Nazis in Dortmund – live vom Demonstrationsgeschehen

Heute, am Samstag, wollen die Nazis wieder in Dortmund demonstrieren. Zahlreiche Gruppen haben ihren Widerstand angekündigt. Das Bundesverfassungsgericht hat über die Zulässigkeit der bislang verbotenen Nazidemo befunden: Die Nazidemo darf stattfinden, die Dortmunder Polizei sieht eine „Standkundgebung“ der Nazis in der Dortmunder Nordstadt auf einem Parkplatz an der Speestraße vor.

00.44 Uhr (Sonntag). Die Polizei gibt auf Nachfrage an: Niemand der festgesetzten Antifas ist noch im polizeilichen Gewahrsam. Der Twitter des Dortmund-stellt-sichquer-Bündnisses sprach vor 19 Minuten davon, daß „alle raus“ wären. Was den freigelassenen Festgenommenen angeschuldigt würde, konnte uns die Leitstelle der Polizei zur Stunde nicht sagen. Es lägen ihr keine Akten dazu vor.

22.00 Uhr. Die Abschlußbilanz der Polizei ist raus und auch online. Die klingt nach unserer professionellen Einschätzung ein wenig nervös, was nicht wundert. Es stand ja ein Attentatsszenario der Nazis im Raum.

Jedoch:

„Gegen 14.00 Uhr fanden sich ca. 500 Personen im Kreuzungsbereich Mallinckrodtstraße / Münsterstraße ein und führten hier eine Sitzblockade durch.

Der MdL der Partei „Die Linke,“ Herr Wolfgang Zimmermann, gab sich gegenüber der Polizei als verantwortlicher Versammlungsleiter zu erkennen und meldete eine Spontandemonstration an, die auch durch die Polizei bestätigt wurde.

Schnell wuchs die Zahl der Teilnehmer auf ca. 1000 Personen an. Gegen 17.00 Uhr wurde die Veranstaltung beendet und der Kreuzungsbereich durch die Teilnehmer geräumt. Vereinzelt kam es aus dieser Gruppe zu Flaschenwürfen gegen Polizeibeamte.“

Hier wird noch aufzuklären sein, inwieweit der Prügeleinsatz der Polizei zur Lageverschärfung am Ort des Geschehens geführt haben könnte.

Und ob der Prügeleinsatz reaktiv oder offensiv war.

Unser Mann vor Ort hat den jedenfalls als offensiv wahrgenommen.

20.40 Uhr. Ruhrbarone sind raus. Bis auf etwaige Notfälle. Oder Eilfälle. Wir liefern morgen, Sonntag, noch Summaries und Einschätzungen nach. Und wir bedanken uns bei den freundlichen Kolleginnen vom Dortmunder Antifa-Radio.

Es grüßen alle Beteiligten: Die Baronskis Micha, Stefan, Christian und Tom.

19.38 Uhr. Demogeschehen, Bodycount. Nach Angaben von antifaschistischen Organisatoren der Dortmunder Anti-Nazi-Festspiele wurden bislang etwa 160 Leute von der Polizei festgenommen, 135 Menschen befänden sich noch im Gewahrsam der Polizei. Man erwarte allerdings deren Freilassung bis Mitternacht. Dies bestätigte uns auch mittelbar der Dortmunder Ermittlungsausschuß, der sich um polizeilich festgesetzte Personen kümmert. Der Dortmunder Ermittlungsauschuß ist zur Stunde telefonisch errreichbar, EA-Nummer hier.

Dieweil arbeitet die Dortmunder Polizei an einem Fazit des Demonstrationsgeschehens, sie wolle zunächst auch das gerade stattfindende Friedensfest in Dortmund-Dorstfeld abwarten, um es in die Bilanz zu integrieren.

Auf dem Friedensfest sind nur enttäuschende 400 Teilnehmer anwesend.

Der Polizei sprach uns gegenüber um 14.37 Uhr von 111 in Gewahrsam genommenen Personen bei einem Tatgeschehen an der Uhlandstraße. Bei dem Landfriedensbruch und Widerstandshandlungen angeschuldigt werden. Eine Person habe gar einen Polizeibeamten mit einem Tritt in das Gesicht verletzt.

18.52 Uhr. Die Dortmunder Polizei ediert um 18.38 Uhr eine weitere öffentlich zugängliche Presseerklärung.

18.30 Uhr. Antifa-Radio Dortmund meldet: „In Bochum ist heute Abend eine Spontan-Kundgebung der Nazis geplant. Und es gibt eine linke Gegendemo.“ Das alles würde rund um den den Platz vor dem Bochumer Hauptbahnhof vonstatten gehen. Auf unsere Nachfrage von 18.01 Uhr konnte uns die Dortmunder Polizei die vermeintliche Planungsabsicht der Nazis noch nicht bestätigen. Erklärt wurde allerdings, daß „Nazigruppen von Dortmund aus nach Westen fahren“. Von Dortmund aus gesehen liegt Bochum im Westen.

18.24 Uhr. Lagebild Dortmund Hauptbahnhof. Hunderte Antifas mit Zulauf an der  Südseite des Bahnhofes, drei Dutzend Antifas abbröckelnd an der Nordseite des Bahnhofes. Der kurze Zeit für den Durchgangsverkehr gesperrte Bahnhof ist wohl wieder uneingeschränkt begehbar.

17.36 Uhr. Die Nazidemo Speestraße nähert sich dem Ende, gerade spielt eine Band Nazi-Oi. Noch 150 Nazis befinden sich auf dem Demoplatz. In der nächstgelegenen U-Bahnstation Hafen sammeln sich Nazis. Bereit zum Abtransport U-Bahn in Richtung Hauptbahnhof. Gerade fuhr die erste Bahn in diese Richtung. Vollgepackt mit Nazis.

Dieweil zieht die Polizei am Nordausgang des Hauptbahnhofes Kräfte zusammen. Gruppen von Antifas (17.17 Uhr) liefen dort schon auf.

17.07 Uhr. Die Nazidemo bröckelt ab. Zur Zeit redet ein Tscheche, während sich Nazis in Gruppen auf den Weg in Richtung der nächstgelegenen U-Bahnstation machen. Wohl um damit zum Hauptbahnhof zu gelangen. Darunter die Nazis in den Hawaihemden – es sind Mitglieder der Kameradschaft Aachener Land.

16.53 Uhr. Nazidemo Speestraße. Knapp 60 Nazis wollen den Kundgebungsplatz verlassen. Wohl nicht auf einer der Polizei genehmen Route. Zuvor ging auf der Nazidemo der Klingelbeutel rum. Veranstalter Dennis Giemsch versuchte, „Kosten von über 5000 Euro“ einzutreiben.

Dieweil gibt es eine Art Spontandemo von 200 Nazis auf dem Bahnhofsvorplatz von Hamm. Das bestätigt uns auf Anfrage die Polizei. Die Nazis sind wohl von DO-Scharnhorst dorthin gelangt.

