Rüge statt Rauswurf

Der Historiker Bernd Faulenbach hatte das Wort in der Causa Clement am Mittag im Tor 5 an der Bochumer Alleestraße.

 

Der Unterbezirksvorsitzende gab bekannt, was vorher bereits durch den Blätterwald geisterte: Wolfgang Clement wird gerügt, nicht rausgeworfen. Das sei gute Tradition in Bochum, schon die Rüge gegen einen so verdienten Sozialdemokraten sei ein erstaunlicher Vorgang, so Faulenbach. Ansonsten sollen die Beteiligten bitte den Schaum vom Mund nehmen, sich am Ende des Neoliberalismus erfreuen und einer für die Zukunft gut aufgestellten SPD. Er hoffe, die Sache Clement sei damit Geschichte. Als Historiker habe er aber nicht vor, sich in nächster Zeit diesem historischen Thema anzunehmen.

Foto: Ruhrbarone

Anders sahen es die Antragssteller aus Bochum-Hamme. Martin Rockel bestätigte mir, dass sie in Revision gehen werden und nun die Landesebene anrufen werden. Dass der Unterbezirk, das Ergebnis des Parteiordnungsverfahren erst der Presse vorstellt und nicht zunächst den Antragsstellern und Betroffenen sei ein Skandal, da sei man im "Zorn mit Clement vereint", meinte Rockel. SPD-Geschäftsführer Manfred Rakowski sagte, er habe das Ergebnis und die Begründung der Schiedskommission gestern um "12:14" eigenhändig bei der Post abgegeben, per Einschreiben, mit Rückschein. Clement habe sich den Brief bereits nach Berlin faxen lassen. Rudi Malzahn vom OV Hamme meldete sich auf der Pressekonferenz zu Wort, wurde mehrfach nicht dran genommen. Die postalischen Erläuterungen seines Geschäftsführers quittierte der OV-Vorsitzende mit einem "lächerlich". Faulenbach versprach den Antragsstellern später zu Wort zu kommen, ich musste aber leider weg.

Von dem ehemaligen Justiziar der Landespartei erfuhr ich zuvor noch, dass die Kommission tatsächlich abgewogen hätte und dazu in einschlägigen Fälle gewälzt habe. Vorbild soll demnach ein Parteiverfahren in Berlin gewesen sein, wo seinerzeit ein paar SPDler zur Wahl des grünen Direktkandidaten Christian Ströbele aufgerufen haben. Aber auch diese – noch unbedeutenderen Genossen als Wolfgang Clement – wurden nicht aus der Partei geworfen. Wenn Clement allerdings noch ein Amt hätte oder das ganze vor der Wahl in NRW geschehen wäre, sie hätten den ex-Superminister mit Freuden achtkantig vor die Tür gesetzt.

Schönster Versprecher: "Mir hat Wolfgang Clement nachdrücklich erklärt, dass er sich als Sozialdemokratie versteht." (Bernd Faulenbach, UB-Vorsitzender Bochum)

Unterdessen geht der Zickenkrieg weiter. Der Ex-Super-Minister Clement will gegen die Rüge der SPD gegen sein Verhalten vorgehen. Clement sagte, ihm werde das Recht auf "freie Meinungsäußerung" vorenthalten, wenn er seiner Partei nicht mehr in einer heißen Wahlkampfphase, wie weiland in Hessen, in den Rücken fallen dürfe. Er will nun vor das Landesschiedsgericht.

Tja, hier verwechselt wohl der Genosse Clement die Mitgliedschaft in der SPD mit seiner Staatsangehörigkeit. Als Deutscher Bürger darf der Super-Ex sagen was er will, als SPD-Mann sollte er sich zumindest irgendwie im Interesse seiner Partei verhalten. Clement kann ja austreten, wenn er was anderes, als die Mehrheit in der SPD will. Gibt ja jede Menge sonstige Parteien.

Noch clemmt es

Rüge, Tadel, Ausschluss? Allen Agenturmeldungen und Berichten zum Trotz bleibt zur Stunde unbekannt, was genau die Schiedskommission des SPD-Unterbezirks in der Causa Wolfgang Clement entschieden hat. Nur  d a s s  sie im Parteiausschlussverfahren gegen den Anti-Wahlkämpfer entschieden hat, ist jetzt klar.

