderer Wahlkampfschlager aber, der ideologisch aufgeheizte Streit um das zukünftige Schulsystem, könnte in den morgigen Verhandlungen zum explosiven Bumerang mutieren.
Denn in der Bildungspolitik treffen zwei Weltanschauungen aufeinander. Die CDU an Rhein und Ruhr möchte im Prinzip wenig am System ändern, die SPD ein gemeinsames Lernen aller Schüler bis zur zehnten Klasse durchsetzen. Christdemokraten warnten in den vergangenen Monaten vor dem „drohenden Chaos in den Schulklassen“ und stellten sich sogar mit Pappschildern auf den Pausenhof von Gymnasien. „Die SPD will diese Schule schließen“, prangte darauf. Dass Rüttgers nun selbst eine Zusammenführung der Schulformen absegnet ist fast ausgeschlossen. Auch die Einführung der Studiengebühren von 500 Euro pro Semester war ein Herzstück der Rüttgers Koalition. Sie jetzt wieder abzuschaffen wäre eine nachträgliche Annullierung seiner Bilanz.
Die SPD kann ihre Forderungen nicht abmildern. Sie muss die Koalition mit dem bis vor zwei Wochen noch so heftig bekämpften Christdemokraten der Basis vermitteln. „Bei der großen Koalition ist da nicht nur Jubel vor Ort, sondern es gibt große Skepsis,“ sagt Kraft. Der Grund seien die schlechten Erfahrungen der SPD mit der großen Koalition im Bund.
Den Genossen müsste also das Groß-Bündnis versüßt werden. Zum Beispiel mit einem einem neuen CDU-Fürsten. Rüttgers ist für die Sozialdemokraten an Rhein und Ruhr ähnlich untragbar wie einst Roland Koch für die hessischen SPDler. Nicht weil er wie Koch polarisierte, sondern weil er sich im einstigen roten Stammland als neuer Arbeiterführer verkaufte. Das schmerzte die Genossenseele. Gut möglich also, dass Rüttgers ohne Macht aus der Hotel-Lobby schreitet. Und die Staatskanzlei künftig in den Händen von seinen heiß gehandelten Erben wie Generalsekretär Andreas Krautscheid oder NRW-Integrationsminister Armin Laschet liegt. Kraft hingegen dürfte in jedem Fall gestärkt hervor gehen: Sie wird für sich mindestens ein Superministerium, etwa für die Ressports Wirtschaft und Arbeit, einfordern. Und bei Neuwahlen wird es auch Kraft sein, die in einigen Monaten wieder in ein Düsseldorfer Hotel einlädt. Nur wen ist dann noch ungewiss.
Nun ist der Bericht über die als überparteilich getarnte Wählerinitiative von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) auf dem Weg nach Berlin: Die Bundestagsverwaltung prüft den zweiten Mann im Staat.
Wir fangen hier bei dem Brief an, um den es geht. Er ist schnörkellos – ohne Logo und Impressum. Auf zwei Seiten hat die „Initiative Bochumer für Norbert Lammert“ im Juni 2009 prominente Personen in Bochum angeworben, Lammert bei der Bundestagswahl zu unterstützen. In dem Brief heißt es, viele Bochumer seien „unabhängig von ihren jeweiligen politischen Bindungen und Überzeugungen“ von Lammerts Engagement beeindruckt und wünschten, „dass er seine Arbeit in Berlin fortsetzen kann“. Die Initiative wolle sich „zum überparteilichen Sprachrohr“ dieser Bestrebungen machen. Auf dem Papier wird die CDU nicht ein einziges Mal namentlich erwähnt – dabei hat sie die Werbekampagne für den Christdemokraten finanziert.
Die Aktivitäten der Initiative seien „Bestandteil“ von Lammerts Wahlkampf gewesen, bestätigt sein Berliner Büro. Die Öffentlichkeitsarbeit sei aus dem Wahlkampfbudget der Bochumer CDU finanziert worden, heißt es in der schriftlichen Antwort. Demgegenüber trat die Initiative offensiv als überparteilich auf.