16.38 Uhr. Nazidemo Speestraße. Jetzt redet Gottfried Küssel. Sowohl Küssel wie auch Worch stellten auf die tagesaktuellen rassistischen Thesen von Sarrazin ab. Viel Beifall für Sarrazin von der Nazidemo.

16.28 Uhr. Nazidemo Speestraße. Jetzt redet ein russischer Nationalist, er hat seine Kameraden mit ‚liebe Volksgenossen‘ begrüßt. Bei dessen Appell ‚Heil Russland!‘ wurde nicht applaudiert. Zuvor redete Christan Worch.

16.15 Uhr. Während die Promis der Grünen per Fahrrad protestierend durch Dortmund fahren, stehen Promis der Linkspartei im Demogeschehen Mallingrodtstraße/ Ecke Leopoldstraße in der ersten Reihe. So sind etwa deren Landtagsfraktionsspitzen Bärbel Beuermann und Wolfgang Zimmermann dort vor Ort. Bärbel Beuermann versucht, mit der Polizei zu unterhandeln. Prominente Sozialdemokraten sind bislang noch nicht eingetroffen.

15.43 Uhr. Prügeleinsatz der Polizei gegen Antifas an der Mallingrodtstraße/ Ecke Leopoldstraße. Unvermittelt hätte behelmte Polizei mit Knüppeln losgeschlagen, berichtet unser Mann von dort. Danach hätte sie sich zurückgezogen, um sofort danach „friedliche verprügelte Demonstranten abzufischen“. Zur Zeit skandieren die verbliebenen Demonstranten: „Haut ab, haut ab.“ Drei Seiten des Geschehens sind von Polizeikräften eingeschlossen.

15.38 Uhr. Nazidemo Speestraße. Jan Peter, ein junger Mann, sänge in scheußlichem English, er kennte die Unterschiede zwischen transitiven und intransitiven Verben nicht, sagt unser Mann vor Ort, der gelernter Anglist ist. Der Sänger trüge Sonnenbrille und Kappe. Zwischen Bühne und Publikum klaffe ein breiter Raum. Die Nazis im Publikum reichten einander Reichsflaggen, um ihre Demo bedeutender wirken zu lassen. Seltsamerweise gebe es eine Gruppe Nazis, die mit Hawaihemden angetan wäre. Und am Demorand sitzt Christian Worch.

15.20 Uhr. Die Kundgebung der Nazis auf dem Parkplatz an der Dortmunder Speestraße hat begonnen. Gerade verlas Dennis Giemsch die Auflagen der Polizei, die Standkundgebung betreffend. Höchstens 250 Nazis hätten sich versammelt. Zur Zeit fände gerade ein Soundcheck für die wohl üblicherweise bereitstehende Nazi-Oi-Band statt. „Natürlich ist es kein Soundcheck, sondern eine Klangüberprüfung“, lästert unser Mann vor Ort.

Nazi Giemsch selektiere jetzt, berichtet unser Mann vor Ort: „Wer mit der Presse redet, der ist in unseren Kreisen nicht mehr willkommen.“

14.48 Uhr. Die Polizei dementiert auf Anfrage einen Ticker der Ruhrnachrichten von 14.27 Uhr, „das ist nicht richtig, wir versuchen, der Ursache auf die Spur zu gehen“.

Im Ticker hieß es, laut Polizei, falsch:

„Polizeisprecher Manfred Radecke hat soeben erklärt: „Alle rechten Aktivitäten in Dortmund werden sofort beendet. Die Personengruppe, die sich zur Zeit auf dem Parkplatz an der Speestraße befindet, darf dort fünf Minuten demonstrieren. Danach werden alle Versammlungen beendet.“

Laut Polizei sammelten sich weiterhin Nazis am vorgesehen Kundgebungsplatz an der Speestraße. Jedoch würde ein weiterer Zufluß von Nazis dort künftig nicht mehr gestattet werden.

14.34 Uhr. Der grüne Fahrradcorso ginge los. Meldet unsere Gastkorrespondentin. Und daß die 60 Radler nach Dorstfeld zum Wilhelmplatz wollten, die Polizei diese aber nicht ungehindert fahren ließe.

13.59 Uhr. Nazi-Demonstrationsgeschehen Dortmund-Wambel. Die Polizei beschleunigt die Schlagzahl ihrer über das Netz und Ticker verbreiteten Presserklärungen. Es wurde eine  Gruppe von Nazis in Wambel polizeilich „angehalten und eingeschlossen“, heißt es von der Polizei.

13.24 Uhr. Kreuzung von kurzzeitig Antifaschisten besetzt. Mallinckrodtstraße/ Ecke Leopoldstraße. Spontandemo von etwa 400 Antifas zieht danach in westliche Richtung.

13.13 Uhr. Antifa-Radio Dortmund spielt gerade Antifa Hooligans. Von Los Fastidos, einer italienischen Streetpunkcombo. Sehr schön. Für mich am Desk hier: Lied des Tages bislang. Erinnert mich an meine Jugend. (-;

13.00 Uhr. Nazis, aus einem Zug aus Hamm kommend, halten sich in DO-Scharnhorst demonstrierend auf. Bestätigt uns die Bundespolizei.

12.49 Uhr. Das Lagebild wird komplexer. Während Claudia Roth unter Musikeinfluß auf der Honoratiorendemo sprach. Dort spricht jetzt NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider. Abseits davon ist die Rede ist von Scharmützeln Antifa versus Polizei, im Stadtgeschehen vagabundierenden Nazis, Verletzten und Festnahmen. Verifikationen sind schwierig. Wir sind jetzt stationiert an der Honoratiorendemo, am HBF und an der Speestraße.

12.34 Uhr. Dortmund Nordstadt. Am vorgesehenen Parkplatz der Nazikundgebung – Speestraße – ist noch niemand. Die Nordstadt ist mit starker Polizeipräsenz besetzt, die Mallinckrodtstraße wäre „verkehrsarm wie Sonntags um fünf Uhr morgens“. Ein massiver Polizeigürtel sichere die ruhige Lage. Jedoch seien Gruppen von Nazis zum Kundgebungsort schon innert des Sperrgürtels unterwegs.

12.19 Uhr. Ein Zug mit Nazis ist auf dem HBF Gleis 18 eingetroffen, die werden jetzt einzeln kontrolliert und von der Polizei durchsucht.

12.13 Uhr. Rund 300 Menschen auf der Honorationendemo am Nordmarkt. Darunter Dortmunds OB Ulrich Sierau und die unvermeidliche Claudia Roth (Grüne). Sowie der Regierungspräsident und DGB-Funktionäre. Unsere Gastkorrespondentin meldet: „Claudia guckt wie immer in alle Kameras.“ Es würde noch eine Menschenkette gebildet werden, Ziel wäre eine im Quartier gelegene Moschee. Anreiseempfehlung: Via U 46, Station Grundstraße.

