Polizei zieht Marxloh dicht – Video: NPD-Nazis in Duisburg

ProNRW-Chef Markus Beisicht ramentert im Gelsenkircher Schloß Horst. Bild Görges

Am Sonntag, am zweiten Tag der Anti-Nazi-Festspiele in der Ruhrstadt steht Duisburg-Marxloh im Focus. Hier wollen NPD und ProNRW einen Marsch mit dem Ziel der größten Moschee Deutschlands starten. Der DGB und drei Bündnisse, die auf friedliche Blockaden setzen, sind dagegen. Hier ein Lageplan: Demorouten, Polizeiquelle (PDF). Bereits Samstags standen wenige Rechte vielen Gegendemonstranten gegenüber. Unter den Gegendemonstranten in der Demonstration des Deutschen Gewerkschaftsbundes am Sonntag: SPD-Chef Sigmar Gabriel.

8.00 -10.00 Uhr: Essen – Duisburg Hbf – Oberhausen-Holten – Duisburg Marxloh
Bereits in der U-Bahn eine kleine Reisegruppe auf dem Weg zum Marxloher Bündnis. Dann Duisburg Hauptbahnhof: Nur knapp 20 Polizisten. Schließt man sich einer recht großen Truppe mit bunten Haaren und Fanhnen an, gelangt man via S-Bahn nach Oberhausen-Holten. In Sterkrade steigt ein Herr mit Lonsdale-Jacke zu und staunt nicht schlecht. Die Truppe begibt sich zu Fuß zum Treffpunkt 4 in Marxloh. Vor der Moschee trifft um 10.30 Uhr Sigmar Gabriel ein, das Frühlingsfest wird vorbereitet, etwa 300 solidarische Gegendemonstrant/innen sind schon anwesend, man grüßt Kolleg/innen, vor vielen Häusern hängen Plakate des Marxloher Bündnisses und Transparente antirassistischen Inhalts. Hier wird eindrucksvoll Koexistenz und Nachbarschaft demonstriert.

09.08 Uhr. Duisburg. Moschee Warbruckstraße. Keine besonderen Vorkommnisse meldet Prospero. TV-Medien und Hauptstadtpresse versammelten sich.

Sonntag,  07.55 Uhr. Um Duisburg-Nord. Die Autobahnabfahrt Duisburg-Fahrn ist polizeilich gesperrt. Hinseitig des Duisburger Nordens stehen auch die Brücken der Autobahn A 59 unter polizeilicher Bewachung. Spezialeinsatz-Einheiten werden in Duisburg-Marxloh zusammengezogen. An der Ausfahrt-Duisburg Fahrn steht ein Tarnfahrzeug der Polizei, das Videaufnahmen fertigt. Es wäre ein dreiachziger LKW mit Hänger. Der Focus der Kamera wäre auf die rückwärtigen Nummernschilder der ausfahrenden Autofahrer gerichtet, der Kamerafocus sei quasi genau auf die Merkez-Moschee auf der Marxloher Warbruckstraße gerichtet. An der Merkezmoschee sind starke Polizeikräfte zusammengezogen, darunter auch Wasserwerfer. Berichten Augenzeugen.

Die Fotos des gestrigen Tages

Wir haben eine Seite mit den Fotos des Tages zusammengestellt (Alle Fotos Görges) Klack.

23.40 Uhr. Duisburg. Von uns ein erstes Video der NPD-Demo auf dem Duisburger Bahnhofsvorplatz. Von heute mittag. Video von Prospero Spließ.

20.20 Uhr. Gelsenkirchen. Schloß Horst. Fazit ProNRW-Parteitag in Gelsenkirchen.

Pro NRW hatte zu dem Parteitag groß aufgefahren: Den lispelnden Parteivorsitzen Markus Beisicht, den Dauerstudenten und Gelsenkirchener Ratsherren Kevin Gareth Hauer und jede Menge Freunde von rechtsradikalen Parteien aus ganz Europa.