Die Initiative gehört zum System Norbert Lammert. Als ehemaliger Vorsitzender Ruhrgebiets-CDU hat er gute Kontakte. Und wer würde sich weigern, für den Bundestagspräsidenten zu werben? Zwar fungierte als offizielles Gründungsmitglied der CDU-Kulturpolitiker Clemens Kreuzer. Aber einige der Unterstützer der angeblichen unabhängigen Gruppe, die den Werbe-Flyer unterzeichneten, wurden von Lammert angesprochen und stehen in seiner persönlichen Schuld.
Wer sich jetzt kritisch äußert, wird von Lammert oder seinem Büro offenbar direkt kontaktiert. So erging es einigen der Personen, die schon in vorangegangenen Artikeln erwähnt wurden. „So kennen wir ihn“, heißt es aus dem Bundestag.
Gleichzeitig berichtet die WAZ, dass die Initiative zwar keine eigenen Barspenden gesammelt hat, den Wahlkampf Lammerts aber mit Sachgaben unterstützt hat.
Jetzt greift die SPD Nordrhein-Westfalens den CDU-Politiker scharf an. „Derjenige, der die Finanzaffäre rund um die CDU-NRW aufklären soll, ist anscheinend selber Teil einer CDU-Finanzaffäre“, sagte der Generalsekretär der Landes-SPD, Michael Groschek. Lammert hätte den Vorgang längst offen legen und zusätzlich seine Befangenheit bei der Untersuchung der anderen Affäre der CDU-NRW um Wählerinitiativen erklären müssen, so Groschek.
Der CDU-Kreisverband Bochum übermittelte seinen Bericht über die Initiative nach Informationen der Frankfurter Rundschau schon am Donnerstag an die Landes-CDU. Deren Sprecher Matthias Heidmeier bestätigte den Eingang. Das Material sei umgehend an die Bundespartei in Berlin gegangen. Von dort soll es der Bundestagsverwaltung zugeleitet werden. In Berlin läuft inzwischen eine eigene Prüfung. Der Ältestenrat des Bundestags sprach sich dafür aus, Lammerts Stellvertreter Wolfgang Thierse (SPD) mit dem Vorgang zu betrauen. Dieser hat nach eigener Auskunft nun festzustellen, „ob die Bundestagsverwaltung die Hinweise auf einen möglichen Verstoß gegen das Parteiengesetz angemessen geprüft hat“.
Die Grünen hingegen bezweifeln, dass Thierses Auftrag im Einklang mit dem Parteiengesetz ist. „Eine Prüfung durch Herrn Thierse wäre eine im Gesetz nicht vorgesehene Krücke,“ sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Volker Beck. Er plädiert seit langem dafür, die Kontrolle der Parteien auf eine unabhängigere Grundlage zu stellen. „Die gegenwärtige Rechtslage ist sehr unbefriedigend“, so Beck.
Unbefriedigend ist auch die fehlende Transparenz der Initiative. Die Geschäftsstelle des Kreisverbandes der Bochumer CDU lehnte mehrfach eine Stellungnahme zu den Finanzdetails des Lammert-Wahlvereines ab. Zuletzt wurde der Telefonhörer einfach aufgelegt.
Unschulds-Lammert unter Druck: Heute soll im Ältestenrat des Bundestages seine Affäre um eine als unabhängig getarnte CDU-Wählerinitiative aus Bochum besprochen werden. Der oberste Prüfer aller Parteien und zweite Mann im Staat baut eine Mauer des Schweigens um seinen von der CDU organisierten dubiosen Fan-Club. Einige auf einem Flyer benannten Unterstützer fühlen sich getäuscht. Der Intendant des Bochumer Schauspielhauses Elmar Goerden sagte zu den Ruhrbaronen: „Ich hätte niemals eine CDU-Initiative unterstützt.“
„Die Vorgänge um Lammerts Wählerinitiative sehen auf den ersten Blick sehr seltsam aus,“ sagte der parlamentarische Geschäftsführer der grünen Bundestagsfraktion, Volker Beck. Nachdem die Frankfurter Rundschau publik machte, dass die als überparteilich bezeichnete Initiative „Bochumer Bürger für Norbert Lammert“ von der CDU bezahlt und organisiert wurde, hat der Bochumer Abgeordnete vor wenigen Tagen die Prüfung an seinen Stellvertreter Wolfgang Thierse (SPD) übertragen. Auch dies ist laut Beck fragwürdig. Das Parteiengesetz sehe nicht vor, dass der Bundestagsvize diese Aufgaben übernehmen könne.