Foto: Ruhrbarone

Wie Kommissionsvorsitzender Hermann Hegel uns gerade bestätigt hat, wurde von den Schiedsrichtern um den ehemaligen Bochumer Rechtsamtsleiter ein Beschluss gefasst. Die Kommission müsse nicht mehr zusammentreten. Doch das Ergebnis bleibe natürlich geheim, werde vom Unterbezirk an die Verfahrensbeteiligten verschickt. Und zwar an Clement und die rund sieben Ortsvereine, die beim Unterbezirk Bochum Antrag auf Parteiausschlus des ehemaligen NRW-Ministerpräsidenten gestellt haben.

Die besonders grimmigen Clement-Gegner aus Bochum-Hamme rechnen allerdings erst Ende der Woche mit einem Schreiben. "N bisschen merkwürdig" sei das Verfahren in den letzten Tagen behandelt worden, sagt  Sprecher Martin Rockel, zu viele Parteifunktionäre hätten sich öffentlich eingemischt. Und natürlich denken die Hammer Genossen daran, in Revision zu gehen. Dann müsste eine Landesschiedskommission entscheiden, sollte das Ergebnis wiederum angefochten werden, geht es weiter auf Bundesebene.

Und schließlich müsste die Internationale entscheiden. Das letzte ist natürlich Blödsinn.

„Lieber Genosse“

Laut Nachrichtenagentur DDP wird Wolfgang Clement wohl mit einer Rüge davon kommen (mehr) – der Anti-Wahlaufruf in der Welt am Sonntag gegen Ypsilanti und für ein Energiemix aus Kohle und Atomkraft wird nicht als grob parteischädigend bewertet werden. Der Bochumer Bundestagsabgeordnet Axel Schäfer sagte DDP, dass die Schiedskommission des Unterbezirks Bochum in den nächsten Tagen einen entsprechenden Beschluss vorstellen wird. Zuvor gab es Ärger, weil ein Anhörungstermin im Unterbezirk von Clement nicht wahrgenommen wurd. Der Ex-Superminister machte eine Vortragsreise in die Schweiz geltend, bat um einen Ersatztermin und ließ dann nicht mal einen Vertreter auflaufen.

Die FAZ brachte heute auf Seite 3 einen langen Report aus Bochum (leider nicht online), über den SPD-Ortsverein Hamme, OV-Vorsitz Rudi Malzahn, Wolfgang Clements Kindheit, Steine kloppen für Heiligenbildchen, den Bochumer Kapitalistensohn Otto Schily, den notleidenden Strukturwandel. Todtrauriges Zeug. Doch die Causa Clement hatte der Kollege Majid Sattar auch schon geahnt: Weil das Anschreiben der Schiedsleute an den Parteirechten und ehemaligen Ministerpräsidenten mit "lieber Genosse" sehr freundlich ausfalle, würde Clement wohl mit einer Rüge davon kommen.

Investigative Investitionen

Foto: Investigativ

1) Bodo Hombach ist nicht nur Geschäftsführer der WAZ-Mediengruppe, er ist auch ein Freund des investigativem Journalismus. Soll man gar nicht meinen, behauptet er aber – und verweist auf eigene Erfahrungen: So habe er damals als Mülheimer Häuslebauer nicht aufgrund moralischer Werte auf vergünstigte Zinsen verzichtet, sondern aus Angst, es könne herauskommen. Die Medien, meint Hombach heute, seien das einzige Gegengewicht in der Demokratie. Und darum ärgert er sich über Lokalredaktionen, die den Polizeichef persönlich kennen, aber von Terrorzellen vor der Haustür erst aus der Süddeutschen erfahren. Nun soll in dem Zeitungshaus ein Rechercheteam eingerichtet werden, ein pensionierter Spiegeljournalist wird der WAZ-SEK helfen.
2) Investigativ, die zweite: Die Ruhrpressekonferenz hat einen Recherchepreis ausgelobt. Gesucht werden Journalist/inn/en, die einem Thema hartnäckig nachgehen wollen. Aus den Ideen wird dann eine mit Profiwühlern besetzte Jury, die stärkste Story auswählen. Für die gibt es 1.000 Euro vom Verein, Unterstützung durch Jury und einen Mentor sowie Hilfe bei der Veröffentlichung. mehr
3) Apropos Medium: Wie man hört, möchte die WAZ noch in diesem Jahr mit Lokalfernsehen loslegen, am liebsten ohne das Center TV, klein anfangen mit Lokalnachrichten vorm WAZ-Logo und drumherum ein Mantelprogramm laufen lassen, gekauft von einem noch geheimen Anbieter. Die Online-Kooperation mit dem WDR habe damit nichts zu tun, heißt es in Essen, da gehe es bloß um den Ankauf einiger regionaler Einspielfilme für das Internetportal des Verlags.
4) Die WAZ ist sehr zufrieden mit Katharina Borchert (Foto) und dem Online-Portal. Nach technischen Startschwierigkeiten würden die Werbeeinnahmen hoch schnellen und auch die Einschaltquote sei zuletzt um 62 Prozent gestiegen. Besonders gut würden Bilderstrecken laufen, etwa im Karneval. Für die Macher des Portals soll der Verlag eine Prämie ausgelobt haben, sollten sie bis Ende des Jahres den Online-Marktführer der Regionalpresse, die Rheinische Post, hinter sich gelassen haben.

