Thirtysomething (taz, 30)

Die taz wird gerade 30, ich bin einige Jahre mit ihr gegangen. Die Anfänge der taz ruhr erlebte ich mehr aus der Ferne. Aus der Nähe dann den Aufbau einer Redaktion für die tägliche Ausgabe in NRW, den Start im Dezember 2003, den Umzug nach Düsseldorf. Die Schließung. 2007.

foto: schokoladenseiten

Ich kann mich erinnern an den 25. taz-Geburtstag. Im Tempodrom. Die überkokette Sängerin von Wirsindhelden, den phantastischen Lärm der Fehlfarben. HipHop. Bier. Jörg Thadeusz war der Conferencier der Gala, Ehrengäste waren Gesine Schwan, die Dauerkandidatin fürs Amt der Bundespräsidentin und ihr Mann von transparency international. Schnarchig bis auf Thadeusz, der seither viele taz-Feiern moderierte.

Thadeusz versuchte sich an einer Erklärung fürs junge Hip-Hop-Helden-Publikum, was denn die taz ist: "So etwas wie eine Straßenzeitung im Abo". Ich glaube, damals hatte Thadeusz seinen Hauptwohnsitz noch in Dortmund. Ist nach Berlin gezogen, von Ruhrgebiet merkt man bei ihm nichts mehr. Dreht für RBB, NDR. Da hat er was gemein mit der taz.
 
Was wir damals wollten? Die taz im Ruhrgebiet, dann in NRW zur Gegenstimme zu machen, das Blatt von muffiger Berliner Luft zu befreien, aufmischen, erden. Mal andere Geschichten zu lesen als  Anti-Bombodrom-Stimmung in Brandenburg, Nazis von Schwerin, die grüne Hoffnungsträgerin aus Sachsen. Klappte nur eine Weile.

Wirtschaftlich konnte es nicht gut gehen: Zehn Prozent mehr Wachstum als in den anderen Bundesländern sollte die tägliche taz in NRW hinzulegen. Sonst wurden aus Kosten Miese. Aber zehn Prozent Wachstum in der Zeitungskrise, wie sollte das ausgerechnet in der Zeitungsprovinz NRW gelingen? Dabei – achtung, wichtig ! – hat die taz nrw die Bundes-taz nichts gekostet. Die konnten das alles aus einem Medienfonds zahlen, der extra für die Regionalisierung aufgelegt wurde. No risk. No fun.

Heute ist die taz weit weg, versteh vieles nicht, finde Witze lahm, Titel daneben, Politik öde. War früher aber nicht anders. Natürlich fehlt im Bundesland was, seit es die taz nrw nicht mehr gibt. Mir auch. Das Blatt war landespolitisch recht gut dabei, ließ sich sehen. Schwamm drüber.

Was eine Lehre ist: Wie einfach ein Stück Zeitung verschwindet. Von jetzt auf gleich. So wichtig es einem war, so verzichtbar.

Das Aprilgeschickspiel

Morgen ist wieder der Tag des Schabernack, vor allem Medien sind Horte der Aprilscherze. Leider sind die eigentlich nie lustig, meistens sogar langweilig. Kleiner Tipp: Diesmal auf alles mit "Abwrackprämie" achten, wird morgen bestimmt auch auf Tretroller gezahlt.

Bild: Pressestelle Polizei Kreis Mettmann

Auch Verstaatlichungsnachrichten werden gut laufen, Mercedes, Deutsche Bank. Sicher einige Mehdorn-Scherze: Wachsfigur, sein neuer Job (HB-Männchen im Werbespot). Natürlich muss dringend vor den witzigen Polizeimeldungen gewarnt werden, wie dieser vom Kreis Mettmann (klick). Die Beamten haben sich ausgedacht, es wäre lustig, wenn sie getarnte Sportwagen gegen Verkehrssünder einsetzen könnten. Wenn es nicht so fad wäre, ich wäre glatt drauf reingefallen. Und tatsächlich ist das einzige, was halbwegs lustig ist am 1. April, Zeitung zu lesen, und sich zu überlegen, was Scherz ist, was nicht. Gar nicht einfach.

Zum Üben vor dem großen Tag, haben wir einige aktuelle Überschriften zusammen gestellt. Und ihr dürft raten, was ein Aprilscherz ist. Lustig? Lustig. Auflösung morgen.