Markus Beisicht will mit ihnen zusammen eine Volksabstimmung für ein Minarettverbot starten, in den Landtag einziehen und später einmal die Rechte in Deutschland neu organisieren. Gespräche dazu, versicherte er, würden bereits stattfinden. Bezahlt wird das alles von dem Schweden Heribert Brinkmann. Ob all das jemanden gelingt, der vor allem jammern kann, wird man sehen. Denn Beisicht fühlt sich verfolgt: Die Kirchen sind gegen ihn, alle Parteien, die Medien, Gewerkschaften, Links- und Rechtsextremisten, Migrantenorganisationen und natürlich der Verfassungsschutz. Alle böse außer Beisicht.

Der sieht sich als Demokraten, betont in jedem Satz seine Treue zur Verfassung und hat auch nichts gegen ehemalige NPD-Mitglieder bei Pro NRW, wenn sie sich denn zum Grundgesetz bekennen. Beisicht bietet Ex- oder auch nicht Ex-Nazis, was ihnen Gruppen wie die NPD in NRW nicht bieten können: Mandate, ein wenig Staatsknete ohne allzu viel Arbeit, ein Pöstchen. Dafür müssen sie in billigen Anzügen rumlaufen und Krawatten tragen. Eine rechtspopulistische Partei als wirtschaftliches Auffangbecken für gescheiterte Rechtsradikale.  Das ist der eigentliche Kern von Pro NRW. Berichtet Laurin.

18.30 Uhr, Duisburg. Dellplatz. Kulturzentrum Hundertmeister. 150 ausgewählte Gäste begrüßte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles im Kulturzentrum Hundertmeister in Duisburg: „Ihr habt ganz Duisburg mobilisiert, damit der rechte Mob und die Nazis hier keinen Grund kriegen. Deswegen lasst uns morgen mit Siegmar Gabriel an der Demo des DGB teilnehmen.“

Unter den Teilnehmern des Empfanges der sozialdemokratischen Antifaschisten: Der Duisburger Alt-Oberbürgermeister Josef Krings, der DGB-Vorsitzende Reiner Bischoff, die Bundestagsabgeordnete Bärbel Baas,  die Duisburger Landtagsabgeordeten Sören Link, Gisela Walsken und Ralf Jäger (zudem Duisburgs SPD-Chef). Berichtet Meiser.

17.00 Uhr. Duisburg-Innenstadt. Lagebild. Nach Abschluß des Demonstrationsgeschehens zieht die Polizei telefonisch eine vorläufige Zwischenbilanz, die im Laufe des frühen Abends in einer Pressemitteilung präzisiert werden soll. Und zwar um 19.22 Uhr, hier ist die PM.

Demzufolge wurden insgesamt acht Personen aus Kreisen der Antifa-Demonstranten arretiert. Zusätzlich zu den drei in Gewahrssam genommenen, bei deren Widerstandshandlungen Pfefferspray eingesetzt worden wäre, wurden also weitere fünf Erwachsene festgenommen.

Bei diesem Geschehen im zentral gelegenen Kantpark wären wohl Widerstandshandlungen bzw Gefangenenbefreiung einschlägig. Während des Zugriffes wurden zwei Personen verletzt, die jetzt im Krankenhaus behandelt würden.

Das Duisburg-stellt-sich-quer-Bündnis hat zu den Vorgängen diese Pressemitteilung herausgegeben. Summary Meiser.

15.59 Uhr. Duisburg-Marxloh, Rolfstraße. Folkloristisches Antifa-Demogeschehen in Marxloh am ersten Tag der zweitägigen Duisburger Anti-Nazi-Festspiele, berichtet Stefan. Um die 500 Teilnehmer, friedliche Athmosphäre. Kinder laufen umher, die Sonne scheint. Berichtet Laurin.

15.00 Uhr. Gelsenkirchen, Schloß Horst. Im großen Saal versammelten sich rund 300 Parteigänger der rechtspopulistischen Vereinigung ProNRW zu ihrem Parteitag. Darunter mehrere Dutzend ausländische Gäste von Organisationen wie Vlaams Belang und FPÖ. Schwer lispelnd sah der Vorsitzende Markus Beisicht seine politische Organisation in der Rolle des Opfers:

Eine Kampagne der Kirchen, der etablierten Parteien und des Verfassungsschutzes würde seine Bewegung schmähen. Gleichwohl bleibe deren erstes Ziel der Einzug in den nordrhein-westfälischen Landtag.

