Seine Durchlaucht, der Opel-Zerschlager?

Habe gerade einen harten, klaren, guten Text von Joachim Lottmann zu Guttenbergs US-Mission gelesen. In der taz. Dass Gutti alles hat, nur kein Interesse an einer Rettung von Opel. klick

Lottmann schreibt in der tageszeitung eine Kolumne mit dem müden Namen Marx 2.0. Das heutige Stück ist aber klasse. Manchmal muss eben ein Schriftsteller kommen, um die Dinge auf den Punkt zu bringen. Gerade passend (klack) verlautete es dazu aus Washington: Der Herr Minister leide brutal am Jet Lag, Erschöpfung mache sich breit. Ist die Luft schon aus dem Rettungstrip, bevor der Edelmann wieder im Flieger sitzt? Das Trauerspiel um den Autobauer ohne Deutschland-Lobby geht weiter.

Foto: BMWI

Die Fritzl-Freaks von der WAZ

Bin Ruhrbaron, da habe ich natürlich  "derwesten.de" als Newsfeed. Guck ich auch gerne drauf. Mag die Anreisser, wie sie mich locken und verführen wollen, komm klick mich, klick dich glücklich! Und heute morgen wurde ich rasend vor Neugier auf Nachrichtenfutter von derwesten:

Fünfmal F. Fritzls Richter, Fritzls Keller, Fritzl Kunst, Fritzl Chronik und  Fritzest, äh, Inzest. Geil, liebe Onliner, aber das könnt ihr noch besser, oder? Was ist mit Fritzls Reisen, Fritzls Hobbys, Fritzls Friseur, Fritzls Opfer, Fritzls Friedhof, Fritzls Fritzl … Freu mich drauf. 

screenshot: ruhrbarone

Achtung Trittbrettfahrer

Aus dem Polizeibericht Hattingen – Am 15.03.2009, gegen 10.30 Uhr, teilt eine Anruferin mit, dass soeben eine männliche Person aus einem Pkw VW Golf heraus auf der Oberstüter Straße geschossen habe. Eine Fahndung wird eingeleitet.

Bereits kurze Zeit später wird der 80-jährige Fahrer mit seinem Fahrzeug in Höhe der Straße Sünsbruch angetroffen und gestoppt. Im Fahrzeuginneren werden zwei geladene Pistolen aufgefunden und sichergestellt. Im Besitz eines erforderlichen Waffenscheines ist der 80-jährige nicht. Bei einer Waffe handelt es sich um einen Vorderlader, der von dem Besitzer "entladen" wurde. Eine Anzeige wegen des Verstoßes gegen das Waffengesetzes wird gefertigt.

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Ausgemüllert

Als ich ihn das letzte Mal gesehen haben, es war Ende Januar, da hatte Schalke Manager Andreas Müller die Sache schon hinter sich gelassen. Zum Auftakt der Rückrunde wurde die Sportpresse ins rund erneuerte Schalke-Museum geladen. Und Müller verdrückte sich lange in einen Tunnel mit Videoaufnahmen aus Schalker Tagen. Besonders intensiv, fast regungslos besah er sich den Film über die Eurofighter, seinen UEFA-Pokal-Sieg; – glühte sein Gesicht hinterher ein wenig?

Foto:ruhrbarone.de

Die Pressekonferenz verlief dann Durchhalteparolig, sterbenslangweilig. Trainer Fred Rutten, der im Amt bleiben darf, sagte ungefähr zwanzigmal "das ist normal". Müller, der heute beurlaubt wurde (klick, klack), nachdem er einen Rücktritt ablehnte, gab den bärbeißigen. Und das auch schon unter der Moderation eines Ersatzmannes: Weil in der Winterpause als erstes Opfer der höchst rätselhaften Schalke Krise (oder ist es eher ein Infekt, ein Virus?), der verdiente Traditions-Pressesprecher Gerd Voss beurlaubt wurde, musste Thomas Spiegel die Presserunde im Museum leiten. Seltsame Schalker Zeiten.