Dass Lammert als oberster Prüfer aller Parteienfinanzen nun selbst ins Visier gerät ist pikant. Transparenz über die Geldquellen der Parteien gibt er als Leitlinie aus. Sein eigenes inzwischen umstrittenes Handeln im Bundestagswahlkampf 2009 aber lässt er trotz mehrmaliger Nachfragen im Nebel. Sein Berliner Büro verweist auf die Bochumer CDU, diese wiederum lässt Fragen bis heute unbeantwortet. So verweigert sie Aussagen dazu, wie teuer letztendlich der Druck und die Konzeption der Flyer gewesen ist und wer genau die Veranstaltungen mit CDU-Prominenten wie Bernhard Vogel organisiert hat. Telefonische Nachfragen wurden zuletzt mit einem Hörerauflegen beantwortet. Eine Mauer des Schweigens umgibt das System Lammert.
Schriftlich bestätigt hat Lammerts Berliner Büro inzwischen, dass die Bochumer CDU aus ihrem Budget für den Bundestagswahlkampf 2009 die Flyer, Veranstaltungen und Zeitungsanzeigen der Initiative bezahlte. Das Budget wiederum speiste sich laut dem damaligen Bochumer Schatzmeister Roland Mitschke aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden. „Gerade vor der Bundestagswahl 2009 gab es diese Zuwendungen in größerer Anzahl“, so Mitschke. Ob auch Unterstützer der Initiative womöglich ohne deren Wissen an die CDU spendeten lässt er offen. Genau dies ist aber der Knackpunkt. Sollten Mitglieder der Initiative Geld gegeben haben und dies wäre in den Parteitopf geflossen, hätte sich Lammert womöglich unrechtmäßig Parteienzuschüsse einverleibt. Jeder gespendete Euro wird vom Staat mit 38 Cent bezuschusst.
Wählerinitiativen sind ohnehin umstrittene Spieler im Wahlkampf. Auch die SPD hatte eine in Bochum. Im Unterschied zu Lammerts trat sie aber nicht als überparteilich auf. Der Christdemokrat hat seine Initiative selbst aufgebaut. Zwar fungierte als offizielles Gründungsmitglied der CDU-Kulturpolitiker Klemens Kreuzer. Aber viele der Unterstützer der angeblichen unabhängigen Gruppe, die den Werbe-Flyer unterzeichneten, wurden von Lammert angesprochen und stehen in seiner persönlichen Schuld. Menschen wie Steven Sloane, der die Bochumer Symphoniker leitet und seit Jahren auf ein eigenes Konzerthaus hofft. Lammert hatte öffentlich für den Bau geworben und zu Spenden aufgerufen. Oder Menschen wie Elmar Goerden, Intendant des Bochumer Schauspielhauses, in dessen Verwaltungsrat Kreuzer sitzt. Im vergangenen Juli erhielten diese Prominenten Briefe mit der Bitte, sich für Lammert zu engagieren. Dass es letztendlich um eine CDU-Wahlwerbung ging habe Goerden jetzt überrascht, heißt es aus seinem Umfeld.
Ähnlich ergeht es dem Bochumer Politikprofessor und Unterzeichner des Faltblattes Uwe Andersen. Er wird von Lammert regelmäßig mit seinen Studierenden im Bundestag empfangen. „Seitdem schätze ich ihn persönlich sehr“, so Andersen zur FR. Für die CDU habe er aber nicht werben wollen. „Dieser Hintergrund war mir nicht bekannt.“ Andersen kann sich sogar „vorstellen, dass Spenden eingeworben wurden.“
Die Bochumer SPD, langjährige Regierungspartei in der Revierkommune, war „vollkommen überrascht über die Liste der Unterzeichner“, so der Vorsitzende der Ratsfraktion Dieter Fleskes. Viele von ihnen hätten durchaus auch schon mal mit der SPD zusammen gearbeitet. In persönlichen Gespräche hätten sich viele dann wieder von Lammert distanziert.