Doch das sei nur der erste Schritt: „Wenn wir dann unsere Hausaufgaben in NRW erledigt haben“, so Beisicht, „werden wir die Rechte in Deutschland neu ordnen.“ Auch würde dann „ein europaweites Bürgerbegehen gegen Minarette“ initiiert werden.

Die Proteste gegen den Parteitag vor dem Schloß Horst sind zur Stunde im Abflauen begriffen. Berichtet Laurin.

Kundgebung beendet: Neonazis vor dem Duisburger Hauptbahnhof
Kundgebung beendet: Neonazis vor dem Duisburger Hauptbahnhof. Bild Rodenbücher

14.15 Uhr. Duisburg, Tonhallenstraße. Unbestätigte Meldung vom Twitter des Duisburg-stellt-sich-quer-Bündnis: Einkesselung von Antifas, eine Frau wäre bewußtlos.

13.55 Uhr. Duisburg Hauptbahnhof, Lagebild. Friedlicher Ausklang der Antifa-Demonstration im Sonnenschein. Song des Tages war eine Humpaaversion von Bella Ciao.

Für das Netzwerk gegen Rechts erinnerte der Duisburger Rechtsanwalt Jürgen Aust als Redner an die nazistische Kontinuität des Staates Bundesrepublik Deutschland. Amtsträger wie Globke und Filbinger seien Beispiele dafür. Es ginge die Staatsideologie „buchstäblich über Leichen“, bedenke man die von Rechtsradikalen bislang zu Tode gebrachten Opfer rassistischer Gewalt, deren Zahl mittlerweile ins Dreistellige reiche. Beobachtet von Meiser.

Laut Polizeiangaben nahmen an der Antifa-Kundgebung am Busbahnhof des Duisburger Hauptbahnhofes 600 Menschen teil. Zuvor kam es zu drei Ingewahrsamnahmen. Diese Personen hätten „Polizeibeamte angegriffen“ und seien „gegen Absperrungen vorgegangen“. Nach Auskunft des Ermittlungsausschusses der Antifas handelt es sich dabei um einen Erwachsenen und zwei Jugendliche.

Gallenkamp-/Ecke Mercatorstraße. Duisburgs Polizeipräsident Rolf Cebin macht sich ein Bild von der Antifa-Demo
Gallenkamp-/Ecke Mercatorstraße. Duisburgs Polizeipräsident Rolf Cebin macht sich ein Bild von der Antifa-Demo. Bild Meiser

Rund 70 Neonazis versammelten sich nach Polizeiangaben auf dem Bahnhofsvorplatz, deren Kundgebung ist bis 15 Uhr angemeldet.

12.30 Uhr. Gelsenkirchen, Schloss Horst. Kurz vor Beginn des Pro NRW-Parteitages haben sich 400 Gegendemonstranten um das massiv gesicherte Schloss Horst versammelt. Die Polizei ist mit Reiterstaffeln unterwegs und hält einzelne Demonstranten davon ab, zum Kundgebungsort der Rechten zu gelangen. Bericht Laurin. Es habe eine Sitzblockade von ca 40 Menschen gegeben. Diese sei friedlich beendet worden – nach der zweiten Aufforderung der Polizei. Berichteten Laurin Augenzeugen.

11.00 Uhr. Busbahnhof Duisburg. Eine Anti-NPD Kundgebung mit rund 30o Teilnehmern hat begonnen. Nazis wollen ab 12.00 Uhr vor dem Hauptbahnhof eine Kundgebung abhalten und sind im Moment dabei, sich zu sammeln. Die Polizei hat beide Gruppen voneinander getrennt. Die Nazis sind allerdings in Sicht- und Hörweite. Berichten Augenzeugen.

09.50 Uhr. Duisburg, Hauptbahnhof. Hauptbahnhof und umliegendes Gelände sind von starken Polizeikräften gesichert, Aus- und Zugänge des Hauptbahnhofes werden kontrolliert. Reisende und etwaige Demonstrationsteilnehmer beider Seiten werden von der Polizei befragt und getrennt. Berichten Spließ und Rodenbücher.

09.00 Uhr. Duisburg, Lagebild: Keine besondereren Vorkommnisse bislang nach Polizeiangaben. Am Busbahnhof des Hauptbahnhofes treffen sich die Antifaschisten. Sie demonstrieren gegen eine Kundgebung der NPD in Sicht- und Hörweite auf dem Bahnhofsvorplatz, diese ist von 11 bis 15 Uhr genehmigt.