11.56 Uhr. Am Arbeitsamt ist es nach Polizeiangaben „zu Einschließungen von mehreren Personen gekommen“. Es würde ermittelt wegen des Verdachtes auf Landfriedensbruch, Personen seien vermummt gewesen, es sei zu Widerstandshandlungen gekommen, ein Polizeibeamter sei gegen den Kopf getreten worden. Die Antifas sprechen dagegen von einem „Kessel mit über 100 Festgenommenen“.

11.50 Uhr. Im Hauptbahnhof wird ein Zug mit Nazis aus Richtung Hamm offiziell erwartet. Auf Gleis 18.

11.18 Uhr. Die Katharinentreppe ist von ca 100 Antifas besetzt, die Polizei drohe Räumung an. Es scheint polizeilich vorgesehen zu sein, die am HBF eintreffenden Nazis per U-Bahn zu ihrer erlaubten Standdemo in der Nordstadt zu geleiten. Diese werden nach interner Polizeikommunikation etwa auf Gleis 8 des HBF erwartet.

11.13 Uhr. Nach Polizeiangaben wird die erlaubte Nazidemo eine Standkundgebung auf einem Parkplatz an der Speestraße in der Dortmunder Nordstadt sein. Dies erklärt die Polizei auch in einer Presseerklärung von 11.06 Uhr, die nunmehr online ist.

11.05 Uhr. Die Polizei hat mehrere Dutzend Demonstranten des s4-Bündnisses auf der Kurfürstenstraße, Höhe Arbeitsamt eingekesselt. Dieweil versammeln sich rund 150 Antifa-Demonstranten an der Steinwache nördlich des Hauptbahnhofes.

10.50 Uhr. Das Bundesverfassungsgericht hat die bislang verbotene Nazidemo erlaubt, dies erklärte uns eine Sprecherin des Gerichtes.

10.49 Uhr. Auch die Autobahn-Zufahrten Richtung Dortmund Hafen würden intensiv polizeilich beobachtet, der Verkehr staue sich, das berichten nach vor Ort anfahrenden Ruhrbarone. 

10.35 Uhr. Laut Dortmunder Antifa-Radio befänden sich ca 500 Antifademonstranten im Dortmunder Hauptbahnhof. Es würden Gleise blockiert, auf denen die Nazis anreisen wollten. Die Polizei trachte danach, diese Gleise zu räumen.Verhandlungspartner der Blockierenden aus Kreisen des linksparteiaffinen Bündnisses Dortmund-stellt-sich-quer beschwichtigten. Es käme zu erheblichen Beeinträchtigungen des Schienen- und des öffentlichen Personennahverkehres.

9.25 Uhr. Das S4-Bündnis ruft dazu auf, in die Nordstadt zu ziehen. Dort soll die Abschlussveranstaltung der Nazis stattfinden. Das Bundesverfassungsgericht will im Laufe des Vormittags entscheiden, ob das Verbot der Nazi-Demo gültig bleibt. Weitere Proteste finden in der ganzen Stadt statt.  Die Polizei hat indes mehrere tausend Einsatzkräfte aus dem ganzen Bundesgebiet in Dortmund zusammengezogen. Überall finden Kontrollen statt. Nazis sind bereits vor Ort. Die Polizei soll Gegendemonstranten in Dortmund-Eving eingekesselt haben.

Es berichten live Michael Kolb, Stefan Laurin, Christian Werthschulte und Thomas Meiser (Desk).

Dortmund: Nazis kneifen vor Gericht und vor dem HBF tröpfeln sie nur

Die Nazis haben eine entscheidende Frist verstreichen lassen, um eine Aufhebung ihres Demoverbotes vor dem Oberverwaltungsgericht Münster zu erlangen. Das berichten die in Dortmund ansässigen Ruhrnachrichten. Auch vor dem Dortmunder Hauptbahnhof finden sich zur Stunde keine Nazis zum genehmigten Konzert. Wir berichten von vor Ort.

Update 20.34 Uhr: Jedwedes Demonstrationsgeschehen wäre im Abflauen begriffen, berichten uns Augenzeugen. Antifas zögen friedlich ab.

Ruhrbarone bleiben in Bereitschaft, verabschieden sich trotzdem erstmal bis morgen 08.30 Uhr.

Bzw bis zur nächsten Katastrophe. (-;

Zum Schluß noch eine nette Anekdote aus der grünen Kolportageküche von vor Ort: Verschiedene grüne Parteimitglieder hätten ihre Familienkurschen in der Nähe der Nazidemo Katharinenstraße geparkt. Dabei aber die Alarmanlagen superscharf geschaltet. Mit der Folge, daß dieses zu Rückkopplungen, also akustischen Störungen in der Lautsprecheranlage der konzertierenden Nazis geführt haben soll.  

Update 19.31 Uhr: Pünktlichkeit ist keine deutsche Tugend mehr. Das annoncierte Nazikonzert rund um die Katharinentreppe hat immer noch nicht begonnen.

Sagten uns jedenfalls Ohrenzeugen der Gegendemonstranten. Die uns auch von Protestgepfeif-und Geschrei berichteten.

Die Polizeipressestelle (19.41 Uhr) sagt jedoch, das Konzert habe um kurz vor 19.00 Uhr begonnen, es dauere an, die Veranstaltung sei bis 21.30 Uhr genehmigt, man wisse nicht, ob der Veranstalter den zeitlichen Rahmen voll ausschöpfe.

Update, 19.22 Uhr: Vor Stunden haben die Nazis vor dem Bundesverfassungsgericht eine Einwendung gegen das ihnen verfügte Demoverbot am morgigen Samstag vorgetragen. Federführend berichterstattend dazu: Die Kollegen der Ruhrnachrichten.

Wir sprachen mit einem Verfassungsrechtler, der an einer Hochschule deutsches Recht lehrt. Der meint:

„Die Zulässigkeit, auch die Zuständigkeit ist zu klären. Das Bundesverfassungsgericht wird darüber entscheiden.“

Was das bedeutet?  Das Rennen ist offen. Ob die Nazidemo am Samstag genehmigt wird, liegt im Ermessen des Bundesverfassungsgerichtes.

Update, 19.02 Uhr. In Hörweite der Nazis skandieren undogmatische antifaschistische Kräfte: „Wir kriegen Euch.“

Update 18.52 Uhr. Die Nazis sind da. Jetzt sind es etwa 60, im Block sind sie vorgezogen, Jedermannsgesichter in Alltagskleidung.

Update 18.42 Uhr: Polizeiliche Einsatzkräfte vor Ort mäkeln. Es wurde ihnen bislang nur Hühnersuppe zur Verköstigung verabreicht. Dabei habe man in dieser Sache große Erwartungen an den neuen Innenminister Jäger gesetzt. Vor dem Haupteingang des HBF haben die Grünen einen großen grünen Luftballon aufgeblasen.

Update 18.30 Uhr. Bislang zwei Dutzend Nazis sickern in einzeln oder in kleinen Gruppen in das von der Polizei freigehaltene Terrain an der Katharinentreppe. Verdächtige passieren ein Sichtungszelt, in denen sie durchsucht werden. Die Lautsprecheranlage für das Konzert ist aufgebaut.