Dieses widersprüchliche Verhalten ist nur mit Lammerts Macht in Bochum zu erklären. Der 61-Jährige, langjähriger Chef der Revier-CDU, gilt im organisatorisch zerfaserten Ruhrgebiet als Integrationsfigur. Regelmäßig lädt er Journalisten und einflussreiche Personen zu politischen Gesprächen ein, ist in zahlreichen Initiativen aktiv und einflussreiche Stimme im Bundestag. Der Politikwissenschaftler ist aber auch bekannt dafür, gerne in der Öffentlichkeit zu stehen und nach Anerkennung zu gieren. Legendär ist sein Lamento, die Bundestagsdebatten, die er ja leitet, müssten im Fernsehen gesendet werden. Mehrfach soll er sich beim NRW-Haussender WDR beschwert haben, nicht ausreichend medial gewürdigt worden zu sein. Und auf dem laut Insidern von ihm mit abgesegneten Flyer heißt es: „Ein Bochumer in Berlin, der nicht nur seine Stadt sondern auch das Land glänzend vertritt. Kompetent, souverän, humorvoll.“
Die politischen Untoten, die „Living Dead“ vom Elefantenfriedhof der großen Parteien, feiern gerade ihre unselige Wiederauferstehung. Immer wenn eine neue politische Generation der Mut packt, etwas anders zu machen, kommen Politrentner aus ihren Gruften hervor.
Aktuelles Beispiel in NRW: SPD und Grüne trauen sich endlich, mit der Linkspartei einmal über eine mögliche Regierung zu sondieren. Doch was passiert? Edgar Moron, bald Ex-Abgeordneter und als unverschämt gut verdienender RAG-Beirat bekannt geworden, fordert in einem Interview eine große Koalition. Alte Leute sind meist konservativ in ihren Grundhaltungen. Können sie ja privat sein. Aber die öffentlichen Einlagen von SPD-Eddie für eine Elefantenhochzeit sind überflüssig. SPD und Grüne sollten solche verbalen Gaben aus der Gruft gerne auch mal ignorieren.
Leider ist Moron kein Einzelfall in der deutschen SPD-Gerontokratie. In den vergangenen Tagen hatte sich bereits der Jäger und Waidmann Friedhelm Farthmann aus dem politischen Off gemeldet. Bei Springer und WAZ ventilierte der einstige Grünenfresser darüber, warum nun auf gar keinen Fall die Linke in Düsseldorf mitregieren dürfe. Fahrtmann (1978 unterlag der bekennende Macho in einer Kampfabstimmung um die SPD-Führungsrolle gegen Johannes Rau und hat seitdem ausgesprochen schlechte Laune) hatte keinerlei Argumente zu bieten. Angesichts der Krise müsse es stabile Verhältnisse an Rhein und Ruhr geben – klingt wie das Wahlkampfmotto der CDU „NRW muss stabil bleiben“. Ähnlich hatte auch Moron von den vernünftigen Leuten bei der CDU schwadroniert.
Wer die sozialdemokratische Basis kennt, weiß: Noch eine große Koalition unter CDU-Führung (egal ob in Düsseldorf oder Berlin), und die SPD ist endgültig kaputt. Der Dauerwiderspruch, in den Wahlkämpfen rhetorisch die rote Fahne zu schwingen (Beitragsfreiheit im Bildungssystem, Arbeitnehmerrechte, Anti-Kopfpauschale) und dann aber an der Regierung kalte Realpolitik durchzuboxen, muss durchbrochen werden. Zumindest im Sinne der Genossinnen und Genossen. Sonst landet die Linke beim nächsten Mal bei zehn und die SPD bei 20 Prozent. Sollte die SPD jetzt nicht doch den Mut für eine progressive und linke Regierungspolitik aufbringen, freuen sich zwar die Polit-Opas, aber die SPD wird vertrocknen. Und das Land in einer öden Groß-Koalition gleich mit.