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Ruhr? Nö, Neger!

Bild: flickr.com

 

Das Ruhrgebiet hat nicht nur einen hässlichen Namen, geografisch ist er auch noch falsch. (Sagen die Sauerländer)

Da die Ruhr bis zum Zusammenfluss mit der Neger nur 14 km zurückgelegt hat, müsste der berühmte Fluss eigentlich nach der Neger oder noch richtiger nach der Renau benannt werden. (Das Ruhrgebiet hieße dann Negergebiet!) klick

Müsste dann alles andere auch so heißen? Neger-Nachrichten, Negerpott, Negerstadt, Negerbarone… Sachen gibts.

Das erinnert mich an meine neue Lieblingszeitung. Ich würde so gerne für die arbeiten, bei jedem Anruf hätte ich meinen Spaß:

"Guten Tag, Schurian, Allgemeine Laberzeitung" klack 

Kreative aufgepasst!

  Abbildung: ruhrdiamant.de
 

 

Christa Thoben hat etwas für Euch/ uns. Gesucht wird der Ruhrdiamant, nein, der RuhrDiamant. Es geht unserer Wirtschaftsministerin um . . .

 

"ein wertiges Produkt mit hoher Designqualität, das einen inhaltlichen Bezug zum Ruhrgebiet hat, sich ernst oder humorvoll mit den Besonderheiten dieser Region befasst, sie beschreibt, spiegelt oder erlebbar macht und in Serie hergestellt werden kann. Das Produkt kann aus den Branchen Design, Kunst, Manufaktur, Medien oder Musik kommen; die Wahl des Produkts und des verwendeten Materials ist frei. Die Produkte sollen von der Dimension her von Touristen und Einheimischen mitgenommen werden können, die Maße 80 x 80 cm nicht überschreiten und in den Herstellungskosten (Honorar + Material) möglichst unter 40 € liegen."

Wie wär es denn damit ? . . .  klick

PS: Ruhrdiamanten aufgepasst! Einen Ruhrdiamanten gibt es schon. Nämlich den hier:  klack 
 – ob dieser besonders kurzatmige Künstler allerdings an sein Copyright gedacht hat…? Eher nö.

Der Abgang der Ludolfs (drei Notizen)

I) Komme gerade aus Straubing. Altbayrische Keinstadt, keine 50.000 Einwohner – aber 30 Raucherclubs. Mehr als in Hamburg. Haben auch die Liberalen gemerkt und sitzen wieder im Stadtparlament; sind die in NRW nicht gegen Rauchen?

Bild: Ruhrbarone

Nun eine Umfrage unter Freunden: Wenn ab Sommer Rauchverbot in Nordrhein-Westfalen herrscht, wieviele Raucherclubs werden bis Jahresende wohl im Ruhrgebiet eröffnen?
a) 20     b) 40     c) 80     d) mehr als 100
Kleine Hilfe: klick  (der Sieger erhält einen Ruhrbarone-Fanartikel seiner Wahl)

Bild: Ruhrbarone

II) Noch eine Preisfrage, diesmal im Fußballfernsehen, Mittwoch Abend, Barca gegen Schalke. Letzteres hatte zwar nur wenig zu gewinnen, doch für die Zuschauer gab es immerhin einen Flachfernseher. Und gefragt wurde: Wer ist der Trainer von Schalke? a) Mirko Slomka oder b) Andreas Müller. Da Müller dem Spielfeldmoderator gleich zweimal Rede und Antwort stand, gar nicht so leicht. Deshalb half ein Gewinnspielansager vom Band. In der MAZ sagte er statt Andreas Müller (Schalke-Manager) dauernd Andreas Möller (Schalker Dortmunder), aber der ist ja auch ein gestandener Trainer. Nämlich hier.