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Aus dem All besehen

Es bleibt zwar weiterhin eine unlösbare Aufgabe, jemandem von außerhalb zu erklären, wo und was das Ruhrgebiet ist. (Do you know Cologne?) Aber dafür geistert seit einigen Jahren dieser Beweis für die eigentlich unübersehbare kontinentale Großbedeutung des Ruhrgebiets durch Pressearbeit: Denn vom All aus gesehen ließen sich des Nachts überhaupt nur drei helle europäische Lichtpunkte erkennen: die Großräume von Paris und London, sowie das Ruhrgebiet. Und weil es ein ziemlich gutes Gefühl ist, zwar komplett unbekannt aber insgeheim doch wichtig zu sein wie Paris, London, bietet der Regionalverband Ruhrgebiet eine dieser Nachtaufnahmen Europas auch zum Download an. Etwas verräterisch firmiert die Aufnahme (oben links) dort als "Illustration" der "Ruhr.2010". Und Illustration trifft es gut. Man könnte auch böse sagen: Schönfärberei, Verdummung, Verfälschung.

Ausgerechnet eine Werbepostille, die "reiseWELT 01.2009" von Welt (Springer), CP-Compartner (Essen) und Bertelsmann (Gütersloh) belegt jetzt, wie sich Ruhr-Lobbyisten ihr Gebiet seit Jahren künstlich aufgeblasen haben. Eine Aufnahme der NASA (Abbildung rechts) zeigt auf Seite 7 nämlich nicht, wie es in der naiven Bildbeschriftung heißt, "die energetischen Brennpunkte Europas: London, Paris und die Metropole Ruhr", sondern ein mitteleuropäisches Lichtermeer.: Belgische Autobahnen und Brüssel, das gleißende Nordholland, leuchtendes Nordengland, Glasgow-Edinburgh, Stockholm. Berlin wurde hier wieder mal geteilt, nur ein Stück ist zu sehen, ganz zu schweigen von Moskau, Warschau, Rom…

Noch ein Wort zur "reiseWELT". Das Joint-Venture von Springer, Bertelsmann und der Essener Platzhirsch-Agentur mit besten Verbindungen zu Regionalverband Ruhrund vor allem zur Ruhr Tourismus GmbH ist ingesamt ziemlich  durchsichtig ausgefallen: Einer doppelseitigen Anzeige des NRW-Wirtschaftsministeriums folgt ein doppelseitiges Gespräch mit der Ministerin Christan Thoben. Anzeigen der Ruhr Tourismus GmbH und der Ruhr 2010 auf ein Vorwort von Fritz Pleitgen (2010) und Axel Biermann (RTG).  Die einschlägigen öffentlich-rechtlichen Anzeigenschalter überwiegen deutlich – was an der Finanzkrise leigen mag oder doch an der etatistischen Tradition des Ruhrgebietes. Schwer staatstragend darf natürlich auch MP Rüttgers sein Grußwort abgeben und sich über das "spektakuläre Satellitenbild" freuen: "Im Herzen des Kontinents strahlen Millionen Lichter der Metropole Ruhr (…) Mehr als ein Foto (…) ein Symbol für die Veränderungen in der Region". Würd ma sagen: geht so.

 

 

Zurüttgers in die Zukunft (III): Die Lösung

NRW 2025, gestern, Königswinter. Und Rüttgers haut dieses Hammerzitat raus in Sachen Opel-Rettung. Er sei "verliebt ins Gelingen". Und wir haben gefragt, welchen Gutmensch-Sozi Rütte da wieder zitiert hat? Bloch, Steinbrück, Clement, Rau?
Hier die fällige Antwort: natürlich alle vier. Als Urheber gilt der schwäbische Berufsoptimist Ernst Bloch.