Auffälligerweise ist das politische Altenheim vor allem ein Problem der SPD. Klaus von Dohnanyi salbadert schon seit Jahren in den Talkshows der Republik für eine möglichst marktliberale SPD, die dann nur noch den Namen mit ihren historischen Wurzeln gemein hätte. Auch Erhard Eppler und Hans-Jochen Vogel hängen gern bei „Maischberger“ und Konsorten ab und nölen und mahnen. Der mediengeile Ex-Genosse Wolfgang Clement nutzt jede Gelegenheit, um die SPD runterzumachen und sich der FDP anzubiedern. Die faltigen „Has Beens“ können sich in einer intimen Selbsthilfegruppe zuschwallern. Für Zukunftspolitik sind ihre Äußerungen schädlich. Was die SPD jetzt braucht, ist die Kühnheit, ihre politischen Ziele umzusetzen – auch mit einer kleinen Partei ganz links von ihr.
Die nordrhein-westfälische Linke bekommt für die anstehenden Koalitionsgespräche einen prominenten Helfer aus Berlin: Der erst am Wochenende wiedergewählte West-Beauftragte Ulrich Maurer wurde aus dem Bundesvorstand „auf unbestimmte Zeit“ nach Düsseldorf entsandt. Der Linke Bundestagsabgeordnete war langjähriger Chef des SPD-Landesverbandes und der Fraktion in Baden-Württemberg und gilt als strategischer Kopf der West-Erweiterung. Nun soll er bei den für Donnerstag mit SPD und Grünen anberaumtem Treffen im achtköpfigen Sondierungsteam der Linken sitzen.
Offenbar wächst nach dem Rostocker Bundesparteitag in der Linken die Entschlossenheit, im bevölkerungsreichsten Bundesland mitzuregieren. In dieser Woche soll die Basis der NRW-Linken wie in der Satzung verankert über die möglichen Sondierungen mit SPD und Grünen informiert werden, ein späterer Parteitag müsste Koalitionsverhandlungen zustimmen. Eine rot-rot-grüne Koalition ist neben einer vor allem von SPD-Genossen ungeliebten Großen Koalition die einzige Chance auf eine baldige Regierung an Rhein und Ruhr, nachdem die FDP Gespräche mit SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft und der Grünen Sylvia Löhrmann am Freitagabend endgültig abgesagt hatte. „Bei dem geplanten Sondierungsgespräch wolle sie sich einen Eindruck verschaffen, „wie glaubwürdig, demokratisch und seriös sich die Linkspartei aufstellt“, sagte die Vorsitzende Löhrmann.
Klar scheint aber auch zu sein, dass es keine Alibi-Gespräche werden. „Die SPD wird die Gespräche mit der Linken ernsthaft und seriös führen – so wie wir es auch der FDP angeboten haben“, sagt Axel Schäfer, Landesgruppenchef der NRW-SPD. Natürlich werde in den Gesprächen auch das das Geschichtsverständnis der Linksfraktion thematisiert. „Wir sind aber doch alle heute weiter als vor zwanzig Jahren“, so Schäfer.
Die neu gewählten Abgeordneten kämpfen gegen ihr Image als linksradikale Spinner. „Wir sind seit einer Woche im Landtag und haben am meisten auf die Beine gestellt“, sagt Rüdiger Sagel, der erst vor drei Jahren von den Grünen übergetreten ist. Die Linke hätte den Vorstand und die Geschäftsführung gewählt und ein Dringlichkeitsprogramm verabschiedet. „Von Chaos kann keine Rede sein“, so Sagel. Er widerspricht Gerüchten, in der Fraktion gebe es Gegner einer Koalition. „Wir haben vor und nach der Wahl einstimmig beschlossen, in Sondierungsgespräche einzutreten.“
Tatsächlich sind viele Mitglieder der Fraktion alte Bekannte der möglichen Koalitionsparteien. Landesvorsitzender Wolfgang Zimmermann ist Personalratschef in einem Krankenhaus und hat mit seines Betriebsgruppe mehrfach Ausflüge zu den Grünen im Landtag unternommen, der Bonner Jurist Michael Aggelidis war früher bei der SPD, andere bei den Grünen.