In Duisburg fährt die Polizei den größten und personalintensivsten Einsatz aller Zeiten in der Stadt, rund 30 Hundertschaften werden am Wochenende im Dienst sein. Einsatzleiter ist der umstrittene Kuno Simon. Der Polizeidirektor verantwortete vor rund einem Jahr die Entscheidung, die zum sogenannten Duisburger Flaggenstreit führte.

Rund ein Dutzend Demos sind an diesem Wochenende in Duisburg angemeldet, erwartet werden rund achttausend Teilnehmer. Ab morgen, Sonntag, geht es den Gegendemonstranten darum, sowohl einen Marsch der NPD als auch der rechtspopulistischen Vereinigung ProNRW auf die im immigationsgeprägten Stadtteil Marxloh im Duisburger Norden gelegene Merkez-Moschee zu verhindern. Mit friedlichen Mitteln, wie allseitig betont wird.

Drei Bündnisse und der Deutsche Gewerkschaftsbund rufen zu den Gegendemos auf:

Das emanzipatorische Märchenland-Bündnis. Das von der Linkspartei majorisierte Duisburg-stellt-sich-Quer-Bündnis, das auch islamistische Organisationen umfasst. Und das aus lokalen Initatiativen bestehende Marxloher Bündnis. Der lokale DGB-Vorsitzende Rainer Bischoff ist sich ziemlich sicher, daß  „der DGB die zählenmässig stärkste Gruppe der Gegendemonstranten umfassen wird.“ Summary Meiser.

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Vom Duisburger Weblog Xtranews sind vor Ort: Werner Jurga, Stefan Meiners, Thomas Rodenbücher, Christian Spließ. Von den Ruhrbaronen sind vor Ort: Jens Kobler, Stefan Laurin, Frederik Görges und Thomas Meiser (Desk).

Der Mantel des Schweigens beim WDR

Nur ganz selten kommen Skandale aus den öffentlich rechtlichen Sendern ans Licht. Nur ganz selten kann man sehen, was auch mit Gebührengeldern passieren kann. Derzeit wird etwa der Fall der NDR-Fernsehchefin Doris J. Heinze in der Öffentlichkeit verhandelt. Die überaus kreative 60-Jährige hatte offenbar nicht nur unter einem Pseudonym eigene Drehbücher an ihren Sender verkauft, wie der NDR bekannt gab, sondern auch noch Skripte ihres Mannes angenommen und bezahlen lassen. Das ist nicht toll und man stellt sich die Frage ob so was auch woanders möglich ist. von Marvin Oppong und David Schraven

Wir haben herausgefunden, dass es auch beim WDR in Köln einen ähnlichen Fall gab. Doch anders als in der Causa Heinze wurde dieser nicht in der Öffentlichkeit verhandelt, sondern in aller Stille bereinigt. Beim WDR mag man das Schweigen wohl.

Es geht um den ehemaligen Kopf der WDR-Programmentwicklung Karl-Heinz Angsten. Dem Mann werden hausintern Geschäfte mit seiner Ehefrau und einer verbandelten Firma nachgesagt. Die Innenrevision ermittelte, Angsten musste gehen, doch nach außen wird die Sache bis heute runtergespielt. Auf Nachfragen reagiert der Sender genervt. Es reiche aus, wenn gegenüber den Gremien Auskunft gegeben werde, heißt es. Auf Nachfragen der Presse antworte man daher nicht.

Vielleicht wäre Offenheit besser. Der 54-Jährige Karl-Heinz Angsten hat als Ex-Abteilungsleiter bei VOX und früherer Redaktionschef bei „Schreinemakers live“ jede Menge TV-Erfahrung. 2005 holte ihn der damalige WDR-Programmdirektor Ulrich Deppendorf als Chefentwickler zum WDR. Angsten sollte frischen Wind in den öffentlich-rechtlichen Sender bringen.

Doch schon bald begannen die Probleme. Tief in den WDR-Innereien murrten Redakteure über die Angsten-Ideen. Sie warfen dem Entwickler vor, schlicht Privatformate in den Gebührensender zu importieren. Etliche sahen ihren staatlichen Bildungsauftrag bedroht, sollten sich erst Coaching-Sendungen nach dem Motto „Hier-werden-Sie-geholfen“ durchsetzen. Schnell stießen einige Redakteure auf Merkwürdigkeiten.