III) Unweit von Aschaffenburg und Unterfranken leben schließlich auch ein paar abgewanderte Ruhris, die sich als Doku-Familie besser machen als die Hogans, die Beckhams und die Fußbroichs zusammen. Auf DMAX laufen sie seit zwei Jahren als Ludolfs: Vier Brüder aus Bochum-Langendreer, die das Schicksal in den Westerwald verschlagen hat, wo sie zu lebenden Gartenzwergen wurden, die einen märchenhaften Schrotthandel betreiben. Ich weiß, die Autoresteverwerter sind längst Stars der tiefergelegten D&W Gesellschaft, ich finde die aber trotzdem klasse. Und frage mich, warum das Ruhrgebiet so überhaupt keine Notiz von den verlorenen Söhnen nimmt?! Also: Die Ludolfs sind unbedingt einzuladen. Spätestens 2010!

Bild: dieludolfs.de

Werbepause für Bochum

calli.tv

Wenn ich an den VfL Bochum denke, dann höre ich ihn.

Ich höre ein Pfeifkonzert, wie ein Haufen Rückkopplungen, als ob Hendrix achtziggmal wiederauferstanden wäre, so pfiffen die Leute im Stadion, in das damals noch 40.000 reingingen. Wenn mal viele da waren und der Gegner unsympathisch, hätte ich keine Lust gehabt, dort unten zu spielen.  Man bekam eine Ahnung vom Hörsturz.

Ich höre den Stimmungskanon vorm Spiel, ein Schlagermoderator hat das eingeführt, das Bochumer Jungenlied von den Provinz-Tote-Hosen. Dann das Original mit der durchsichtigen Ranschmeiße an Liverpool und das suizidale Vereinslied namens "Mein VfL". Zitat: "Manchmal frag ich mich, wie das Leben denn so wäre, wenn es dich nicht gäbe, nein, das wär kein Leben mehr…" und schließlich Grönemeyer, Bochum. Ein Lied wie eine Werbepause. Jeder, wirklich jeder möchte nach 22 Jahren endlich abschalten, wenn das Saxophon losfeuchtelt, aber erst danach kommen VfL und Doppelpass zu Ehren. Also dranbleiben.

Ich höre Werbungen. Früher: "Und nach dem Spiel ein Spielchen – in Jürgen Köpers Megaplay". Heute die Karabalta GmbH. Zeitlupenszenen auf den beiden Videowänden. Staub, Steine, Mauern, die Musikauswahl erinnert an ein Kurzprogramm im Eistanz, und doch geht es tatsächlich um ein stolzes Bochumer Abbruchunternehmen mit Migrationshintergrund.

Dann zum Einlaufen, klick, Carl Orff, Carmina Burana, klingt auch ein bisschen wie Eistanz-Drama Marke Torvill Dean. Ich kenn die hochmittelalterlichen Weisen vor allem aus Excalibur (1981), andere aus der Waldorfschule auf Klanghölzern, Triangel, Blockflöten. Passt schon, Bochum ist eine Hochburg der Anthroposophen.

Was ich noch höre, wenn ich an den VfL Bochum denke? Das Bochumerische. Dieses gewisse Idiom, Sie kennen es, schließen Sie die Augen und denken Sie an Hermann Gerland, an Thorsten Legat, oder – nicht zuletzt – an Werner Altegoer. klick

Das Bochumerische spricht sich schneller. Es wird nicht gesungen, sondern gekeucht und gekaut. Die Zunge stößt gegen die Zähne. Nein, nicht alle Bochumer lispeln: Es wird ja auch Pfälzer geben, die CH und SCH auseinander halten können, sich aber nichts anmerken lassen. Für mich gibt es kaum Niedlicheres als Bochumer Lispler, den zischelnden Werner Altegoer, wenn er sagt, nein, wenn er ssaggt, "ish ssag mal, ish hab ihn ja hergeholt…." Hören Sie sich an, diesen Netzer des Monats!

Sehen Sie es sich an, die Weltkarte, die Hinterhoffirma, Hausnummer 12 b, Verwaltungsgesellschaft Altegoer, das Modell am rechten Bildrand; – ist das nicht das alte Verwaltungsgebäude von Krupp in Bochum mit dem Glockenspiel?  Und ganz wunderbar, Rainer Calmund als tapsiger Interviewer, "wir kenn‘ uns von früher", der nichts falsch machen will, damit er nicht vergessen wird. Und zum Schluss wünscht ihm der VfL-Präsi "auch für Sie alles Gute". Mitleid.