Update 18.07 Uhr. Ein Vorauskommando der Nazis trifft an Katharinentreppe ein. Drei Autos, darunter ein Bühnenwagen. Demonstranten empfangendie Nazis mit einem Pfeifkonzert.

Update 18.00 Uhr. Wie Augenzeugen berichten, versammeln sich jetzt auch etwa 200 Demonstranten aus dem Linkspartei-Grünen-Spektrum rund um die Treppe vor dem Hauptbahnhof. Offensichtlich erwarte die Polizei noch das Nazikonzert. Denn die Einsatzkräfte hielten oberhalb der Treppe einen von Polizeisperren gesicherten Raum frei.

Am morgigen Samstag wird es wohl keine genehmigte Nazidemo in Dortmund geben. Wie die Dortmunder Ruhrnachrichten berichten, haben die Faschisten dem vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen ausgesprochenen Demonstationsverbot bis zur gesetzten Frist nicht vor dem übergeordneten Oberverwaltungsgericht Münster widersprochen.

Ein Gerichtssprecher erklärte den Ruhrnachrichten: Es sei kein Einspruch eingegangen, damit bliebe das Demonstationsverbot bestehen.

Auch vor dem Dortmunder Hauptbahnhof haben die Nazis bislang gekniffen.

Ruhrbarone vor Ort nahmen starke Polizeikräfte wahr. Jedoch keine Nazis, die dort vor der dem Hauptbahnhof gegenüberliegenden Katharinentreppe ein Konzert veranstalten wollten. Dies würde nach den öffentlichen Aussagen der Nazis um 18.00 Uhr beginnen.

Das S4-Bündnis hat Sammlungstendenzen der Nazis in Dorstfeld wahrgenommen.

Auf der Nordseite des Hauptbahnhofes haben sich etwa 200 AntifaschistInnen zu einem Demonstrationszug versammelt.

Für die Ruhrbarone berichten von den Dortmunder Anti-Nazi-Festspielen am Freitag Annika Joeres, Stefan Laurin und Thomas Meiser.

Loveparade: Xtranews geht Vergleich mit Duisburg ein

Einigung im Streit zwischen Duisburg und dem Blog Xtranews: Das Blog geht auf ein Vergleichsangebot der Stadt ein.

In der vergangenen Woche sorgte eine einstweilige Verfügung der Stadt Duisburg gegen das Blog Xtranews für Schlagzeilen: Die Stadt hatte versucht mit diversen Begründungen, unter anderem Urheberrecht, die Veröffentlichung von Anhängen zu einem Bericht der Anwaltskanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek zur Loveparade zu untersagen. Daraufhin hatten zahlreiche Blogs die Akten veröffentlicht.

Xtranews wird die personenbezogenen Daten in den Loveparade-Anhängen zum Heuking-Bericht der Stadt Duisburg löschen und die Stadt in der Folge die einstweilige Verfügung zurückziehen.

Stefan Meiners von Xtranews bestätigte den Ruhrbaronen die Einigung. Beide Seiten werden die Kosten ihrer Anwälte tragen. Die Gerichtskosten werden geteilt.

Nach Ansicht des für Xtranews presserechtlich verantwortlichen Redakteurs Thomas Rodenbücher habe die Stadt Duisburg durch ihr Vergleichsangebot zugestanden, daß  „deren Argumentation der angeblichen Urhherberrechtsverletzung auf sehr wackligen Füßen steht“.

Die Stadt Duisburg hat ihr Vergleichsangebot schon mit einer Presseerklärung kommuniziert. Darin läßt der Stadtdirektor Peter Greulich (Grüne) Einsichtsfähigkeit erkennen.

„Nie ist es uns darum gegangen, einen Blog mundtot zu machen“, sagte Greulich.

Update, 16.52 Uhr. Mittlerweile hat sich die Xtranews-Redaktion auch auf Ihrer eigenen Website geäußert.

Dort heißt es:

„Aus unserer Sicht ist es ein Unding: Während wir mit unseren Anwälten noch beraten, dass eine gemeinsame Erklärung die beste Art wäre, eine ggf. zu treffende Einigung zu verkünden, schießt die Stadt Duisburg medial aus allen Rohren und bringt sowohl auf ihrer Website, als auch über die Presseagenturen die Nachricht, man würde den Rechtsstreit beenden wollen. Es braucht nicht viel zu begreifen, dass das Unklug war.“

Und für den Düsseldorfer Rechtsanwalt Udo Vetter, den Rechtsvertreter von Xtranews, geht das „Angebot in die richtige Richtung“.

Von Stefan Laurin und Thomas Meiser

Wir suchen leerstehende Häuser

Im Ruhrgebiet gibt es immer mehr Leerstand. Aber es gibt auch eine Menge Initiativen, Gruppen oder Personen, die dringend günstige Räume suchen. Wir wollen helfen, beides zusammen zu bringen.

Die Hausbesetzungen in Essen und Dortmund in den vergangenen Wochen haben gezeigt, dass es einen großen Bedarf an günstigen Räumen gibt. In beiden Fällen wollten die Besetzer die Häsuser zwischennutzen bis die Besitzer der leerstehenden Gebäude eine Nutzung gefunden hätten. Wir denken dass die Zwischennutzung nicht nur Künstler und andere Kreative interessant ist. Warum sollen nicht auch Handwerker, eine Stadtteilgruppe oder eine Hausaufgabenhilfe leerstehende Räume zweitweise belegen?

Wir wollen, das über Zwischennutzung diskutiert wird. Und wir wollen Zwischennutzung ermöglichen. Gerne aber auch eine unbefristete neue Nutzung, denn für viele Immobilien gibt es im schrumpfenden Ruhrgebiet keine wirtschaftliche Perspektive.

Deshalb suchen wir Gebäude die sich für solche Konzepte eignen. Wir glauben das  Gebäude die im Besitz der Städte, ihrer Tochterunternehmen, des Landes, des Bundes, der Kirchen und Gewerkschaften sind sich am besten für Zwischen- oder Neunutzung eignen – hier ist die Möglichkeit über politischen Druck und öffentliche Diskussionen etwas zu erreichen am größten.

Wir haben am Wochenende angefangen, uns nach passenden Gebäuden  umzuschauen. Und wie das bei Immobilien so üblich ist, haben wir das Augenmerk auf die drei wichtigsten Immobilieneigenschaften gelegt: Lage, Lage, Lage.

Was wir suchen sind  leerstehende Gebäude in den Innenstädten oder Innenstadtrandlagen von Bochum, Dortmund, Essen und Duisburg. Im Idealfall sind sie im Besitz der  öffentlicher Hand. Wir werden diese Immobilien hier veröffentlichen. Wir werden die Immobilien beschreiben und Ansprechpartner benennen, mit denen man über Zwischennutzungen diskutieren kann. Wir freuen uns natürlich auch über private oder öffentliche Immobilienbesitzer, die hier ihre Gebäude oder Ladenlokale für eine Zwischen- oder Neunutzung anbieten wollen.