Angsten war früher Teilhaber und Geschäftsführer der TV-Firma Good Times. Nach seinem Ausschieden verblieb Angstens Ehefrau Sylvia Fahrenkrog-Petersen an der Spitze der Firma. Und: die Good Times wurde als Produzentin für den WDR aktiv. Die kritischen Redakteure mutmaßten, Angsten habe seiner Frau Aufträge verschafft. Zum Schluss machte die Good Times immerhin noch rund 600.000 Euro im Jahr mit dem Kölner Sender.

Angsten sagt, die Verbindung zur Good Times war den Verantwortlichen im WDR bekannt. Er selbst habe sich nie für Projekte der Good Times eingesetzt.

Aber stimmt die Aussage von Angsten? Um der Wahrheit näher zu kommen, muss man sich tiefer in das WDR-Umfeld wühlen. Da ist zum Beispiel die Sendung „Der Große Finanz-Check“. In diesem Trainingsformat soll klammen Menschen dabei geholfen werden, einer Schuldenfalle zu entkommen. 2006, kurz nach Angstens Dienstantritt, wurde das Format im WDR etabliert.

Produziert wurde der Finanzcheck von der Firma Together Productions, die im Januar 2006 erst kurz vor dem Projektstart zum großen Finanzcheck gegründet wurde. Die Firma bekam im Laufe der Zeit weit über eine Million Euro vom WDR überwiesen.

Nach Auskunft von Angsten und seiner Frau Sylvia Fahrenkrog-Petersen ist die Together Productions ein gänzlich unabhängiges Unternehmen.

Doch das kann man so einfach nicht sagen. Wie unsere Recherchen zeigen, gibt es deutliche Verknüpfungspunkte zwischen der Together Productions, der Good Times und Karl-Heinz Angsten. So taucht beispielsweise in den Dokumenten der Together Produktions der Name von Angsten als Autor des Konzeptes der Sendung Finanzcheck auf. Er selbst sagt, er habe im Rahmen seines WDR-Auftrages das Konzept mitentwickelt, weil er die Idee für gut befunden habe. Geld habe er für seine Hilfe von der Together Productions nicht bekommen.

Gründer der Together Productions ist Benjamin Mandal, zuvor Mitarbeiter von Fahrenkrog-Petersen in der Good Times. Das Startkapital der Firma lag bei 25.000 Euro. Aus vorliegenden Unterlagen, geht hervor, dass Mandal mit seiner Firma Together Production Untermieter der Good Times war, man teilte sich sogar einen gemeinsamen Telefonanschluss. Damit nicht genug.

Anhand von vorliegenden Rechnungen lässt sich ein Geldfluss von der Together Productions zur Good Times rekonstruieren. Demnach zahlte die Together Produktions an ihren Vermieter Good Times monatlich bis zu 40.000 Euro. Dieses Geld wurde als Gebühren für die Nutzung von Schnittplätzen ausgewiesen. Dies bestätigt Fahrenkrog-Petersen.

Allerdings sei der Finanzcheck nicht bei der Good Times geschnitten worden. Mandal selbst sagt, bei der Together Productions handele es sich um ein „reines Redaktionsbüro“, das damals über keine eigenen Schnittplätze verfügt und deshalb die Kapazitäten der Good Times genutzt habe.

Zusammengefasst heißt das: Der WDR-Programmentwickler Angsten betreute einen Ex-Angstellten seiner Frau, mit dem diese wirtschaftlich verbandelt war, bei dessen Einstieg in den WDR.

Angsten, seine Frau sowie Mandal bestreiten, dass es sich dabei um illegale Geschäfte gehandelt habe.

Trotzdem ermittelte die WDR-Innenrevision in dem Fall. Es dürfe nicht der Geruch einer unrechtmäßigen Bereicherung entstehen, hieß es. Angsten wurde gedrängt, den Sender zu verlassen. Obwohl er sich nach eigenen Worten nichts zu Schulden hat kommen lassen, unterschrieb er zum Ende März 2008 eine unbezahlte Beurlaubung. Seither hat er einen Schreibtisch bei der Good Times.