Ach ja: Altegoer hat momentan Ärger, weil Manager Stefan Kuntz das Weite sucht. Kuntz ist eine Art Fußballstar, spricht eine hässliche Mundart, saarländisch, er singt, grooved aber nicht. Kuntz hat in Bochum als Manager gearbeitet. Und das gut. Was ich nicht an ihm mochte: Als wir ihn – gerade wieder an der Castroper Straße – fragten, ob er auch zurückgekehrt sei, um etwas wieder gut zu machen, wusste er nicht, was wir meinten. Dabei hatte er beim VfL seine Fußballerkarriere unterirdisch ausklingen lassen, nicht fit, ein träger, schlapper Libero, die ganze Mannschaft wie gelähmt. Es war eine Katastrophe. Der dritte Abstieg.

Wenn ich an Bochum denke, höre ich es zischeln und keuchen.
Ich höre es pfeifen und singen, knödeln und brüllen.
Sein Verein in meiner Stadt.

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Ein Lautartikel zum 60. Geburtstag

Foto:flickr.com/schuttmasse

Die Westdeutsche Allgemeine Zeitung wird heute sechzig. Und der Chefredakteur bietet eine Sensation: Den gebellten Leitartikel. klick
"Revolution? Ja klar!" heißt das Stück (warum auch immer), und es gehört ins Stilbuch eines jeden Printlers. Eine Festschrift wie eine Dienstanweisung. Oder: Wenn Franz Müntefering eine Zeitung wäre, so würde er bedruckt werden. Markig, zackig, schnoddrig. Ulrich Reitz, der x-fache Familienvater, X-Chef der Rheinischen Post und x-konservative fetzt die Sätze aus der Hüfte, da kauen andere noch verzagt an ihrem Bleistift herum.

Zum Geburtstag meine private Reitz-Sätzliste als Top-Ten:   

Platz 10)   2008, das ist die Bewältigung von Überfluss.
Platz 9)    1948, das war der Umgang mit Knappheit.
Platz 8)    Hier wird aus dem Gestern das Morgen.
Platz 7)    Aber es ist nicht mehr nur das Gestern.
Platz 6)    Sondern auch das Heute und Morgen.
Platz 5)    Das hat Folgen.
Platz 4)    Das Anspruchsvolle bodenständig dargebracht.
Platz 3)    Die Nachricht bleibt, aber die Analyse holt auf.
Platz 2)    Nicht wir haben den Scoop geschafft, sondern: Sie.
Platz 1)    Und wer weiß, was noch alles kommt.

C’est la vie, Sellerie

Weil erst morgen Volksverdummungstag ist, heute nur wahre Meldungen:
 
1) Schlappe auf Schalke. Das Finale des UEFA-Pokals 2010 wird nicht in der Arena auf Schalke, sondern im Hamburger ADW-, Signal-, Nordbank-, wieauchimmer-, Stadion stattfinden. klick Zuvor hatte sich die Ruhr 2010 GmbH und Schalke 04 intensiv um eine Austragung des Endspiels im kleinen Europapokal bemüht. Im Kulturhauptstadtjahr sollten dadurch Fußball und Kultur zusammen finden.

2) Und der WDR-Essen meldet am Wochenende das:

Mit gemeinsamen Projekten wollen Istanbul und das Ruhrgebiet das Jahr 2010 gestalten. Die türkische Millionenstadt am Bosporus ist gemeinsam mit dem ungarischen Pecs und dem Ruhrgebiet im Jahr 2010 Europäische Kulturhauptstadt. Mit dem Regie-Star Peter Sellers soll ein gemeinsames Projekt erarbeitet werden, erklärte Nurin Colakoglu am Rande eines Empfangs beim deutschen Generalkonsul in Istanbul dem WDR. Der Chef eines großen türkischen Medienkonzerns leitet das Komitee Istanbul 2010. Außerdem werde die Rossini-Oper über Mohamed II., den Eroberer Istanbuls 2010 in Essen und Istanbul gezeigt. Der Generalsekretär des Goethe-Instituts Hans-Georg Knopp sagte seine Unterstützung zu. In der heutigen Zeit sei es wichtiger zusammenzuarbeiten, als sich gegenseitig zu zeigen, was man alleine leisten könne. Das Goethe-Institut in Istanbul arbeitet daran auch für 2010.

Dazu eine Anmerkung: Erst denkt man, na hoppla, Peter Sellers ist doch gar nicht mehr. Dann denkt man, na hoppla, Peter Sellars eigentlich auch nicht – zumindest dürfte der "Regie-Star" nach dem Hick und Hack um seine Intendanz nur noch wenig Lust aufs Ruhrgebiet haben (klick). Und schließlich denkt man, na hoppla, Peter Sellers lebt . . . als Chef der BospoRuhr 2010. Bombe.

flickr.com/ron-dorothy