Bleibt die Frage: Ist Rüttgers jetzt komplett größenwahnsinig geworden, sich nicht nur auf seinen geliebten Großversöhner Johannes Rau, sondern auch auf dessen gescheiterte Nachfolger zu beziehen? Antwort: Nö, Rüttgers bleibt sich treu, als postmodernster Regierender dieses Landes.

Foto: Staatskanzlei/ nrw.de

Zurüttgers in die Zukunft (II): Rütte verliebt?

Wie gesagt. Heute Königswinter, große Gespräche über Nordrhein-Westfalen 2025. Mit Maffay, Thomsen, Großmann, und und und. Mittenmang ein kämpferischer Ministerpräsident. Jürgen Rüttgers hat einen echt bösen Brief an GM-Carl Peter Forster in Sachen Opel geschrieben, die Europaführung handle "irritierend", hat der CDU-Vize ins Diktaphon gebrüllt. Und dann warf Dr. Rüttgers gerade einen Hammer-Spruch in die Presse-Runde. Die Schließung von Fabriken dürfe keinesfalls herbei geredet werden. "Jetzt müssen wir ins Gelingen verliebt sein und nicht ins Scheitern."

Und jetzt die Ruhrbarone-Preisfrage: Welche großen Vorredner hat Jürgen Rüttgers zitiert?

a) Johannes Rau (SPD)
b) Peer Steinbrück (SPD)
c) Wolfgang Clement (S äh FPD)
d) Ernst Bloch (SDS)

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Zurüttgers in die Zukunft

"Wir sehen uns in der Zukunft", grüßt Zukunftsforscher Lars Thomsen auf seiner Webseite. Streng genommen könnte es am Freitag auf dem Petersberg bei Bonn so weit sein. Noch strenger genommen, sehen "wir" uns dort nicht direkt, sondern Thomsen – laut seiner Webseite "Europas Vor und Querdenker Nr. 1"  – tritt als einer der Diskutanten auf dem Zukunftskongress der NRW-Landesregierung auf, der so genannten "Petersberger Convention".

foto:ruhrbarone.de

Zukunftskongresse sind großartig. Dieser – immerhin geht es um die Zukunft des ganzen Bundeslandes – beschäftigt sich mit dem Jahr 2025 auf vier Foren namens "Innovation", "Beschäftigung", "Lebensqualität" und "Wissen". Thomsen, der im Forum "Beschäftigung" auftreten wird, betreibt die Zukunft als kleines Familienunternehmen. Sein Bruder Frank Thomsen ist zwar nicht "Top-Zukunftsforscher" und auch nicht auf dem Petersberg, aber immerhin ist es Franks "Stärke, die Analyse von menschheitsprägenden Entwicklungen und Themen der Vergangenheit und der Gegenwart, um Zusammenhänge zwischen einzelnen Entwicklungen und Themengebieten zu erkennen und daraus Prognosen für die Zukunft abzuleiten".

Wirklich schade, dass nur Lars am Freitag kommt. Denn worum soll es im Siebengebirge gehen, wenn nicht darum "menschheitsprägende Entwicklungen und Themen zu erkennen und daraus Prognosen abzuleiten?"

Aber immerhin kommen Deutschlands andere Chef-Erkenner wie Fritz Pleitgen, Peter Maffay, Jürgen Großmann (RWE) und René Obermann (Telefon). Und da man die Zukunft keinesfalls verplappern darf, ist das Programm eng gesteckt. Ein Vormittag muss genügen für die Zukunft. Und bereits um halb zwei will Gastgeber Jürgen Rüttgers der Presse vorstellen, wie sich NRW 2025 darstellen wird.