Schweiz: Müllwerker haben zwei Goldbarren im Abfall gefunden.
Velbert: Jogger läuft gegen Bushaltestelle
Kreis Wesel: Polizei bekommt blaue Funkstreifenwagen
Mönchengladbach: Mädchen spielen Model auf Gleisen – Bahnverkehr gesperrt
Pizza aus dem Hause Oetker nun auch in den USA in der Tiefkühltruhe
Moskau: Simulierte Mars-Mission unter Beteiligung eines Bundeswehr-Hauptmanns
hat begonnen
1.200 Studenten, 300 Euro im Monat – Pinkwart führt Uni-Stipendien ein

(Update) Es gibt nur ein…

. . . Rutti Völler (klick)

Der FC Schalke sucht bekanntlich immer noch händeringend einen neuen Trainer-Manager, oder beides. Nach DFB-Mann Oliver Bierhoff (Absage), VW-Mann Felix Magath (Absage), China-Mann Olli Kahn (laut kicker, klick: auch Absage!)  haben sie sich jetzt an Nationalheld, Ex-Bundestrainer und Leverkusens Manager Rudi Völler herangemacht. Für den professionellen Fleischbeschauer Clemens Tönnies passe "Rudi Völler zu 100 Prozent". Stimmt, Herr Tönnies! Vor allem optisch. Mit etwas Retouche (s.o.) könnte man auch die Autogrammkarten vom gerade gekickten Trainer Fred Rutten einfach weiter verwenden. Das spart dem klammen Club viel Geld.

PS: Leider dementiert Bayer Leverkusen die Geschichte. Rudi, sagt Bayer-Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser, habe ihm gesagt, an der Sache sei nichts dran. Schade. Clemens, die Suche geht weiter!  

Montage: Ruhrbarone

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Stahl wird weich

Die IG Metall wird bescheiden. Mit einer Forderung von gerade mal 4,5 Prozent mehr Lohn zieht die Industriegewerkschaft in die Tarifrunde 2009, die natürlich im Zeichen der Wirtschaftslage steht. In den vergangenen zehn Jahren ging die größte Gewerkschaft der Welt nur einmal noch zurückhaltender in den Traifkampf: 2004 forderten die IG-Metaller nur vier Prozent – und bekamen immerhin 2,8.

Foto: Bruckhausen; ruhrbarone

Damals war allerdings keine Weltwirtschaftskrise und global weggebrochene Stahlkonjunktur das Problem: Die IG Metall leckte 2004 noch ihre Wunden nach dem desaströsen Scheitern ihrer Kampagne für die 35-Stundenwoche in den neuen Bundesländern. Nachzulesen ist das und die gesamte jüngere Geschichte der bundesdeutschen  Tarifauseinandersetzungen übrigens bei der Hans-Böckler-Stiftung. Eine Übersicht, die wenig zu wünschen übrig lässt: klick

 

 

1986 revisited: Wie Bochum schrumpft

 

Für eine andere Baustelle ist mir ein fast vergessenes Stück Stadtanalyse wieder in die Hände gefallen. 1986 erschien "Umbruch der Stadt. z.B. Bochum", drei Autoren, darunter Herausgeber Michael Krummacher. Ich habe es eher durchblättert, ein Geschenk zum Umzug, mochte die kargen Fotoaufnahmen aus Innenstadt und Vororten, aber weniger das in Thesen zugespitzte Bändchen aus dem Germinal-Verlag. Was da stand, war dem Neurevierbürger zu trist. Heute lese ich es mit anderen Augen.

 

Foto: ruhrbarone

Die Autoren beschrieben Bochum als eine "shrinking city", als eine typische Stadt mit altindustriellem Erbe, eine Stadt, die nicht nur altert, die auch von vielen jungen Menchen verlassen würde. Die Stadtoberen Bochums, seinerzeit Oberbürgermeister Heinz Eikelbeck, wollten von der anstehenenden Schrumpfkur oder einer sozial-tektonischen Plattenverschiebung in Bochum etwa zwischen Norden und Süden nichts hören. OB Eikelbeck kümmerte sich als Sanitärfachmann lieber um Spaßbäder, um Starlight, um mehr Stadtautobahnen und weniger besetzte Viertel. Ich weiß noch, wie verdattert Eikelbeck war, als eine Studentendemo vor seinem Rathaus stand und von ihm Solidarität gegen geplante Strellenstreichungen an der Ruhr-Universität einforderte. Die Uni hatte der OB weniger auf dem Plan (dass immerhin hat sich geändert).

Spannend sind die Aussagen des Buches zu Opel. Da hat sich seit 23 Jahren kaum was getan, nur die Zahl der Beschäftigten, die Krise um Krise weniger wurden. Nochmal, geschrieben 1986: Opel ziehe sein Management in der Schweiz zusammen, was einer Abkopplung von der Produktion gleichkomme. Die  EDV werde zentral gesteuert, die Werke würden enthauptet. Bochum habe sehr schlechte Karten, weil anders als in Rüsselsheim keine Entwickler vor Ort sind, und natürlich würde GM sowieso keine Gewerbesteuer zahlen, weil die Gewinne in die Staaten flössen, wir kennen das Spiel.