Wir glauben, dass auch die Immobilienbesitzer von Ideen wie der Zwischennutzung profitieren können. In Wuppertal hat man das  erkannt. Dort gibt es die  Zwischennutzungsagentur. Kommende Woche würden wir gerne die ersten Immobilien hier veröffentlichen mit der Diskussion beginnen, warum sie leer stehen und was man mit den Gebäuden so machen könnte.

Stefan Laurin, Christian Werthschulte

Informationen bitte an: info(at)ruhrbarone.de

Auch zu diesem Thema:

Vom Sinn und Unsinn der Zwischennutzung…Klack

Raumnot im Ödgebiet…Klack

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Update – Kronenbrauerei in Dortmund besetzt und geräumt

Dortmund, Märkische Straße 87 - Kronenbrauerei besetzt

Rund hundert Besetzer und Besetzerinnen wollen nach vielen Monaten der Suche nach einem Gebäude für freie Kunst und Kultur künftig die Kronenbrauerei in Dortmund als unabhängiges Kulturzentrum nutzen.

Das Haus liegt in der Märkischen Straße 87.

Update, 17.58 Uhr. Abschlußerklärung der BesetzerInnen und deren Aufruf zur Spontandemo heute:

„Daher rufen wir alle interessierten Menschen für heute 18.30 Uhr zur Demo beginnend am Alten Markt in der City auf und werden die für heute geplanten Konzerte 20.00 Uhr auf der Kapellenwiese (am Ende der Brückstraße) durchführen. Hier kocht u.a. Food not Bombs für Euch. Kommt zahlreich!“

Update, 15.47 Uhr. Nach Auskunft eines vor Ort anwesenden Sprechers der Dortmunder Polizei Stefan gegenüber habe der Eigentümer der Liegenschaft Strafanträge wegen Hausfriedensbruches gestellt und auf Räumung gedrungen. Kronenbrachebesitzer Hans-Georg Hovermann war Mitglied der kommunalen CDU-Fraktion und ist nach eigener Aussage ehemaliger Amateurmusiker.

Die Räumung verliefe laut der Pressestelle im Polizeipräsidium friedlich, man sei zuversichtlich, „den Einsatz im Laufe des Nachmittags beenden zu können“.

Die Personalienfeststellung der Besetzer verliefe im Rahmen der Beweissicherung, erläutert man aus der Pressestelle der Dortmunder Polizei. Generell sei es möglich, daß ein Immobilienbesitzer bei Antragsdelikten wie Hausfriedensbruch seine Strafanträge jederzeit wieder zurücknehmen könne. Dann würden Besetzer nicht weiterhin verfolgt werden.

Update, 14.43 Uhr: Polizeikräfte sind auf dem Brauereigelände, die Räumung ist im Gange. Personalien der widerstandslos abziehenden Besetzer werden aufgenommen.

Der Liegenschaftsbesitzer habe Strafanträge gestellt, berichten Stefan Polizisten vor Ort. Man werde es den Besetzern allerdings gestatten,  ihre Kunstgegenstände usf aus dem Haus zu holen.

Update, 14.38 Uhr. Stefan berichtet aus dem Gelände heraus vom Räumungsbeginn: Polizeikräfte trügen Helme, man filme die Lage. Das Gelände sei von Polizei umstellt.

BesetzerInnen wären aufgefordert worden, das Gelände durch eine Personenschleuse zu verlassen, dort würde die Polizei deren Identität feststellen wollen.

Update, 14.29 Uhr. Nach Auskunft der Dortmunder Polizei-Pressetelle verliefe zur Stunde „alles friedlich, es laufen Verhandlungen.“

Stefan, der vor Ort ist, berichtet allerdings von einem mittlerweile durch eine Polizeikette gesperrten Eingang.

Die Polizei versucht zur Zeit, den Einzug der Künstler zu erschweren. Gleichwohl ist die Lage nach Stefans Beobachtungen friedlich.

Die Besetzung der ehemaligen Brauerei ist die zweite Aktion im Ruhrgebiet innerhalb weniger Wochen. Man habe die Besetzung ein halbes Jahr vorbereitet, sagen die Besetzenden.

Tino Buchholz, einer der Sprecher der Initiative: „Ohne Initiativen wie unsere passiert nichts.“

In den Räumen sollen Konzerte und Theaterveranstaltungen stattfinden. Auch Atelier- und Proberäume sind geplant.

Mindestens eine Woche wollen die Besetzer bleiben und auch im Rahmen der Kulturhauptstadt aktiv sein.

Dafür haben sie schon ein Programm konzipiert. Allein ab heute nachmittag, Freitag 16.00 Uhr, würden sechs Veranstaltungen stattfinden.

Zu denen die BesetzerInnen natürlich alle Interessierte einladen.

Die Besetzer sehen ihre Perspektive allerdings längerfristig. Tino Buchholz: „Wir wollen das Gebäude instandsetzen, beheizen und daraus ein Zentrum für Alternativkultur machen.“

Die Kronenbrauerei wird im Moment nicht genutzt, sie steht leer.

Die Initiative will sie so lange nutzen, bis eine neue Nutzung gefunden worden ist.

Buchholz: „Die Zwischennutzung ist eine Win-Win-Situation für alle –  Die Künstler haben Räume und der Verfall des Gebäudes wird gestoppt. Das nutzt auch dem Besitzer.“

Was langandauernd positiv wirken kann. Zumal der Immobilienmarkt im Ruhrgebiet im Augenblick als gesättigt gilt.

Von Stefan Laurin (Dortmund) und Thomas Meiser (Desk).

Pleitgen: Nur der „Schirmherr“ – oder mehr?

Fritz Pleitgen Foto: WDR

Welche Rolle spielte die Ruhr.2010 GmbH wirklich bei der Planung und Durchführung der Loveparade? Zehn Fragen an Fritz Pleitgen. Ein  offener Brief von Uwe Herzog und Stefan Laurin.

Sehr geehrter Herr Pleitgen,

bei der Loveparade in Duisburg starben 21 Menschen, mehr als 500 wurden zum Teil schwer verletzt. Viele Beobachter des Geschehens sind traumatisiert. Der Verlust geliebter Menschen, das seelische Leid und auch die materiellen Folgen für die betroffenen Eltern, Partner, Geschwister oder Kinder sind unermesslich schmerzvoll.

Sie selbst haben als Geschäftsführer der Ruhr.2010 GmbH, unter deren Dach die Loveparade stattfand, sehr schnell die „moralische Verantwortung“ für das Geschehen übernommen.

Doch obwohl die Ruhr.2010 GmbH im Vorfeld offen als Schirmherr der Veranstaltung aufgetreten ist, lehnen Sie jede weitere Verantwortung für sich und Ihr Unternehmen strikt ab.

Das Unglück hat jedoch auch eine politische – und vor allem eine zivil- und strafrechtliche Relevanz.