Vor kurzem fiel die Firma übrigens auf, weil ihre Angestellten angeblich Mädchen für eine Sendung zu Schlägereien angestiftet haben sollen. Die Staatsanwaltschaft ermittelte. Fahrenkrog-Petersen bestritt die Vorwürfe. Am Ende stellte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ohne Anklage wieder ein.

Wie dem auch sei: Auf jeden Fall blieb Angsten mit dem WDR verbunden. Nach wie vor musste er seine Programm-Ideen zunächst dem Sender anbieten. Noch im Januar stand Angsten im internen WDR-Telefonverzeichnis. Erst vor wenigen Wochen kündigte der Programmentwickler aus der Beurlaubung heraus seinen Job.

Der WDR verweigert bis jetzt Auskünfte zu dem Verfahren.

Wir können das nicht verstehen. Entweder ist an den Vorwürfen etwas dran, dann muss der Sender seine Belege auf den Tisch legen und den Fall öffentlich aufklären. Oder aber an den Vorwürfen ist nichts dran, dann muss der WDR Angsten öffentlich entlasten.

Das Unterdrücken von Problemen scheint dabei Methode im Sender zu haben, als ob man dort Angst habe, dass noch mehr Dreck aufgewirbelt werden könnte.

Vor wenigen Monaten etwa wurde nach unseren Recherchen öffentlich, dass gegen die Firma TVT.Media wegen des Verdachtes auf Schleichwerbung beim WDR intern ermittelt wurde. Laut WDR hat die TVT.Media in der Beratersendung „Servicezeit: mobil“ Autos getestet und Hinweise für den Kauf von Neuwagen gegeben. Dabei habe die Firma Filmmaterial eines Autoherstellers genutzt, ohne dies dem WDR mitzuteilen oder darauf im Beitrag hinzuweisen. Die „Servicezeit: mobil“ gilt wegen ihrer angeblichen Unabhängigkeit als eines der wichtigsten Ratgeberformate in der Autobranche.

Die TVT.Media bestreitet bis heute gegen Regeln verstoßen zu haben. Erstaunlicherweise verzichtet der Sender auch hier darauf, seine Anschuldigungen zu untermauern. Stattdessen wird der Revisions-Bericht zur Sache unter Verschluss genommen und die Firma aus dem Sender gedrängt. Der WDR teilt dazu mit, die „Vertraulichkeit zivilrechtlicher Verträge“ müsse gewahrt bleiben.

Die Öffentlichkeit darf also weiter die Rundfunkgebühren bezahlen, ohne näheres über deren Verwendung zu erfahren.

Selbst nach dem in NRW gültigen Informationsfreiheitsgesetz gibt die WDR-Intendantin Monika Piel keine Auskunft über Firmen, die mit dem Sender Handel treiben. Und das, obwohl die Landesdatenschutzbeauftragte das Recht auf Auskunft befürwortet. Eine Auskunftsklage des Autoren Oppong gegen den WDR ist anhängig.

In Zukunft dürfte der Sender sogar noch verschlossener werden. Die Landesregierung NRW bemüht sich derzeit, den Auskunftsanspruch gegen den öffentlichen Landessender einzuschränken. In einem Entwurf zur Novelle des Landesmediengesetz NRW heißt es: „Das Informationsfreiheitsgesetz findet auf den WDR nur Anwendung, soweit nicht journalistisch-redaktionelle Informationen oder Informationen, die im Zusammenhang mit der Herstellung und Lieferung von Programmen stehen, betroffen sind.“ Hinter diesem Gummiparagraphen kann man fast jedes Sender-Geschäft verstecken.

Wir bleiben dran. Hinweise bitte an david.schraven (at) ruhrbarone.de oder marvin.oppong (at) ruhrbarone.de

WDR – Wieder Schleichwerbung?