Ministerpräsident Rüttgers hat auch das Grußwort zum Zukunftskongress verfasst. Er zitiert einen "der großen amerikanischen Zukunftsforscher", der gefordert habe, nicht mehr aus der Vergangenheit zu lernen – "das könne jeder" – sondern aus der Zukunft. Sehr gelehrig hat Rüttgers deshalb schon einmal einen zeitlosen Begrüßungstext verfasst: "Wir stehen vor teilweise dramatischen Umwälzungen", schreibt Dr. Rüttgers, "die enorme Chancen, aber auch große Risiken bergen". Es gelte zu "reagieren" auf Globalisierung, "zweite industrielle Revolution" und umgestürzte "Bevölkerungspyramiden" und sich zu fragen, "wie wir unseren Wohlstand auch in Zukunft sichern können".

Die Weltwirtschaftskrise scheint in der Zukunft jedenfalls (noch?) nicht angekommen zu sein, was ja irgendwie ziemlich beruhigend ist. 

PS: Aus der Zukunft zu lernen, heißt siegen lernen, ist übrigens so etwas wie ein Motto fürs ganze Polit-Land NRW. Im vergangenen Jahr veranstalteten nicht nur nordrhein-westfälsche SPD, CDU und Grüne Partei ihre jeweiligen  "Zukunftskongresse", auch das Ruhrbistum und der Initiativkreis Ruhrgebiet luden zum futuristischen Gespräch.

Schottische Notiz: Motherwell, Fir Park

Vor einem Jahr lag ein Blumenberg vor dem Fir Park, Motherwell. Erst im Frühjahr hatte das Team wieder Tritt gefasst. Ihr Mannschaftskapitän Phil O’Donnell war Ende Dezember 2007 auf dem Spielfeld  zusammengebrochen und im Krankenwagen verstorben, mit 36. Heute sind die Motherwell-Spieler eher Jahrgang 1989. O’Donnells Neffe spielt im Sturm. Auf den Kindertrikots im Fanshop steht Phil. Und auch das Spielfeld neigt sich Richtung Haupttribüne – dem O’Donnell-Stand.

Diesen Winter überlebte dann die Rasenheizung nicht. Mehr Sand als Gras. Zu Gast ist Celtic Glasgow. Für sie geht es um die Tabellenführung, für Motherwell ums Kasse machen. Hinterm Tor überragt eine zweistöckige Tribüne das Stadion. Nur zu den Schlagerspielen gegen die zwei Großclubs aus Glasgow wird sie geöffnet.

Vor mir sitzen ein Vater und seine beiden Söhne, Gemütsbärte, Roger Whittakers. Anpfiff, Ackerfußball, weite Schläge, gestreckte Beine, Schiedsrichterentscheidungen. Vater und sein Sohnemann rechts lassen die Sau raus, man kann sich kaum vorstellen, wie sie zuhause am Kamin Albany singen.

Ich habe nicht alles verstanden: schwuler Wixer fiel, Schwanzlutscher, Fickende Fick Ficker sowieso, Arschkrampe. Irgendwann saß der laute Sohn neben mir, oberhalb des Vaters. Das Spiel holperte hin und her. The Bhoys taten sich schwer, die Kleinfamilie brachte das aus der Fassung. Bei einem strittigen Einwurf sprangen sie alle auf, fast heiser vor Zorn, wieder das ganze Programm: Wixer, Ficker, Lutscher und erstmals: Cunt – doch der Vater zischte, "was soll deine Mutter nur von dir denken ?!"

Zwei Zentner Sohnemann fallen also in den Schalensitz, die fleischigen Hände gefaltet, den Blick auf den Boden. Ein Haufen Elend in der Halbzeitpause, auch nach dem Wiederanpfiff. Verstohlen guckt der Vater hoch, wann das mit dem Schmollen endlich aufhört. Ein Tritt, ein Pfiff und – endlich – mein Nebenmann springt auf, geifert "du fickender Ficksauarsch!" bis Gischt aus dem umwucherten Mund sprüht, er schlucken muss. Sein Vater springt ihm bei, brüllt: "Bastard!"

Familienglück im Männerpark.

foto:ruhrbarone.de