Für heftige Kritik sorgt vor allem die Mitgliedschaft vieler Abgeordneten in der Antikapitalistischen Linken (AKL). Diese Strömung wird vom Verfassungsschutz beobachtet und gilt als linksradikal. Ihr tatsächlicher Einfluss auf die künftige Landespolitik dürfte aber klein sein: Die Gruppe funktioniert wie eine Arbeitsgemeinschaft in der SPD wie eine Lobbygruppe für besonders marktkritische Politik. Einmal im Monat treffen sie sich und bereiten Anträge für kommende Parteitage vor. Zuletzt trafen sie sich bei Kaffee und Marmorkuchen und beschlossen weitere Privatisierungen von Stadtwerken zu stoppen. Jeder ist zu diesen Zusammenkünften zugelassen, meist kämen aber nur zwischen fünfzehn und zwanzig Leute, sagt ein AKL-Mitglied. Dennoch hat ihre häufig radikale Rhetorik hat schon viele Bildzeitungsseiten gefüllt. Aber auch dafür will Berlin Abhilfe schaffen: Die Pressearbeit der Linken in NRW wird künftig von der Bundeszentrale mit gesteuert. „Das lief bislang eher suboptimal“, heißt es aus dem Vorstand.
Morgen gehen die Gesprächsangebote von SPD und Grünen an FDP und Linke raus – und die liberalen Loser der Landtagswahl streiten sich um Kopf und Koalition. Bislang hat Fraktionschef und aggressiver Lautsprecher Gerhard Papke das Sagen und will selbst Sondierungsgespräche verbieten. Sein Kontrahent, Landeschef Andreas Pinkwart, hält noch dagegen
In der nordrhein-westfälischen FDP tobt ein Machtkampf. Es geht es um die politische Offenheit der Partei für neue Bündnisse und um die Zukunft der am 9. Mai abgewählten Führungsriege. Der Absage an ein mögliches Bündnis mit SPD und Grünen am Donnerstagmittag ging eine scharfe Auseinandersetzung zwischen Landeschef und Spitzenkandidat Andreas Pinkwart und dem Fraktionschef Gerhard Papke voraus. „Es gab richtig Streit“, sagt ein Mitglied der dreizehnköpfigen Fraktion.
Noch-Wissenschaftsminister Pinkwart konnte sich mit seiner Gesprächsbereitschaft für SPD und Grüne bisher nicht durchsetzen. Während FDP-Bundesvize Pinkwart erneut für Ampel-Gespräche unter Bedingungen plädierte, wies Gerhard Papke öffentlich das Dreierbündnis zurück. „Die FDP wird einer Linksregierung als klare und wirksame Opposition entgegentreten“, sagte Papke. Pinkwart hingegen sagte: „Ich erwarte, dass SPD und Grüne ihr Treffen am Freitag nutzen, um Gespräche zwischen demokratischen Parteien im Interesse des Landes möglich zu machen.“ Sollte Pinkwart mit dieser Linie scheitern, so ein Fraktionsmitglied, würden ihm Chancen auf einen Posten in Berlin eingeräumt. „Er ist als zukünftiger Bundeswirtschaftsminister im Gespräch.“ Pinkwart ist Betriebswirt und Vizevorsitzender der FDP und der amtierende Wirschaftsminister Rainer Brüderle ist umstritten.
Mit einem Nein zur SPD-Verhandlungsführerin Hannelore Kraft hätte sich der wirtschaftsliberale und cdu-nahe Flügel in der nordrhein-westfälischen FDP durchgesetzt. Papke wurde erst am Dienstag mit einer Enthaltung zum Fraktionschef gewählt – ein Posten, der nach dem Machtverlust eigentlich dem Landesvorsitzenden Pinkwart zugestanden hätte. Papke gilt als ideologischer Grünen-Hasser. Der 48-Jährige und die Grünen liefern sich im Landtag regelmäßig die heftigsten Debatten. Papke soll in den vergangenen Tagen dafür plädiert haben, wegen der „nicht zu überbrückenden Differenzen“ mit den Grünen gar nicht erst in Gespräche einzutreten. Auf der anderen Seite plädierten mehrere Abgeordnete dafür, sich nicht „an die Union“ zu ketten. Weil die Liberalen bei einem nun wahrscheinlichen rot-rot-grünen Bündnis mit der CDU zusammen in der Opposition sitzen, sehen diese Reformer die Liberalen in einer Sackgasse.