Wer hat sich gegebenfalls strafbar gemacht und muss sich dafür vor Gericht verantworten? Wer kommt für den immensen Schaden der betroffenen Familien auf?

Auf diesem Hintergrund haben Sie in der Öffentlichkeit mehrere Statements abgegeben.

Darin haben Sie unter anderem behauptet, dass

–       Ihnen Sicherheitsbedenken im Vorfeld der Veranstaltung nie zu Ohren gekommen seien

–       Sie den Tunnel, der als einziger Ein- und Ausgang für die Besucher diente und später zur Todesfalle wurde, vor der Veranstaltung nicht gekannt hätten

und
–       weder Sie persönlich noch die RUHR.2010 GmbH jemals „finanziell oder organisatorisch“ an der Veranstaltung beteiligt gewesen seien.

Hierzu stellen sich mehrere Fragen, die im Rahmen einer seriösen Aufarbeitung auch Bestandteil der Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft sein sollten:

Fragen zu Sicherheitsbedenken im Vorfeld der Duisburger Loveparade

1. Die Diskussion um die allgemeine Sicherheit bei der Loveparade wurde seit geraumer Zeit geführt.

Bereits vor einem Jahr lehnte zum Beispiel Bochum die Ausrichtung der Veranstaltung ab, da die örtlichen Polizei- und Verwaltungsbehörden aufgrund der engen Bebauung der Stadt zu große Sicherheitsbedenken hatten.

Die Entscheidung der Stadt Bochum wurde seinerzeit breit in der Presse diskutiert.

Wie Sie wissen, sind Bochum und Duisburg in Hinblick auf die Bebauungsdichte sehr ähnlich strukturiert (Essen und Dortmund, wo die Loveparade ohne größere Zwischenfälle verlief, sind dagegen weitläufiger ausgelegt).

Haben Sie niemals von den Bochumer Bedenken erfahren?

Falls doch: Warum haben Sie diese Diskussion dann nicht als Warnung für eine solche Veranstaltung in Duisburg begriffen?
2. Das Thema „Sicherheit“ war im Vorfeld der Loveparade in Duisburg auch Bestandteil zahlreicher Besprechungen und Korrespondenzen zwischen den Verantwortlichen.

Sie selbst haben eingeräumt, sich an Diskussionen der verantwortlichen Stellen beteiligt zu haben. Dabei sei es jedoch stets nur um die Finanzierung gegangen.

Um welche Gespräche bzw. Korrespondenzen handelte es sich dabei? Wer war jeweils anwesend oder einbezogen? Was genau war der Inhalt Ihrer Kommunikation mit den übrigen Beteiligten?

3. Wie erklären Sie sich, dass Sie selbst nie etwas von den geäußerten Sicherheitsbedenken erfahren haben (wollen), andere Beteiligte aber sehr wohl davon erfuhren?

So war im Kreis der übrigen Beteiligten u.a. weithin bekannt, dass

– der Duisburger Polizeipräsident Rolf Cebin bereits Monate vor der Veranstaltung massive Sicherheitsbedenken geäußert hatte (der Duisburger CDU-Vorsitzende Mahlberg forderte daraufhin öffentlich die Ablösung von Cebin, der im Frühjahr 2010 regulär in Ruhestand ging, dessen Stelle aber seltsamerweise vor der Loveparade nicht neu besetzt wurde)

– auch der Vorsitzende der deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, diese Bedenken (nicht zuletzt aufgrund seiner guten Kenntnis von Duisburg) teilte

– mehrere verantwortliche Mitarbeiter der Stadtverwaltung Duisburg wie z.B. die frühere Leiterin des Bauordnungsamtes oder der Baudezernatsleiter Jürgen Dressler die Genehmigung aus Sicherheitsgründen in Frage stellten oder ganz verweigerten (was teilweise zu Versetzungen der kritischen Stimmen im Rathaus führte)

Sie selbst wollen auch von diesen Vorgängen nie etwas gehört haben?

Gilt dies auch für die übrigen Mitglieder der Geschäfts- und Programmleitung sowie die weiteren Mitarbeiter der Ruhr.2010 GmbH?

4. Ihr Unternehmen betreibt nach unserer Kenntnis eine Art „Evaluation“, also eine Erfolgskontrolle sämtlicher Aktivitäten der RUHR.2010 GmbH. Dazu gehört auch eine regelmäßige Presse- und Internetschau (einige Ergebnisse dieser Auswertungen finden sich z.B. in der umfangreichen und stets aktuellen Zitate-Sammlung auf Ihrer Website www.ruhr2010.de ).
Wie konnten Ihnen und den übrigen Mitarbeitern der RUHR.2010 GmbH dennoch die zahlreichen Hinweise und Warnungen entgangen sein, die im Vorfeld der Duisburger Loveparade insbesondere im Internet veröffentlicht wurden?

Fragen zur Kenntnis über die Beschaffenheit des Unglücksortes

5. Der Tunnel an der Karl-Lehr-Straße, der in Duisburg zur Todesfalle wurde, liegt relativ zentral in unmittelbarer Bahnhofsnähe.

Sie selbst sind in Duisburg geboren und haben die Stadt auch in späteren Jahren häufig besucht.

Eigentlich hätten Sie den Tunnel schon allein deshalb kennen können. Warum war das nicht der Fall?

6. Ist in keinem einzigen Gespräch und auch keiner Korrespondenz zwischen der RUHR.2010 GmbH und den übrigen Beteiligten (z.B. Lopavent GmbH, Duisburger Rathaus, Duisburger Marketingesellschaft, Medienpartner WDR und „Bild“, Staatskanzlei, Ministerien usw.) jemals der Begriff „Tunnel“ gefallen, als es um die Vorbereitung der Loveparade in Duisburg ging?

7. Ist es nicht üblich, als Mitveranstalter oder auch als Schirmherr Veranstaltungsorte zu derart großen Events zuvor in Augenschein zu nehmen?

Haben dennoch weder Sie selbst noch einer Ihrer Kollegen aus der Geschäfts- und Programmleitung noch einer der zahlreichen weiteren Mitarbeiter der RUHR.2010 GmbH jemals vor dem 24.07.2010 das Veranstaltungsgelände persönlich in Augenschein genommen und der Geschäftsleitung darüber berichtet?

8. Auf der Website der Ruhr.2010 GmbH wurde im Vorfeld der Loveparade unter www.ruhr2010.de ausführlich auf die Veranstaltung hingewiesen und dafür geworben.

Zu diesem von Ihnen verantworteten Informationsangebot gehörte u.a. auch eine Skizze des Veranstaltungsgeländes sowie ein vergrößerter Auszug aus dem Duisburger Stadtplan.

Darauf ist deutlich zu erkennen, dass nur ein einziger Zugang und zugleich Ausgang zum und vom Gelände vorgesehen war – nämlich der besagte Tunnel.

Waren Ihnen die hierzu eigens angefertigte Skizze und der Stadtplan bekannt?