Ich habe mit Krummacher, der seit 1989 Professor an der evangelischen FH in Bochum ist, über Buch und Bochum gesprochen. Bochum ("fühle mich hier urban gut aufgehoben") sei nicht nur sein Wohnort auch ein interessanter Forschungsgegenstand, weil die Stadt so typisch sei für Ruhrgebietsstädte, in den Statistiken meist den Durchschnittswert der Region abbilde. Diese Durchschnittstadt erlebe also weiterhin einen starken Umbruch, "keinen Wandel", so der Politologe. Die Stadt habe seit dem Buch enorm eingebüßt, von 420.000 nach der Eingemeindung von Wattenscheid auf nur noch 370.000. In guten wirtschaftlichen Zeiten erhole sich die Stadt ein wenig, doch gelinge es den Revierstädten nicht, sozial und wirtschaftlich zu anderen Großstädten in NRW aufzuschließen.

Es gibt auch gute Seiten: Seinerzeit habe die Stadt nichts von den Schrumpfungs-Thesen hören wollen, das sei jetzt ganz anders. Auch habe Bochum als Hochschulstandort, als Kultur- und Freizeitstadt viel zu bieten, auch Zukunft. Und doch macht die Wirtschaftskrise, vor allem die starken Konjunktureinbrüche im Stahl und das drohende Aus für Opel dem Wissenschaftler größte Sorgen. Industrielle Kernarbeitsplätze seien nicht mal so eben aufzufangen, sagt Krummacher: Der Umbruch der Stadt, Schrumpfung, soziale Spaltungen, das alles würde sich dadurch "dramatisch beschleunigen".

Kahn weniger geil?

Oliver Kahn ein Schalker? Vereinsboss Clemens Tönnies geil auf den Titan. Nicht ganz. Den Ruhrbaronen wurde nun folgendes, peinliches Fotodokument zugespielt. Der damalige Bayern-Keeper würgt den Hals von Schalkes Stürmer Sören Larsen (klick).

Zwei Jahre ist das her. Und vor acht Jahren tat Kahn das gleiche (klack) mit einer Eckfahne im HSV-Stadion. Der Anlass dürfte auf Schalke bekannt sein. Und nun? Wird es nun doch nichts mit dem Mega-Deal, dem Titan auf Schalke? Rätselhaft ist Schalke.

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Geil auf Kahn

Oliver Kahn ist genau der richtige Manager auf Schalke. Denn er ist längst einer. Nein, nicht Manager. Aber Schalker. Insgeheim. Die Ruhrbarone-Bildergalerie beweist das.

Wie anders sind die wiederholten Zusammenstöße ausgerechnet mit Schwarz-Gelben Trikotträgern aus Dortmund zu erklären, ob Andreas Möller, Heiko Herrlich oder Stephan Chapuisat? Und was brauchen sie im Berger Feld! In schwierigen Zeiten! Wenigstens der Olli weiß, wie man mit den lästigen Konkurrenten im Osten umspringt.

Kein Wunder dass Ausichtsratschef Clemens Tönnies sich gestern nach dem Gespräch mit Kahn in ausgesprochen wuschiger, läufiger, ja, spitzer Laune der Presse zeigte. Kahn sei ein geiler Typ", Schalke ein "geiler Club" und in zwei, drei Wochen werden sie sich wieder zusammen setzen. Das gestrige Treffen von Rheda-Wiedebrück war übrigens so welt- und revierbewegend, dass am Abend in der "Lokalzeit Ruhr" (WDR) Studioleiter Ralf Makrutzki selbst einen Kommentar verfasste, ablas und zu dem Ergebnis kam… ach, ich weiß es nicht mehr, irgend etwas mit "typisch Schalke" eben.   

Neuer Job fürs Groschek-Double

Harter Schlag fürs ZDF, guter Zug von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD). Martin Schmuck, der langjährige ZDF-Landesstudioleiter in Düsseldorf wird Sprecher des Bundes-Finanzministeriums: klick. Ich fand Schmuck immer super. Der sieht aus wie NRW-SPD-Sekretär Michael Groschek, also wie ein Kernsozi. Und kommt deshalb ungeprüft in jede Parteiversammlung. Echt.

Foto: Pressetreff.ZDF.de

Jahrelang schien Schmuck einfach mitzulaufen in der Entourage von MP Wolfgang Clement oder MP Steinbrück. Und wer so dicht an Clement und Steinbrück dran ist, bei dem bleibt auch die ein oder andere vollfette Exklusivgeschichte hängen. Zuletzt zwei Volltreffer: Die überraschende Entscheidung der Landesschiedskommission in der Causa Clement und – natürlich – die Kameras zu Köln, vorm Hause Zumwinkel; ging es da nicht um eine Finanzsache? Tsts. Eigentlich wollte Schmuck jetzt in Ruhestand gehen. Um seine Nachfolge in der Landeshauptstadt gibt es den üblichen ZDF-Streit. MP Rüttgers würde gern einen CDU-nahen Mann installiert sehen. Mehr hier: klack