Nach den liberalen Volten der vergangenen Tage sind nun die Gespräche von SPD, Grünen und Linkspartei wahrscheinlich. Kraft hatte nach einem Treffen mit den Grünen am Mittwochabend „baldige Gespräche“ mit Liberalen und Linken angekündigt. Auch Bundespolitiker stritten für die Ampel. SPD-Parteivize Olaf Scholz appellierte vergebens an die FDP, sich für eine Ampel zu öffnen. Eine Partei, „die mit der SPD von 1969 bis 1982 eine erfolgreiche sozial-liberale Koalition mit fortschrittlichen Zielen gebildet hat, verkennt die Geschichte, wenn sie sich nur noch als Koalitionspartner der Union versteht“, sagte Scholz.
Nun wird die Linkspartei der nächste Gesprächspartner von Kraft und der grünen Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann sein. Die CDU, die mit einem hauchdünnen Vorsprung eine ebenso mögliche Große Koalition leiten würde, ist zunächst nicht im Gespräch. Schließlich käme der gefühlten Wahlsiegerin Hannelore Kraft nur der Vizeposten zu.
Bislang gab es aber laut der Linkspartei noch kein Angebot für ein Treffen. „Wir hören alles nur über die Medien“, so ihr Landeschef Wolfgang Zimmermann. „Wir warten jetzt auf einen Anruf oder ein schriftliches Angebot, sonst reagieren wir nicht“, so Zimmermann. „Der Ball liegt bei der SPD.“
Die Ampel in Nordrhein-Westfalen wäre eine Perversion des politischen Denkens: Wenn es den Parteien um ihre Inhalte ginge, wäre die Koalition aus SPD, Grüne und FDP undenkbar. Ihre Wahlprogramme widersprechen sich fundamental, im Landtag können Liberale und Grüne sich nicht einmal ins Gesicht sehen.
Warum? Weil ihre Konzepte kaum gegensätzlicher sein könnten. FDP-Chef Andreas Pinkwart hat Studiengebühren eingeführt- Grüne und SPD wollen sie abschaffen. Die FDP will längere Laufzeiten für Atomkraftwerke – SPD und Grüne wollen Atomkraft abschaffen. FDP setzt auf den freien Markt – SPD und Grüne wollen flächendeckenden Mindestlohn. FDP will Gymnasien und Eliten stärken – SPD und Grüne wollen die Gemeinschaftsschule. Laut FDP sollen die Kommunen stärker sparen- SPD und Grüne fordern einen Schutzschirm für die bankrotten Städte an Rhein und Ruhr. Es gibt kein gemeinsames Ziel – außer dem nach Macht und Posten.
Aber lassen wir SPD und Grüne selbst zu den Liberalen zu Wort kommen – vor der Wahl.
Lesern wir selbst, was Sylvia Löhrmann, Grüne Spitzenkandidatin, auf dem grünen Länderparteirat Ende April über die FDP gesagt hat:
„Es ist geradezu schäbig, wie die FDP auf Kosten von Menschen, denen es schlecht geht, Wahlkampf betreibt. (…) Die FDP betreibt ungenierte Politik zu Lasten der sozial Schwachen. (…)Es wird immer deutlicher, dass die FDP schnellstens gestoppt werden muss.“
Lesen wir selbst, was Hannelore Kraft auf dem Landesparteitag über die Liberalen sagt:
„Hier bei uns in Deutschland treiben CDU/CSU und die FDP die Liberalisierung der Märkte und die Privatisierung öffentlicher Leistungen voran, statt die soziale Marktwirtschaft zu erneuern. (…) (…)FDP an Rhein und Ruhr ist ein Schwarzbuch Sozialabbau, Schleifung von Arbeitnehmerrechten, Einschnitte bei der Mitbestimmung, Verfassungsbruch.“
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