Waren Skizze und Stadtplan (auch) anderen Mitglieder der Geschäfts- und Programmleitung oder anderen Mitarbeitern der RUHR.2010 GmbH bekannt?

Falls ja: Welche Schlüsse wurden bei der RUHR.2010 GmbH daraus gezogen?

Falls nein: Wie kamen Skizze und Stadtplan dann auf Ihre Website?

Fragen zur organisatorischen bzw. finanziellen Beteiligung der Ruhr.2010 GmbH an der Duisburger Loveparade


9.
Welche Gespräche oder Korrespondenzen wurden zwischen der Ruhr.2010 GmbH und den übrigen beteiligten Stellen (s. Frage 6) zu den Vermarktungsrechten an diesem Mega-Event geführt und welchen Inhalts waren diese?

10. Unmittelbar nach Ihrer Berufung zum Geschäftsführer der Ruhr.2010 GmbH haben Sie in einem Zeitungsinterview angekündigt, dass Sie Ihren Einfluss als Präsident der Europäischen Rundfunkunion bei der medialen Vermarktung der Veranstaltungen Ihres Unternehmens „wirkungsvoll einsetzen“ wollen.

In welcher Form haben Sie die engen Kontakte zu anderen europäischen TV-Sendern, die sie als Präsident der EBU in der Zeit von 2006 bis 2008 geknüpft haben, im Zusammenhang mit der Loveparade genutzt? Welche Unternehmen, TV-Sender, Institutionen oder Personen haben von der regionalen, nationalen und internationalen Lizenzierung von TV-Rechten profitiert oder sollten davon profitieren – und in welchem Umfang?

Soweit unsere Fragen.

Dieser offene Brief erhebt angesichts der zahlreichen aufklärungsbedürftigen Ungereimtheiten zu der Tragödie von Duisburg keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Hier gilt es, noch Vieles andere aufzuarbeiten und alle Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

Zunächst dürfen Betroffene wie Beobachter des Geschehens jedoch Ihre persönliche Antwort als Schirmherr der Veranstaltung auf die oben gestellten Fragen erwarten.

Mit freundlichen Grüßen

Stefan Laurin (Bochum) / Uwe Herzog (Köln)
*) Laut einem Pressebericht haben Sie zwischenzeitlich nach dem Unglück bestritten, dass die Ruhr.2010 GmbH jemals die Schirmherrschaft für die Loveparade in Duisburg innegehabt hätte. Ihr Unternehmen habe lediglich sein „Logo gegeben“.

Dazu die Definition des Begriffs „Schirmherrschaft“ aus Wikipedia (stellvertretend für ähnlich lautende Definitionen in anderen Lexika):

„Als Schirmherr / Schirmherrin oder (in der Schweiz) Patron, gelegentlich auch Protektor, wird eine (meist prominente) Persönlichkeit oder eine Organisation bezeichnet, die mit ihrem Namen eine Veranstaltung oder eine gemeinnützige Organisation unterstützt.“ Zum Beispiel mit einem Logo, einem Websiteauftritt u.s.w.

Update II: Twitter: Flashmob gegen OB Sauerland – E-Petition für Rücktritt

Pressekonferenz auf der Medienbrücke, 17.31 Uhr, kurz vor der Liveschalte zum BILD-Stream: Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) nimmt in Gegenwart von Kreativitätschef Gorny und Spaßmaxe Pocher eine Prioritäts-SMS entgegen. rubapic

Von Stefan Laurin und Thomas Meiser

Update – 18.36 Uhr. Nach Angaben der Duisburger Polizei nahmen an dem per Twitter erst am Nachmittag angekündigten Flashmob zum Rücktritt des Duisburger Oberbürgermeisters Adolf Sauerland rund 30 Personen teil.

Der Flashmob fand unter so großer Medienbeobachtung statt, daß er mir persönlich (Thomas) gar nicht aufgefallen ist. Vielmehr belagerte eine definitiv größere Zahl von Journalisten – Kamerateams, Knipser usf – die Treppe des neogotischen Duisburger Rathauses.

Von der Treppe herunter begab sich gegen 17.40 Uhr nach meiner Beobachtung Eckhart von Klaeden, der Staatsminister im Bundeskanzleramt, der in seinem S-Klasse-Benz verschwand. Um reifenquietschend um die Ecke zu biegen.

Von Klaeden klärte wohl die am Samstag anstehenden Trauerfeierlichkeiten in der neben dem Rathaus gelegenen Salvatorkirche ab, an denen Bundeskanzlerin Merkel teilnehmen wird.

Auf Twitter häufen sich die Tweets, die zu einem Flashmob gegen Duisburgs OB Adolf Sauerland aufrufen.

Sauerland weigert sich  weiterhin von seinem Amt zurückzutreten. Der Grund Er will bei der Aufklärung helfen. Längst ist das die Aufgabe der Staatsanwaltschaft.  Der Flashmob soll sich um 17.30 Uhr vor dem Duisburger Rathaus zusammenfinden.

Update: Mittlerweile kann man auch online für den Rücktritt Sauerlands eintreten. Unter Petitiononline findet sich folgender Text:

OB Adolf Sauerland

Nach den Ereignissen der Duisburger Loveparade am 24.07.2010 ist das Verhalten des Duisburger Oberbürgermeisters Adolf Sauerland untragbar und verhöhnt die Opfer dieses Unglücks.

20 Tote und über 500 Verletzte ist die Bilanz einer Katastrophe, die hätte vermieden werden können, wenn nicht Profit- und Profilierungsgedanken Triebfeder gewesen wären. Sie, Adolf Sauerland, der Oberbürgermeister der Stadt Duisburg besitzen nun noch nicht einmal den Anstand, von Ihren Ämtern zurückzutreten.

Ihr Verhalten ist ein Schlag ins Gesicht aller Duisburger und vor allem der Verwandten und Freunden der Opfer.

Deshalb fordern wir Ihren Rücktritt Herr Adolf Sauerland.

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Loveparade: Zurücktreten wegen Vertuschungsgefahr

Pressekonferenz auf der Medienbrücke, kurz vor der Liveschalte zum BILD-Stream: Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) nimmt in Gegenwart von Kreativitätschef Gorny und Spaßmaxe Pocher eine Prioritäts-SMS entgegen. rubapic

Sicher, heute kann niemand sagen wer persönlich die Schuld an dem Duisburger-Desaster trägt. Trotzdem gibt es einen Grund für Rücktritte: Vertuschungsgefahr. Von Stefan Laurin und Thomas Meiser

Welche Schuld trägt Duisburgs jovialer Oberbürgermeister Adolf Sauerland? Was hat Duisburgs Sicherheitsdezernent Wolfgang Rabe an Schuld auf sich genommen? Hat die Polizei versagt? Die Veranstalter? Die Ruhr2010 GmbH? Das alles werden wir erst in Wochen, wenn nicht in Monaten wissen.

Auf der Pressekonferenz vorhin haben einige der Verantwortlichen deutlich gemacht, dass sie auf Zeit spielen. Das kann gelingen.