Wir haben eine Geschichte beim WDR aufgerissen, die seltsam ist.  Es geht um Schleichwerbung und gekaufte Sendezeit. Doch alles nacheinander:  Nach unseren Informationen soll in der WDR-Sendung „Servicezeit: Mobil“ Schleichwerbung verbreitet worden sein. Dabei hätten sich vor allem deutsche Autofirmen über Produktionen der Firma TVT.media aus Hürth unerlaubt Werbeplätze in einer der wichtigsten Beratungssendungen des öffentlich-rechtlichen Senders gesichert, erzählten uns mehrere Personen, die mit den Vorgängen vertraut sind. Ein Sprecher des WDR bestätigte zudem auf unsere Anfrage: „Nach einem Hinweis auf Schleichwerbung in der Sendung ‚Servicezeit: Mobil‘ haben wir umgehend eine Prüfung durch unsere Revision veranlasst.“ von Marvin Oppong und David Schraven

In den Beiträgen der Servicezeit werden Autos getestet und Hinweise für den Kauf von Neuwagen gegeben. Im heiß umkämpften PKW-Markt genießt die WDR-Sendung vor allem wegen der angeblichen Neutralität des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einen besonders hohen Stellenwert. Nach Auskunft des WDR-Sprechers sind die Recherchen in seinem Haus noch nicht weit gediehen, die Intendantin sei aber informiert. Derzeit werde untersucht, ob sich die Produktionsfirma vertragswidrig verhalten habe. „In unseren Verträgen muss der Vertragspartner ausdrücklich versichern und garantieren, die Produktion ohne sachfremde, vertragswidrige Einflussnahme Dritter zu realisieren.“ Bei Verstößen gegen den Vertrag könnte der WDR eine Strafanzeige wegen Betrugs gegen die Verantwortlichen stellen.

Nähere Einzelheiten wollte der Sprecher derzeit nicht nennen.

So bleiben viele Fragen offen: Welche Autofirmen sollen sich unerlaubt Werbezeit besorgt haben, wie viel Geld wurde gezahlt und wer profitierte davon?

Bereits vor drei Jahren war der WDR in einen großen Schleichwerbeskandal verwickelt. Damals wurde in fünf Folgen der Krimireihe „Schimanski“ verbotene Werbung entdeckt, die dort über die Produktionsfirma Colonia Media platziert wurden. Kurz zuvor wurde enthüllt, dass Interessierte nahezu problemlos über die Produktionsfirma Bavaria Sendezeit in der WDR-Serie Marienhof kaufen konnten.

Derzeit wird beim WDR und der betroffenen Produktionsfirma TVT.media nur hinter vorgehaltener Hand über Details des neuen Skandals in der Servicezeit gesprochen. Den Angaben mehrerer beteiligter Personen zufolge steht der Chefredakteur von TVT.media Bernd K. im Zentrum der Nachforschungen. Der Verdacht: Der frühere WDR-Mitarbeiter habe als Chefredakteur der TVT.media dafür gesorgt, dass unerlaubte Werbung in den Beiträgen untergebracht wurde. Im Gegenzug habe er Geld kassiert. Bernd K. antwortete bis jetzt nicht auf eine schriftliche Anfrage. Auch die TVT.media wollte bis jetzt keine belastbaren Auskünfte zu diesem Thema geben. Eine Mitarbeiterin des Unternehmens rief lediglich bei mir an und wollte mich ausfragen.

Ein WDR-Sprecher sagte lediglich: „Es liegen keine Hinweise vor, dass an den WDR für Platzierung von Produkten Geld geflossen ist.“

Die Firma TVT.media ist in der Autobranche bekannt. Nach unseren Informationen hat das Unternehmen zum Beispiel Rohmaterial für VW über den Phaeton produziert, das für redaktionelle Beiträge in Fernsehsendungen genutzt werden sollte. Zudem war TVT.media für BMW, Opel und den Opel Mutterkonzern General Motors tätig. Nach vorliegenden Informationen sollen WDR-Mitarbeiter vor rund drei Wochen die Firma aufgesucht und Unterlagen über WDR-Produktionen mitgenommen haben. Etwa zeitgleich stellte der Sender die Zusammenarbeit mit dem Bernd K. ein. Ohne auf eine konkrete Person Bezug zu nehmen, sagte ein WDR-Sprecher: „Der WDR lässt die Zusammenarbeit mit dem betroffenen externen Mitarbeiter bis zur Beendigung der Prüfung durch unsere Revision ruhen.

Wenn jemand da draußen noch einen Hinweis hat: wir sind unter david.schraven@ruhrbarone.de oder marvin.oppong@ruhrbarone.de zu erreichen.

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