Aber das darf nicht gelingen.

Unabhängig von jeder juristischen Schuld, deren Feststellung einer genauen Prüfung bedarf, müssen Verantwortliche wie Sauerland, Rabe oder der faktische Polizeichef Detlef von Schmeling die politischen Konsequenzen tragen.

Und mit ihrem Rücktritt vorbehaltlose Ermittlungen erst ermöglichen.

Wer das Ruhrgebiet kennt, und das darf man uns getrost unterstellen, kennt den Filz, der das Revier bedeckt.

Dieser geht über Parteigrenzen, vermischt sich mit den Behörden und zahlreichen Unternehmen.

Wer es hier schafft, nach einer Katastrophe die ersten Tage zu überstehen und das Heft in der Hand zu behalten, hat gute Chancen durchzukommen – und die Abschlussberichte und die Ermittlungen in seinem Sinne zu beeinflussen.

Bauernopfer werden nach vorne geschickt und später für ihre Treue belohnt.

Im Ruhrgebiet hat man immer noch gute Gründe gefunden, Versager nicht in die Wüste zu schicken und Verantwortlichkeiten klein zu reden.

Deshalb müssen jetzt die Konsequenzen gezogen werden. Das ist die Grundlage der Aufklärung.

Alle Folgen der historischen PK, in der sich die für die Loveparade-Katastrophe in Duisburg Verantwortlichen der Welt lächerlich machen –  hier (6 von 6).

Und dann würden wir gern noch eines wissen:

Wer war dafür verantwortlich dafür, dass im VIP-Bereich die Party weiterging?

Dass die Lauschepper weiter lustig saufen konnten nach der Katastrophe?

Die Loveparade nicht sofort zu beenden – das mag auch sicherheitstaktischen Gründen die richtige Entscheidung gewesen sein.

Den B-Promis hätte man den Spaß-Stecker ziehen können.


/Ach ja, wer uns zu dieser Sache, deren Vertuschung damit begonnen hat, daß keine Verantwortung übernommen wurde von welchen Zuständigen auch immer, was mitteilen will

– die Tür für Whistleblower ist wie immer offen.

„Öner, geh du voran…“

„Lasst 1000 Schiffe nach Gaza fahren“ war heute das Motto einer Demo in Gelsenkirchen. Interessierte das jemanden? Nö. Von Michael Kolb, Frederik Görges (Fotos) und Stefan Laurin

Der Aufruf klang nach Großdemonstration:

„Lasst 1000 Schiffe nach Gaza fahren. Unter diesem Motto findet am 26.Juni 2010 auf dem Neumarkt in Gelsenkirchen ab 12.00 Uhr eine Solidaritätsdemonstration für die Menschen in Gaza statt. (…) Düsseldorf war gut, Duisburg war supergut und Gelsenkirchen sollte da nicht allzuviel zurückstehen. Kommt alle am 26.Juni zum Neumarkt nach Gelsenkirchen.“

Alle, das können ziemlich wenige sein. Vielleicht 50 Leute folgten dem Aufruf und trafen sich bei strahlendem Sommerwetter in der Gelsenkirchener Innenstadt. Sie erlebten drei Redner aus dem Umfeld der stalinistischen MLPD und der Linkspartei, einen eifrigen Klampfisten, Sängerinnen und Rapper-.

Die Redner
Alle die das Podium betraten beschworen, dass sie nichts gegen Juden hätten, auch nicht gegen Israel sonder nur etwas gegen den Blockade Gazas. Im vorletzten Winter war das noch anders. Damals war auf einer Demo in Gelsenkirchen noch vom vergasen die Rede. So etwas kam heute nicht vor. Die Demoleitung hatte die Situation im Griff. Alle betonten sie die besondere Verantwortung, die Deutschland wegen seiner Nazi-Geschichte hat. Und weil die Nazis sechs Millionen Juden ermordet haben, stellt man sich jetzt gegen Unterdrückung. Und Unterdrückt werden die Palästinenser. Natürlich nicht durch die Hamas, sondern durch Israel. Und, klar, hoch die Internationale Solidarität, der Kapitalismus ist böse, der Imperialismus sowieso. Wie grausam der Kapitalismus gerade in Gelsenkirchen gewütet hat, erfuhr ich später auf der Demo: Eine von mir sehr geschätzte Würstchenbude, die früher eine sehr leckere Zwiebelwurst offerierte, war verschwunden.

Die Demo
50 Demonstranten stören auch in Gelsenkirchens Fußgängerzone niemanden. Angemeldet waren bei der Polizei erst 500, dann 250. Die Demo verlief sehr ordentlich. Demoleiter Karl-Heinz Strohmeier hatte alles im Griff: „Öner, geh Du voran…“ dirigierte er. Man wählte die Viererreihe. Ein Demonstrant hatte ein Hamas Stirntuch um den Kopf. Heisse Sache bei diesem Wetter. Immer wieder wurden die Gelsenkirchener über die Gaza-Flotte, Israels Attacke auf dieselbe und die Leiden der Palästinenser informiert. Niemanden hielt das vom Speiseeis-Verzehr ab.

Das Kulturprogramm
Das Kulturprogramm bestand aus drei Komponenten: Zwei singenden Maoistinnen, einem klampfenden Betriebsrat und der Duisburger Band die Bandbreite. Und ja, es ist wahr: Töne elektrisch verstärken zu können ist nicht immer ein Segen. Vor allem das Aserbaidschanische Friedenslied ging mir durch Mark und Bein. Der klampfende Betriebsrat hielt sich ordentlich. Ein Mann und eine Gitarre – da kann nicht viel schief gehen.

Der Höhepunkt war der Auftritt der „weltbekannten Duisburger Jungs“ (O-Ton Demoaufruf)  der Band Bandbreite.  Bei so viel Prominenz auf der Bühne verlor die Ansagerin prompt die Kontrolle und sagte die Band als „Breitband“ an. Auch ein schöner Name.

Marcel Wojnarowicz, Künstlername Wojna, von der Bandbreite ist so etwas wie der Erich von Däniken des deutschsprachigen Raps. Wo Däniken Ausserirdische sieht, sieht Wojna Verschwörungen: An Anschläge wie dem 11. September sind immer die westliche Staaten schuld. Alles False-Flag Aktionen. Und dann Gaza: Wie schlecht es den Menschen da geht. Auch zu dem Thema gibt es natürlich ein Bandbreite-Stück. Die Texte der Band haben die Qualität von vorgelesenen Flugblättern. Und klar, Wojna und die Bandbreite werden verfolgt. Man beschimpft sie als Antisemiten, weil sie sich für die Palästinenser einsetzen. Dagegen klagt die Band. Zumindest was die Justiz betrifft, scheint es ein Restvertrauen in den Staat zu geben.

Das Ende
Nach dem Auftritt der Bandbreite war Schluss. Was bleibt?  Auf jeden Fall die Erkenntnis, dass die Bedienung im Cafe Pabst am Neumarkt ein wenig schneller sein könnte.